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<7. Fortsetzung.) „Freundchen, ich bin ein wenig älter als Sic, habe um zehn Jahre mehr Lebenserfahrung auf dem Buckel. Gewiß, Sie sind mehr in der Welt herumkutschicrt; aber das ist nicht alles — cs kommt auf das au, was einem das Leben gebracht, was man gelernt hat. Und be sonders — mit den Frauen must man sich auskcnncn. Ihnen gehen sie natürlich überall herum um den Bart. Sie sehen gut aus, man weist, Sie sind reich ... Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie eine nette Frau in unsere Einsamkeit bringen würden. Sie dürste unsere Freundschaft nicht stören; eine Patente Frau müßte cs sein, die zu uns pastte, die unsere gute Nachbarschaft fördern würde. Nicht so eine wie die Koltaucr Lore ..." „Aber, Piktor, wenn Ihre Kusine Sie hörte!" „Lassen Sie mich zufrieden mit diesen .Kusinen. Die ältere, Regina, ist die geborene alte Jungfer, die zweite eine richtige Modcliese." „Sie sind wirklich nicht gut zu sprechen auf die beiden Damen, scheint mir." „Nein, dazu habe ich auch keinen Grund! Man Höri da so allerlei. Regina hätte ich einmal heiraten sollen. iMein Onkel Koltau sprach mit mir darüber. Er halte keinen männlichen Erben, da hätte ihm das gut gepatzt. Aber ich wollte nicht, Regina gefiel mir keineswegs. Ich 'war ein junger Mensch, zwciundzwanzig, die Regina ein grüner Backfisch von sechzehn. Hochgeschossen, eckig — wir haben da so eine englische Ader in der Familie, nach der icylcn sie zu arten —, sie war weder reizvoll noch schön. Tann trainierte sie das Klavier mit mehr Fleiß als Talent, sang mit einer hohen piepsigen Stimme. Und ich liebte damals die Musik schon ebenso wie heute, das tonnte ich nicht auf die Dauer mit anhören. Ich sagte meinem Onkel, daß ich die Frau, die ich heiratete, auch rasend gern haben müsse. Und daß ich deshalb seinem Wunsch nicht nachkommen könne. Damit war die Sache für mich erledigt. Ich konnte auch Wohl deshalb nicht anders, weil ich damals schon in süßen Banden lag. Seitdem habe ich nur wenig von den Koltaucrn gehört. Sie sollen sehr hochmütig geworden sein, die Koltaucr Damen. Wollten wohl mit dem armen Petter nichts zu tun haben. Sogar, als ich nach des Onkels Tode kondolierte, war Kusine Regina kühl bis ans Herz hinan. Ein einziges Mal empfing sic mich, von da an liest sic alles durch ihren Anwalt reacln. Mir wär es ja ziemlich gleichgültig; insgeheim hab' ich mich vielleicht ein wenig geärgert, das war alles. Schließlich konnte ich ja nichts dafür, daß ich das Majorat ! übernehmen und die Damen vertreiben mußte. Aber meine Frau fand das Benehmen Reginas höchst be leidigend. Und ihretwegen tat es mir leid." t t „Mochte da nicht irgend etwas anderes mitspielen, Viktor? Gerade Regina habe ich in bester Erinnerung. Tie war ein gerader, aufrechter Mensch, auch als sic noch fung war. Piellcicht, dast da eine innerliche Neigung vor handen war?" „Nec, das glaube ich nicht! Regina war immer kalt schnäuzig und unzugänglich." „Ich glaube beinah, Sie irren sich. Man hat mir einmal erzählt, die Gräfin Regina schlage alle Partien ans, auch die bestell — obwohl man ihr in Berlin stark den Hof machte und sie ausgezeichnete Partiell Hütte machen können — man munkelte von einer Jugend liebe ..." Leonore hörte zu mit allen Sinnen. Was erfuhr sie da alles! Dinge, von denen sie keine Ahnung hatte. Regina und eine unglückliche Liebe? Ob das Wahrheit war? Und dann dieser Petter, der war ja unbezahlbar. „So? Munkelt man das? Nun, ich bin cs jedenfalls nicht gewesen. Und ich habe für Regina nie das geringste empfunden. Ich liebte immer die sprühenden, lebendigen Frauen, nicht solche Eiszapfen. Alles, nur keine lang weilige Frau. Meine Frau —, ja, das war so eine Sache. Zuerst liebte ich sie sehr; sie war ganz das, was ich brauchte. Dann — in der Ehe wurde ich sehr von ihr enttäuscht. Die gute Aenne war hausbacken geworden, schrumpfte geistig vollkommen ein, selbst ihr Sinn für Musik bildete sich zurück. Ja, man kann so etwas vorher nie wissen. Das ist immer Zufalls- und Glückssache, lieber Rudolf! Aber meine Jungens, die sind prächtig. Dafür danke ich Aenne bis über das Grab hinaus. Die entschädigen mich für alles. Und jetzt Sie, Rndolf. Das mit der Koltaucr Lore, das würde ich mir doch sehr überlegen. Sie glauben gar nicht, lvas mail alles erzählt. Sie habe nur Sinn für Ver gnügungen und für die Mode und für den Sport. Für Ihre geistigen Bedürfnisse wird sic sicher nicht das geringste Verständnis haben. Sie ist immer damit beschäftigt, irgend einem Weltrekord den Kopf zu brechen und einen neuen auszustellen. Finden Sie das richtig für die Frau, die Sie heiraten wollen, Rudolf?" Leonore wäre am liebsten hinübergcstürzt und hätte dein Petter eine kräftige Ohrfeige versetzt. Wie konnte er sic so verurteilen, so verleumden, ohne sie zu kennen!? Auj bloßes Gerede hin! Wo er doch gar nichts wußte, und wo alles mehr als übertrieben war, was er da herplapperte. „Also, Rudolf, suchen Sie sich lieber eine süße, kleine Frau, die zärtlich sein kann, die geistig mit Ihnen Schritt halten kann, und die eine'gute Mütter sein wird^ statt eine Sport- und Modedame. Das wünsche ich Ihnen. Und jetzt werde ich mich auf den Weg machen; cs wird Zeit, daß ich hcimkommc. Ich werde beim Doktor Vorbeigehen, Rudolf, werde ihn hcrttberschicken." Man hörte drüben die Tür ins Schloß fallen. Jetzt war der Koltaucr auf dem Korridor. Wieder hörte Lore seine Stimme. „Also, Fräulein Gundula, ich überlasse den Grafen und das Fräulein Ihrer Obhut. Und — passen Sie gut auf die Kleine auf und sorgen Sie dafür, daß sie sobald als möglich aus dem Schloß kommt. Ich sehe Gefahr für den Grafen!" § „Aber, Herr Baron! Die Kleine ist doch krank und un glücklich!?" „Mache! Nichts als Mache!, liebes Fräulein Gundula^ Können mir glauben, ich kenne mich aus. Seien Sie jeden falls auf der Hut. Ich werde dann und wann herüber-» kommen, um nach dem Rechten zu sehen." Dann ging er. Leonore lag wie erstarrt da. Dieser, Koltaucr war die Gefahr — daran war nicht zu zweifeln. Und doch, es prickelte ihr in den Fingern, auch ihn an der, Nase hcrumzuführen. Aber — er war gescheit; er wußte, was er wollte. Er gefiel ihr eigentlich ganz gut. Leise stieg sie aus der Wanne, nahm den Bademantel um, der bereit dalag. Als Gundula klopfte, ließ sie sie! hcreinkommcn. Mit einem großen Blick sah Gundula auf den ge-, öffneten Koffer. Sie schnupperte in der Luft. Parfüm? Und seidene Wäsche und Flakons mit allem möglichen Zeugs? Das sah eigentlich gar nicht nach Selbstmord aus und nach Unglücklichsein! Sollte der Koltaucr doch recht haben? Merkwürdig war das jedenfalls. Nun, sie würde! die Augen offen behalten, das nahm sie sich fest vor. Ihr, würde man nichts vormachcn! , „Würden Sie mir jetzt mein Zimmer zeigen, Fräulein Gundula? Damit ich mich anziehen kann?" < „Anziehen? Ja, wollen Sie denn nicht ins Bett und schwitzen, damit Sie sich erholen? Das wäre doch das einzig Nichtige!" „I wo! Ich denke gar nicht daran, ins Bett zu gehen! Ich fühle mich Wohl und munter." Gundula Nauenburgcr, die langjährige Hausdame von Schloß Altenberg, war sprachlos. So etwas war ihr noch nicht vorgekommen. Erst tat diese Person, als ob sie sterbenskrank war, ließ sich verwöhnen und bedauern, und dann war, als ob nichts gewesen wäre. Wirklich! Hier ging vieles nicht mit rechten Dingen zu. Hier hieß es, die Augen offenhalten und sehen, dieses freche Ding fobald als möglich aus dem Hause zu schaffen. In eines der Fremdenzimmer würde sie jedenfalls nicht kommen. „Also, bitte, Fräulein, kommen Sie mit!* v.. .