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Vettag« zur „Weißeritz-Zeitung" > i Mittwoch, am 29. August 1934 Nk. 201 100. Jahrgang DE« Bollrsevisiea! Zum ersten Mal in diesem Sommer ist die NS-BollS j Wohlfahrt mit dem großen HllfSwerl „Mutter und Kind* !fstr die Familie eingetreten. Großes konnte bereits geleistet werden, Tausenden von Müttern, Zehntausenden von Kindern wurde Erholung und Gesundung geboten. In der Gesundheit unseres VolkSkörpers liegt unsere Zukunst. Sie zu erhalten und zu fördern hat sich dieNS- VolkSwohlfahrt zur Aufgabe für das Hilfswerr „Mutte, und Kind" gestellt. Ein Volk ohne Kinder ist ein sterben des Volk, in kurzem nicht mehr in der Lage, sich selbst zu erhalten. Denken Sie daran, daß die Kinder unseres Volkes dereinst die Lasten Ihres Alters tragen sollen. Helsen Sie, diese jungen Schultern schon heute stark zu machen. Am 2. September 1934 wird zum letzten Mal in diesem Jahr sü» das Hilfswerk „Mutter und Kind" acsammelt. Helft für die Zukunft bauen! Unser Volk soll leben! gez. Marti» Mutschmann, Rcichsstatthalter von Sachsen gez. Büttner, Gauamtsleiter gez. Michalte, Führcrrat der sächs. Wirtschaft gez. Salzmann Leiter der Landesstelle Sachsen des ReichspropagandaministcriumI gez. Lorenz, Landesverband des Sächs. Einzelhandels e. V. § * Mit einer schlichten Feier wurde im Goethe-Haus dem Komponisten Professor Dr. h. c. Hans Pfitzner der Goethe- Preis der Stadt Frankfurt überreicht. Kurze Nottzen Oberst von Hindenburg hat neben ungezählten anderen Dankschreiben auch dem Feldmarschall Freiherrn Manner- cheim in Helsingfors ein Handschreiben zugehen lassen, in dem er seinen Dank für di« überaus herzliche Teilnahme ^n^ dem Hinscheiden seines Vaters zum Ausdruck gebracht * Der Chef der Heeresleitung, General der Artillerie Frei herr von Fritsch, hat am 28. August anläßlich der zwanzig jährigen Wiederkehr der Schlacht bei Tannenberg einen Kranz am Ehrenmal Unter den Linden niedergelegt. An schließend erfolgte der Vorbeimarsch einer Ehren-Kompagnie. Der KMäuserbund ms dem Parteitag Berlin, 29. August. Der Bundesführer des Deutschen Relchskriegerbunde». „Kyffhäuser" und Oberstlandessübrer der SAR. 2, Oberst a. D. Reinhard, wird mit den Führern der Landesverbände de» Kyffhäuserbundes an dem Parteitag in Nürnberg leil- nehmen. Außerdem wird der kysshäuservund durch eine Ab ordnung von 400t) alten Soldaten vertreten sein. Lordildiiche deutsche Agrarpolitik Die internationale Konferenz für Agrarwiffenschast. Bad Eilsen, 29. August. Auf der internationalen Konferenz für Agrarwissenschaft wurde eingehend über die Krisenbekämpfung in den land wirtschaftlichen Zuschußländern mit Annäherung an di« Selbstversorgung berichtet. Professor Dr. von Dietze- Berlin gab einen Ueberblick über die agrarpolitischen Maß nahmen in Deutschland seit dem verschärften Ausbruch der Krise 1929. Er beleuchtete drastisch den Uedergang von den planlosen Notmaßnahmen der Vergangenheit zu der um fassenden und planvollen nationalsozialistischen Bauernpoli tik DarrLs. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erläu terte er an zahlreichen Beispielen da» Erreichen des seit dem Altertum von den besten Köpfen angestrebten gerechten Prei ses im Bereich des Reichsnährstandes, der, damit gerade auch sozialistisch, dem nationalsozialistischen Gedankengut voll« Geltung verschafft habe. Auf derselben Linie liege die anti kapitalistische Sicherung der Bauernwirtschaften. Zum Schluß unterstrich er di« weltanschaulichen und sittlichen Grundla gen, nach denen in erster Linie die nationalsozialistische , Bauernpolitik ausgerichtet sei. Professor Tassinari - Italien schilderte di« Doraus- setzungen der faschistischen Agrarpolitik. Es sei undenkbar, daß der wirtschaftliche Liberalismus, der sich in den einzel- nen Staaten als unhaltbar erwiesen hab«, in den Beziehun gen zwischen den Staaten zu neuer Bedeutung kommen könne. Es werde sich vielmehr um eine ähnliche planvoll« Ordnung der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen han deln müssen, wi« st« in den meisten Einzelstaaten für die Binnen Wirtschaft durchgeführt werde. Einen historischen Beitrag zu den planwirtschastlichen Erörterungen lieferte Freiherr von Falkenhausen- Potsdam mit Ausführungen über die Verwaltungserfah rungen der deutschen Kriegsernährungswirtschaft. Die Maß nahmen der Ueberschußländer mit intensiver Landwirtschaft erläutert« dann an dem niederländischen Beispiel Professor b« M i nd e rh o ut-Wegeninger. Die Reihe der euro päischen Berichte schloß der ehemalige südslawische Land- wirtschaftsministep» Professor von Frangesch mit einer Darstellung d«r Erfahrungen in den kleinen iüdosteuro- pälschen Bauömländern. Das Ringen um den Ostpatt Je näher der Termin der bevorstehenden Völkerbunds- Versammlung, auf der bekanntlich auf Betreiben Frankreichs die Aufnahme der Russen in den Völkerbund vollzogen wer den soll, heranrückt, desto deutlicher treten die in den letzten Wochen vielfach nur hinter den Kulissen geführten Ver handlungen um die Nordostpoktpläne wieder in den Vorder grund. Zwar wird auf der umfangreichen Tagesordnung der Genfer Bundestagung die Frage des Ostpaktes mit keinem Wort erwähnt, es ist jedoch kein Zweifel, daß der Pakt, mit dem der Eintritt Rußlands in den Völkerbund eng zujammenhängt, in Genf eine große Rolle spielen wird. In den Monaten, die seit der Londoner Reise des franzö- ischen Außenministers und den anschließend daran erfolgten üplomatisch«» Interventionen der Engländer verstrichen ind. hat es sich herausgestellt, daß von den Ländern, die ren Ostpakt unterzeichnen sollen, sich bis jetzt nur Frank reich, Rußland, die Tschechoslowakei und Litauen für den Abschluß ausgesprochen haben. Sowohl Polen als auch die übrigen baltischen Staaten, nämlich. Estland, Lettland und Finnland, ebenso Deutschland selber, das in diesen Fragen eine durchaus abwartende Stellung einnimmt, haben üre Bedenken gegen den zwischen Barthou und Litwinow ver abredeten Vertrag zum Ausdruck gebracht und denken nicht daran, diesem Pakt, der nach einer Aeußerung des Welt revolutionärs Radek „ein zuverlässiges Instrument zur Si cherung des Friedens in Osteuropa" darstellen soll, ohne weiteres beizutreten. Es ergibt sich somit, daß bis zur Ver- w:rklichung der französisch-russischen Paktpläne noch eine Reihe von Widerständen und Hindernissen zu beseitigen ist, wie es ebenso auch bezweifelt werden muß, ob der Ver trag überhaupt in der oorgcschlagenen Form zustande kom men wird. Mit größter Betriebsamkeit hat Frankreich es sich an gelegen sein lassen, vor allem Polen für die Paktidee zu gewinnen. In Paris und in Warschau haben kürzlich zwi schen Vertretern der beiden Mächte Besprechungen stattge funden, um die Differenzen zwischen Frankreich, Polen und Sowjetrußland in der Paktfrage zu beheben und vor allem Polens Bedenken zu zerstreuen. Zwei Punkte sind es vor allem, die Polen geklärt wißen will, bis es seine von Frank reich schon mit Ungeduld erwartete Stellung zum Pakt be kanntgibt. Während Frankreich Polen eine militärische Hilfe im Falle eines bewaffneten Konfliktes mit einer drit ten Macht ohne weiteres gewähren will, ist Polen entschlos sen. keine militärische Hilfe von fremder Seite anzunehmen, ohne daß es ausdrücklich hierzu' den Wunsch äußert. Nicht mit Unrecht erblickt man in Polen In der französiscl)«» Aus fassung eine Gefahr für die militärische Unabhängigkeit des Landes, abgesehen davon, daß man kein Interesse daran hat, die Rote Armee als Bundesgenossen in Warschau be grüßen zu können. Dann aber wünscht Polen, seine Diffe renzen mit Litauen über das Wilnagebiet aus dem Wege geräumt zu haben, ehe es die Verpflichtungen eines Ost paktes eingeht. Polen wird diese beiden Forderungen nicht ausgeben. weil es sie nicht aufgeben kann. Es bleibt nur die Frage, ob Frankreich sie annehmen wird. Im Hinblick darauf, daß ein Pakt im Osten, der, ausgestattet mit der Garantie der Rheingrenze durch die Sowjets, alle Verschiebungen der gegenwärtigen MaastveryMtnMe in Europa aüsschließt, a«-' genwärtia für Paris und Moskau einen ungeheuren Macht- fattor bedeutet, erscheint es nicht ausgeschlossen, daß die Franzosen auf solche Verstümmelung des Paktentwurfes eingehen werden. Die französische Prelle versucht mit allen Mitteln. Polen zu einem Frontwechsel in der Paktfrage zu bewegen, wobei sie selbst vor plumpen Falschmeldungen wie der einer angeblichen geheimen Militärklausel im deutsch polnischen Handelsvertrag nicht zurückschreckt. Angesichts der Schwierigkeiten, aus die die ursprünglichen Paktvorschläge gestoßen sind, ist aus französischer Seite sogar eine gewisse Bereitschaft zur Anpassungdes bisher noch zurückgehaltenen Textes an die polnischen Wünsche zu erkennen, wie es an dererseits schon als ein Fortschritt angesehen wird, daß sich die polnische Diplomatie in ihren Rückfragen für die Ein zelheiten des Planes interessiert. Die diplomatische Stellung Polens im Ringen um die Ostpaktpläne ist bisher eindeutig und klar gewesen. Man darf annehmen, daß Polen seine Stellungnahme nicht auf geben wird. Es wird sich nicht grundsätzlich gegen den Pakt gedanken wenden, jedoch ein weiteres gemeinsames Stu dium der unmittelbar interessierten Mächte verlangen, und zwar im Rahmen der durch den Völkerbund gebotenen Mög lichkeiten. Polen wird seine Zustimmung vor allem aber davon abhängig machen, daß sich die Paktmächte der Zu stimmung und Mitarbeit des Deutschen Reiches versichern. In dieser Auffassung wird Polen unterstützt durch die Hal tung der baltischen Staaten Estland und Lettland, die als Vorbedingung für ihre endgültige Zustimmung ungeachtet der ungeheuren Schwierigkeiten, die sich für sie als kleine Staaten aus einer etwaigen Ablehnung in Osteuropa er geben müßten, den Beitritt Deutschlands und Polens zum Pakt verlangen. Daß Bolen in seiner jetzigen politischen Lage durch eine Reihe kleiner Freundschafisaesten zu ver stehen gibt, daß seine Kritik an den neuen Sicherheitsplänen keineswegs einer einseitigen Abneigung gegen die Sowjet union entspringt, ist nicht erstaunlich. Und so wird dem polnischen Fliegerbesuch in Leningrad in nächster Zeit ein Gegenbesuch der Sowjetflotte in Gdingen folgen. Hinzu- - kommt, daß Polen immer noch die geographische Abgren zung des Paktplanes beanstandet, der einen so wichtigen Oststaat wie das mit Polen verbündete Rumänien nicht ein bezieht. Angesichts der mannigfachen noch schwebenden Aus einandersetzungen ist kaum mit einer raschen Einigkeit un ter den Paktmächten zu rechnen. Di« Ministerbesprechun gen, die aus der kommenden Genfer Tagung stattfinden werden, werden in weitem Maße durch Verhandlungen über den geplanten Pakt gekennzeichnet sein. Trotz der Un- aeklärtheit all dieser Fragen werden wir aber gut tun, die ganze Angelegenheit nicht zu unterschätzen. Der Wille Barthous ist zähe, und er hat die englische Unterstützung uneingeschränkt für sich, d. h. uneingeschränkt insofern, als England seinen Einfluß dafür geltend macht; selber hält es sich ja draußen. Dazu kommt, daß sich immer deutlicher, und auch in der Wirkung natürlich auf die Ostpaktfrage, die Wandlung im französisch-italienischen Verhältnis be merkbar macht, also der Frontwechsel Italiens. Dar Geheimnis von Sulzbach geliijtet Die „Saarbrücker Landeszeitung" befaßt sich in einem Kommentar mit der von den Separatisten und Marxisten veranstalteten „Gegenkundgebung" in Sulzbach, derenTeil- nehmerzahl in der undeutschen Presse mit jedem Tag des Abstandes von dem „Ereignis" zu wachsen scheint. Was uns veranlaßt — so fährt das Blatt fort — uns mit der Sulzbacher Kundgebung zu befassen, das ist allerdings nicht dieses Spiel mit Zahlen, sondern etwas ganz an deres, Die große Attraktion von Sulzbach war bekannt lich ein „katholischer Geistlicher", der dort sprechen sollte und tatsächlich auch gesprochen hat. Er war schon vorher, in wohlige Anonymität gehüllt, als Redner angekündigt worden, und es war immerhin eine Sensation für unsere Kommunisten: einmal einen katholischen Geist lichen, von freundlichen Sympathien getrieben, bei sich begrüßen zu können, einen Mann also, dessen Priester-. liehen Stand sie in Rußland bis auf den Tod verfolgt und tatsächlich auch so gut wie ausgerottet haben. Wir batten eigentlich hi« Absicht, diesen tiekbeschämenden Vor gang zu übersehen. Aber zahllose Anfragen aus unsere«» Leserkreis legen uns nahe, einige aufklarende Worte zu sagen. Das Unwahrscheinliche ist nun doch Ereignis gewor- den: ein katholischer Geistlicher ist in die Front derer ein- getreten, die unsere Kirchen und Klöster ntedergebrannt, niedergerissen oder in Museen der Gottlosigkeit umge- wandclt haben, die unsere Priester an die Wand gestellt und soeben noch zu allem Ueberfluß Judas, den Verräter Christi, ein Denkmal gesetzt haben. Man kann nur ver muten: hier stimmt etwas nicht; und bet näherem Zu sehen entdeckt man in der Tat, daß hier etwas nicht stimmt. Der Name des katholischen-Geistlichen ist mittler weile bekanntgeworden: es handelt sich um einen in Kölleri tal wohnhaften Ordensgeistlichen namens Dörr. Dörr ist, wie festgestellt werden muß, weder der Diözese Trier noch der von Speyer zugehörig, und untersteht also auch nicht etwa einem im Saargebiet amtierenden Seelsorger; vielmehr gehört er einem Missionsorden an und befindet sich zur Zeit außerhalb der Ordensgemeinschaft. An seinem ietziaen Aufenthaltsort bat er schon seit länaerer Zeit «orotzfunkstanon Ka min«. Am 27. August 1914 be- etzten englische und ranzösische Kolonial ruppen Kamina, d«n «tzten Stützpunkt im deutschen Schutzgebiet Togo. In Kamina be fand sich die erst« deutsche Großfunkstation in Uobersee, di« mit der deutschen Station Nauen auf eine Entfernung von über 500 Kilometern in Verbindung stand. Bor der Besetzung wurde die Funkstation von der eigenen Besatzung in di« Luft gesprengt. Unser Bild zeigt di« Station Kamina nach einem Ge mälde von Prof. Ernst Dollbehr.