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Fortsetzung.) „Latz, Gina! Das liegt alles weit, weit zurück. Jetzt aber bist du bei mir, bleibst bei mir, für immer. Du weißt ja nicht, wie ich mich nach Frauenlicbc sehne und nach Zärtlichkeit. Ich halte das Alleinsein nicht mehr aus..." „Wie ungestüm du bist, Viktor. Aber vorläufig müssen wir uns trennen." „Trennen? Wo denkst du hin, Gina! Meinst du, Viktor Koltau lützt sein Liebstes von sich gehen? Nein, Gina! keine Sekunde lasse ich dich von mir. WaS einmal mir gehört, kommt mir nicht mehr ans den Händen." Sic mutzte lachen. Aber er verschloß ihr den Mund mit heißen.Küssen. „Viktor! Ich kann nicht mehr! Wie sehe ich aus!?" „Gina, ich bin so ausgehungert nach dir, hab' solange darben müssen. Ich werde nicht io schnell satt zu bekommen sein. Ich habe mehr Fener in meinen Adern als ein Junger. Der Altenberger — er denkt, er allein Hal das Glück beim Schopfe. Die werden Augen machen, wenn sic das alles erfahren." „Wollen wir ihnen telegraphieren, Viktor?" „Keine Rede, Gina! Ich selbst muß dabei sein und die verblüfften Gesichter sehen. Herrgott! Ich könnte die ganze Welt zerreißen, Gina, so glücklich bin ich! Und die Bengels, die bekommen endlich wieder eine neue Mutter." „Ach Gott!, die Jungens lerne ich nun nicht kennen! Wie leid mir das tut! Ich muß ja unbedingt heute abend in Berlin sein." „Schön, Gina! Wir fahren über Jena und nehmen die Jungens mit nach Berlin, wenn cs dir recht ist. Ich werde gleich mit dem Rektor telephonieren. Er gibt ihnen sicher Urlaub." Langsam schritten sic dem Hause zu. Sic sprachen nicht, aber immer wieder beugte sich Viktor zu Regina herüber, suchten seine Lippen ihren Mund. Frau Bcrgcr ließ vor Schreck den Teller fallen, den sic in der Hand hielt, als sic vom Küchenfcuster aus dic beiden so dicht aneiuandergcschmiegt vaherkommcu sah. Dann wurde das ganze Personal zusammengeruscn. „Tas ist die zukünftige Herrin von Koltau, Leute! Gräfin Regina Koltau und ich haben uns verlobt. Ich fahre mit meiner Braut nach Berlin. Robert, richten Sic gleich das Auto. Und Frau Berger, Sic packen dic nöligen Klamotten zusammen. Die Jungens nehmen wir von Jena auS mit. Und heute abend feiert ihr unsere Verlobung. Mamsell Berger kocht ein opulentes Mahl, und Inspektor Nagel braut eine erstklassige Bowle. Holen Sie sich aus dem Keller, was Sie dazu brauchen." Ein einstimmiges „Hurra!" folgte und allgemeine Gratulationscour. Regina nahm lachend alle Glückwünsche in Empfang. Zuletzt nahm sie die alte Berger auf die Seite, hielt ihre verarbeitete Hand. „Ich darf mich Wohl auf Sie verlassen, liebe Frau Verger? Ich denke, wir werden gut miteinander aus kommen. Ich verstehe so gar nichts von einem so großen Haushalt und möchte das alles weiter Ihren treuen Hän den überlassen. Wollen Sie mir helfen, Fran Berger?" Dic Vergern knickste ergeben. Ein Stein war ihr vom Herzen gefallen. Alles würde so bleiben, wie es war. Der Baron hatte seiner Braut sicher gesagt, daß man sich auf die Berger verlassen konnte. Und es würde alles noch viel besser werden als bisher. Die Gräfin Koltau sollte viel Geld haben, hieß es. Da brauchte man nicht mehr zu knausern und zu sparen wie bisher; man konnte ordent liche Mahlzeiten kochen, Butter nehmen und Milch und Obst. Fein würde das werden, wen» die innge Frau erst da war auf Koltau... » * Vier nraylend glückliche Menschen saßen in ocm V-Zug, der nachmittags Jena verließ. - Lie Jungens hatten erst große Augen gemacht, als der Vater ihnen die schöne Frau gebracht und sie als ihre neue Mutter vorgcstcllt hatte. Regina hatte im Fluge die Harzen der Jungens gewonnen. Die Liebe, die sie zu dem Nater hegte, übertrug sie in reichem Matz auch auf die Kinder. Regina hatte gefühlt, wie sich die beiden Knaben herzen nach mütterlicher Zärtlichkeit sehnten, und ihre weiche Stimme hatte sich schnell'«! dic Seele der Kinder geschmeichelt. Erich namentlich gebärdete sich wie toll, als er erfuhr, daß sie mit nach Berlin dürften. Er war Regina um den Hals gefallen, hatte sie abaekükt i „Wirst du mir auch alles zeigen, Mutti? Ich freue mich so schrecklich auf Berlin." „Alles wirst du zu sehen bekommen, Erich. Vetter Hanns Nassewitz wird stütz freuen, dich herumfahren zu können." e Erich überlegte einen Augenblick. Hatte er den Namen nicht schon einmal gehört? Von der Leonore Sieben- Hühner, Onkel Altenbergs lustiger Sekretärin?! Aber wahr scheinlich gab es mehrere Bassewitz' in Berlin. Es gab jetzt wichtigere Dinge, als über diesen Namen nach-, zudenken. „Hat dieser Vetter ein Auto, Mutti?" „Mehrere, Erich." „An — fein. Und hoffentlich keine solche Aeppclkiste wie das nnicre." i Ehe der entrüstete Vater seinem vorlauten Sprößling einen Klaps versetzen konnte, war Erich schon mit einem Sprnng draußen auf dem Gang, wo Bruno eifrig zum Fenster hinanssah. Viktor und Regina waren allein im Abteil. „Er hat recht, Viktor. Dein Magen ist fürchterlich. Du wirst mir erlauben, daß ich dir einen modernen, eleganten Wagen als Verlobungsgcschenk überreiche — nicht? Du mußt in Berlin so auftreten, wie es einem Koltau zu kommt. Verstehst du das, Viktor?" „Du beschämst mich mit deiner Güte, Regina." „Aber Viktor — was mein ist, ist dein. Das ist doch selbstverständlich. Papa hatte dich so gern — er wäre glücklich, wenn er nns so sehen könnte." „Gina...'." Er küßte ihre Hand, sah sie dabei mit heißen Blicken an. „Warte nur, Gina, bis du erst meine Frau bist. Daun erst wirst du wissen, wie lieb ich dich habe. Nie wirst du es bereuen, zn mir gekommen zu sein. Ich werde es fest halten, mein spätes Glück. Ich liebe dich, Gina — liebe dich so sehr. Mein Herz kennt nur noch einen Schlag, Gina — dich ...!" Leise schmiegte sie sich an ihn, und dieses hingehende Anschmiegcn der stolzen Fran sagte ihm mehr, als alle Worte hätten sagen können... Dem Flugzeug, das gegen zwölf Uhr mittags — Von München kommend — aus dem Tempelhofer Feld nieder ging, entstieg Graf Rudolf Altcuberg. Am vergangenen Abend, als er schnurstracks von dem Vortrag aus ins Hotel zurückgecilt war — trotz aller Bitten hatte er sich nicht zn einem Beisammensein mit seinen Bewunderern bewegen lassen —, hatte er Leonores Brief gefunden. Vollkommen erstarrt war er auf einen Stuhl gcsunkeu, während er las: ... und deshalb wirst Du verstehen, Rudolf, wenn ich stillschweigend verschwinde und nach Berlin zurück- kehrc. Ich will mich nicht zwischen Dich und die Kom tesse Koltau drängen. Ich fühle cs, sie wird Dich nicht srcigcbc». Und es ist auch gut so. Ein Graf Altenberg und dic Lore Siebenhühncr, das paßt nicht zusammen. Ich hätte schon längst von Dir gehen sollen, gleich, als ich merkte, daß ich Dich liebte und Dir zum Ver hängnis wurde. Die Welt würde spotten über Dich und über dic Frau, die Du Dir DtMmen hast, und das darf nicht sein. Davor mutz ich Dich bewahren. Lebe Wohl, Rudolf! Meine Liebe zu Dir ist grenzen los, und ich habe keinen anderen Wunsch, als datz Du glücklich wirst und mich sobald als möglich vergißt. Lore.