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Verlage za» „Weiss - H-AMaag^ Nr. 76 Zwischenspiel Der Muter trottet ernst und schwer Durch kahler Wälder frostig Schweigen. Des Sommers lebensfrohe Geigen .hörst du von keinen Wipfeln mehr. Doch einmal klingt es wie Aora! Wie Oraslton aus wildem «türmen. Wenn non der Berge fernen Türmen Der junge Frühling ruft ins Tal. Durch alle Welt ein Raunen geht, Ein Flüstern und ein selig tauschen. Verhalten ist das Tannenrauscheu. Schneeglöckchen läutet zum Gebet. Da hockt der Winter ernst und müü', Verlassen in den kahlen Zweigen. Der Frühling aber stimmt die Geigen Zu seinem ersten Iubellicd. Erich Wappler. -in»-»--»-«-«-»«--««, „Die KmMMU ist W BeH-Zertek dk!" Daß die Entwicklung des lelzien Jahres auch in den Auffassungen von den Pflichten und der Verantwortung der Krankenversicherung einen Wandel gebracht hat, zeigt ein Entscheid des Reichsgerichts, durch den zum ersten Male in der Geschichte der deutschen Krankenversicherung ein^An- qestellter für die Ablehnung eines in das Ermeßen der Kasse gestellten Ersatzanspruches zur Rechenschaft gezogen wurde: Ein Knecht, der sich beim Strohschneiden zwei Fmger ver letzt hatte, sollte auf Anordnung des Arztes in Kranken- häusbehandlung überwiesen werden, der Kassenangestellto aber verweigerte die Zustimmung, und der Geschäftsführer der Kasse billigte die ablehnende Entscheidung seines Unter gebenen ohne persönliche Nachprüfung mit Rücksicht auf die anscheinende Geringfügigkeit der Wunden und die augen blickliche finanzielle Belastung der Kasse. Die Wunden ver schlimmerten sich aber, und es mußte dem Knecht schließlich ein halber Finger amputiert werden. Das Landgericht ver urteilte den Geschäftsführer der Landkrankentasse wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Das Reichsgericht verwies in der Revisiousvcrhandlung zwar das Verfahren nochmals an das Landgericht zurück, bejahte aber grundsätzlich die Verantwortung des Kassenangestellten für die Folgen seiner Entscheidungen und die strafrechtliche Ver fehlung im vorliegend» Falle, denn die Gewährung solcher Leistungen sei nicht in das freie sondern in das pflichtgemäße Ermessen der Krankenkasse gestellt und die schlechte Finanz lage der Versicherung dürfe nicht maßgebend sein, wenn wie in diesem Falle der untersuchende Arzt die Ueberweisung an ein Krankenhaus für notwendig halte. Zweck der Kran kenkasse sei einzig der Schutz des Versicherungsnehmers und die Erhaltung bzw. schnellstmögliche Wiederherstellung feiner Arbeitsfähigkeit. (S. RG. U. v. 11. 12. 1933.) Schützt unsere WogelMlt Wir freuen uns, wenn unsere ersten Zugvögel in unsere Heimat zurückkehren. Manchmal überlegen wir uns wohl auch, welche Riescnentfernungen sie aus ihren südlichen Win terquartieren bis zu uns zurücklegen mußten. Die Länge -er Lustreise des Storches z. B. beträgt bis zu 10 000 Kilo metern. Es ist erklärlich, daß viele dieser Zugvögel auf ihren Reisen zu Schaden kommen. Um so mehr sollten wir dafür sorgen, daß sie in der Heimat vor Gefahren geschützt werden. Aber leider gibt es noch immer gewissenlose und unwissende Menschen, die aus Eigennutz oder aus Unkenntnis den Vö geln nachstellen. In Preußen gibt es z. B. überhaupt nur 14 Vogclarten, die nach dem Gesetz gänzlich ungeschützt sind, nämlich Hühnerhabicht, Sperber (Stößer), Rohrweihe, Bläß huhn, Fischreiher, Säger, Haubentaucher, Nebelkrähe, Saat krähe. Rabenkrähe, Elster, Eichelhäher, Haus- und Felüsper- ling. Andere Raubvögel wie Fischadler und Bussarde, dür fen nur in der Zeit vom 2. Oktober bis Ende Februar erlegt werden. Wieder andere Raubvogelarten sind ihrer Selten heit wegen längst unter völligen Naturschutz gestellt worden. Hierzu rechnen Stein- und Seeadler, Uhu, Kolkraben und schwarzstorch. Nach dem neuen preußischen Jagdgesetz ge nießen völlige Schonzeit auch Wachteln, hohl- und Turtel tauben, Drosseln, Wachtelkönige und alle Sumpf- und Was servögel mit Ausnahme derjenigen, für die eine Jagdzeit ausdrücklich festgesetzt worden ist. An gesetzlichen Schutzbe stimmungen für unsere Vogelwelt fehlt es also nicht. Aber trotz der zahlreichen Hinweise auf Art und Umfang des Vo gelschutzes müssen immer wieder Gesetzsübertretungen nach dieser Richtung hin fcstgcstcllt werden. Leider kommt nur das wenigste zur Kenntnis der zuständigen Stellen, so daß strafrechtliche Verfolgung der Uebcltätcr meist unterbleibt. Besonders gefährdet sind die sogenannten Raubvögel. Bei der Unkenntnis vieler auf diesem Elebiet kann man immer wieder Verwechslungen, die zu Gesetzesübertretungen füh ren, fcslstcllem Daß z. B. der Mäusebussard mit dem Hühnerhabicht verwechselt wird, der Sperber lStößers mit einzelnen Kleinfalken, namentlich dein Banin- oder Lerchen salken, ist eine fast alltägliche Erscheinung. Daß die Eulen gänzlich gelchutzt sind, ist vielen, die Flinte und Rucksack füh- ren, unoe-annt. Wer je gewisse Vogelarten, vornehmlich Kleinvogel, wie Meisen, Fliegenschnäpper n. a. bei ihrer emsi gen Jagd aus Insekten beobachten könnte, dem wird der Ent schluß. diese Vögelchen zu schützen, nicht schwer fallen. Um wirksame Vogelhege treiben zu können, mnß sich aber jeder Gartenbesitzer die Niederhaltung jeglichen Raubzeuges ange legen jein lassen, und dazu gehört in erster Linie die Be kämpfung verwilderter Katzen. . Sonnabend, am 31. März 1934 100. Jahrgang Patentschutz sür Kochrezepte Daß hunger meist das Schicksal der Erfinder ist, bis sie zur Vollendung ihrer weltbewegenden und — verbesserten Entdeckungen und zu deren Anerkennung durch das Patent amt gelangen — und sehr oft noch nachher —, ist eigentlich paradox. Denn die ganze „Erfindung" des Urheberrechtes und der Patentämter selbst ging, wie der griechische Gram matiker Athcnios berichtet, „durch den Magen". In Sy- t baris, in Unteritalicn war's. im 6. Jahrhundert v. Ehr., ! da erließen die Stadtväter eine Bestimmung, daß jeder Koch, i der ein neues Gericht, einen neuen Gaumenkitzel zusammen- , gestellt habe, ein Jahr lang als einziger dieses Gericht zu bereiten dürfe. In einer Stadt wie Sybaris. die durch die Vorliebe ihrer Einwohner sür gutes Essen in der ganzen griechischen Welt bekannt und berüchtigt war, hatte ein sol ches Gesetz feinen guten Grund. Jeder Schlemmer wollte selbstverständlich, daß die Leckerbissen, welche fein Kochsklave erfunden hatte, nur ihn und seine Gäste erfreuen und nur leine Gastmähler berühmt machen sollten. Auch der Han- delswcrt eines Koches am Sklavenmarkl ist durch die Zahl und die Qualität der an ihm hängenden Rezepte bestimmt worden. Uns. die mir eine Schutzzoll von 15, bei künstleri schen Produkten gar van 30 Jahren haben, erscheint freilich ein Pcckent auf nur ein Jahr als etwas kurz; wahrscheinlich hatten sich die üppigen Sybariieu aber nach 12 Monden ein solches Gericht schon übergeacssen. — Jedenfalls ist inter essant, daß anscheinend die Menschheit damals noch nichts Wichtigeres als erstes gegen geistigen Diebstahl zu schützen i hatte, als kulinarische Genüsse. HY» «Sy 8» A SS Bald wird am blauen Himmelszelt Die Lerche jubilieren. Bald wird die bunte Frühlingswelt Sich lachend präsentieren. Bald wird am Wege und am Bach Das kleine Veilchen blühen. Bald wird der >unge, Helle Tag Im Sonnengolde glühen. Bald werden auf der blum'gen Au Die Kinder lustig springen. Bald wirst du sclzöne, blonde Frau Von Lenz und Liebe singen Bald werden wieder Hand in Hand Wir durch die Fluren gehen. Vom Zauberglanz des Glücks gebannt Bor Gottes Wunder stehen. C. F. I l l m e r. Erster FrWAg unter der Lupe... Frühling und Wissenschaft? Aus den ersten Blick fühlt man da irgendwie einen Gegensatz; denn was sollte der ernste, sachlich prüfende Gelehrte in seiner Studierstube mit dem quicklebendigen, aller Sachlichkeit abholden Früh ling anfangen, jenem Frühling, der nur mit der Liebe und der Lyrik auf vertrautem Fuß steht! Und doch braucht der Lenz die Wissenschaft; denn woher sollten wir missen, wo er wirklich zu allererst in deutschen Landen zu finden ist, wenn es die Klimatologen, die Wctterkundigen, nicht einwandfrei mit haargenau arbeitenden Instrumenten feststellen wür den? Ihre Forschungen haben einwandfrei ergeben, daß die Rheinebene von Basel etwa bis Mainz die wärmste Ge gend Deutschlands ist. Als ein einziger großer Frühlings garten präsentiert sie sich schon im April in einer Breite von rund 45 Km. bis zum Westrande des Schwarzwaldes. Wie aus der phänologischen Karte des Frühlingseinzuges in Mitteleuropa von Prof. Ihne heroorgeht, zieht nach der mittleren Aufblühzeit bestimmter Pflanzen, wie Johannis beere, Kirsche, Birne und Apfel, Kastanie, Weißdorn und Goldregen, Eberesche, Quitte usw., hier der Frühling im allgemeinen im letzten Drittel des April ein. Die Orte der Vorderpfalz sowie die Städte Heidelberg, Mannheim, Karls ruhe und auch Stuttgart weisen alljährlich im April die höchsten durchschnittlichen Monatstemperaturen auf. Die höchste Iahresdurchschnittstemperatur findet man in jenem Teil dieses Gebietes, der durch die nach Ost und Süd abfallenden Berge der Haardt besonders geschützt ist: In der Vorderpfalz, dem Weinland der Nheinpsalz. 10,75 Grad Celsius beträgt die Dürchschnittstemperatur des Jah res in den besonders heißen Orte», wie Neustadt an der Haardt (Vogelsang), Deidesheim, Forst und Bad Gleiswei ler, während z. B. Budapest 9,9 Grad aufwcist und selbst in Bozen und Meran das Mittel sogar nur etwa Grad über der Temperatur der Vordcrpfalz liegt. Und dort wird dieser kleine Ueberschuß allein durch den heißeren Sommer erzielt. Wenn sich in diesem gesegneten Landstrich Deutsch lands die ersten Blüten geöffnet haben, dann braucht der ! Frühling fünf Wochen, bis er seinen Siegeszug im übrige» Deutschland vollendet hat. So ist es auch kein Wunder, daß in diesem gesegnete» Klima nicht nur ein besonders edler Wein gedeiht (die Pfalz ist Deutschlands größtes Wcinbaugebiet!) 'andern auch eine i Fülle ungewöhnlicher Pflanzen. Da reisen alljährlich die ! Zeigen, die in besonders warmen Sommern sogar zweimal abgeerntet werden können, die Mandeln gedeihe» in freund lichen Alleen, und die Edelkastanie wird in weiten, Helle» Wäldern an den Haardtbergen gewonnen. Ahnentafeln kür ganze Dörfer Der frühere Pastor von Embsen bei Lüneburg, Pastor, i. R. Gottsleben, hat für sämtliche 42 Höfe seiner Gemeinde! eine Stammtafel angelegt und will diese in Verbindung' mit der Geschichte der Familien veröffentlichen. In der Zen-l tralstelle für niedersächsische Familienkunde in Lüneburg wurde hierzu der Vorschlag gemacht, diese Arbeit als! Grundlage für eine zusammenfassende Geschichte der Dör-< fer des Landkreises Lüneburg zu verwenden. Die Geschieht» der 42 Höfe in Embsen bildet eine reiche Fundgrube für» die Familienforschmig der Lüneburger Heide. Der Lehrer Niebartsch in Boltlage (Kreis Bersenbrück),! Hal im letzten Winter Ahnenforschuiigen über sämtliche bo denständigen Familen des Dorfes angestcllt. Er glaubt, daßs er für alle Boltlager Familien den lückenlosen Stamm--- bäum bis auf das Jahr 1500 zurück nachweisen kann. B.'n W e rncr L c n c. Di: Sprache ist lebender Gest'. Oste Mullersprache ober ist die >stjci>! arem- des Nast- »Dz. st es. Mit höchstem, hei ligst.»: Rech:? pn isem häc.» und liege» ste Misere Dichlsr. „Bi? cs kau» cstu Volk embehc.u. Wen» dazu di? Not es zwing!, Doc'; dem Fe ude muß cs w.hcen, Der cs um dis Sprache bringi In ihr wurzelt umer Lebe» Und erhall durch sie Bestand: Wer sich ihrer hat begeben. Der verlor sein Vaterland." osten»! Martin Greif in schlichter Innigkeit. Bildet nun: das lebende Wort das Gefüge der Sprache, so teilt es auch, die Vergänglichkeit alles Lebenden. Die Sprache ist ein ver-' wehender Hauch, und ihr Klang lebt nur als Nachhall im. Herze» des Hörers fort, lebt allerdings um so frischer iim Gedächtnisse, je inhaltsvoller, je gütiger, weiser, liebevollen oder auch zorniger Wort und Satz waren. Um die Wucht des gejprochene» Wortes, um de» Eindruck eines Geschehnisses festzuhalte» einerseits, aber auch um das Wort in eine weite: Ferne wirken zu lassen, wohin sein Schall Nicht reicht, er fand der Mensch die Schrift. Der geschriebene Brief, der, eine» Gedanken über Land und Meer zu einem anderem Menschen trägt, wendet sich im allgemeinen an Einzelper sonen. Ei» Brief an viele ist in gewissem Sinne die Zeitung, da sie allgemein interessierende "Nachrichten an eine gleich- sprachige Mehrheit weitergibt. Die Bedeutung des Briefes und der Zeitung ist gemeinhin mit der augenblicklichen Le sung erschöpft. Man legt sie zur Seite, wenn man Kenntnis »ahm oder auch geantwortet hat. Ganz anders liege» die Dinge beim Buche. Das Buch ist — von mißbräuchlich und unnötig gedruckte» Eintags fliegen können wir hier gern absehen — für die Dauer, geschrieben. Die ältesten Bücher, die damals noch keiiig „Bände" oder „Hefte" waren sondern Steintafeln, Erzplat- ten, Ziegelwalze», Papyrusrolle» und dergleichen, behandel ten historische, religiöse und sozialpolitische Gegenstände und! Ziele. Sie enthielten Gesetze weltlicher und kirchlich-ritueller Art, Weislümer und Geschichtskunde, letztere im allgemeinem in poetischer Form. Ohne solche „Bücher", die unsere Alter tumsforscher aufgefunden und ausdeutet haben, wäre uns( weder über das Leben der Menschheit in vergangenen Jahr-« tausenden etwas Sicheres bekannt noch auch ihre Sprache erhalten geblieben. j Aus diesen kurzen Erwägungen geht gleich die hohe Bedeutung des Buches für das eigene Volkstum hervor. Man darf es als eine ganz große Tat des Kaifers Karl be zeichnen, daß er durch Eginhard und Alkuin die Sage», Lieder, Geschichtsdenkmäler und WeissprUche unserer ger manischen Altvordern hat aufzeichnen lassen. Es war da durch eine wahrhaft unvergängliche aber auch unverzicht bare Stufe zum späteren Deutschen Reich und damit zum jetzigen Deutschen Reiche gebaut worden. Denn durch diese Aufzeichnungen werden uns die Taten Hermanns, Theode richs, Barbarossas, des Großen Kurfürsten, Friedrichs des Einzigen, Bismarcks, Moltkes wach gehalten, denn in de» Büchern lesen wir deutsche Geschichte nach, lesen mir die Weisheitsworte alter Märe und das hohe Lied vom deut schen Heldentum, lesen wir die Dichtung des Hans Sachs, Lessings, Goethes, Schillers und die Lehren der Philosophen! Ihnen danken wir — vermittels des deutschen Buches Mah nung und Vorbild, Beispiel und Anregung! Wir eifern ihnen »ach, um nicht gar zu weit hinter ihnen zurückzuste hen oder gar um das fortzusetzen, was jene begannen. Es mar deshalb ein kluges Gegenstück, das Freiherr vom Stein zu jener karolingischen Buchsammlung in seinen „Monu- menta Germaniae", an denen u. a. auch Goethe mitarbeitete, geschaffen hat. In jener Zeit vor hundert Jahren, die bren nenden Herzens die Einheit des Reiches ersehnte,, konnte sich die Veröffentlichung alter deutscher Schriftwerke trefflich ausmirken. Dem Volke wurde die Größe und die Einheit lichkeit seiner Geschichte vor das geistige Auge geführt und ihm damit der Weg zu seinem Ziele, dem junge», dem ver jüngte» Deutsche» Reiche gewiesen, lind gerade so war es in jener gottlob überwundene» Zeit, die dem November- verrat folgte. A» der Größe deutscher Geschichte richteten sich die ermüdeten deutschen Herze» wieder auf! Und es ist die vornehmste Pflicht des deutschen Volkes geworden — und sie wird es auch bleiben —, im deutschen Schrifttum, im deutschen Buche sich eine reine und lautere Kraftquelle zu erhalten, die uns in den Mußestunden am friedlichen Feier abend, aber auch in den unausbleiblichen Kampftagen der Nation gegen Feinde aller Art mit ihrem frischen Quellwas- fer erquickt, das dem deutschen Mutterboden entströmt!