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(24. Fortsetzung.) Leonore war es himmelangst geworden bei diesen seinen kühlen und geschäftsmäßigen Worten. Altenberg hatte dabei so eifrig an seinem Schreibtisch gearbeitet, das; er die Verwirrung seiner Sekretärin gar nicht beobachtet hatte. Bald hatte Leonore indes ihre Schwäche überwunden und ihre heitere Unverfrorenheit znrückgcfuuden. Ach was! Im äußersten Notfall, wenn eS gar nicht mehr ging, würde sie einfach Reißaus nehmen und nach Berlin zuriick- fahren; was konnte ihr also schon groß passieren» Aber sie mußte mit auf diese Reise, koste es, was es »volle. Sic mußte dieses Abenteuer auSkosten. Ihre Heirat mit Altenberg würde das alles wieder gutmachen. In diesem Sinne schrieb sic an Regina. „...und nun weißt Du, Gina, wie cs in mir aus- sieht. Ich liebe diesen Mann, liebe ihn rasend, und ich werde ihn auf alle Fälle heiraten. Ich muß alle meine Kraft zusammennchmcn, um mich nicht zu verraten. Aber, Gina, ich zähle die Stunden, bis es so weit ist, bis Rudolf mich in seine Arme nimmt, bis er mir sagt, daß auch er mich liebt. Dann werde ich das glücklichste Ge schöpf unter der Sonne sein. Und darum werde ich diese Reise mit ihm machen, trotzdem unsere ganze Verwandtschaft Kopf stehen würde, wenn sie es wüßte. Aber niemand braucht es zu wissen, Gina. Du wirst hübsch schweigen, ja, Schwester chen? Du weißt ja, daß ich nichts Unrechtes tue, daß Du Dich auf mich verlassen kannst — nicht wahr?" Es war schon acht Uhr abends, als sie mit dem Brief fertig war. Ob die Herren schon zurück waren von der Bahnstation? Ob sic noch einmal hinunter ging? Aber zum Schlafengehen war es eigentlich noch zu früh. Also ging sie kurz entschlossen hinunter. Im Terrassenzimmcr traf sie Fräulein Gundula an. „Ach, Fräulein Gundula, sind die Herren schon zurück?" „Nein! Sie sind noch nicht zurück. Auf diese Weise bähe ich wenigstens einmal Gelegenheit, Ihnen ungestört meine Meinung zu sagen, Fräulein Siebenhühncr." „Aber, Liebste, Beste...!" „Ich bin nicht Ihre Liebste, Veste, Fräulein Sicben- hühner! Mit Ihnen will ich gar nichts zu schaffen haben; denn ein anständiges Mädchen würde sich schämen, die Gutmütigkeit eines fremden Mannes so auszunützeu, wie Sic es tun." „Aber, liebes Fräulein Gundula!" Leonore war einen Schritt auf die alte Dame zu- gctreten. Fräulein Gundula wich zurück. „Lassen Sie diese vertraulichen Anreden! Für Sie bin ich Fräulein Nauenburger! Haben Sie verstanden? Sic brauchen nicht zu glauben, daß Sie auch mich fangen können mit Ihren glitzernden Hexenaugcn! Nein! Ich bin nicht so dumm wie mein guter Herr Graf! Ich sehe woran ich bin. Und ich dächte, Sie haben lange genug Ihr Spiel hier getrieben. Es wäre an der Zeit, daß Sie Schluß machten und Ihr Bündel schnürten. Schon längst müßte es Ihnen klar sein, in welchem Ruf Sic hier stehen! Und noch dazu, wo Graf Altenberg verlobt ist. Man sollte meinen, das müßte beschämend genug für Sic scin. Aber Ehrgefühl scheinen Sic wirklich kcins zu besitzen." „Ich verstehe Sie gar nicht, Fräulein Nauenburger. Ich bin doch die Sekretärin des Grafen. Dabei kann doch schließlich kein Mensch etwas finden?" Leonore sagte es in geheuchelter Demut. Diese Szene amüsierte sie um so mehr, als sic an später dachte und an das Entsetzen ihrer Feindin, wenn sic das erste Mal ihre neue Herrin zu scheu bekam. „Sekretärin? Daß ich nicht lache! So etwas hat cS bisher nie gegeben aus Altenberg. Der Inspektor und Steuerrat Pfänner sind bisher mit allen schriftlichen Arbeiten allein fertig geworden. Erst seitdem Sie hier aufgetancht sind, brauchte man plötzlich eine Sekretärin. Da scheint doch manches nicht mit rechten Dingen zuzu- gchen!" „Ich weiß wirklich nicht, was Sie wollen, Fräulein Nauenburger. Graf Altenberg scheint doch unbedingt eine Sekretärin zu brauchen; denn er hat mich heute sogar ge beten, ihn auf seiner Reise zu begleiten!" „Lieber Gott! Sie haben unseren guten Grasen wahr haftig verhext!" „Lassen Sie das nur nicht vor dem Grafen höre», Fräu lein Nauenburger. Ich glaube, er wäre nicht sehr be geistert darüber. Aber mich freut cs natürlich ungemein, was Sie mir da sagen. Welche Frau hörte cs nicht gern, daß sic Eindruck auf einen Mann gemacht Hal? Eine größere Freude hätten Sie mir wirklich nicht machen können. Aber jetzt bin ich redlich müde. Der Umtricb mit den wilden Jungens war ziemlich anstrengend. Sollte Graf Altenberg nach mir fragen, sagen Sie ihm, bitte, ich sei schlafen gegangen. Gute Nacht, Fräulein Nauenburger." Voller Liebenswürdigkeit lächelte Leonore der sprach losen Dame zu. Dann war sie verschwunden. Gundula war wie vor den Kopf geschlagen. So etwas von Unverfrorenheit war ihr in ihrer langen Praxis noch nicht vorgekommen. Diese Person schien sich auch noch lustig über sie zu machen. Sie war scheinbar von ihrer Macht über den Grafen durchdrungen, sonst hätte sie sich nicht solche Frechheiten erlaubt. Wenn nur endlich jemand! käme, der dem gmen Grafen die Augen öffnete. Es war ein Seufzer, der der alten Gundula aus tiefstem Herzen kam... Am anderen Tage war in Altenberg Hochbetrieb. Es! wurde gepackt und geordnet, bis alles fertig war. Man nahm nur das Notwendigste mit, da der Graf die Reises im Auto machen wollte, und da in den Autokoffern nicht! allzuviel untergebracht werden konnte. Gegen Nachmittag fuhren sie los. Graf Altenberg und! seine Sekretärin. Graf Rudolf chauffierte ausgezeichnet, das mußte! Leonore anerkennen. Mit welcher Sicherheit er am Volant saß! Er gab Vetter Hanns kaum etwas nach. ! Sie saß neben ihm, in ihrem braunkariertcm, schicke»! Sportmantcl, der eigentlich viel zu elegant war für eine Sekretärin. Die braune Mütze schmiegte sich eng uni ihre« Locken, umrahmte kleidsam das schöne Gesicht. Aber cs sah aus, als ob der Graf keinen Blick hätte für das schöne Mädchcu an seiner Seite. Kühl und unnahbar saß er neben ihr am Steuer. Immer wieder streifte! Lore das sichtbare, scharfe Profil, das ihr so ausgezeichnet! gefiel, und das sie bewunderte. Gerade dieses Kühle, Ab wehrende reizte sie immer wieder von neuem. Ach Gott!! Er tat ja schließlich nur so. Aber was nützte dieses Be wußtsein, wenn er nicht sprach, wenn er verschlossen war, und wenn sie warten »rußte ans das, was sie glühend er- hofste? Wie lange würde sie noch warten müssen? Lange ging cs nicht mehr, darüber war Leonore sich klar. Lange würde Regina diese Komödie nicht mehr mitmachen. Und auf die Tauer wurde cs ihr selbst ein wenig langweilig, die Sekre tärin spielen zu müssen, ohne in ihren Absichten vom Fleck! Lu kommen. Und jetzt, wo Gras Altenberg so völlig mit! seinen Vorträgen und seinem Forschcrkram beschäftigt war, würde er für sie und ihre Wünsche überhaupt keinen Sinn haben. Aber vielleicht kam es mit einem Male, während der! Reise. Vielleicht würde ihr das enge Zusammensein mit Rudolf doch endlich Erfüllung bringen. Leonore hoffte csf aus vollem Herzen. lForksetzm'.g folgt.) AMGM EM KW KN-MMs an feinem Weimarer Hause. Gott lasse dieses Haus besteh'», und laß' es Fried' und Freude sch'n, so lange Deutschland steht und hält; Wenn Deutschland aber sinkt und fällt, denselben Tag, dieselbe Stund', Schlag Gott dies Haus in Grab und Grund.