Volltext Seite (XML)
Nr. 23 Sonnabend, am 27. Januar 1934 100. Jahrgang Deutsch-polnische Verständigung Zehnjähriges Abkommen zur Festigung des europäischen Friedens Erklärung nicht widersprechen und durch diese Erklärung nicht berührt werden. Sie stellen ferner fest, das; diese Er klärung sich nicht auf solche Fragen erstreckt, die nach inter nationalem Recht ausschließlich als innere Angelegenheiten eines der beiden Staaten anzusehen sind Beide Regierungen erklären ihre Absicht, sich in den ihre gegenseitigen Beziehungen betreffenden Fragen, wel cher Art sie auch sein mögen, unmittelbar zu verständigen. Sollten etwa Streitfragen zwischen ihnen entstehen und sollte sich deren Bereinigung durch unmittelbare Verhand lungen nicht erreichen lassen, so werden sie in federn beson deren Falle auf Grund gegenseitigen Einvernehmens eine Lösung durch andere friedliche Mittel suchen, unbeschadet der Möglichkeit, nötigenfalls dicfenigen Vecsahrcnsarlen zur Anwendung zu bringen, die in den zwischen ihnen in Kraft befindlichen anderweitigen Abkommen für solchen Fall vor gesehen sind. Unter keinen Umständen werden sie jedoch zum Zwecke der Austragung solcher Streitfragen zue An wendung von Gewalt schreiten. Die durch diese Grundsätze geschaffene Friedensgarantie wirb den beiden Regierungen die grosse Ausgabe erleichtern, für Probleme politischer, wirtschaftlicher und kultureller Art Lösungen zu finden, die auf einem gerechten und billi gen Ausgleich der beiderseitigen Interessen beruhen. Beide Regierungen sind der Uebcrzeugung, daß sich aus diese Meise die Beziehungen zwischen ihre» Ländern frucht bar entwickeln und zur Begründung eines gutnachbarlichen Verhältnisses führen, das nicht nur ihren beiden Ländern, sondern auch den übrigen Völkern Europas zum Segen ge reicht. Die gegenwärtige Erklärung soll ratifiziert und die Ra tifikationsurkunden sollen so bald als möglich in Warschau ausgetauscht werden. Die Erklärung gilt für einen Zeitraum von 10 Jahren, gerechnet vom Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden an. Aalls sie nicht von einer der beiden Regierungen 6 Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt wird, bleibt sie auch weiterhin in Kraft, kann je doch alsdann von jeder Regierung jederzeit mit einer Frisk von 6 Monaten gekündigt werden. Ausgeferligt in doppelter Urschrift in deutscher und pol nischer Sprache. Berlin, den 26. Januar 1934. — Für die deutsche Regierung: Freiherr von Neurath. Für die polnische Regierung: Josef Lipski. Der am Freitagvormittag im Auswärtigen Anil von dem deutschen Außenminister Freiherrn von Neurach und dem polnischen Gesandten Lipski unterzeichnete Vertrag baut sich aus auf den Grundsatz u n m i 1 t e l b a r e r V e r - st ä n d i gun g von Staat zu Staat. Er stellt einen Ausbau oer Gedankengänge des Kelloggpakts dar, hält sich aber von den bisher bei internationalen Abkommen angewandten Methoden fern. Die beiden Staaten verpflichten sich mit dem Abkommen, alle Streitfragen auf friedlichem Wege zu schlichten. Die in dem Abkommen festgelegten Methoden sehen vor, alle in Angriff zu nehmenden Fragen in einfach ster Farm anzupacken und sich sernzuhalten von jenen un fruchtbaren Formeln, wie sie bisher in den internationalen Abkommen üblich waren. Es ist der beiderseitige Wills vorhanden, nicht neue Streitfragen zu schaffen, sondern die zwischen Polen und Deuischland bestehenden Dinge in un mittelbarer Verständigung zu klären. Bei der Beurteilung dieses Abkommens wird man Wert auf die Betonung der beiden Worte „alle Fragen" zu legen haben, ohne daß man heute am Geburtstage dieses Abkommens einzelne Fragen hsrausgreisen wird, um nach ihrer künftigen Entwicklung zu fragen. Auch die Tatsache bedarf der Erwähnung, daß in dem Abkommen das Wort „Kens" nicht o o r k n m m t. Damit stellt sich Polen unmittelbar in die Linie Deutschland—Italien in.der Frage des Völkerbundes, von dem auch Palen überzeugt ist, daß er nicht die geeignete Instanz darstellt, um internationale Streitfragen mit Erfolg zu bereinigen. Auch für den Außenstehenden ergibt sich die hochpoli tische Bedeutung dieses deutsch-polnischen Abkommens, das den Beweis erbringt, daß Reichskanzler Adolf Hitler in der Frage der Befriedung der Welt nicht nur Worte zu machen verstellt, sondern daß er leinen Warten die Tat folgen läßt. Die Tatsache schließlich, daß das Abkommen auf zehn Jahre abgeschlossen ist, bedeutet, daß man sich in ehrlicher Absicht im Interesse der beiderseitigen Beziehungen und des europäischen Friedens nähert Es handelt sich nicht um eine Atempause sondern um die E! n l e i t u n g einerFrie - densacro der Tat. Wenn man berücksichtigt, daß die mehr als zehnjährigen deutsch-polnischen Spannungen die ge samte europäische Politik beeinflußten, daß sie gewissermaßen im Mittelpunkt dieser europäischen Politik standen, dann wird man begreifen, was dieses Abkommen für den euro päischen Frieden bedeutet. Es richtet sich gegen niemand, es will auch nicht eine Bresche legen in bestehende Bündnisse. Aber der vernünftige Menschenverstand wird sich sagen, daß manche Abkommen und Bündnisse durch den deutsch-pol nischen Verständiqungspakt ihre Berechtigung verlieren wer den Auch das ist im Interesse des Friedens nur zu be grüßen Schließlich darf noch hervorgehoben werden, daß das soeben abgeschlossene Abkommen zwischen Deutschland und Polen auch die erfolgreich vorwärtsschreitenden deutsch- polnischenWirtschaftsverhandl ungen günstig beeinflussen wird. Dieses Abkommen vom 26. Januar ist ein symptomatischer Abschluß des ersten Aufbaujahres der Regierung Adolf Hitler. Kurze Notizen Am Sonntag trifft in Berlin eine Abordnung italieni scher Handwerker unter Führung von Professor Buronzi zu mehrtägigem Besuche ein. Der zurzeit in London weilende Staatsrat Gauleiter Wagner und seine Gattin sowie Dr. Römer, Leiter der Aus ländsabteilung des Deutschen Iuristenverbandes, waren Gäste der Londoner Ortsgruppe der NSDAP. Entsprechend dem Willen des Stabsieiters der PO., Dr. Len. wird die Amtsleitung der NS.-Hago im Februar nach München übersiedeln. Die Dresdener Tageszeitung „Der Volksstaat", deren Erscheinen bereits am 9. d. M. bis aus weiteres untersagt worden war, ist im Zusammenhang mit den weiteren beim Polizeipräsidium geführten Untersuchungen nunmehr dau ernd verboten worden. Der hervorragende englische Finanzmannn Lord Revelstoke lst In London, 69 Jahre alt, gestorben. Er war u. a. Direktor der Bankfirma Baring Brothers L Ey. Wie aus Moskau gemeldet wird, haben dle Gottlosen-Ver- bändc in Taschkent und in Samarkand beschlossen, 22 Moscheen und Kapellen zu schließen, die in Kinos und kommunistische Klub häuser umgewandelt werden sollen. In der Nähe von Jokosuka haben Uebungen der japanischen Luftstreitkräste begonnen, an denen 600 japanische Flugzeuge teil nehmen. Die Uebungen sollen besonders der Zusammenarbeit der Flugwasse mit den U-Booten dienen. wie der Unteroffizier dos Gerippe der alten Armee ge bildet Hobe, so sei der politische Leiter heute das Rück- ! grat der politischen Armee. „Wir dürfen in unserem Volke überhaupt keinen Unterschied zwischen Soldaten und Politikern aufkommen lassen", so er klärte Dr. Loy. Aus diesem Grunde habe er auch die Uni form des politischen Leiters geschaffen. Dr. Ley umriß in kurzen Zügen das Werden der Partei in ihrem organischen Wachstum. Er wies auch darauf hin. daß der Kampf noch nicht zu Ende sei, daß man wachsam bleiben müsse gegen über der Reaktion, gegenüber den Verrätern an der Ge- ! meinschast des Volkes. Die Aufgabe, die hier gestellt sei, könne nicht der Staat übernehmen. wenn gesagt werde, Staat und Partei seien eins, so sei das falsch. Richt der Staat habe die Partei geschaffen, sondern die Partei habe aus dem Jammergebilde von Wei mar den nationalsozialistischen Staat geschaffen, den sie In ihrem Sinn noch weiter umgestalten werde. „Richt Staat und Partei sind eins, sondern Partei und Staat. Meil im Mailowfli-Pmeh Insgesamt 133 Jahre Freiheitsstrafen. Berlin, 27. Januar. Im Maikowski-Prozeß verkündete Landgericktsdirektor Ohnesorge das Urteil gegen die 53 kommunistischen Ange klagten. Insgesamt wurden 38 Jahre Zuchthaus und rund 95 Jahre Gefängnis verhängt. Von den Hauptangeklagten erhielten Mühler und Lhorazy je acht Jahre Zuchthaus, Rossel und Leese je sechs Jahre Zuchthaus, Schückar fünf Jahre Gefängnis. Weiter.wurden verurteilt: Fleschenberg (Jugendlicher) 7 Jahre Gefängnis, Borchardt 6 Jahre Zuchthaus, Braun, Böhning und Schmidt je 7 Jahre Gefängnis, Leder, Tho- nys und Wolff je 6 Jahre Gefängnis, Bieber 4 Jahre Ge fängnis. Der Angeklagte Plessow, der in der Verhandlung besonders hervorgetreten war, erhielt wegen Beihilfe zum Landfriedensbruch und wegen Raufhandels sowie wegen Schußwasfenoergehens 6 Jahre Gefängnis. Die übrigen Angeklagten erhielten wegen Landfris- densbruchs und Raufhandels Gefängnisstrafen zwischen 6 Bestrafter Verräter Todesstrafe auch für versuchten Landesverrat? Berlin, 27. Januar. Der erste Strafsenat beim kammergerichl verurteilte einen im Geheimen Staatspolizelamk beschäftigten Angestell ten wegen versuchten Landesverrats zu der zulässigen Höchst strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht hatte wegen Verbrechens gegen das Spionagegeseh, das das Gericht als nicht erwiesen ansah, die Todesstrafe beantragt. Am Donnerstag, den 18. d. M., wurde der Täter fest genommen. Die Ermittlungen wurden derart beschleunigt geführt, daß der Oberreichsanwalt bereits am nächsten Tage das Verfahren an den Generalstaatsanwalt beim Kammer gericht abgab, der — ohne die Eröffnung der Voruntersuchung zu beantragen — sofort die Anklage erhob, so daß der Tat! bereits eine Woche später die Sühne folgen konnte. Der preußische Ministerpräsident, der bereit» dem Reichskanzler in dieser Angelegenheit Vortrag gehalten hat, wird diesen Fall zum Anlaß nehmen, geeignete Schritte zu! unternehmen, um auch sür versuchten Landesverrat die To-! desstrase einzuführen. Jahren und 6 Monaten, darunter die weiblichen Angeklag ten Therese Rossel ein Jahr Gefängnis und Marie Borchert 9 Monate Gefängnis. Der Angeklagte Kolasa wurde frei gesprochen. Die Untersuchungshaft wird den Angeklagten voll angerechnet. Das Gericht verkündete ferner den Beschluß, daß das Verfahren gegen den Angeklagten Meyer, der des fortgesetz ten Hochverrats hinreichend verdächtig ist, an das Reichsge richt verwiesen wird. Die Haftbefehle gegen die Angeklag ten Kolasa, Borowski. Bornick, Hagemeyer und Grothe werden ausgehoben. Bekanntlich ist es nicht gelungen, die beiden Perso nen, die während des Ueberfalls in der Nacht zum 31. Ja nuar die tödlichen Schüsse auf Maikowski und Zauritz ab gegeben haben, zu ermitteln, so daß die Anklage gegen die Hauptangeklagten in diesem Prozeß nur wegen versuchten Mordes und schweren Landfriedensbruchs erhoben werden konnte. Das Gesetz bietet also keine Handhabe, den ge meinen Mord in gerechter Weise zu sühnen. Berlin, 27. Januar. ^er Neich^uhenminister und der polnische Gesandte haben am FrcitaqvormiLLag im Auswärtigen Amt eine Erklärung unterzeichnet, derzufolge zwischen Deutschland und Polen zur Festigung des Friedens in Europa und im Sinne des Kelloggpaktes ein zehnjähriges Berstan- dmungsaökommen geschlossen wird. Danach verpflichten sich beide Staaten, alle Fragen, welche auch immer zwischen ihnen auftreten können, irr unmittelbarer Verständigung zu regeln. Amtlich wird mitgcteilt: Wie durch amtliche Meldung vvm 15. November v. I. in Berlin und Warschau bekanntgegeben wurde, ist damals bei einer Aussprache zwischen dem Herrn Reichskanzler und dem polnischen Gesandten in Bertin die übereinstimmende Absicht der Rcichsregierumz und der polnischen Negierung fcstaestellt worden, die ihre beiden Länder berührenden Fragen aus dem Wege unmittelbarer Verhandlungen in Angriff zu nehmen und ferner zur Festigung des Friebens in Europa in ihrem Verhältnis zueinander aus jede Anwen dung von Gewalt zu verzichten. Im Anschluß daran haben Verhandlungen zwischen der Reichsregicrung und der pol nischen Negierung stattgesunden mit dem Ziele, im Sinne des Ergebnisses jener Aussprache eine bindende schriftliche Vereinbarung über die künftige Gestaltung der beiderfeiti- aen Beziehungen zu treffen. Diese Verhandlungen sind nun mehr zum Abschluß gelangt. Der Reichsminister des Aus wärtigen und der polnische Gesandte haben im Auswärtigen Amt eine Erklärung unterzeichnet, die folgenden Wort laut hat: „Die deutsche Regierung und die polnische Regierung halten den Zeitpunkt für gekommen, um durch eine unmit telbare Verständigung von Staat zu Staat eine neue Phase in den politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Po len einzuleiten. Sie haben sich deshalb entschlossen, durch die gegenwärtige Erklärung die Grundlage sür die künftige Ge staltung dieser Beziehungen scstzulegen. Beide Regierungen gehen von der Tatsache aus, daß dis Aufrechterhaltung und Sicherung eines dauernden Friedens zwischen ihren Ländern eine wesentliche Voraussetzung für den allgemeinen Frieden in Europa ist. Sic sind deshalb entschlossen, ihre gegenseitigen Beziehungen aus die im Pakt von Paris vom 27 August 1928 enthaltenen Grundsätze zu stützen, und wollen, insoweit das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen in Betracht kommt, die Anwendung dieser Grundsätze genauer bestimmen. Dabei stellt jede der beiden Regierungen fest, daß die von ihr bisher schon nach anderer Seite hin übernommenen internationalen Verpflichtungen die friedliche Entwicklung ihrer gegenseitigen Beziehungen nicht hindern, der jetzigen Ler »MWe SWer Dr. Ley vor den politischen Leitern des Gaues Groß-Berlin. Berlin, 27. Januar. politischen Organisation und Füh- Dr. Ley sprach im Plenar- lcben vor den verantwortlichen politi- ön das Mor^ Ar°b-Berlin. Er erinnerte u. a. den gelingen müsse, im Volke den ^.yx des politischen Offiziers zu schaffen Denn Beilage zur „Weißeritz -Teilung"