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- Erscheinungsdatum
- 1934-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193405190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19340519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19340519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Weißeritz-Zeitung
-
Jahr
1934
-
Monat
1934-05
- Tag 1934-05-19
-
Monat
1934-05
-
Jahr
1934
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Ils« Riem. und leuchtender Loni Pfingsten hotte die Anne mit Hel Ein Kries hen' ranze leibei ;rre Fre l>en tag oer Stc liltl Nä dek vo inei Wi Sei Kri Sen zwischen all den vielen waren, alle die kleinen das V Pfings hatten gen w D> frieden „Camz Muttei erzählt und lr mir all Wie der PsingKzweig eine Ehe Met Das Dörfchen ist klein und liegt ganz verborgen in einem jener stillen Täler deutscher Heimat, welche nur jene kennen, die recht zu reisen und zu wandern verstehen, — Augen und Herzen auftun dabei. Aber wenn es so zwischen den sanftgrünen Hügelmatten heroorguckt mit seinen roten Dächern im strahlenden Sonnenschein und die Glocken vom niedrigen Kirchturme rusen, dann bekommt man schon Lust dazu, in diesem Dörfchen zu rasten. Und wann ist wohl die Sonne strahlender, wann rufen wohl die Glocken Heller und froher, als wenn die Lerchen am Pfingstmorgen ihren Fest choral anstimmen und der Fink seinen schönsten Triller dazugibt als Sologesang? Nun ist es schon gar manches Jahr her, daß die Anne und der Klaus hier in diesem Dörfchen als kleine Paus backe mit erstaunten Augen herumliefen und gemeinsam mit Ser Schiefertafel unten» Arm zur Dorfschule wanderten, weil sie ja Nachbarskinder waren und so denselben Weg hatten. Sie spielten auch zusammen drüben am Waldrands oder gingen gemeinsam Erdbeeren suchen . . . manchmal auch gerieten sie sich dabei in die Haare, was weniger er freulich war. Und immer seltener wurde, je mehr sie heran wuchsen und in jene Jahre kamen, wo sie zu sehen lernten, daß die Anne ein schmuckes Mädel zu werden begann und der Klaus ein Bursch, der sich schon sehen lassen konnte zwischen den anderen. Sie gingen um diele Zeit auch nicht wehr in die Schule, aber da sie ja Nachbarskinder waren, machte es sich ganz von selbst, daß sie trotzdem nicht selten »inen gemeinsamen Weg hatten. Oder machte es sich nicht oon selbst? Immerhin war es so; und inzwischen war die Anne siebzehn und der Klaus gar schon ein erwachsener und mündiger Mensch geworden, ohne daß sie es jo recht gemerkt hätten bei den mancherlei gemeinsamen Wegen. Wer es aber um so mehr gemerkt, das war der Karl oon Nachbars gegenüber. Der meinte, er wohne doch auch nicht fo weit von der Anne fort, daß sich nicht auch mal ein ge- iaul Asm Bro Sta Nau !rür Pf" mck uns ,'ina Zen >on jchm zellt »linc uns fchw tank jeim gwe uern über Kind Brof zlück pritz »er l um z .'leim den! -ronncnstcahlcn, die so eifrig dabei uvd großen Blüten zu rufen, für -"Zch-men und das Pfingstfest noch cs schon ohnehin war. Schon den mf l üne Dort venu matte »orn hn!" Nacht en, d Dort, nacht warte »gen, irische ichloss äch, ! mein TiseM mit ß iäßig, Färbe rühmi mich, sehen öolhr fiel pl U wund Krieg! rrlebt lugen! feine davon Stadt leien ! Ming diese l meine Nvette den B aachm Mihie! Palast kannte plötzlic Wir b A Eupen meinsamer Weg hätte finden lassen. Aber — siehe da — rr fand sich nichtl Wie das kam, wollen wir hier nicht un tersuchen; jedenfalls kränkte das den Karl gewaltig, woraus nicht nur aus die Anne ein Aerger wurde, sondern auch auf den Klaus. Und der konnte doch wirklich nichts dafür! frohe Pfingstfest vor der Tür stand. Und dazu noch so ein echtes, rechtes Pfingstfest mit strahlend blauem Himmel und " '.Hunwerten von trillernden Lerchen loch selbstverständlich Wer sich so nach seiner Heimat sehnte wie Sie, muß doch in ihr recht willkommen geheißen wer- )en." Und ohne, auf seine Einwendungen einzugehen, ging sie mit ihm durch die Straßen, wanderte über den Marktplatz und brachte ihn schließlich in eines der wunderschönen, al- en Häuser mit dem hohen spitzen Giebel und dem schön ge schnitzten Balkenwerk. Sehr freundlich wurde Klaus Ohlsen ausgenommen, als :r erzählte, wer er sei und warum er gerade zu Pfingsten >eimgekommen Und dieselbe Trauer, die er in Margrets Besicht gesehen, als sie von den Glocken erzählte, dis fand er mich bei ihren Eltern und bei manch anderen sonst. Er ging Mirch die Straßen seiner Heimatstadt, er fragle alte, ver krümmte Frauchen und mühselig einherwankende Männer, ir fragte Menschen voll Lebensfreude und Arbeitskraft, er ragte auch manch verträumten kleinen Jungen oder auch manch ernsthaftes kleines Mädchen. Und immer wieder hörte ;r das eine heraus, bald kunstvoll und klug ausgedrückt, bald mich nur wie ein Seufzen: Unsere lieben Glocken, es ist doch gar kein rechtes Fest ohne die Glocken . . . Klaus Ohlsen lächelte, wenn er das hörte und ein Ent schluß nahm immer mehr Gestalt an in ihm Währenddessen kreundete er sich immer mehr mit Margrets Vater an und Ne Wärme und Ruhe ihres Hauses empfand er in seiner Einsamkeit als etwas unwirklich Schönes. Und immer mehr fürchtete er sich davor allein und ohne richtiges Heim in der großen Stadt leben zu müssen. Zwei Tage bevor er abreisen mußte, hatte er eine ernsthafte Unterhaltung mit Margrets Later, der dabei aus dem Staunen gar nicht herauskam. Als aber das nächste Pfingstfest kam, da klang weit und schön über die Felder das echte, alte Pfingstgeläut und auch Sie Freudenglocke fehlte nicht. Die Menschen in der kleinen Stadt gingen mit frohen Gesichtern durch die Straßen und viele, viele Kinder standen an den Türen, als Klaus und Margret Ohlsen aus der Kirche kamen, Hand in Hand, wäh rend über ihnen die Glocken mit tiefen Schlägen Pfingsten verkündeten und die kleine Freudenglocke hell und jubelnd über die Stadt hin läutete. Eine gute Weile schon wanderte Klaus Ohlsen durch riese wunderschöne Frühlingswelt und sah wieder und mie ser über die Aecker und Wiesen hin mit soviel Liebe und so viel Interesse, daß man sogleich merkte: hier kehrt einer nach iangem Fernsein heim. Ja, lange genug war Klaus Ohlsen Krauße» in der Fremde gewesen, in der weiten, bunten Welt; vielerlei hatte er erlebt und gesehen, aber soviel auch Sa draußen lockte und rief, die kleine stille Stadt hinter den Sergen hatte er nicht vergessen Und in all den Jahren hur- ,er Arbeit war es immer sein Wunsch und sein Ziel gewesen, wenn er dereinst geachtet und angesehen sein werde in der Welt, dann wollte er heimkehren und seiner Vaterstadt irgend rtwas Wunderschönes schenken. Nicht immer hatte er so ge sucht, damals, als er jung und unternehmungslustig zum Dore hinauslief, da hatte er gemeint, nichts und niemand werde ihn in das winzige Nest zurückbringen, aber als dann Sie Zeiten der Not kamen, als er ganz allein und verlassen kämpfen und arbeiten mußte in der großen Stadt, da begann :r auf einmal die Schönheit seiner Heimat zu sehen und die Sehnsucht, einst heimzukehren, wurde immer größer. Aber er hielt durch und wurde erst etwas, ehe er daran dachte, sich feinen Wunsch zu erfüllen. Er mußte heimlich lächeln, wie er da durch die Felder ging und sich an jedem Käferchen und jeder Blüte am Wege irfreute, wenn er daran dachte, daß seine Bekannten und Untergebenen in der großen Stadt ihn hier so sehen wür- »en. Sie würden das als eine Marotte ansehen, als eine Nützliche und unbegreiflicize Laune, die man eben nachsichtig übersah. Sie alle dachten ja natürlich, daß er irgendwo in lusländischen Bädern seinen Urlaub verbringe. Und statt »essen wanderte er hier im Wanderanzug einem kleinen, känzlich unwichtigen Städtchen zu. das in keinem Reisehand- such zu finden gewesen wäre. Klaus Ohlsen schritt unwillkürlich schneller aus. er sah luch einmal nach der Uhr und schüttelte dann verwundert sen Kopf. Jetzt kam er auf eine Anhöhe und da lag unten sie Vaterstadt in ihren grünen Gärten ausgebreitet und überall blühte es in rechter Frühlingsfreude, so, als wolle es Sen Heimkehrenden begrüßen. Lange stand Klaus Ohlsen und schaute auf das so lang entbehrte Bild. Ja manches hatte sich fier verändert in den langen Jahren seiner Abwesenheit, iber noch lag die Burgruine auf dem Hügel, noch stand das i>übsche, alte Rathaus da, ja auch einige der anderen Häuser vermochte er noch wiederzuerkennen Nur der Kirchturm chien ihm anders zu sein als früher, jetzt war er schwer und niedrig und in seiner Erinnerung lebte er schlanker und hö- »er. Aber das konnte ja wirklich leicht eine Täuschung sein. Am Abhang dieses Hügels lag ein Felsblock, das wußte der heimkehrende Mann noch von früher, als er selbst noch als Schuljunge hier herumgespiclt und so manchesmal am Pfingstsonntag auf diesem Felsblock gesessen hatte. Dann hatte er da weit über die kleine Stadt hinweggeträumt, hatte Sie Blicke in die Ferne schweifen lassen und dem Pfingstge- iäut zugehört. Ja, das Pfingstgeläut, das war in Klaus Ohlsens Hei matstadt nicht einfaches Läuten wie an gewöhnlichen Sonn lagen auch, dieses Pfingstgeläut war etwas ganz besonderes. Das Städtchen hatte zwei Glocken aus alter, alter Zeit, um die sich so mancherlei Sagen spannen. Diese Glocken waren mit seltsamen Bildern und Sprüchen geziert, auch fremd- rrtige Namen standen darauf und auch die Glockenbalken waren sonderbar geschnitzt Dann war da noch eine dritte Blocke aus späterer Zeit. Diese drei Glocken bildeten einen ganz eigenartigen Akkord, wie man ihn bei keiner Glocke der llmgegend fand und auf dieses Glockenspiel waren die guten Leute im Städtchen immer ganz besonders stolz gewesen. Dann aber gab es noch eine vierte Glocke, die manche die Freudenglocke nannten, denn sie läutete nur an hohen Fest igen mit ihrer Hellen, feinen Stimme. Dies Pfingstgeläut nun wollte Klaus Ohlsen wieder ein mal hören und darum kam er gerade am Pfingstsonntag zu rück und darum auch setzte er sich nun auf diesen Hügel, da-- ! hin, wo der alte Stein lag. Wieder sah er nach der Uhr. cr- üaunt schüttelte er den Kopf, das Pfingstgeläut blieb aus. l Ein Weilchen wollte er noch sitzenbleiben, vielleicht f läuteten sie zu einer anderen Zeit oder seine Uhr ging i Inders als ihr«. Allerlei Gründe suchte er, um sich das Schweigen der Glocken zu erklären. Aber alles blieb stumm, ' «lange er auch wartete. Eine große Enttäuschung stieg in hm auf, fast war es ihm, als wolle die Heimatstadt ihn nun s richt mehr, weil er so lange fern gewesen. Plötzlich war es , hm. als scheine die Sonne nicht mehr so hell wie noch vor- » >er oder als sei die Landschaft ringsumher weniger Pfingst- - roh als noch vor ein paar Minuten. Und langsam stand er f mf, um weiterzugehen in das Städtchen hinunter, das ihm mf einmal wieder fremd und gleichgültig erschien. Auf einmal klangen Schritte hinter ihm. leichte, rasche ! Schritte und als er sich umiah, stand da ein Mädchen und i »ot ihm freundlich guten Tag. So droh war noch die Ent- , öuschung und die Verwunderung m ihm, daß er sogleich j ragte: „Warum gibt es kein Pfingstgeläut heute?" Er sah. i vie ein Schatten über ihr Gesicht lief, dann sagte sie lang- om: „Zwei Jahre ists her. da ist die Kirche abgebrannt. Eine neue kleine haben wir uns bauen können, aber für die ; Blocken hat es nicht mehr gereicht, sie sind alle zerschmolzen »eim Brande und beim Herunterfallen zerschlagen." Dem < Nanne war es, als wäre ihm ein« liebe Erinnerung zer- »rochen als er fragte: „Alle? Auch die Freudenglocke?" - Schweigend nickte das Mädchen, sie schien sich gar nicht zu i vundern, woher er so gut im Städtchen Bescheid wisse. Erst - »ach einer ganzen Weile sagte sie wie aus tiefen Gedanken s »eraus: „Sie fehlen uns allen, die Glocken, es ist gar kein i »ichtiger Feiertag so ohne Glockenschlag, aber wir sind arm i ind können keine neuen kaufen." Der Mann stand eine ganze Weile und sah das Mädchen j m, und irgend etwas in ihm drängte ihn, ihr zu erzählen, wer i »r sei und warum er hier gesessen habe Langsam gingen sie > »en Hügel hinunter und er erzählte ihr von seiner langen i Abwesenheit, von seiner Sehnsucht nach der Heimat, von sei- - »en Kinderjahren und feiner heimlichen Liebe zu der kleinen, : pellen Freudenglocke. Das Mädchen hörte schweigend zu, nur f manchmal fragte sie etwas, das ihm zeigte, wie sehr sie seine j Erzählung mitlebte und vor diesen ruhigen und freundlichen - Augen schwand dis Enttäuschung und er sprach mit ihr, als s tannten ne sich schon lange, lange Zeit. Am Tor des Städt- ! Hens fragte Klaus Ohlsen di« jung« Margret, wo es wohl j »in gutes Gasthaus gebe aber sie sah ihn ganz erstaunt an , end laate: ..Sie kommen doch mit zu meinen Eltern, das ist , die es jetzt Zeit war -u schöner zu machen, als ganzen Sonnabend vor . , len Augen und einem frohen Liedchen im .Haufe alles für . das Fest gerüstet und bei dem Mancherlei, was es dabei zu * tun und zu besorgen gab, war ihr immerfort der Klaus be gegnet, der wohl auch noch vieles für das Fest zu besorgen hatte; oder — wir wollen hier nicht untersuchen, wie das sonst zusammenhing. Dabei lzatte er die Anne einmal ge fragt, ob sie morgen am Pfingstsonntag schon sehr früh auf sein würde. Die hatte so hin und her geredet: daß sie wohl sehr müde sein würde van der vielen Arbeit heut . . . und daß es doch Feiertag wäre, wo man es nicht so eilig hätte... ja, und so hatte die Anne geredet und — sich ihr Teil dabei gedacht. Ihr müßt nämlich wissen, daß es man cherorts in deutscher Heimat — und in unserem Dörfchen noch bis auf den heutigen Tag — Sitte war, daß ein Bursch, der ein Mädel gern mochte ihr zum Pfingstsonntag vor Sonnenaufgang einen großen Pfingst-Birkenbuschen heim lich an die Tür steckte mit irgendeinem Zeichen daran, daß sie merke, wer es gewesen sei. Und wie nun die Anne heim kam, hatte sie gemerkt, daß ihr schmales, schwarzes Stirn band weg fei. Da hatte sie ganz leise gelächelt und be schlossen, mal morgen recht früh aus dem Fenster zu uvanen. Von Peker Kiendl. „Licht, vom Himmel flammt cs nieder, Licht, empor zum Himmel flammt es; Licht, es ist der große Mittler Zwischen Gott und zwischen Menschen." Es war am Pfingstsonntag 191d — St. Mihicl. Dr: Maasstädtchen am Rande der erstarrten Kriegsfront seiene sein erstes Kriegspfingsten. Die deutsche Linie aus den höhen der Cote des Lorraines umkreiste die Stadt auf dem rechten Maasufer. Auf dem linken Flußufer warteten fran zösische Regimenter auf irgendeine Offensive. Sonst aber war's ein ruhiger Frontabschnitt, fast zu ruhig. Und jene Ruhe begriff man erst so recht, wenn man das Leben des Städtchens St. Mihiel erlebte. Hätten nicht ein paar zer schossene Hausfassaden gestanden, wären nicht am Rande des Städtchens die abgedeckten Kasernenbauten gewesen, man erlebte so das unsagbar friedliche, beinahe verzauberte Bild eines echt französischen, friedlichen Provinzstädtchens. Oie Bürger, überwiegend Frauen und Kinder und alte Männer und halbwüchsige Burschen hatten sich an die Deut- ichen gewöhnt — nicht nur das — Zivilbewohner und Sol- Katen waren so dem Städtchen mitverbunden, daß man eben nur an ein friedlustiges Garnisonnest glauben konnte. Mein Regiment lag damals schon monatelang dort im Maasstüdtchcn. Nachts waren wir Frontsoldaten nur we nige Kilometer vor der Stadt in Stellung oder in regel mäßig eingeschobenen Ruhetagen in Bürgerquartieren im Städtchen St. Mihiel. Ein maienrichtiges Pfingsten war's I Die Regiments kapelle der „Elfer" spielte auf dem Place de Justice, im Schatten frühlingssrischer Laubbäume ieiertägige Stand musik. Rings um den Platz standen Ruhebänke, die ebenso heimatlich aussahen wie heimatferne Alleebänke irgendwo in der Spree oder an der Isar. Auf jenen malenfrohen, srilchgestrichenen Bänken saßen jung und alt, dazwischen feldgraues Tuch und parlierte, lachte, freut« sich des Pfingst- ; ' Und nun war es Pfingstsonntag-Morgen. Die Anne ' hat sich ganz festlich zurecht gemacht und guckt — kaum daß Sie Sonne etwas hervorlugt — aus dem Fenster nach der Tür. Richtigl da steckt etwas Großes, Grünes! Aber Oie Anne ist auf einmal ganz blaß geworden und eilig zur Tür gelaufen: das Große, Grüne war kein grüner Maien zweig . . . Ein Ebereschenzweig war es! Den hat die Anne eilig und mit Tränen in den Augen fortgenommen und ins Feuer geworfen, damit ihn nur ja niemand sehe. Mit Sem Ebereschenzwcig ist es nämlich so, daß ein Bursche, wel cher einem Mädel einen Ebereschenzweig am Pfingstmorgen an die Tür steckt, ihr damit sagen will, daß er sie verspotte und sie zum besten habe. War das ein trauriger Pfingstbeginn für die Anne! Sie wollte gar nimmer aus der Stube und es kostete die anderen viel Mühe, sie endlich doch herauszuholen, als nun Ser Pfingstumzug mit dem Maibaum um das Dorf und die Felder her begann und jung und alt im besten Festtags staat mitzogen. Diesen Morgen fand es sich, daß die Wege von der Anne und dem Klaus niemals dieselben werden wollten, wieviel Mühe der Klaus sich auch immer gab; bis er schließlich nicht mehr wußte, was er davon halten sollte. Er hätte die Anne schon gern gefragt, aber sie war immer dort, wo recht viele Leute beisammenstanden. So kam er »immer zum Fragen. Darüber wurde es Abend, der Mai baum war drüben auf dem Anger aufgepflanzt und die Pfingstfeuer wurden auf den Hügeln angezündet. Run ging s-uch der Klaus umher und machte ein Gesicht wie sieben Tage Regcnwetter. Und es mar doch Pfingsten . . . und Frühling rings . . . und alle waren froh! Nur der Klaus nicht: der strolcht irgendwo in der Dunkelheit am Fließ entlang und setzt sich schließlich unten an den Abhang, damit er die Pfingstfeuer gar nicht mehr sähe und ihm ist zumut. Saß er lieber heulen als lachen möcht. Auf einmal gibt es oben am Abhang ein Rascheln und Rutschen und Knacken. — Und plötzlich kollert etwas eilig und unaufhaltsam den Abhang herunter, so daß der Klaus noch gerade zupacken kann, sonst wäre er mitsam dem Etwas in den Bach. Da aber dies Etwas nicht anderes gewesen ist, als die Anne, die es auch bei Tanz und Lachen heut nicht gelitten and in die Dunkelheit getrieben; und die in solcher Dunkel- beit gestolpert und ausgeglitten war, so hat der Klaus festgehalten, was er hatte, weil er gemeint: wenn die Wege von zwei auf so sonderbare Art Zusammentreffen, so müß- ien sie schon alleweil zusammengehören. Die Anne ist dar über sehr böse geworden und hat um sich geschlagen und hat ihm all das Bittere gesagt, das diesen Tag mit ihr ge gangen von jener Morgenstund an. Was ist der Klaus er staunt gewesen: Einen Ebereschenzweig?! Er — der Klaus?! für die Anne — einen Ebereschenzweig! Ob sie Senn wirklich das von ihm gedacht! Ob sie denn gar nichts gemerkt all die lange Zeit?! Sprechen und sagen — — ja das würde ihm schwer, das verstehe er nicht — kriege ;r nicht so heraus, wie er es gern möchte . . . Aber Der Klaus muß dann die Anne doch irgendwie über zeugt haben, daß er es nicht gewesen, denn sie sind noch lange, lange unten am Bache gesessen; und nachher sind sie Hand in Hand heimgegangen . . . Weil sie doch Nachbars kinder waren und so einen gemeinsamen Heimweg hätten, meinte der Klaus, und die Anne wußte eigentlich nichts da gegen einzuwcnden. Am Pfingstmontagmorgen aber stak nicht nur ein Birkenzweig an Annes Tür, nein!, da standen rechts und links je ein ganz großer Pfingstbaum . . . Und der Karl von Nachbars gegenüber hat sich was geärgert, daß ihm lein häßliches Bubenstückchcn nun doch nimmer gelungen und er umsonst eine ganze Nacht dem Klaus aus gelauert, um ihm seinen Pfingstzweig mit einem Ebereschen zweig zu vertauschen. Er ist bald darauf in die Stadt und dort geblieben. Das war gut für ihn, denn der Klaus hat sich schon was denken können, und mit dem ist nicht gut Kirschen essen! In dem Häuschen, das der Klaus und die Anne ein halbes Jahr später bezogen, ist nun jeden Pfingsten alles voll grüner Pfingstmaien. Ich weiß es genau, denn ich bin jedes Jahr zu Pfingsten ihr Gast. Ach ja, schon so manches Jahr, denn bald wird die kleine Anne, der großen Anne Tochter, auch schon aus dem Fenster schauen nach dem Birkenzweig an der Tür. Heinz-Oskar Schönhoff.
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