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Orbeborreciikscliutr: künk Dürmo-Vorlag, llrille (Ziialo) 16^ Nachdruck verboten. Ls war kein Geheimnis, das; er bei dem Uebermas; von Arbeit auf seine Gesundheit keine Rücksicht nahm. Mit einer müden Bewegung forderte der Minister die beiden Herren zum Sitzen auf. Seeburg ging sofort auf sein Ziel los. „Herr Minister, ich habe heute diesen Artikel zugesandt bekommen. Mit der dienstlichen Post zugleich. Darf ich ihn zur Kenntnisnahme überreichen — oder aber soll ich referieren?" „Beides unnötig, Herr Lcgationsrat! Der Artikel ist mir und auch allen Herren des Amts zugesandt worden. Daneben einzelnen Dienststellen des A. A. Ich komme auf diese Tatsache vielleicht noch zurück. Wie weit ist die Schilderung des Blattes zutreffend?" „Fast in allen Punkten, Herr Minister." Dieser tauschte einen befremdeten Blick mit Doktor Berg. „Zwei Dinge sind aber — offenbar absichtlich — von dem sonst so vorzüglich informierten Einsender ver schwiegen worden: erstens — daß .Ostfront' vorgeführt werden würde, war mir nicht bekannt; zweitens — ich bin selbstverständlich bei dem anschließenden Zusammensein nicht Gast gewesen, sondern habe meine Rechnung selbst erledigt." „Danke. Wie kam es aber zu Ihrer Teilnahme an dieser merkwürdigen Sondervorführung?" Ehe der Minister weitersprcchcn konnte, klingelte sein Tischapparat. Der Minister hob den Hörer ab. Seine Stimme änderte sich; sie klang weich und zärtlich. „Ja, mein Kind? — Danke, unverändert. — Vielen Dank, ich bin unterrichtet. — Dir auch zugesandt? Sieh mal an! Wie vorsorglich von den Herrschaften! — Ich hoffe es. Es scheint so. Auf Wiedersehen! Ja, ja, ich nehme mich schon in acht." , Damit hängte er den Hörer wieder ein. Dann wandle er sich wieder den Herren zu. „Also, Herr Legationsrat, wie es zu dieser Vorführung < kam, hätte ich gern gewußt..." Ruhig erwiderte Seeburg: „Fräulein Dumont ist mir bekannt. Wir wohnen zu fällig in der gleichen Pension. Daher rührt die Bekannt schaft. Sie forderte mich eines Tages auf, einer Sonder vorführung ihrer Nollen beizuwohnen, die stattfinden solle, weil Direktor Perlain Fräulein Dumont in be stimmten Rollen sehen wollte. Er hatte die Absicht, mit der Dame als Trägerin der Hauptrolle für einen neuen großen Film einen Vertrag abzuschließen. Da ich Fräu lein Dumont im Film noch nicht gesehen hatte, schlug sie mir vor, gleichfalls hinzukommen. Perlain hätte nichts dagegen. Ich war unangenehm überrascht, als ich nach anderen Filmausschnitten dann .Ostfront' zu sehen bekam." „Sind Sie wegen des Verbots befragt worden?" „Ja, Herr Minister! Ich habe natürlich erklärt, daß ich mich zu dieser Frage nicht äußern könne, da die Mög lichkeit besteht, daß ich mich dienstlich damit zu befassen habe." Jetzt mischte sich Staatssekretär Doktor Berg, der bisher stumm die Unterredung mit angehört hatte, in das Ge spräch: „Herr Legationsrat, hat man auf der anderen Seite, nicht versucht, Ihre persönliche Meinung über den Film, zu erfahren?" „Ja! Auch das ist sofort nach meiner ersten Aenßcrung versucht worden. Ich habe, unter mehrfacher Betonung des Umstandes, daß ich meine private Auffassung äußere, ausgeführt, daß ich ein Verbot nur billigen könnte." Der Minister nahm das Gespräch wieder auf: „Sie würden also bereit sein, Herr Legationsrat, das Amt bei der entscheidenden Sitzung zu vertreten?" „Selbstverständlich, Herr Minister! Trotzdem möchte ich anregen, zu erwägen, ob nicht an meiner Stelle einer der anderen Herren beauftragt werden könnte. Gleichzeitig möchte ich — ich will die Frage vorher noch mit einem Anwalt besprechen — mir Vorbehalten, gegen das Blatt geeignete Schritte zu unternehmen." „Das wäre natürlich Ihr gutes Recht. Ob cs zweck mäßig ist, auf den Angriff überhaupt zu reagieren, erscheint mir zweifelhaft. Es handelt sich doch um einen zweifellos inspirierten Angriff in einem Sensationsblatt. Jeder Ihrer Schritte kann zu weiteren Artikeln Anlaß geben. Das Amt hat kein Interesse daran, einen neuen Sensa- tionsfall mit Gerichtsverhandlungen und Zeugenaussagen zu schaffen. Sie kennen ja den Unfug, der mit der Be fragung von Zeugen in solchen Prozessen getrieben wird. Sollten die Angriffe fortgesetzt werden, wäre ein Ein schreiten noch immer zu überlegen. Ihren Wunsch, Sie von der Wahrnehmung des Termins bei der Filmober- prüfnngsstclle zn entbinden, will ich erfüllen. — Wer käme an Herrn von Seeburgs Stelle in Betracht?" wandte sich der Minister fragend an Doktor Berg. „Ich würde Lcgationsrat von Matzow Vorschlägen. Er hat die Angelegenheit in erster Instanz bearbeitet." „Einverstanden." Es klopfte. Ein Sekretär überbrachte ein Telegramm. -Der Staatssekretär iiberflog es und reichte cs dann dem ^Minister. Mit einem Lächeln wandte er sich an Seeburg: „Das Telegramm betrifft Ihre Angelegenheit, Herr Baron. Direktor Perlain depeschiert: Erfahre soeben telephonisch vom Presseangriff auf Herrn von Seeburg. Mißbillige Veröffentlichung ent schieden. Verhalten des Herrn Baron unbedingt korrekt. Er wurde mit .Ostfront'-Ausführung, wie ich nachträg lich erfuhr, überrascht. Refüsierte Einladung, erklärte Teilnahme am Souper nur für möglich, wenn nicht als Gast. Zweck der Zcitungsaugriffc mir unerfindlich. Bitte um Erlaubnis, Herrn von Seeburg meine Hoch achtung auszudrückcn. Perlain. Es freut mich, Herr von Seeburg, durch dieses Tele gramm meine Auffassung bestätigt zu sehen, daß Ihnen in dieser Angelegenheit nicht der geringste Vorwurf zu machen ist. Wir wollen an das Wort von Exzellenz Fürst von Bülow von der Nhinozeroshaut denken, die man im Diplomatenberuf braucht. Ich wünsche sie mir manchmal auch!" Der Minister erhob sich, auch die beiden anderen Herren standen auf. Er reichte Seeburg abschiednehmend die Hand; Staatssekretär Doktor Berg folgte dem Beispiel. Seeburg verbeugte sich noch einmal an der Tür und ging in sein Arbeitszimmer zurück. — Zum Arbeiten kam er zunächst allerdings nur wenig. Der geheime Nachrichtendienst, der in jedem großen Betrieb eine selbst für alle Beteiligten rätselhafte Erscheinung ist, hatte schon überall die Nachricht verbreitet, daß die Unter redung Seeburgs mit dem Minister befriedigend aus gegangen sei. Und so kamen denn unter allerhand Vor wänden die lieben Kollegen und eine Anzahl anderer Be amter. Während sie sonst Schriftstücke auf dem üblichen Dienstweg Weitergaben und eine schriftliche Anfrage bei fügten, wenn sie einer Auskunft bedurften, kamen sie jetzt alle selbst. Da duldete eine Sache keinen Aufschub, da wollten sie die Ansicht des Kollegen doch gern selbst hören; dort war eine Unklarheit, die zu beseitigen war, und was es so an Gründen gab, um, mit einem Aktenstück unterm Arm, einen Augenblick in das Zimmer Seeburgs zu wan dern. Alle erschienen — natürlich in dienstlichem Interesse — persönlich. Die wenigsten brachten es über sich, aufz den Artikel in der „Großen Glocke" zu sprechen zu kommen. Vorsichtig gingen die meisten um den heißen Brei herum und hätten es doch zu gern gesehen, wenn Seeburg seinem Aerger in bewegten Worten Luft gemacht hätte. Der tat ihnen aber den Gefallen nicht und ahnte gar nicht, wie sehr ihm das verübelt und als Hochmut ausgelegt wurde. Nur Herr von Matzow, der mit Seeburg immer recht gut gestanden hatte, ging direkt aufs Ziel los. Zu der hageren Reiterfigur mit dem glatt geschorenen Kopf und den wasserklaren Augen, zu dem bartlosen Gesicht — er trug auch nicht die Andeutung eines Schnurrbarts — hätte Verstellung auch nicht gepaßt. Seine Offenherzigkeit machte ihn nicht gerade zu einem bequemen Mitarbeiter. Aber sein scharfer Verstand, seine unleugbare Tüchtigkeit und Arbeitskraft glichen immer wieder aus, was sein loser Mund und seine Ironie bei Vorgesetzten an Verstimmung erregt hatten. „Also, lieber Seeburg, wollen Sie das in Zukunft immer so halten? Die guten Diners mit..." Hier ent faltete Herr von Matzow mit gemachter Umständlichkeit ein Exemplar der „Großen Glocke" und suchte gemächlich.nach einer Stelle, bis er sie fand und pathetisch vorlas: „... mit einer durch ihre Schönheit in der ganzen Welt bekannten Filmschauspielerin." Damit legte er das Blatt auf See burgs Schreibtisch und fuhr fort: „Und sonstiges Zu behör; solch angenehme Kleinigkeiten erledigen Sie gütigst selbst. Aber zu der Sitzung bei der Oberprüfungsstelle lassen Sie mich schicken! Ich finde das nicht kollegial. In Zukunft bitte ich mir die ganze Vertretung zuzuschanzen, aber nicht nur den langweiligen Teil!" Seeburg, der Matzows Art genau kannte, meinte be denklich: „Hätten Sie auch Anspruch auf diesen hundsgemeinen Artikel in der .Großen Glocke' erhoben?" „Mir hätte eine solche Stilübung jedenfälls nicht die Laune verdorben, Seeburg! Sie haben wahrscheinlich in wohlgesetzter Rede nachgewiesen, daß Sic ein braves, un schuldiges Kindlcin seien! Als ob daran ein Mensch mit einigem Urteilsvermögen überhaupt hätte zweifeln können. Wenn ich übrigens den Zweck dieser infamen Denunziation richtig erkenne, dann wird mein Hinkommen zur Sitzung eine Enttäuschung für Ihre guten Freunde bei der .Großen Glocke' sein." Seeburg siel rasch ein: „Sic sehen da einen Zweck? Ich kann den Sinn und Zweck aber nicht recht verstehen, wenigstens einen Zweck nicht, der über eine Verdächtigung meiner Person hinaus- gchen sollte." „Wirklich nicht?— Nun, die guten Leutchen wußten offenbar, daß Sie gegen den Film seien. — Das bin ich ja auch; aber daß i ch hinkomme, wußten sie wahrscheinlich nicht — und deshalb waren Sie ihnen unbequem und sollten weg. Aber" — und jetzt verlor Matzows Stimme jede Spur von Scherz — „woher wußten die Herrschaften denn das?" „Weil ich es ihnen selbst Wagt hädeTMätzoM ' Kurz kam die Frage zurück: „Wem haben Sie es gesagt?" „Fräulein Dumont und Herrn Perlain." „Sonst niemandem?" „Nein." Matzow überlegte einen Augenblick. Fragend sah er Seeburg an. „Perlain hat doch seine Mißbilligung des Artikels erklärt. — Ich kenne oas Telegramm. Es macht nicht den Eindruck, als ob sein Absender ein Niesenschweinehund wäre! Dann steckt also diese Filmschönheit hinter der Sache. Lieber Seeburg, ich warne Sie! Sie müssen diese verwöhnte Dame, wahrscheinlich unabsichtlich, tödlich ge kränkt haben. Frauenrache ist ein böses Ding, Seeburg! Haben Sie eine Ahnung, womit Sie der Dame zu nahe getreten sein können? Geht es gutzumachen?" Leise kam Seeburgs Antwort: „Ich kann und will nichts gutmachcn." Matzow pfiff leise durch die Zähne. „Dann wollen wir von was anderem reden, Seeburg. Möglich, daß ich auf einer ganz falschen Fährte bin. Also geben Sic mir die Akten .Ostfront' und denken Sie nicht mehr an mein Gerede. Um Ihnen aber noch zu beweisen, daß die Motive ganz andere sein können, noch schnell ein Erlebnis eines guten Bekannten mit dem Redakteur dieses Blättchens: Freund von mir, leitet großes Unternehmen. Infamer Angriff, angebliche Information. Nach zwei Tagen Anruf des Herrn Redakteurs bei meinem Freunde. Möchte ihn gern aufsuchcn, neues Material, möchte vor Veröffentlichung Rücksprache nehmen. Mein Freund kennt eine Anzahl sehr honoriger Leute von der Presse; solche gibt es nämlich viel mehr als dieses Geschmeiß! Spricht mit einem von ihnen telephonisch. Der gibt ihm einen Nat. Besuch des Mannes von der .Großen Glocke' wird zu bestimmter Zeit erbeten. Als er erscheint, sitzen außer meinem Freunde zwei Herren da. .Gestatten die Herren: Chefredakteur X. vom Wcltblatt soundso, Herr Kriminal kommissar B-, Herr Reschke von der .Großen Glocke'. Bitte, Herr Reschke, worum handelt es sich?' Der brave Reschke greift sichtlich bedeppert nach seinem Hut, macht eine Vec- beugung und verschwindet. Mein Freund hat die nächsten Nummern der .Großen Glocke' alle gekauft. Einen Artikel über sich hat er nicht finden können. — Mahlzeit, Seeburg! Na also, da lachen Sie ja wieder!" Die Herren schüttelten sich die Hand. Seeburg blieb in wesentlich besserer Stimmung zurück. - Fünfzehntes Kapitel. Als Irene nach Beendigung ihres Dienstes auf die Straße trat, begegnete ihr, wenige Schritte vom Büro der Filmgesellschaft entfernt, ihr Vetter Franz von Male- sius. Er begrüßte Irene erfreut und beantwortete ihre erstaunte Frage: „Wie kommst du denn um diese Zeit gerade hierher?", offen mit den Worten: „Ich habe auf dich gewartet; ich wollte dich schon lange gern sprechen." Kühl erwiderte Irene: „Ich wüßte zwar nicht, Franz, was wir zu besprechen hätten. Aber warum sagst du dich da nicht einfach mal bei uns an?" Sie war über die Begegnung mit Franz nicht sonder lich erfreut. Was sie gegen ihn hatte, war ihr nie ganz klar geworden. Vielleicht lag es daran, daß ihr Vater davon gesprochen hatte, wie wenig ihm die Lebensweise von Franz gefiele. Er hatte gehört, daß Malesius hoch spiele und über seine Verhältnisse lebe. Das war bei der strengen Beamtcnauffassung des Vaters ein sehr schwerer Vorwurf. Außerdem mochte Irene hie Glattheit nicht, mit der Franz auch jetzt, völlig unberührt durch ihr zurückhaltendes Be nehmen, antwortete: „Mir lag daran, dich einmal allein zu sprechen." Als ob er Gedanken lesen könnte, fuhr er fort: „Ich weiß genau, daß du im Grunde genommen etwas gegen mich hast und mich so ein bißchen als schwarzes Schaf betrachtest. Onkel mochte mich auch nicht. Aber, Irene, ich mag dick) um so mehr und —" Hier fiel ihm Irene ins Wort: „Ich möchte dir und mir peinliche Augenblicke ersparen. Deshalb bitte ich, wenn du mich durchaus weiter begleiten willst, ein anderes Gesprächsthema zu wählen. Laß mich dabei aus dem Spiel." „Gerade das geht nicht, Irene. Einmal mußt du mich anhören. Diese Bitte darfst du mir nicht abschlagen. Ich weiß, du hast ein Vorurteil gegen mich. Vielleicht hast du auch in manchem recht gehabt. Ich wiederhole: recht ge habt I Aber ich habe mich geändert und will mich weiter ändern." „Sehr schön und sehr gut für dich, Franz — aber wozu muß ich das alles wissen? Ich habe dir nie Vorwürfe ge macht, habe auch gar kein Recht dazu!" Die beiden waren inzwischen in die wenig belebte Kur- fürstcnstraße eingebogen. „Irene, wenn ich dir sage, daß es sich für mich um alles, um mein ganzes zukünftiges Leben handelt, dann wirst du mich bis zu Ende anhören. Ich habe gespielt, ich habe die Vergnügungen der Großstadt vielleicht mehr aus gekostet, als gut war. Aber weißt du, warum ich das getan habe? Weil ich bisher nicht hoffen konnte, dich zu erringen. Bitte, unterbrich mich jetzt nicht, Irene! Du hast in dieser Frage doch das letzte, das entscheidende Wort. So höre mich an. Seit meiner Knabcnzcit liebe ich dich, Irene, ich habe dich immer geliebt! Gezeigt habe ich es dir nie. Auch nicht, als ich erwachsen war — bis heute nicht. Weil ich nichts war und nichts hatte und nicht mit leeren Händen vor dich hintrcten wollte. Nein, laß mich weiter reden! Jetzt bin ich aus meinen Schulden heraus, habe etw'as zurttckgelegt, ich habe..." Franz von Malesius brachte die nächsten Worte zögernd heraus: eine glückliche Speku lation gemacht. Jetzt darf ich dir sagen, Irene, daß ich dich, liebhabe und.." Morts-mmä kowt^