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kie Nc an do rii V. ge er M ui w di a' g v r >z !l i I j I ! i i i l ! Orboborrvektsscbutr: b'üak Därme »Verlas, liaUe (Laale) 151 Nachdruck verboten. »Fritz Grovenstahl!" rief sie. „Fritz Grovenstahl I" Er wandte sich um und sah, wie sie ihm nacheilte, bis sie zitternd vor ihm stand. „Werden ... Sie mir ab und zu... mal schreiben... wie es... Ihnen geht?" Ihr Atem ging schnell, und die Augen baten um Liebe. Er aber sah nichts. Dachte nur daran, daß sie ihm viel leicht Mitleid bieten wollte, und seine Antwort war kalt. „Ich werde das nicht können, meine Zeit gehört dem Werk!" Er verlieb endgültig den Wagen, und Gerda taumelte in ihr Abteil zurück. Und wieder jagte der Zug in die Dunkelheit hinein. * * * Rach Fritz Grovenstahls Rückkehr war die Stimmung unter den Ingenieuren des Werkes einige Tage sehr ge drückt. Alle hatte» sie geglaubt, daß wenigstens ein Teil der Aufträge der Fabrik zufallcn würde. Wciblinger meinte endlich mit treuherzigem Trost: „Da müssen wir halt wieder weiterwursteln." Fritz legte sich alle erdenklichen Einschränkungen auf, nm so die Kosten seiner Reise wieder cinzubringen. Kaum, daß er sich noch eine warme Mahlzeit des Tages gönnte. Wenn er öfters die weit ausgedehnten Werkanlagen, die Arbeits- und Maschinenhallen, in denen Millionenwertc steckten, liberblickte, meinte er manchmal mit sarkastischem Lachen: „Das ist nun alles mein — und doch kann ich dabei verhungern." Die Aufträge liefen nach wie vor spärlich ein und ge nügten gerade, das Werk über Wasser zu halten. Ende November gingen dann einige Bestellungen für größere' Motoren ein, die eine Reueinstellung von Arbeitern not wendig machten. Aber fast gleichzeitig kam von Hauen stein ein Schreiben, worin dieser die Auszahlung von Susannas Erbe beantragte. Im Falle, daß Fritz sich weigern sollte, zu zahlen, wollt' er Klage anstrengen. Run war sich Fritz Grovcnstahl bewußt, daß er in seiner jetzigen Geschäftslage nicht zu zahlen brauchte. Trotzdem aber wollte er sich von dieser Kette, an der Hauenstein sich hielt, solange Susannas Geld noch auf der Fabrik stand, befreien. Er versuchte, Geld aufzuuehmen. Und es glückte ihm. Nachdem er nachgcwiesen hatte, daß die Summe nur zur Auszahlung eines Erbanteils, das somit als Last für die Fabrik nicht mehr in Betracht kam, benötigt wurde, und er seine in- und ausländischen Cchutzrechte als Sicherheit hatte überschreiben lassen, erhielt er von einer Bank gegen Ausfertigung einer Hypo thek die Summe von einer halben Million. Damit zahlte er seine Schwester sowie die Stiefmutter aus. Denn auch von dieser wollte er frei sein. Nur mit Klaus setzte er sich vorher auseinander. Der beließ seinen Anteil noch in der Fabrik. Nach diesem Schritt war cs Fritz Grovcnstahl leichter; denn ihm schien es besser, fremden Leuten etwas zu schulden als Angehörigen, die mit der Höhe der Summe ihre Anmaßung steigerten. Er stand so auch nicht schlechter da als vorher. So kam Weihnachten heran. Klaus blieb in der Haupt stadt, und Fritz war ganz allein. Er hatte alle Ein ladungen abgelehnt. Er wollte für sich sein. Seine Auf wartefrau hatte ihm ein kleines Bäumchen geschmückt. Da stand er nun bor diesem, starrte in Vie brennenden Lichter — bis er sich in einen Stuhl warf und den Kopf in seinen Händen vergrub. Um ihn aber war die Stille des Heiligen Abends. Fünfzehntes Kapitel. Schon die nächsten Monate zeigten, wie gut Fritz Grovcnstahl getan hatte, als er sich die Geschäfts verbindung mit den Palkanstaaten schuf. Die eingehend n Aufträge stiegen auf das Doppelte, und mit ihnen die Zahl der wieder eingestellten Arbeiter. - Wenn jetzt die Sirene zum Feierabend aufheulte, blickte er gern auf den Werkhof hinaus. Der sah nun nicht mehr so trostlos leer aus wie vor Jahresfrist, denn es waren wieder einige hundert Menschen, die über ihn dem Ausgange zueilten. Angetrieben von den guten Erfolgen der Abteilung für Landwirtschaft, suchte Fritz Grovcnstahl diese immer weiter auszubauen. Unter anderen war es eine Maschine, die das einwandfreie Legen von Hackfrüchten ermöglichte, deren Herstellung er neu ausgenommen hatte. Irgendwo, vielleicht bei einer Reise, hatte er einmal eine Schar von Feldarbeitern gesehen, die mit gebeugtem Rücken mühevoll die Früchte in die Erde brachten. Das hatte in ihm die Frage wachgerufen, ob es nicht möglich wäre, durch eine Vorrichtung diese mühevolle Arbeit besser und leichter auszuführen. Die Entwürfe einiger Modelle waren der Erfolg gewesen. Doch seine anderen Studien hatten ihn diesen abseitigen Pfad bald vergessen lassen. Das lag viele Jahre zurück. Jetzt — zur rechten Zeit — erinnerte er sich daran, und er holte die angefangenen Zeichnungen ans seiner Mappe. Er mußte sich gestehen, daß die Lösung, die er damals für dieses Problem gefunden hatte, keine schlechte, vielmehr eine vollkommen durchführbare war. In wenigen Tagen shatte er die Konstruktion beendet und die Pläne ins Werl gegeben. Schon eine Woche später konnte er sich über- zeugen, daß der fertigen Maschine in der Praxis keinerlei Mängel anhaftetcn. Sie arbeitete gleichmäßig und sicher und bedeutete so für die Landwirtschaft eine große Zeit- und Arbeitsersparnis. Bald flatterten die Anmeldungen an die Patentämter der Welt; damit war die Maschine, der alle Ingenieure nur Gutes voraussagten, in die plan mäßige Herstellung ausgenommen. Und es lohnte. Da die Frühjahrsbestellung vor der Tür stand, war der Verkauf sehr gut. Fritz Grovcnstahl selbst fühlte sich, seit es im Werk besser ging, etwas freier. Wenn er auch an ein Aufatmen noch nicht denken konnte, sagte ihm doch sein Selbst- bewußtsein, daß das Werk vor dem gänzlichen Verfall gerettet war. Dauerte es auch noch lange, einmal mutzte doch die Zeit kommen, da er alle Lasten von sich abwerfen konnte. Der Tag, an dem dieses geschah, würde wohl der einzige Festtag seines Lebens sein. Bis dahin aber blieb ihm die Hoffnung, und schon diese war ein Gtschenk für ihn. Seines Zusammentreffens mit Gerda gedachte er kaum noch; drängten ihm aber mal die Gedanken ihr Bild gewaltsam auf, so spannte er sich noch mehr in seine Arbeit. Dann verblaßte alles. Da sich aber das Werk ein wenig zu heben begann, kam irgendwo ein neuer Funke zum Glühen, der zum ver nichtenden Feuer änzuwachscn drohte. Roch wußte nie mand, was es war, nur daß es etwas Neues, etwas Ver derbliches werden wollte, das fühlten sie alle. Es lag wie eine schlechte Luft über der Fabrik, ein Odem, ver Willen und Kraft zu lähmen schien. Die Hämmer flogen nicht mehr frank und frei im Takt wie sonst. Ein Mißton mischte sich in ihren Schlag. Die Arbeitenden zeigten ver drossene Gesichter, und aus ihren Augen leuchtete die Unlust. Selbst das Gestampf der Maschinen hatte einen anderen Klang bekommen. Ihr Gedröhn war schrill und zornig geworden, als wollten sie bei einem Sviel, bas ihnen mißfiel, nicht mit tun. Und von Tag zu Tag nahm die erdrückende Schwüle, die sich über dem Werk ausbrcitete, zu. Wie eine Seuche lag es über den weit ausgedehnten Gebäuden — eine Seuche, die man nicht bekämpfen konnte, weil man den Herd nicht kannte. Einer aber glaubte nicht an den Ernst der Lage. Das war Fritz Grovenstahl. Er wollte nicht wieder schwarz sehen und wehrte sich dagegen, einer vielleicht belanglosen Stimmung irgendwelche Bedeutung beizumessen. Bis ihn eines Tages, als er bei seinem Nundgang durch die Fabrik die Maschinenzentrale betrat, Olesch wieder daran ge- mahnte, daß im Werk nicht alles in Ordnung sei. „Glauben Sie nur, Herr Grovenstahl", wiederholte der Alte mit besorgter Stimme, da Fritz auf seine erste Warnung nur gelächelt hatte, „es stinkt im Werk. Es ist da nicht alles richtig. Die Leute sind nicht zufrieden, sie führen etwas im Schilde." Fritz wurde nun doch aufmerksam und sah den Alten erstaunt an. Doch dann sagte er, immer noch zweifelnd: „Was aber zum Teufel? Möwius und Weibliuger unken auch schon. Keiner aber weiß etwas Genaues. Sie, als Obmann, müßten doch wenigstens unterrichtet seini" „Das ist's ja eben. Die Leute verbergen etwas vor mir. Wenn ich nach Feierabend 'rauskomme, stehen sie in Gruppen da und sprechen aufgeregt. Trete ich zu ihnen, so sind sie auf einmal still und machen kreuzdumme Gesichter und denken vielleicht, ich merke das nicht. Ich glaubte schon, sie wollten streiken." Fritz Grovenstahl horchte auf. Streiken? Seine Arbeiter wollten streiken, ihm die Treue brechen? Das glaubte er nicht, konnte er nicht glauben. Olesch mußte sich täuschen. Er wehrte sich dagegen, dem Mitz- rrauen dieses Mannes recht zu geben; aber ihn zwang etwas zum Ueberlegen, aus welchem Grunde wohl seine Arbeiter unzufrieden sein konnten. Da war aber voch nichts, was eine solche Maßnahme rechtfertigte. Die Löhne waren höher als tariflich festgesetzt und ebenso gut als sonst irgendwo. Er hatte während der schweren Tage die Leute, die keine andere Arbeit fanden, abwechselnd be schäftigt, damit sie wenigstens von Zeit zu Zeit voll ver dienen konnten. Denen aber, die gezwungen gerade feiern mußten, hatte er von sich aus eine angemessene Unter, stützung gezahlt. Wer tat das sonst? Niemand I Nein, er brauchte sich keinen Vorwurf zu machen. Er hatte das Möglichste getan. Er würde noch mehr getan haben, hätte er es vermocht. Er konnte sich nichts Rechtes denken, und gerade wollte er Olesch fragen, ob bei ihm irgendwelche Beschwerden vorgcbracht worden seien, als Möwius eintrat und ihm meldete, daß er zwei Arbeiter wegen Widersetzlichkeit frist- los entlassen habe. „Da Ham Sie's", rief Olesch dazwischen. „Es ist was in der Luft — da soll mir einer sagen, was er will." „Was sagen Sie, Möwius? Ob da irgend etwas vor bereitet wird? Olesch malt das schwärzeste Unheil und denkt an Streik", fragte Fritz Grovenstahl den Meister. Der nickte. „Ich glaube, er hat recht. Es kommt was. So eine Unlust bet den Leuten ist mir noch nicht vor gekommen. Nicht fiwa bet unseren alten — auf die ist Verlaß. Aber die neuen, die wir letzthin erst etnstellten, die stehen wie Tagediebe vor der Werkbank, und waS sie schaffen, ist auch nichts wert. Dabei versuchen sie ds« ! anderen aufzuretzem Heimtückisch geschieht das, so daß man es nicht sieht. Aber man spürt's schon. Wenn auch die Mehrzahl jetzt noch vernünftig ist — einmal..Er machte mit der Hand die Gebärde des Ueberschlagens. „Nun?" „So etwas steckt auch die Ruhigsten an." „So meinen Sie, daß alles auf einen Streik hinaus« läuft?" Möwius zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wird'S besser. Die Haupthalunken sind eben mit Glanz geflogen." „Wieso?" „Unter den neuen waren zwei, Scholz und Krüger hießen die Kerle, die immerfort versuchten, die Leute auf zuwiegeln. Das habe ich schon lange gemerkt. Und heute kam ich wieder dazu: die Arbeit lag da, und die Burschen hielten Vorträge. Da habe ich sie 'rausgeschmissen, und ich ärgere mich, daß ich das nicht schon früher gemacht habe." Fritz ging kopfschüttelnd davon. Kaum aber hatte er das Maschinenbaus verlassen, so kam ihm Möwius nach- geeilt. „Auf ein Wort noch, Herr Grovcnstahl." Fritz wandte sich um und sah dem alten Meister ins Gesicht, in dem in tausend Falten der Aerger saß. „Was gibt's noch?" Möwius schien das Sprechen schwer zu werden, und er dokterte erst eine Weile an den Worten herum, ehe er begann: „Herr Grovenstahl, ich hält'Ihnen noch was zu melden! Wollte vorhin schon sprechen, aber da war der Olesch dabei, und es ist nicht notwendig, daß es erst noch anders erfahren." Er räusperte sich kräftig. „Nämlich, die beiden, die ich zum Teufel gejagt habe, der Krüger und der Scholz, na, kurz und gut — ich kam dazu, wie sie sich unterhielten — von Ihnen unterhielten." Fritz Grovenstahl sah den Meister an, denn er konnte sich nicht denken, worauf der hinaus wollte. „Ich kann nur das eine sagen: die Kerle planen nicht-s Gutes. Die stinkige Luft, die durch das Werk weht, gehr von den beide» aus. Und was ich noch sagen wollte: ES ist nicht nur gegen das Werk gerichtet, auch gegen Tie per sönlich. Die beiden sprachen davon, daß sie den Auftrag hätten, unter alle»-Umständen einen Streik vom Zaune zu brechen. Haben beide eine Menge Geld dafür be kommen, wie ich hörte. Muß einer sein, der es nicht gur mit Ihnen meint und Ihnen Schaden zufügcn will." Fritz Grovenstahl war erblaßt. In seinen: Gesicht stand kaum verhaltene Erregung und machte es zittern. Ein Verdacht stieg in ihm auf, der war so fürchterlich, daß er ihn nicht anszudenken vermochte. Und doch stieß er die Frage hervor: „Haben Sie den Namen dessen gehört, der mir übel will." Möwius nickte verlegen, aber er schämte sich, weiter- zusprcchen. „Wer ist es?" „Herr Grovenstahl — cs — ist — ein — Verwandter von Ihnen." Diese zögernd gesprochenen Worte jagten Fritz Groven stahl das Blut in den Kopf. „Den Namen will ich wissen!' Da sah Möwius an ihm vorbei und sagte leise: „Hauenstein." Fritz Grovenstahls Zähne schlugen knirschend zu sammen. Ehe er sich aber an seinen Zorn verlor, schüttelte er dem Meister die Hand. , „Ich danke Ihnen, Möwius! Aber wir werden auch das überwinden!" " In seinem Arbeitszimmer angekommen, erkundigte er sich im Lohnbüro, wo Krüger und Scholz zuletz« beschäftigt gewesen waren. Die Antwort bestätigte des Meisters Mitteilung. Die seiden kamen tatsächlich aus einer von Hauensteins Fabriken. Da erfaßte ihn ein ingrimmiger Zorn gegen diese verächtlichen Maßnahmen seines eigenen Schwagers, an vcnen er nicht mehr zu zweifeln vermochte. Wie sollte er sich gegen solche versteckte Angriffe, die feige aus dem Hinterhalt kamen, wehren? Draußen kündigte die Sirene den Beginn der Arbeit nach der Frühpause an. Sonst war das Nattern ver an laufenden Maschinen in vas langgezogene Heulen.ein gefallen. Jetzt blieb es still. Fritz Grovcnstahl fiel das aus. Er wartete einige Minuten, dann trat er ahnungs voll zum Fenster und schlug die Vorhänge zur Seite. DaS Bild, das sich ihm bot, mar deutlich genug. Da standen in den« weiten Hofe die Arbeiter in ihren blauen Kitteln, zusammengeballt in zwei mächtige Haufen, die eifrig aufeinander einsprachen. Anscheinend setzte sich der eine dus den älteren Arbeitern zusammen, die schon jahrzehntelang vem Werk angehörten, während ver andere hauptsächlich aus jüngeren Leuten bestand. Erregte Worte mußten gewechselt werden, denn hier und da reckten sich geballte Fäuste auS der Menge. Fritz Grovenstahl wußte, was das bedeutete. Er sah noch, wie Möwius unter die Leute trat, dann ließ er den Vorhang fallen und eilte nach der Tür. Dort stieß er fast mit Wciblinger zusammen, der auf- - geregt angestürzi kam und ihm nur ein Wort entgegenrief: „Streik!" Nur mit einem Nicken antwortete Fritz. Dann eilten die beiden Seite an Seite in den Hof. Dort hatte sich das Bild inzwischen verändert. Die beiden Haufen standen getrennt und in vollster Kampfbereitschaft da. Die hin und her fliegenden Worte waren gereizter als vorher, und die herben, kantigen Gesichter zeigten einen verbissenen Trotz» - der alle besseren Regungen bezwang. In der Gruppe der jüngeren wurden kräftige Schimpfworte laut, die die älteren Kollegen als Verräter hinstellten, dir niA »um Durchsetzen von StandeSinteressen beitragen wollt!»«. Die anderen mahnten, die Arbeit wieder aufzünehmen und kein Unglück heraufzubeschwören, lFortlebuna lolat.) t