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Nr? 76 Sonnabend, am 31. März i934 100. Jahrgang Osterfeuer In vielen deutschen Gegenden ist es Sitte, Osterfeuer abzubrennen. Ein Geistlicher berichtet aus seiner Kindheit im Südharz darüber folgendes: Als es eine Arbeit von höchster Wichtigkeit zu verrichten, so mühten wir Kinder uns ab, nach dem Nachmittags-Gottesdienste "m^en Oster tage mit dem Rufe: „Die Kirche ist aus, gebt s Osterholz raus!" an allen Häusern Holz- und Strohreste, altes G^ rumpel, Besen und Teertonnen zusammenzutragen, und auch der länast veraestene Weihnachtsbaum sollte sein einst so An 2s Nein auf dem Scheiterhaufen eschließen. Wehe wer etwa Miene gemacht Hatte, uns den schuldigen Tnbut beim Sammeln zu versagen: em Spottlied hatte ihm seine Pflichtversäumnis klar gemacht! Am Abend ging's auf den naheliegenden Berg. Der Holzstoß war schon aufgeschichtet, bald schlugen die Mammen riinaelnd an ihm empor, und eine dicke Rauchwolke schob sich hinab ins Tal. Nun entzündeten wir unsere schon tagelang vorher verfertigten Pechfackeln an langen Stangen in der Glut und führten einen Neigen auf, wobei die Fackeln in der Luft im Kreise gedreht wurden. Bald erschienen auch die Nachbarfeuer anderer Gemeinden auf den Höhen, und so entstand das mir unvergeßliche Schauspiel einer ganzen Kette von Feuern, die von den Fackellichtern wie von un zähligen Glühwürmchen umschwärmt wurden. Brannte aber das Osterfeuer zu Ende, dann versäumte unser alt gläubiger Vater nicht, einen angekohlten Pfahl mit nach Hause zu nehmen und in das Trinkgefüß der Tiere im Stall zu stellen, um sic gesund zu erhalten. Die Asche aber wurde allenthalben auf die Felder gestreut, um das Wachstum der Saat zu fördern. In diesen Osterbräuchcn unseres Volkes zeigt sich die Helle Freude am reinigenden Feuer und am Licht, der Glaube an die Gesundheit und Fruchtbarkeit des Lebens. So wie damals und auch teilweise heute nach die Kinder nicht als Bettler sondern als übermütig Fordernde ihren Tribut verlangten, so fordert auch heute die Jugend ihr Recht. Die NS.-Volkswohlfahrt hat cs sich zur Aufgabe gemacht, ein gesundes und kräftiges Geschlecht heranzuziehen. Wenn sie am Vorabend des Osterfestes an uns herantritt, um durch den Verkauf von Frühlingsblumen auf allen Straßen und Plätzen Deutschlands einen Teil der Mittel zu beschaffen, die zur Durchführung ihres großen Hilfswerks „Mutter und Kind" erforderlich sind, dann wird keiner von uns sich dieser leichten Pflicht entziehen. Unsterblich wie das ewige Feuer wird unser Volk sein, wenn wir immer daran denken, daß gesunde Mütter und gesunde Kinder das Unterpfand der Unsterblichkeit eines Volkes sind. Darum kauft die Oster blume der NSV. — werdet Mitglieder der NS.-Volkswohl- fahrt und helft mit am Neubau des Volkes! Kindersreuden zur Mrreit Von Hildegard Wirths, Kindergärtnerin. Bei Lotte und Bernj fangen sie eigentlich schon recyt früh an, schon bald nach Weihnachten. Wenn die Schau fenster von all der Weihnachtsherrlichkeit geräumt sind, und damit so eine unangenehme Lücke in den wunschbereiten Seelchen entstanden ist, dann greifen sie unbekümmert und blitzschnell zu der nächsten Freudenaussicht: „Ach, jetzt kommt ja bald Ostern!" Dieses „bald" veranlaßt den großen Bru der Klaus zu einem überlegenen Lächeln, aber den Klemen ist das gleichgültig, wenn es sich auch noch über ein Viertel jahr hinzieht: Je länger Zeit, desto länger Freud'! „Wann kommt denn der Osterhase, Mutter?" Bei nahe weiß diese nichts mehr aus der Märchenecke ihres Her zens herauszuholen, aber sie versucht doch immer neue Mär chen zu erfinden, damit es eine rechte Vorfreude wird: Liegt draußen noch richtiger, zuckriger Winterschnee, dann kann der gute Osterhase gar nicht aus seinem Haus herauskommen, denn jeder würde im Schnee seine Spur erkennen, und er wäre seines Lebens nicht mehr sicher. Und was dann wäre, wenn . . . davon kann man stundenlang plaudern. Wenn Tauwetter eintritt, stampft Vater Hase schon ein wenig in die Gegend, wobei er sich — o weh! — einen tüch tigen Schnupfen holt. — „Ob er zu Ostern wohl wieder ge sund ist, Mutter?" Daran muß man nun jeden Tag wenig stens einmal denken. Im März geht man schon ein wenig weiter spazieren. Auf einmal heißt es: „Mutter, der Wald dampft ja!" — Bruder Klaus will erklären von der Sonne und dem feuchten Boden . . ., aber Mutter gibt ihm ein Zeichen, faßt ihre Kleinen gut und warm an und weiß: „Nun ist der Osterhase an der Arbeit, und alle Zwerglein müssen helfen. Heute werden die Eier gekocht in einem riesengroßen Topf unter der Erde. Davon kommt's, daß heute der Wald dampft." — „Und dann, Mutter?" — „Dann müssen die Eier kalt wer den, und jetzt beginnt die Hauptarbeit, das Färben und Be- maken." Und so geht das Erzählen weiter, bis endlich Ostern da ist, und das Ei aus seinem Versteck geholt werden darf. Wenn die Vorbereitungen des Festes schon so weit vor geschritten sind, daß man an das Färben der gekochten Eier denkt, dann singt es den ganzen Tag durch das Haus: Has, Has, Osterhas, wir können nicht mehr warten! Die Krokus und die Tausendschön, Vergißmeinnicht und Tulpen stehn Schon lang in unserm Garten. Has. Has, Osterhas, ich wünsche mir das Beste. Ein großes Ei, ein kleines Ei Und ein lustiges Didcldumdei —. Und alles in einem Neste. Und nun wird es Zeit, für Vater eine Uebcrraschung zu basteln! Wenn man Kinder hat, sollte man nie etwas fortwerfen. Alles kann man gebrauchen, sogar die inneren Papprollen des Klosettpapiers. Man stellt solche Rolle auf, gekochtes Ei mit der Spitze nach unten hinein und überlaßt es der Phantasie und dem Humor des Gebers, der Figur, die daraus entstehen soll, ein solches Gepräge zu geben, wie es dem Wesen und der Neigung des Empfängers ent spricht. — Für die Arme wickelt man einen Draht um die Rolle. Das Eiergesicht wird bemalt, die Kopfbedeckung und Kleidung aus buntem Seidenpapier angefertigt. Der Markt korb dieser Frau ist ein Streichholzkästchen gewesen, das um klebt und mit einem Papierhenkel versehen wurde. Und nun kamt endlich das Fest heran, und Mutter hat noch eine Ueberraschung: Als man am Tisch sitzt zum Abend brot, wird eine große runde Schüssel hereingebracht, auf der ein Schneeberg zu sehen ist, aus dem einige Blümchen ihre Köpfe strecken. Die Schüssel geht von Hand zu Hand, und jeder darf mit den Händen hineinlangen, um ein im Salz verstecktes buntes Ei zu suchen. „Liebe macht erfinderisch!" Wie erfinderisch werden darum alle Mütter werden, wenn sie erst einmal herausge sunden haben, wie lohnend es ist, und wie wenig dazu ge hört, bei allen Gelegenheiten und so auch jetzt zur Osterzeit den Kindern Freude zu bereiten. MA M SW MM Von Dr. I Wattcyn e Das Osterei als FrühUng-symbol. Zum Osterfest sich gegenseitig mit bunten Eiern zu be schenken, ist eigentlich keine christliche Sitte. Bei fast allen Völkern war das Ei von jeher ein Symbol des Frühlings und der Fruchtbarkeit. So wurde es auch zum Ostaratäg der Germanen das Feftaltribut der Frühlingsfcier. Das Christentum hat aber das Osterei gern übernommen, denn cs ließ sich sinnvoll umdeuten in ein Symbol des Erlösers: s Wie das Kücken aus der Schale zum Leben hcrvarbricht, so t entstieg Christus am Ostcrmorgen dun Felsengrab. Daher gehören die Eier mit zu den Dingen, die in den Ostertagen vom Priester geweiht werden, und man schenkt sie sich als ein Unterpfand der Osterfreude. Hasen und Glocken. Am Ostermorgen nach dem Kirchgang laufen die Kin der zuerst in den Garten oder auf die umliegenden Wiesen, um nachzusehen, was der gute Osterhase da für sie versteckt hat. Unter Büschen gucken bunte Eier hervor, aus dem früh lingsgrauen Moos schimmern sie, und mit Jubel werden die Funde zu den Eltern an den Frühstückstisch gebracht. In ganz Deutschland, ja in allen germanischen Ländern ist das Suchen von Ostereiern zu Hause, und in manchen Ge- ' genden, wie z. B. in Schwaben, kochen die Kinder am Vor- i tage eine gute Suppe aus frischen Blättern für den Hasen, > damit er ihnen recht freundlich gesinnt sei und viel verstecke. — Nicht überall ist es der Osterhase, der die Eier zurückläßt. In Belgien z. B. werden sie als Glockengaben betrachtet. In der Leidenswoche schweigen die Glocken, da wissen die Kinder, daß sie nach Rom gepilgert sind, um von dort den Ostersegen zu holen. Bei der Heimkehr in der Osternacht oerlieren sie über den Wiesen und Feldern die bunten Eier, und sobald es dann zum ersten Male am Morgen wieder von den Türmen läutet, kann man suchen gehen Wettkampf um die Ostereier. Ein hübscher, in ganz Norddeutschland verbreiteter Brauch ist das „Eierpicken"; man schlägt dabei die stumpfe oder spitze Seite der Eier heftig gegeneinander und versucht, damit das Ei des Gegners einzuschlagen Gellnat das — was gar nicht so leicht ist —. so hat der Sieger das Ei des anderen gewonnen. Freilich kommt es dabei auch vor, daß einer listig ein ausgeblasenes Ei mit Pech füllt und mit der so präparierten Waffe natürlich immer Sieger bleibt. Webe Von Gustav Halm. Am Gartenzaun, da streiten zwei. Und jeder hat ein Osterei. „Ein Has' ist drin!" sagt Müllers Franz. „Ein Huhn ist drin!" meint Meiers Hans. „O nein", sagt Franz, „so kann's nicht sein, > Ein Has' bringt keine Küchelein! Der Hase legt das Ei dahin, , Drum ist ein junges Häschen drin!" „Der Hase legt doch keine Eier!" Sagt voller Wichtigkeit Hans Meier. „Die Ostereier legt das Huhn, — Wie's unsre alle Tage tun!" — Die werden dann in dunkler Nacht Zum Osterhasen hingebracht, Der streicht sie an und legt zum Fest Sie braven Kindern in das Nest!" „Ein Has' ist drin!" — „Ein Huhn ist drin!" So streiten sie voll Eigensinn, Und jeder Kämpfer zeigt dabei Bekrüft'gend auf sein Osterei. Da drängt ein Wort sich auf die Lippen, Das alles löst: „Wir wollen kippen!*) Dann muß ein Ei in Stücke gehn, Was drinnen ist, wir werdcn's sehn!" Ein Klick! — Ein Klack! — Da stchn die Jungen, Und Franzens Ei ist aufgesprungen! Begierig schälen kleine Hände Die Schale ab bis ganz ans Ende: Kein Huhn ist drin und auch kein Has', Voll stiller Trauer sehn sie das. Verborgen bleibt, was drin gesessen, Die Eier werden aufgegessen! *) Eierkippen, ein im Rheinland üblicher Brauch: Zwei Eier werden mit der Spitze gegeneinander geschlagen. Wessen Ei ent zwei geht, hat verloren und muß es seinem Gegner überlassen. ihm aber, wenn er dabei erwischt wird! Dann geht es HW vielleicht wie einem Knaben in Duderstadt Im Eichsfeld, drri mit einem Neste! aus Kalk den gleichen Trick versucht hatte. Als eine hübsche Beute beisammen war, merkten die anderen Kinder, daß sie betrogen waren, und als der Räuber miti seiner Beute in den Taschen nach Haus ziehen wollte, da schlugen sie ihm immer wieder auf die Tasche. Die erlisteten Eier zerbrachen und der neue Festtagsanzug war verdorben. Wieviel Ostereier muh ein Knecht essen? Einst Opferspeise, gilt das Osterei heute als gemeinsame^ Festschmaus. Besonders in Oldenburg hat sich dieser alte> Brauch erhalten. Am Abend des ersten Feiertages findet in allen Häusern und Höfen ein großes Eieressen statt, bei dem der Hausherr und seine Familie mit den Angestellten und dem ganzen Gesinde zusammensitzt. Ehrensache ist es, eine gehörige Zahl von Eiern zu verzehren: Ein Knecht, der nicht seine 20 Eier schafft, kann auch als Arbeiter nicht tüchtig sein. Der bayrische Bauer ißt schon am Gründonnerstag andachts voll ein Ei, denn die an diesem Tage gelegten Eier sollen besondere Kräfte geben. „Sie sind schon in der Henne ge weiht." Haben die Eier am Ostertag noch den Segen des Priesters erhalten, so gelten sie als Schutz gegen Unbill und Krankheit bei Mensch und Tier, ja sie machen „fest" gegen feindlichen Angriff, gegen Hieb und Stich. Aus der gleichen Auffassung heraus bekommt in Hinterpommern das Groß vieh vor dem ersten Austrieb nach dem Fest ein Ei ztt schlucken, damit die Kühe stark und rund werden. Eier mengt man dem Futter bei und Stücke eines geweihten Eis werden in Leinwand gewickelt in den Ställen aufgchängt. Das Donar-Ei. Ebenso wie das Osterei gegen Krankheit schützt, wie es als Frühlingssymbol die Fruchtbarkeit fördern will, so gilt es auch als Schutz gegen Hagel und Wetterschlag. Bei den alten Germanen war das Ei dem Donar, dem Donnergott heilig. So vergrub man «s früher z. B. in Hessen unter der Schwelle des neuerrichteten Hauses oder mauerte es in die Wand, um den Bau gegen Blitze zu schützen. Um den Hagel abzuwenden, wurden, ja werden noch heute dort die Schalen von Ostereiern mit der Saat auf die Felder gestreut oder ein Ei im Acker vergraben und Brandkreuzlein danebengesteckt. Selbst gegen Feuer sollten die Eier helfen, und man glaubte, einen Brand löschen zu können, wenn man ein geweihtes Et in die Flammen warf. Ms Leides M die AMArM!, Christi md die Vogelwelt. Von F. Schrönghamer-Heimdal, Pasiau-Haidenhof Die Volkspoesie spann ihre reichsten und seinsten Fäden stets dann, wenn es galt, Mysterien der Natur zu enträtseln oder geheimnisvolle Vorgänge auf religiösem Kultgebiet zu deuten. Vor allem war es die Karwoche, die mit ihren well- bewegenden Begebenheiten die Phantasie des Volkes immer wieder anregte und stets neue Blüten lauterster Poesie her vorzauberte. Wie die Passionsblume in ihrem Blütengefüge die Leidenswerkzeuge des Gekreuzigten darstellt, und wie lick) dieselben auch im Hechtkopf finden, so steht besonders die Vogelwelt in poesievoller Beziehung zum Kreuzestode des Welterlösers. Ein Rabenschwarm umschwirrte den Kreuzzug nach Gol gatha unter fortwährendem Krächzen: Kra, kra, kra. Die Raben, die heute noch als allwissend gelten — ich erinnere an Odins beratende Raben Hugin und Munin, Weissagung und Gedenken — wußten wohl, was mit dem Kreuzträger ge schehen würde. Darum warnten und riefen sie fortwährend gra, gra, gra. grausam, grausam sollte es heißen. Aber das Entsetzen über den kommenden Martertod war so groß, daß sie ihren Notruf nicht mehr ganz hervorbrachten. Es hieß nur „gra, gra, gra". Als der Zaunkönig die Dornenkrone auf dem Haupte des Menschensohnes erblickte und sich selbst zu winzig und schwach fühlte, die spitzen Dornen aus der Stirne des Dulders zu ziehen, da schwirrte er über die Menge hin und flehte sie an: „Zerr, zerr, zerr!" Zerrt die Dornen heraus. Und als dann der Zaunkönig hörte, daß der Gekeuzigte von den Toten glorreich auferstanden sei, stimmte er ein Jubellied an. Heute noch ist sein Lied: „Zerr, zerr, zerr", das mit einem jubeln den Triller endet. Am bekanntesten ist der Mythus vom Kreuzschnabel, der sich bemühte, die Nägel aus dem Kreuzholz zu ziehen, so daß jein Schnabel heute noch gekrümmt ist von der übergroßen Anstrengung. Da sein Bemühen vergeblich war, kam das Rotschwänz chen herbei und streifte mit dem Federschwänzchen Kühlung fächelnd und kosend über die brennenden Wundmale. Davon ist es beute noch wie blutüberronnen und auch das Wippen blieb ihm bis auf den heutigen Tag. Das Rotkehlchen drückte sein Brüstchen gegen die bluten den Stellen, als wollte es die Wunden versiegen machen. Als Liebeslohn trügt es noch immer das zartrote Brust gefieder. Der Specht hielt Wache am Kreuzesbaume und wehrte den Insekten, die den Gekreuzigten umschwirrten. Er ver tilgte alles Ungeziefer, das sich an den heiligen Leib heran wagte. Und als sich ein Käferlein im Kreuzbalken listig ver kroch, da hämmerte er es mit dem scharfen Schnabel heraus. Und heute noch geht er allem schädlichen Gewürm auf solche Art zu Leibe. Als dann die Lcidenszcit vorüber war, und die Kunde von dem auferstandenen Heiland über die Lande flog, legten, die Hennen vor Freude rote Eier. Und die Vögel im Walde fingen hell zu singen an. Die erste war die Lerche, die schon vor Tag und Tau in die Lüfte stieg, um die frohe Kunde in alle Himmel zu jubeln. Und heute noch schweben die Lerchen in die Osterlüfte, laut trillernd, leis jubelnd, bis sie wie winzige Pünktchen im Blauen stehen oder ganz im Aethermeer verschwinden. Nur ihr Jubelgesang perlt noch nieder ins Erdenland. , ... ° , ... :