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Beilage zur „Weißeritz-Lettung" Montag, am 25. Juni »934 100. Jahrgang Nr. 145 Gerüchte «m Macdonald Die Opposition sprich« von Kabinettskrise. London, 24. Juni. Ministerpräsident M acDo « ald wird seinen auf drei Monate bemessenen Erholungsurlaub voraussichtlich noch vor Ende nächster Woche antreten. MacDonald möchte ihn an sich zum größten Teil in seiner schottischen Heimatstadt Lojsiemouth verbringen. Sein Augenarzt Hörder empfiehlt b-doch einen Aufenthalt im Auslande. Vertreten wird Mac- Donald durch Baldwin. Gedenkfeier im Zeughaus Weihe der Ehrentafeln durch den Reichswehrministet Berlin, 25. Juni. In der Ruhmeshalle des Berliner Zeughauses erfolgte die feierliche Einweihung der Gedenktafeln für die im Welt krieg gefallenen Kommandeure selbständiger preußischer, Truppenteile. Der Feier wohnten neben den Angehörigen der Gefallenen Reichswehrminister Generaloberst o. Blom berg, die Staatssekretäre Lammers und Körner, zahlreiche hohe Offiziere der alten und neuen Wehrmacht. Führer Ler SA. sowie Vertreter des Nationalsozialistischen Deut schen Frontkämpferbundes, des Reichskriegerbundes „Kyff- Häuser" und des Reichsverbandes Deutscher Offiziere bei. Unter den zahlreichen Ehrengästen bemerkte man den Chef der Heeresleitung, General 0. Art. Freiherrn von Fritsch und Generalfeldmarschall von Mackensen. Rach den Welhereden de» evangelischen und de» katho lischen Fcldbischofs der Wehrmacht weihte Reichswehrmini- sler Generaloberst von Blomberg im Auftrage de» General feldmarschalls und Oberbefehlshabers der Wehrmacht die Gedenktafeln der gefallenen preußischen Kommandeure. Der webrminister verlas zuvor ein Schreiben de» Reichs präsidenten, in dem er mit ehrenden Worten den helden haften Einsatz der preußischen Kommandeure und Generale während de» großen vierjährigen Ringen» rühmt. Zn die le« Männern sei da» Führertum lebendig, da» un» durch ole Höhenpunkle unserer Geschichte geführt habe aus dem Weg zu de» vaterlande» Größe und seiner Rettung. Unser heutige» Deutschland, in dem der Sinn für Heldentum wie der erwacht sei und da» soldatische Haltung zu würdigen weiß, grüße seine gefallenen Führer und ehre in ihnen den deutschen Soldaten de» Weltkriege». Generalmajor von der Goltz übergab darauf die Tafeln in die Obhut des Staatssekretärs Körner als des Vertreters des preußischen Ministerpräsidenten. Das Lied vom Guten Kameraden, das Lied der Deutschen und das Sturmlied Horst Wessels schlossen die Weihestunde. An schließend erfolgte ein Vorbeimarsch der Reichswehr, der SA. und des Kyffhäuser-Bundes mit wehenden Fahnen vor den Führern, die sich dann zum Ehrenmal begaben. Dort wurde vorn Reichswehrminister ein Lorbeerkranz der Wehrmacht In den Farben der Reichskriegsflagge und ein Eichenkranz des Jnf.-Rgts. Feldmarschall von Hindenburg niedergelegt. Kurze Rottzen y-icken der Trauer um den ermordeten Orts- ?°lkes und des BdM. Trauerflore zu tragen haben Zwischen Danzig un>Polen finden gegenwärtig Wirt- j schaftsverhandlungen in drei Abteilungen statt. P°ken !miro über die Kontingente, in Thorn über Lebensmittel und in Warschau über Zollfragen verhandelt. Vor einem Salzburger Schwurgericht wurden zwei Na tionalsozialisten, die Flugzettel ausgestreut hatten, zu 8 und 6 Monaten schweren Kerkers verurteilt. Diese Strafe über- trifft bei weitem die Strafen, die jetzt gegen den größten Teil der Schutzbündler verhängt werden, welche aktiv an den Kämpfen oes 12. Februar teilnahmen und zahlreiche Menschenleben auf dem Gewissen haben. Nack einer Meldung aus Dolonor (Mandschurei) ist «in den Täter sind von der mandschurischen Militarpolize. fest genommen worden. . Der frühere litauische Außenminister Dr. Jaunius ist aus dem diplomati chen Dienst endgültig ausgeschieden. Er ist fur eme neu zu errichtende Stelle als ständiger Berater des Kabinetts mit ausschlaggebender Stimme für Finanz- und Wirtschaftsfragen aus- ersehen. Der frühere Chef des französischen Generalstabes, General Debeney, wird in Begleitung eines höheren Offiziers 'n Warschau erwartet. Der Aufenthalt Debeneys m Polen soll etwa eine Woche dauern und mit der Umarbeitung der seit 1921 zwischen Polen und Frankreich bestehenden Militärkonvention in Zusammenhang stehen. Etwa 3000 Landwirte aus der Normandie haben in Rouen gegen die Landwirtschaftspolitik der Pariser Regierung eine Pro- testkundgebung veranstaltet. In einer Entschließung wird daraus hingewiesen, daß die Katastrophe unmittelbar bevorstehe und die französische Landwirtschaft dem Bankerott und dem Ruin ent- gegengehe. Der zur Zeit In England weilende Chef des französischen Ge neralstabes Äeygand stattete dem englischen Truppenübungsplatz aus der Ebene von Salisbury einen Besuch ab. Besonderes In teresse zeigte Weygand für die englischen Tankformationen. In ganz Griechenland herrscht -in Bäckerstreik, der seinen Ausgang vor zwei Tagen in Achen genommen hatte. Die Brot- ^Versorgung ist angeblich gesichert. Polizeibeamte haben die Brot- !verteilung in den Bäckerläden übernommen: Man befürchtet, daß ses zu Streikunruhen kommt. Betrickuckiliiil «b I. Nckr Werltarifordnungen noch bi» zum 30. September 1934. Berlin, 24. Juni. Nach dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit soll in allen Betrieben der privaten Wirtschaft, in denen in der Regel mindestens 20 Arbeiter und Angestellte beschäftigt sind, bis zum 1. Juli eine den Vorschriften des Gesetzes entspre chende Betriebsordnung vom Führer des Betriebes nach vor heriger Beratung im Vertrauensrat erlassen werden. Viele Unternehmer haben sich aber noch nicht in dem Maße mit den Vorschriften und dem Geiste des neuen Gesetzes ver traut gemacht, daß bis zu dem genannten Zeitpunkt die ord nungsmäßige Durchführung des Gesetzes gewährleistet er scheint. Der Reichsarbeitsminister hat sich daher im Einverneh men mit dem Reichswirtschaftsminister veranlaßt gesehen, die gesetzte Frist einmalig um drei Monate zu verlängern. Er geht dabei von der Erwartung aus, daß es bis dahin jedem Führer eines Betriebes möglich ist, die wenigen wichtigen Bestimmungen einer Betriebsordnung entsprechend den Vor schriften des Dritten Abschnittes des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit im Geiste wahrer Betriebs- und Ar beitsgemeinschaft ohne die Krücken sogenannter „Muster bekriesordnungen" selbständig festzulegen. Wenn anläßlich des Versagens mancher Betriebsführer einzelne Treuhänder gewisse Richtlinien für den Erlaß von Betriebsordnungen berausgeben mußten, so sollen damit kei neswegs deren Bestimmungen den einzelnen Betrieben auf gedrängt werden. Sie sind nicht bindend und bedeuten keine Anweisung. Die Führer der Betriebe werden vielmehr im Vertrauensrat zu orüfen haben, wie weit ihre Uebernahme den Bedürfnissen des Betriebes entspricht. Abgesehen von den Treuhändern der Arbeit steht niemandem ein Einfluß auf die Gestaltung der Betriebsordnungen zu. Jeder Be- triebsführer nutze daher die nochmals gewährt« Zeitspanne zum baldigen Erlaß einer eigenen Betriebsordnung aus. Die Fristverlängerung für den Erlaß von Betriebsord nungen bedingte noch eine weitere Terminverlegung. Rach einer Anordnung des Reichsarbeitsministera vom 28, März 1934 gelten die äm 30. April 1934 laufenden Werk-sFir- men jTarifverlräge noch bis zum 30. Juni 1934 als Tarif ordnungen weiter, soweit sie nicht schon vorher durch eine Betriebsordnung (Dienstordnung) oder durch Anordnung des Treuhänders aufgehoben werden. Eine neue Anordnung de» Reichsarbeitsminister» spricht nunmehr ihre weitergellung bis zum 39. September 1934 mit der vorgenannten Ein schränkung aus. Ins Vaterhaus zurück! Vizekanzler von Papen spricht zu den Saarkrauen. Berlin, 24. Juni. Im großen Festsaal von Kroll versammelten sich die gegenwärtig In Berlin weilenden 2100 Saarfrauen zu einem Frühstück. Die Spannung höchster Erwartung lag über der ° Bersammlung, da Ler Führer persönlich erscheinen und zu ihr sprechen wollte. Der Saal war mit Fahnen geschmack- voll dekoriert und das Rednerpult mit reichem Blumen schmuck versehen GauamtÄeiier Spie wok hieß im Na men der NS.-Volkswohlfahrt und der Stadt Berlin di« Gäste herzlich willkommen. Er teilte zum allgemeinen Be dauern mit, daß der Führer persönlich nicht erscheinen könne, da wichtige Verhandlungen über das Transferproblem ihn fernhielten. Vizekanzler von Papen erklärte einleitend, es sei für ihn ein« schwere Aufgabe, hier einen Mann zu vertreten, den wir alle gern und mit brennendem Herzen an dieser Stelle gesehen hätten. Wegen schwieriger Verhandlungen könne er aber zur Zeit nicht abkommen, um den Saarsrauen persönlich zu sagen, was er aus dem Herzen habe. Sie sind, jo fuhr der Redner fort, nach Deutschland und besonders nach Berlin gekommen, um selbst zu sehen und zu empfin- den» was kn dem neuen Deutschland der letzten 1K Jahre vor sich geht. Das kann man nicht durch Zeitungen erfahren sondern muß man gesehen, miterlebt und mit dem H«rzen empfunden haben, um es richtig zu begreifen. Er hoffe und glaube, daß diese Tage den Saargästen ein Bild von dem gegeben haben, was der Führer aus unserem Volke zu ma chen im Begriffe ist. nämlich es zu einem Volk der Freiheit und Ehre wieder emporzuheben, es zu einem einheitlichen Volk zu gestalten, aus dem alle trennenden Schranken und Klassen hinweggefegt sind. Unter Ihnen, so fuhr der Redner fort, sind viele Bergarbeiterfrauen, die am besten wissen, wie nach den vergangenen Jahren der Prüfung und der Not sich das neue Deutschland von dem der Bergangenheit unterscheidet. Es liegt in dem großen Geheimnis des Man nes der die ganze Nation wieder zusammengeschweißt und sie vor dem drohenden politischen Zerfall gerettet hat. Ge rade in Berlin empfindet man am stärksten, wie der Wille des Führers seinem Ziele zustrebt. Daß es in dem großen Aufbauwerk noch viel zu tun gibt, weiß niemand besser als der Führer selbst and die Relchsr«gierung. wenv Sie am 13. Januar nächsten Jahre» an die Wahl- Die Onpositionspresse schlachtet die Nachricht von Mac- Donalds Erholungsurlaub aus, um wied«r einmal weit- zehende Mutmaßungen über eine Kabinettsumbilduny in Imlauf zu setzen. Di« liberal« Zeitung „News Chronicle" chrelbt, es sei recht ungewiß, wi« sich die Zukunft des Ka- »inetts gestalten werde. MacDonalds Erholungsurlaub sei ür ibn nicht nur eine körperliche sondern auch «ine geistig« krholung von dem wachsenden Druck der konservativen Mi nister, der di« endgültige Zustimmung des Kabinetts zu einer Politik der Wiederaufrüstung un- Isolierung herbeigeführt habe. Die dauernde Unterordnung der „nationalen" Ideale unter die konservativen Ideale habe dem Ministerpräsiden ten beinahe das Herz gebrochen. Ls sei durchaus denkbar, daß MacDonald zurücktrete, vielleicht auch Baldwin. Im Falle eine» Rücktritt» MacDonald» könne man mit Reu wahlen rechnen. Das sozialistische Oppositionsblatt „Daily Herold", das sich häufig In sensationellen Aufbauschungen gefällt, will sogar wissen, daß „die plötzliche Mitteilung von MacDonalds Rücktrittsabsichten" groß« Aufregung in politischen Kreisen heroorgerufen hab«. Man flüster« bereits von einem Kabi- urne gehen und für das Land Ihrer Heimat, Ihrer Geburt, Ihrer Rasse und Ihres Herzens stimmen werden, so wissen Sie. daß Sie in da» große Vaterhaus zurückkehren, das seine Tore ganz weit für Sie aufmacht. Ls sind die deutschen Mütter und die deutschen Frauen, die am treuesten zur Ra tion gestanden haben. Der Vizekanzler sprach di« Hoffnung aus, daß die Gäste Berlin verlassen werden mit einem Herzen voll guter Ein drücke, die sie dem Saarland mitteilen mögen. Er schloß mit einem Sieg-Heil auf Deutschland, den Reichspräsidenten und den Führer. Nach dem gemeinsamen Gesang des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes sprach die Erste Vorsitzende des Va terländischen Frauenoereins vom Roten Kreuz für Saar brücken-Land, Frau vonVopelius. Sie bah dem Füh rer die Grüße der Saarfrauen auszusprechen. Sie alle wüß ten, daß nach dem 13. Januar nächsten Jahres der Führer selbst an die Saar kommen werde un- -aß sie in Vize kanzler von Papen einen treuen Freund un- besten Berater in ihrer schweren Not haben. Manche der Frauen wür den nach der Heimat zuruckkehren mit einem bangen Gefühl, ob ihr« Männer noch weiter ihr Brot behalten wer-en; aber sie seien zugleich überzeugt, daß sie nicht Im Stiche gelassen würden. Sie üverreiche als Gabe an den Führer ein Stück Kohle von der Grub« „Felsen" als Symbol dieses schönen deutschen Grenzlandes. Gauamtsleiter Spie wok betonte darauf, daß alle Deutschen zusammengehören. Mag es sich um Ostpreußen oder um die Saar, um Sckleswig oder um Schlesien han deln, alles ist deutsches Lano. Es gelte, zwischen einer durch Not und Unterdrückung hart gewordenen Jugend einerseits und einer bis zur Selbstentäußerung getriebenen Vernunft andererseits die Synthese staatspolitischer Klugheit zu fin den, dl« da» sucht, was die Jahrhunderte hindurch richtig und dauerhaft ist. Für das Trenzland dürfe niemals Mü digkeit oder Interesselosigkeit aufkommen, denn dort stehen unsere Brüd«r noch schwerer im Kampf um deutschen Boden als bei uns. Es geb« kaum ein Land, das auf kl«inem Raum soviel Schönheiten vereinigt wie das Saargebiet. Der Red ner schloß mit den Worten: „Das Saargebiet ist deutsch und wird es ewig bleiben l" - Mit dem gemeinsam gesungenen Saarlied schloß dl« Kundgebung. nett, in dem MacDonald nicht mehr Ministerpräsident sein würde, sondern nur noch Berater, während die r«cktskonser- vativen Kreiie darin in stärkerem Maße vertreten fein wür den. Baldwin, der sich aufs engste mit den politischen T«- dankengängen MacDonalds verbunden fühl«, würde dann ebenfalls zum Rücktritt gezwungen sein. Demgegenüber warnt der politische Mitarbeiter des „DailyTelegraph" davor, den Gerüchten über etwaige Kabinettsänderung«» Glauben beizumessen. MacDonald werbe an oer Spitze der Regierung bleiben. Die einzig« Aen- derung würde vielleicht dahin gehen, daß MacDonald von dem rein bürokratischen Teil seiner Amtsgeschäfte entlastet würde. Frankreich; MckpMil Gegengeschenk: Anleihe für Rumänien? Paris, 24. Juni. Der König von Rumänien gewährte dem Sonder berichterstatter des „Matin" eine Unterredung, in deren Ver lauf er erklärte, nach dem Besuch des französischen Außen-