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VeUage sm „Wsiß«Mtz M. 115 Sonnabend, am 19. Mai 1934 100. Jahrgang WnMedimlen „Komm', heiliger Geist, Herre Gott!" Dieses alte Vfinastaebet quillt seit Jahrtausenden aus der Tiefe der Menschenherzen. Ueberall. wo Menschen verzagen unter dem Schicksalsdruck und versinken in Leelennot da ertönt der Nus: Komm', heiliger Geist-. 8>b mir straft zum Kampf gegen mein sündiges Fle^ci), mache mich frei von den Fesseln der Vergänglich-eit; gib mir einen iieuen gewissen Geist. Pfingsten ist >.as ^cst .es heiligen Neistes Aber es geht hierbei zunächst nicht um unsere menschlichen seelischen, geistigen oder ge> tlitien and Fähigkeiten, sondern um Gottes Geck. um Gott selbst. Lenn Gott ist Geist, und tue ihn anbeten n.i.ssen ,hn ,m Zeist und in der Wahrheit anbeten. Und dieser Geist -st der Geist des Lebens. „Der Geist ist es, der lebendig nackt " Alles wahre Leben der Seele stammt von ihm und u durch ihn gewirkt. Und dieser Geist ist der Schöpfergeist, >er neue Menschen schafft, Menschen, die sprechen: Ich lebe, wck nun nicht ich. sondern Christus lebt in mir. Denn Je us Christus ist der Person gewordene Gottesgeist, und wer wn ihm erfaßt ist, wird Träger dieses meltüberwindenden Zottesgeistes. Und erst, wenn der Geist Gottes über einen Menschen kommt, wird alles, was er an Christentum hat, illes Denken. Reden, Handeln. Sein lebendig, hört es auf, tur Form zu sein, bekommt es Inhalt, Bewegung, Kraft, Frucht, Wirkung. Er überwindet Niedriges, Gemeines, Triebhaftes, Sinnliches, erneuert und gestaltet die Welt and die Menschen, holt sie heraus aus ihrer Gleichgültigkeit md Stumpfheit und reißt sie fort zu letzten ewigen Zielen, stfingsten ist der Geburtstag der christlichen Kirche. Die Birchs entsprang nicht dem Entschluß einer Anzahl From- ner, sich zusammenzutun und einen religiösen Verein zu gründen. Sie entstand auch nicht als Frucht einer geschicht- -ichen Bewegung. Sondern cs geschah ein „Brausen vom Himmel". Am Anfang der Kirche stand ein Handeln Göt es. Nicht Menschen, sondern Gott gründete die Kirche, sticht aus Menschenkraft und Menschenweisheit, sondern aus Zottes Geist und Wort lebt sie. Pfingsten ist kein einmaliges Ereignis. Es wiederholt ich immer wieder. Und es ist. als wäre wieder ein Pfing- iten angebrochen. Nicht als kirchlicher Festtag nur, sondern ,ls wirkliches Handeln Gottes mit seiner Gemeinde. Ein handeln, das sich an all den schweren inneren Kämpfen in >er Kirche offenbart, und dessen Ziel es ist, die Reinheit und Lebendigkeit der Kirche zu schaffen, die ganz in Gottes Hand ite^t. Und darum soll unser Pfingstgebet heißen: Komm', „MUMM'WM..." „O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön!" Der junge Studiosus sang, daß es weithin über die Wälder schallte und das Echo von den Bergen zurückklang. Das Schönste am Studium waren dach die Ferien! Wenn man, anstatt in die grauen Säle der Hochschule zu eilen, so recht gemächlich nach Haufe wandern konnte, mitten hinein in den Schwarzwald, weit weg von der Stadt! Der Hansel reckte sich wie einer, der einen langen Winterschlaf getan hat und nun mit Verwunderung gewahr wird, daß draußen in der Natur inzwischen alles zu grünen und zu blühen begonnen hat. Mit einem kühnen Satz sprang er über den breiten Mühlbach und eilte mit großen Sprüngen die Halde hin unter. Beinahe Hütte er ein junges Mädel umgerannt, das den schmalen Wiescnpfad heraufkam. „Der Hansel is wieder da! Das hört man doch schon ein paar Stunden weit! Grüß Gott!" „Ja, Emerenz!" Der Hansel streckte ihr herzlich die Hand hin. Dann aber warf er einen forschenden Blick in ihr Gesicht. „Ich kenn' dich ja gar nimmer," sagte er mit ehrlicher Anteilnahme. „So blaß bist geworden! Und ganz beküm mert schaust aus!" Die Emerenz blickte etwas verlegen zur Seite, „'s hat scho' jeder seine Sorgen," meinte sie ausweichend. Sollst wieder ein' nehmen, den nit magst?" fragte er listig. „Wie vorm Jahr? Geh, Emerenz, sei gescheit, mir kannst dock alles erzählen! Bin doch dein alter Schulkamerad und hab' dir schon manchmal geholfen." Die Müllerstochter sah ihn treuherzig an. „Diesmal is umgekehrt," sagte sie leise. „Der Toni — du weiß ja, i hab' ihn immer gern g'sehe', und der Vater hält' nix einzuwende, — aber er kommt nit auf Brautschau!" „Er hat vielleicht eine andere im Sinn," wandte der Hansel nachdenklich ein. Aber die Emerenz schüttelte den Kopf. „Wenn's das wär'! Nei, nei, des is nix anders als die neu' Junggesellen- mod', die aus der Stadt zu uns kommen is. Der Toni meint, er hat no' lang Zeit, und ein hübsches Maidle kriegt er im mer no' . . ." Der Hansel war ehrlich entrüstet. „Ein reicher Vauern- sohn,, der einen eigenen Hof hat, und nicht heiraten! Das war ;a noch schöner! Eine Sünd' und Schänd' ist's!" Die Emerenz nickte unter Tränen. „Genau so denk' i!" sagte sie. Der Hansel hatte sein Gesicht in tiefsinnige Falten ge zogen. Dann legte er dem jungen Mädchen tröstend die Hand auf die Schulter. „Emerenz!" sagte er feierlich. „Hast nst umsonst manches Gute angetan, als ich ein armer Schulbub war! Jetzt sollst den Hansel kennenlernen. Mor- gen bring ich dir den Toni auf B'schau, so wahr ich hier vor dir steh! Und Pfingsten is Hochzeit!" ' b" Emerenz versiegten jäh. „Morgen is B schau? "?te sie atemlos. Und Pfingsten . . .? Ja, wenn das fertig bringst, Hansel. Jesses und alle Heiligen, da muß t io gleich alles blitzblank mache!" »emger Gerst, erfülle unsere deutsche Kirche mit deinem krausen, mit deinem Schwung und deiner Wucht, daß sie in der Kirche Gottes ihren Dienst tue an ihrem Volk. - Gottes tausend Zungen Tausendfältig, tausendfältig ist des Gotkesgeiskes Stimme, Allgewaltig, furchterregend donnert sie in wildem Grimme, Wenn entfesselte Gewalten Jäh den Schoß dec Erde spalten, Wenn der Lava Feuergluken Aus den Flammenschlünden fluten, Wenn das Werk der Menschenhände Bricht im Sturm der Elemente, Dann erschauerst du bezwungen: Das sind Gottes lausend Zungen! Tausendfältig, tausendfältig will der Herr sich dir verkünden, wenn im Kuß der Worgensonne sich die Gipfel rosig zünden, Wenn vom Frühlingslau behangen Demantgleich die Halme prangen, Wenn die Blumen Düfte spenden Und in Farben sich verschwenden, Wenn im sanften Waldesrauschen Wir dem Chor der Bögel lauschen. Laut zum Lob' des Herrn gesungen: Das sind Gottes tausend Zungen! Tausendfältig, tausendfältig offenbart sich Gottes Walken, Wenn von seinem Geist erschüttert künsilerhände scheu ge- Wenn aus totem Stein erwachen sslalten. Wuktertränen, Kinderlachen, Wenn der Töne Harmonien Dich in lichte höhen ziehen, Und des Dichters hehre Worte Oeffnen dir des Himmels Pforte, Was in dir dann aufgeklungen: Das sind Gottes tausend Zungen! I. B. Deutscher Mngstgeist Pfingsten — das Fest der Erneuerung, der Kraft, der geistigen und seelischen Erhebung — wer wird nicht immer wieder von seinem Mythos und seiner äußeren Lieblichkeit erfaßt! Die Welt hat sich verjüngt, das keimende Leben ist Vollendung geworden. Iunggrün, Blütenrausch liegen eben hinter uns, oder wir stehen noch mitten in der Frühlings herrlichkeit. Und nun wissen wir, daß der Winter mit aller Not und Finsternis überwunden worden ist. Die Pfingstmaie in Dorf und Stadt grüßt uns mit ihrem Duft aus dem deutschen Wald und ihrem Geheimnis altger- manijcher Bräuche. Ein neuer Geist wurde einst an Pfing sten über die Menschheit ausgegossen, ein Geist, der sie srei. machte von Pharisäerhochmut und Tyrannenmacht, von fal schem Glauben und weltlicher Hoffnungslosigkeit. Und dieser Grist der Wahrheit, des Glaubens, der Nächstenliebe und der Gerechtigkeit behält seine Kraft bis in die Zeit unserer Tage. Die aber, die an jenem ersten Pfingsttag von diesem neuen Geist erfüllt wurden, verkündeten das Wunder innerer Er neuerung in taufend Zungen in aller Welt. Dieses Pfingstfest eines neuen lebendigen Geistes ist auch über Deutschland gekommen. Der Geist marxistischer Irrlehre, der Zwietracht, der Eigensucht, der Korruption, der Geist des Bösen und Gemeinen, der Lüge und des Un heils hat eineinhalb Jahrzehnt über Deutschland geherrscht. Er hatte die Völker verderbt und gcgeneinandergehetzt, er hatte den göttlichen Geist im Menschen verbannt. Wie sah es denn aus in unserem deutschen Vaterland vor zwei, drei oder zehn Jahren? Der deutsche Geist war gestorben, die deutsche Einigkeit systematisch zerstört, Moral und Sitte zer rüttet. deutscher Behauptungswille geschwächt. Aber unter den Schlacken dieser Zeit regte sich neues Leben, das stärker und stärker an die Sonne drängte. Und es kam das erste deutsche Pfingsten nach dieser Dunkelheit, das die deutschen Menschen mit neuem deutschen Geist er füllte, es kam jener gewaltige deutsche Frühling, der durch das Land stürmte, der an den Herzen und Hirnen rüttelte, und der den Geist der Dunkelheit und des Bösen, des Undeut- fchen, hinwegfegte. Deshalb hat das diesjährige Pfingstfest für die deutsche Politik eine ganz besondere Bedeutung: es symbolisiert den neuen Geist, der durch Adolf Hitler über Deutschland ae- „Verlaß dich auf mich," rief ihr der Hansel nach, „mor gen sind wir da!" Und mit großen Schritten, lustig vor sich hinpfeifend, verfolgte er den Fußpfad weiter, bis er in die breite Straße mündete. Dann ging's bergauf, bis ein statt liches Gehöft mit großen Stallungen und Scheuern sich hin- ? ter den Tannen auftat. j Der Toni war herzlich erfreut über den Ankömmling. ! Aber der Hansel seufzte mehrmals vernehmlich und meinte, einen Freund könnt' er halt schon brauchen jetzt, aber man könne ja nie wissen, wie eine kleine Bitte ausgenommen werde. „Jetzt schwätz' aber endlich, Hansel!" polterte schließlich der Bauer los, dem die Neugierde aus den Augen sah. Der Student kratzte sich hinter den Ohren. „Morgen schlacht' der Müller unten," sagte er endlich. „Und da möcht' ich zu gern einen Besuch machen. Du weißt ja, bei uns da heim ist Schmalhans Küchenmeister, und die Emerenz hat -in gutes Herz. Etwas Gesottenes und Gebratenes tut einem ausgehungerten Studentenmagen wohl. Aber schau, Toni," und der Hansel sah mit unschuldsooller Miene vor sich hin, „wenn ich nun allein komm', dann sieht das ja so aus, als ab ich auf B'schau käm'. Ich, ein armer Federfuchser, und die reiche Müllerstochter! Die Hund' täten mich vom Hof sagen, und mit Recht! Es tüt' sich auch gar nicht schicken, wenn ich allein ginge. Aber wenn du mitkämst, Toni, schau, dann wär' alles in bester Ordnung — keiner könnt' was dabei finden, und du tätst ein gutes Werk!" Die Spannung aus den Zügen des Bauern mich einer steudigen Ueberraschung. „Begleiten soll ich dich?" sagte er. „Aber natürli! Das is doch gar keine Frag'! Und Gesotte- aes und Gebratenes gibt's? Ja, d' Emerenz versteht was. Also topp!" Und ein kräftiger Händedruck beschloß das Bündnis. Aber dann rief ihn der Bauer noch einmal zurück. „Du, Hansel," meinte er nachdenklich, „am End' sieht's aber so aus, als käm' i zur B'schau? D' Emerenz is ein schön's Maidle und kriegt ein Stück Geld mit, das kann man brauche' heutzutag', — aber i mein', das hat no' lang Zeit! No' ein Jahr oder zwei möcht' i halt doch Junggesell' bleibe' — d' Emerenz lauft mir nit davon!" „Selbstverständlich! Recht hast!" bestätigte der Hansel scheinheilig. „Und natürli werd' ich der Emerenz gleich sagen, daß ich eigentlich die Hauptperson bin und du nur mein Begleiter!" Am nächsten Tag kamen richtig der Toni und der Hansel oor der Mühle vorgefahren. Ernst und gemessen empfängt sie der Müller, führt sie in die Stube und lädt ein, Platz zu nehmen. Dann ösfnet sich die Tür, ein wundersamer Duft van Äratenfchmalz und Speck zieht herein, und dann bringt die Emerenz eine Mahlzeit herein, auf die jede Hotelküche stolz sein könnte. Der Müller aber holt eigenhändig aus dem Keller ein „gut's Tröpfle" herauf, und nicht nur der Hansel auch der Toni langt zu, daß es seine Art hat, verachtet auch das „Tröpfle" nicht, und eitel Glück malt sich auf allen Ge sichtern. Das Essen dauert seine guten drei Stunden. Dann führt der Müller seine Gäste durch Haus und Hof, durch Stallungen und Scheuern, und der Toni, schon recht selig gestimmt durch das „Tröpfle", bewundert nach Kräften den tadellosen Bestand, macht auch der Emerenz ein Kompliment nach dem anderen, „meil's halt gar so blitzsauber überall nusschaut". „Und wer die Emerenz mal heimführt, der is ein ganz G'scheiter!" Dabei wirft der Toni dem Hansel einen verstohlenen Blick zu, aber der nickt beruhigend zurück: Er kann ohne Sorge mit der Emerenz ein bissel schön tun — sie weiß schon, daß er „bloß Begleiter" ist heute! Dann geht der Gang wieder zurück in die istube, wo inzwischen ein neues „Tröpfle" aufgetan ist. und die selige Stimmung des Toni klettert höher und höher, bis er schließlich irgendwo, zufrieden mit sich selbst und der ganzen Welt, sanft ein- jchläft. — — Am nächsten Morgen wird er recht unsanft geweckt. Er liegt daheim in seinem Bett, und der Hansel steht vor ihm und gestikuliert recht aufgeregt vor ihm herum. Der Toni reißt die Augen auf: „Ja, was — da war doch was gestern?" Der Hansel schlägt die Hände zusammen: „Ob was war!" sagt er pathetisch. „Einen Heiratsantrag um den andern hast der Emerenz gemacht, und feierlich versprochen hast, daß an Pfingsten Hochzeit sein soll. Und jeden Augenblick müf- ! fen's kommen, denn du hast gedrängt, daß sie heut' zu dir ' auf B'schau kommen!" Und im gleichen Augenblick rollt auch schon ein Wagen oor, und als der Toni aus dem Bett springt und hinaussieht. da sieht er, wie der Müller und die Müllerin und die Eme renz aussteigen und langsam durch das große Tor eintreten. Der Hansel hilft bereitwillig beim Ankleiden und gibt: ihm gute Ratschläge, während der Toni immer noch nicht recht weiß, wie ihm geschieht. „Die Emerenz wollt' eigentlich noch gar nichk heiraten," hört er den Hansel sagen. „Ich glaub', der steckt ein anderer im Kopf! Jetzt mußt du zeigen, daß du der Herr bist, denn sonst schnappt sie dir noch ein anderer weg! Pfingsten is Hochzeit, hast du gestern gesagt, und dabei mußt bleiben!" Die Emerenz sitzt inzwischen etwas beklommen zwischen den Eltern und schaut ängstlich nach der Tür. Jesses und alle Heiligen, sie hält'sich vielleicht doch nicht einlassen sollen auf dem Hansel sein Gered' und . . . Aber ihre Gedanken werden jäh unterbrochen. Die Tür geht auf, und herein tritt der Toni, jeder Zoll ein König, bloß mit ein bissel verschla- ienen Augen. Er grüßt feierlich, geht dann auf die Emerenz zu und sagt: „I denk' nit dran, nö' länger zu warten, daß du's weißt, Emerenz! Pfingsten is Hochzeit, hab' i gestern g'jagt — und dabei bleibt's!" Die Wirtin des Hansel in der Universitätsstadt aber wunderte sich nicht wenig, als eine Woche oor Pfingsten ein Niesenpaket für iyren Mieter eintraf, und daß wenige Minn ien später der Hansel nicht nur die schuldig gebliebene Miete auf Heller und Pfennig bezahlte, sondern ihr auch noch einige herrliche Rauchwürste ver-ehrte. Was mochte bloß dahinter stecken? Als der Hansel am Abend zur Kneipe gegangen war, nahm sie mit vorsichtiger Hand alle Herrlichkeiten aus der Kiste, die der Hansel offen in der Ecke hatte stehen las- en: Speck, frische Butter, Würste, das war ein Reichtum! Da lag auch ein kleiner Zettel, vielleicht brachte der die Lö» ung des Rätsels? Aber ihr Gesicht wurde immer erstaun ter, als sie kopfschüttelnd dic Worte las, die eine deutliche Nädchenhandschrift scheinbar in großer Eile geschrieben hatte: .Ein Mordskerl bist! Darum, daß an Pfingsten Hochzeit is!" E. Möbus.