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. Deutsche HHmMtms Zum Pfingstfest 1934 von Reinhold MickMis-Derlin. Komm' Schöpfer, heiliger Seist, erfreu Die Herzen derer, die dir treu. Und füll' mit höchster Gnodenlust Aller von dir Enchofs'nen Brust! So hat einst vor elf Jahrhunderten der deutsche Kaiser Tart der Große seinen Psingitaciang angestimmt. Latei nisch Zwar war noch die Sprach-', aber das Empfinden war »eutsch. Es war deutsch inniges Empfinden, das ihn singen üeßr „Veni, creator Spiritus", komm Schöpfer, heiliger Reist. Im heiligen Geist verehrt er die Schöpfermacht, die leuschaffende Pfingstgewait des Gottesgeistes. Das war ras erste deutsche Pfingsten. Das war der tlnfang. Dreihundert Jahre später, da kehrt ein schlichter, deul- cher Einsiedler aus dem hl. Lande heim. Mit glühenden Farben schildert er die Not der christlichen Brüder und ordert zur Befreiung des hl. Grabes aus der Hand der Ingläubigen auf Und noch am selben Tage nehmen Tau ende und Abertausende das Kreuz und drängen mit dem -lammenden Rufe: „Gott will es!" zum heiligen Kriege, >um Kreuzzug. Eine mächtige Bewegung, die an die zwei Zahrhunderte angedauert hat, ein deutsches Pfing sten Vor hundert Jahren mar's. Da ward unser Vaterland, veil es innerlich morsch und zerfressen, sittlich verwahrlost and heruntergekommen war, zu Boden getreten. Aber das klend der Zeit gebar ein neues Geschlecht, eine Wiederge- »urt erfolgte. Zu den äußeren Reformen kam die innere steformation des Volksgeistes, zu der Reorganisation des Heeres kam die innere Mobilmachung alles dessen, was an kttlicher Kraft und an geistiger Stärke noch vorhanden war, dis die Stunde kam, da das Volk aufstand und der Sturm losbrach. Es war keine tollköpfige Schwärmerei, kein Strohfeuer des Enthusiasmus, es war eine im tiefsten in- aersten Gefühl wurzelnde, heilige Begeisterung, die alle ufüllte. Die große Zeit fand ein großes Geschlecht .denn »ieses Geschlecht wußte sich getragen von Gottes heiligem Seist. Denn was uns mahnt zu Sieg und Schlacht, Hat G»tt ja selber angefacht, Dem Herrn allein die Ehre! So sang der Freiheitsdichter und mit ihm alle andern, hier kämpfte der neue Geist aus Gott gegen den allen Seist aus der Tiefe. Aber der Gottesgeist behielt den Sieg, ind unser Volk ward frei. Deutsche Pfingsten. Vor 20 Jahren, als sich eine feindliche Welt gegen inser Volk stellte, da flammte noch einmal Begeisterung rnd Opferwille empor, aber dies Aufflammen in der Er- »ebung des Volkes von 1914 trug doch den Todeskeim schon im Herzen, denn es war nicht mehr getragen von dem reinen, »eiligen Geiste, es war durchsetzt von dem Ungeist des Ma terialismus und des Unglaubens, dem Geist der Selbstsucht ind Uneinigkeit. Und dann kam jene trostlose und alles zerstörende Zeit des Menschengeistes, des „Erdgeistes", von »er der Dichter klagte: O heiliger Geist der Pfingsten, Wie bist du entschwunden so weit! Wo bliebst du in dieser geringsten Zwiefach erstorbenen Zeit!? Und heute? Heute ist w i e d e r ein neues deut sches Pfingsten über unser Volk gekommen aus Got tes Gerst. Freilich, kein Brausen vom Himmel, keine feuri gen Zungen und Sprachenwunder wie einst, aber in müh samen, jahrelangem Ringen um die Seele des Volkes durch »en Propheten des neuen deutschen Geistes, den Gott der Herr unserm Volke in seinem Führer geschenkt hat, ist das Volk zuletzt mit Allgewalt ergriffen worden zur neuen deut schen Volkseinheit und Volksreinheit. Fürwahr, ein Psingst- vunder. das das ganze Volk ergriffen und zusammcngc- sührt hat zu einer noch nie erlebten deutschen Einheit und kinigkeit. Mit Recht konnte der Führer am nationalen Feiertag'der Arbeit diesmal sagen: „Ein neuer Geist hat »as deutsche Volk erfüllt, hat es erweckt zu neuem Leben ,nd ihm die Kraft geschenkt zu Werken der Arbeit und zu Leistungen aus allen Gebieten einer neuen Volksgestaltnng. »ie bewunderungswürdige sind." Das ist unser deutsches ^nnguon. das wir mit Dan! a- gen den -spipsenschen Got- .esgeist diesmal feiern dürlsn. Kein anderes Volk der Welt begeht so die Feier des Zeistes, wie das deutsche Volk, das selbst alles geistig zv lurchdringen, zu verarbeiten gewohnt ist. Aber diesmal richt bloß als das Volk einzelner „Dichter und Denker" andern das ganze Volk ist es jetzt geworden, das den st. Geist des Friedens, der Liebe und der Zucht angenom- ncn hat, das ganze Volk, von dem es diesmal wirklich >cißt, wie in der Pfingstgeschichte: „Sie waren alle ein- nülig beieinander", im Geist, in der Tat und in der Arbeit. Du unerschöpfter Geist des Lebens Allmächtig starker Gotteshauch, Dein Feuermecr ström' nicht vergebens. Entzünde unsre Herzen auch! Schmilz alles, was sich trennt, zusammen Und baue deinen Tempel aus. Laß leuchten deine heil'gen Flammen Durch deines Vaters ganzes Haus. MWMSZLK Skizze von Otto Boeltger-Seni. Schmied Wilkes Wilhelm saß vor der alten Niederlande m väterlichen Garten und träumte vor sich hin. Wenn jen seits des Zaunes auf dem Dorfwege Schritte erklangen, wandte er sein Gesicht fort, als ahnte er die mitleidigen Lücke der Freunde und Nachbarn. Dem alten Wilke hatte das Unglück des letzten Jahres das noch volle Haar so weiß gefärbt, wie die hernieder rie selnden Obstblütenblätter die Wege seines Gartens. Seine Marie hatte ihn nach zwanzigjähriger Ehe allein gelassen und auf dem nahen Friedhof Ruhe gefunden, nachdem man ihnen ihren Wilhelm nach dem Fabrikunfall aus dem Kran kenhaus heimgeschickt hatte — Halbblinde konnte man zur Arbeit — im Leben — nicht gebrauchen. Des alten Wilkes Nichte — die Anna, — ein Ding von noch nicht zwanzig Jahren, war an Mutter Wilkes Stelle -un gezogen, hatte sich den Schlüsselbund der Verstorbenen in das Schürzenband gehakt, sprach nur das, was nötig war und schaffte für zwei. Vater und Sohn war es schon recht jo. Auch der Anna. Für das unnötige Sprechen war sie. wie gesagt, nicht, aber singen tat sie umso lieber, dann ging ihr die Arbeit nncki einmal Io ickmell von der Hand. Des deutschen Bolles Pfingstfest Von Werner Lenz. Bewältig erhob sich ein tönendes Sausen, Ind über das harrende, hoffende Land stob machtvoll ein Sturmwind mit beugendem Brausen Ind stürzte, was morsch nur und mürbe noch stand. vom himmlischen Throne auf leuchtender Wolke krgießt sich befruchtend ein heiligster Geist, lind fügt uns von neuem zufammen zum Volke, kr — der unsrer Sendung Erfüllung verheißt. pfingstwunder! Gemeinschaft im Geiste geboren! bewahrt solchen Geist und verschwendet ihn nicht! Oem wirkenden Brudergeist sei es geschworen: Kein Zwiespalt mehr trennt uns, stets eint uns die Pflicht! Vie deutsche, die o"e. die herrliche Dreiheit, Mit feurigen Zungen sei stark sie bekannt: Oie schimmernde Ehre, die flammende Freiheit, vas heilige, blühende Vaterland! — liu^ s Hölle ein Fremder, der nor der kleinen, weimun- auktev cmen Augenblick verjchnaufle. w:!st deu- !en moste!: baß hier glücklich« Menschen ihrem Tagewerk: mchgmgen denn 'm das Pinken des Schmiedehammers klang! zar ofi "das Singen Annas aus dem geöffneten Fenster. —- Aber das konnte nur ein Fremder denken, der den meistj till vor sich lunbrötenden Wilhelm im Garten noch nicht ge- > ehcn hallt Wohl war die Verzweiflung über seine Hilf- ! osigken einen» sistien Sichfügcn gewichen. Und mit diesemj i Sichfügen hatte die unermüdliche Pflege Annas und in denj ! etzten Wochen weist auch der Frühling mit seinen Düsten f nid seinem Vom-tiana das erste scheue und zaghafte Hoffen ! mf Genesung gebrachi. Wilhelm fuhr aus »einem Grübeln auf. Er hörte Annas j hm so wohlbekannten Schritte auf dem Gartenweg. — f ..Nun, Wilhelm, ist das nicht schön in der Sonne?" — Freundlich rückie sie ihm ein Tischchen an den Stuhl und teilte ihm das Frühstück zurecht. — „Ich bringe dir gleich roch ein Glas Much, es tut dir gut." Wilhelm wvl'te ihr wehren: ..Laß doch, Anna, ich bin wch kein kleines Kind mehr, das noch die Flasche bekommt!" s f „So? — Und was die Aerzte bei deiner Entlassung ge- > agt haben, hast du moh! ganz vergessen? Daß du dich recht stiegen und kräftigen- müßtest, damit sie dir dann deine- llugen wieder ganz gesund machen können." Wilhelm wandte sich ab. „Ach. was sollen sie aus mirj »Item Krüppel noch machen?" — Das klang oder sollte ab-, vehrcnd klingen, und doch konnte ein feines Ohr aus diesen! Worten den Wunsch heraushören, einen Widerspruch zu! veckcn. Und das junge Mädchen verstand ihn wohl darin. „Ai-- f en Krüppel — sagst du? Versündige dich nicht, Wilhelm.! Oanke Gott, daß du noch so davon gekommen bist; vor allem, l vo dir doch bald wieder auch deine Augen gesund gemacht j verden." Geschäftig eilte sie dem Häuschen zu. Ueber Wilhelms - : Besicht huschte ein kleines Lächeln. Wie böse sie werden j onnte! Und wie schön das klang und wie gut das in das k Warten und Aufhorchen seines Herzens hineinpaßte: „Wo f ür doch bald deine Augen wieder gesund gemacht werden!" ! ! - Wenn sie recht behielte! Wenn das stimmte! Herrgott im ! Himmel, wie wollte ich dir danken! — Wieder sehen können. - irbeitcn, später ein Heim haben, in dem ein junges Weilst röhlich schafft, so fröhlich — nun, wie eben die Anna. l Als ihm Anna einige Minuten später ein großes Glas! Milch brachte, leerte er es beinahe hastig. — Gesund und- - kräftig wollte er werden. — Nachmittag war es. Der alte Wilke hatte heute, Pfingst-! - onnabend war es, früher sein Schurzfell abgebunden, Feier-! ibend gemacht und war zu einem kleinen Abendplausch zum- i stachbarn gegangen. ! I Auch Anna war mit ihrer Hausarbeit fertig und leistete! ! Wilhelm im Garten Gesellschaft. Schweigend saßen sie beide vor der Laube. Verstohlen! chaute Anna ab und zu von ihrer Handarbeit auf und zu! Wilhelm hinüber. Ihr war, als wäre in seinem Gesicht eine Veränderung vor sich gegangen, als wäre das Starre, Hoff-, lungslose aus seinen Zügen gewichen. Wilhelin mußte es fühlen, daß sie ihn anschaute. — , „Anna!" — „Ja, Wilhelm?" — Sie war neben seinen - Stuhl getreten und hatte ihre Hand auf seine Schulter ge egt. — „Wolltest du etwas?" — Stockend, als müßten sich die Worte den Weg ins Freie! rrkämpfen, kam es über seine Lippen: „Willst du mir eine Frage auf Treu und Gewissen beantworten, Anna?" —! .Ja. Wilhelm, frage mich nur ruhig." — „Glaubst du bestimmt, daß ich mit meinen Augen —- nieder — ganz — gesund werde?" Voll Mitleids und tiefer Liebe blickte die Gefragte in! ras von ätzenden Säuren verletzte Gesicht. Das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Beantworten sollte sie diese Frage auf Treu und Gewissen. — Eine sekundenlange, peinvolle Stille trat ein. Dann' wurde ihr in ihrem Bangen unerwartete Hilfe und Weisung. Erst leise — zögernd, dann immer lauter, eindringlicher! letzte das Glockenklingen der nahen Dorskirche ein, um das! Pfingstfest einzuläuten. Still hatten sich ihre Hände gefunden — keinem von bei den wurde es bewußt, so lauschten sie der klingenden Ver heißung, und das selige Pfingstwunder. Glaube und Hoff nung, nahm von ihren Herzen Besitz, füllte sie aus und machte sie stark. Schräg fielen, als die Glocke schwiegen, die letzten Son nenstrahlen in den Garten. Da beugte sich Anna zu dem Kranken, küßte ihn scheu auf die Stirn, und tapfer und vol ler Hoffnung konnte sie ihm Antworten aus seine Frage: „Ja, Wilhelm, ich glaube sicher daran." Und es klang jo tief und sicher, wie die Glocken geklun gen. Still saßen sie noch lange nebeneinander und sprachen, nicht, um dem Klingen in ihren Herzen zu lauschen. Beilage zur Weißeritz-Zeitung / Sonnabend, ly.Mai / Nr. 115