Volltext Seite (XML)
Auf -em WeihuaM-martt. Bon E. Isolani. Unter den Buden mit Weihnachtstand, die am Rand« > rines großen Platzes stehen, befindet sich auch eine, an deren Kopf ein großes Plakat verkündet: , «Eine Karte mit dem Namen! Gleich zum Mitnehmen!" Und in der Bude sieht man eine Menge solcher Karten, großer, schwarzer Karlen in Postkartenfvrmat, darauf in silberglitzernder Schrift Namen: Albertine, Alfred, Emma, Otto, Auguste und viele andere Namen noch. In der Bude hockt ein frierendes Weiblein, zusammengekauert, denn es wird nicht allzuoft in Bewegung gesetzt. Vor der Bude aber ist ein männliches Individuum in Feldgrau, das nicht friert; denn es bewegt sich sehr viel. Es sucht Leute heranzureißen, die „eine Karte mit dem Namen gleich mitnehmen* wollen. Aber das wollen offenbar nicht viele, obwohl sich der Mann alle Mühe gibt. Er arbeitet mit dem Mund und den Händen und wer weiß womit noch. „Früuleinchen, wie heißen Sie eigentlich?" fragt er eine vorübergehende Maid. „Was geht denn Sie das an?" lautet die Gegenfrage. Sehr viel, mein Fräulein! Sehen Sie diese schönen Karten, davon sollen Sie eine mit Ihrem süßen Namen mit nehmen!" „Quatsch!" antwortet die Schöne und eilt weiter. „Das ist freilich kein schöner Namel" ruft er jener nach. Zwei Jungen werden im Vorbeigehen auf das Plakat, aufmerksam und machen Halt. „Na, meine Herren, wollen Sie nicht Karten mitnehmen?" spricht der Feldgraue sie an. Die Jungen, vielleicht verblüfft durch die ehrenvolle Anrede, treten näher. „Ach, nein," sagt der eine schüchtern, „ich dachte, es wären Visitenkarten!" „Die können Sie auch als Visitenkarten brauchen. Das ist doch gerade was Schönes! Solche großen Karten gibt man bei großen Besuchen ab, wenn man den janzen Tag über wo bleibt." Aber die Jungen lassen sich doch nicht überreden; der ältere zieht den jüngeren mit sich fort. Vergeblich bemüht sich der Anreißer eine Weile; trotz seiner Mißerfolge bleibt er unermüdlich. Endlich winkt ihm doch das Glück. Eine jugendliche Schöne bleibt stehen und folgt schließlich seiner Lockung. Schüchtern tritt sie an die Bude heran. « „Nun, mein schönes Fräulein, wie ist denn Ihr geehrter Name?" Das Fräulein lächelt, schweigt verlegen und lächelt wieder. „Ja, den Namen müssen Sie mir schon verraten, mein schönes Fräulein. Der bleibt aber Geschäftsgeheimnis." Endlich bringt sie leise heraus: „Emma heiße ich . . ., aber . . .!" „Nun, also Emma!" „Nein ... er nennt mich immer: Schnutechenl" « „Also natürlich: Schnutechenl Das ist ja famosl Wird sich besonders elegant auf der Karte machen. Na, der wird sich freuen, wenn er die Karte von Schnutechen kriegt!" Und das Geschäft wird gemacht!" * Eine Frau, die einen Pappkarton mit Kinderknarren Uneben sich an der Bordschwelle des Bürgersteiges stehen hat -und, umtost vom Drange des Menschenstromes, diesen pri mitiven Derkaufsstand festzuhalten sucht. Zwei halbwüchsige Burschen bleiben stehen. Der eine -greift in den Karton hinein und erfaßt eine Knarre, die er mit prüfenden Gesten in Bewegung setzt. „Nee, die ist mir im Ton zu dünne!" sagt er, legt sie zurück und greift zu einer anderen größeren, die er ebenso erprobt. Die Frau macht ein etwas unwilliges Gesicht. Sie scheint offenbar zu fürchten, daß sie von dem Burschen angeulkt werde, und dieser Glaube muß sich wohl noch verstärken, als der junge Käufer die zuletzt erprobte Knarre mit den Worten: „Die nehm' ick!" beiseite legt, zugleich aber noch nach einer anderen greift, um sie zu prüfen, und dann noch eine prüft und noch eine. „Wat willste denn mit all die Knarren?" sagt der andere Bursche und setzt flüsternd hinzu: „Mach doch keinen Unsinn!" Offenbar denkt auch er an eine Derulkung der Frau. „Ick mach' gar keinen Unsinn; ick brauch mindestens sechs Stück!" sagt der Käufer. Endlich hat er das halbe Dutzend großer Knarren voll, die er alle auf höchste Lärmfähigkeit erprobt hat, — „Sie müssen woll det hohe L knarren?" hat der andere da zwischen gefragt — und mit der großen Geste des vornehmen Mannes holt er sein Portefeuille hervor und sucht einen großen Geldschein heraus, den er der Frau hinlegt. „Menschenskind," meint sein Freund, während die Frau ihr Geld zusammensucht, um herauszugeben, „wozu willst« denn soviel Knarren?" „Die brauch' ich janz notwendig. Die Kriegen de Kmdei in unserem Hause, damit müssen se Musik machen, um unsere» Hauswirt zu ärgern!" Und fröhlich lachend über diesen beabsichtigten Akt edler weihnachtlicher „Nächstenliebe" zieht der Knarrenkäufer mit seinen Marterinstrumenten an der Seite seines Freundes davon. Die Geschichte eines Weihnachts« liedes. Alljährlich erklingt das machtvoll schöne Lied du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weih nachtszeit." Vor etwa 100 Jahren erklang dieses lieb liche Lied zum ersten Male, gesungen von einer Schw armer, aber fröhlicher Kinder tn Thüringen und ball schlugen seine Klänge an alle deutschen Herzen uni darüber hinaus tn die Ferne. In Weimar, dem Sitz der Dichter und Denker Ist es geboren, in trüber und harter Zeit, nach de» traurig-verheerenden Franzosenzeit tn Deutschland, «auen. Sein Dichter war Johannes Daniel Falk Geheimer Rat tn Weimar, der Gründer des erste» deutschen Ktnder-RettungShauseS nach den traurtge» «riegsjahren tm Lutherhof zu Weimar. Johannes Fak ^ar selbst ein armer Knabe gewesen, ein Perrücken Hnacher-sohn au« Danzig, unter vielen Geschwistern, an 27. Oktober 17SS geboren. Perrückenmacher zu werden war seine Bestimmung. Doch der vorwärts strebend« Geist des Knaben war damit nicht zufrieden. Gege» den Willen des Vaters lernte uno las er bet Kerzen licht auf Gasse und Boden. „Da stellte ich, um Wack zu bleiben, die Füße in kaltes Wasser. Und ich mus sagen, daß das ein erprobtes Mittel ist," schrieb e« damals an einen Freund. Man wurde auf ihn aufmerl sam durch einen Unfall beim Schlittschuhlaufen an Weihnachtsfest, bei dem sein Bruder ihn rettete. Dies! Errettung vom Tode des Ertrinkens wurde der An stoß, daß der Rat der Stadt Danzig ihm zum Stu s vium auf der Universität Halle hals. Man ließ ihi - ziehen mit den Worten: „Du bleibst unser Schuldner j Johannes Falk: wenn einmal irgendwo arme Kinds an deine Tür klopfen, dann denke: Da stehen die Bür I germelster und Ratsherr«« von Danzig und weise st nicht ab." — Man ahnte nicht, daß tn Falks Lebei - diese Mahnung in eine Segenstat sich wandeln würde Ihn zog es, da die Dichtkunst erwachte, nach bo cndigtem Studium in den Kreis der Dichterfürstei Goethe, Schiller, Wieland und Herder nach Weimar Tort verlebte er die entsetzlichen Kriegszeiten von 180« bis nach den Fretheitskämpfen und sah mit von Got geklärten Augen Not über Not. Er fand die Kinder von den Eltern verlassen, vor seiner Tür und Has ihnen. Nach der Leipziger Schlacht gründete er di« „Gesellschaft der Freunde in der Not" und gab Haus Zeit und Kraft den Kindern hin. Von seiner Regierung wurde ihm bald das Anwesen „Ter Lutherhof" zur Ver fügung gestellt, und nach 10 Jahren konnten über 25! junge'Männer als tüchtige Menschen und fleißige Hand « Werker ins Leben ziehen. Dieser echt christlichen tiefen Gesinnung entsprach also etwa vor 100 Jahren unser prächtiges Weih nachtslied. Weihnachtslie-. Von Max Stempel. In der schönsten Nacht des Jahres, ' Im Dezembermonat war es, Als vor tausendjühr'ger Frist Von Maria, der geweihten Und durch Gott gebenedeiten Ward geboren Jesus Christ. Arm und nackt in» dilrft'gen Stalle Lag er, und die Hirten alle Brachten in der Kittern Not Kind und Mutter kleine Gaben, Der ein Tränklein, sie zu laben, Der ein frischgeback'nes Brot. Zu den Hirten aber traten, Von dem Himmelsstern beraten, ! Gleich danach der Kön'ge drei, > Die in prächtigem Gewände Ritten her vom Morgenlande, Weil das Heil gekommen sei. Und sie fielen betend nieder, - Sangen Dank- und Iubellieder, Priesen laut Herrn Iesum Christ, Schenkten Weihrauch ihm und Myrrhe, Gold und köstliche Geschirre, Draus der Reiche trinkt und ißt. Und ein Engel sprach zu ihnen: „Euch ist Gottes Sohn erschienen Hier zu Bethlehem, der Stadt, Der durch seine Kraft die Schwachen, Wenn sie glauben, stark wird machen, Und die Hunger haben, satt. Eine Leuchte wird er werden, - ' Friede bringen rings auf Erden, Milde schlichten Saß und Streit; Den gequälten Menschen allen - l Wird er sein ein Wohlgefallen Und erlösen sie vom Leid." / Also klang die stamme Kunde Aus des Engels heil'gem Munde, Und sein Zeugnis gilt noch heut. Christen, strömt herbei in Scharen. Dieses Tages Glanz zu wabren, Der euch Trost in Trübsal beut! Die Lichtfreude der Weihnacht. Dem Weihnachtslicht hat der christliche Glaube ein schöne sinnige Deutung gegeben. Es ist das Licht ' das in dieser Nacht geboren wurde, um das Dunks ! der Welt zu erleuchten! Und in dieser Bedeutung glii zern die Kerzen auf dem Baum und strahlt die Weih nachtskerze, die, wie es in ländlichen Gegenden gebräuw lich ist, die ganze Christnacht hindurch brennen soll; ß j selbst das Feuer im Herd und Ofen besitzt am Weih nachtsabend eine andere Bedeutung als sonst. Di Freude am Wcihnachtslicht lag auch dem hübschen ai ten Weihnachtsbrauch zugrunde, sich mit anderen Gabe« ein Licht oder einen Wachsstock zu schenken. Selbst di Armen und Aermsten besaßen das Anrecht auf dos heU brennende Weihnachtsfeuer und durften sich alljährlii ihr Weihnachtsholz tm Wald holen. Tie Christnach! vte Geburtsnacht des alle Zeiten überstrahlenden Lick tes, mußte eben als fröhliches Lichtfest gefeiert werde» ' Ü.Ml . WM* ' Der Weihnachtsbaum. — Verhältnismäßig wenig Bräuche besten sich « den WeiknachtSbaum, wohl deshalb, weil er erst t> einer Zeit entstand, die schon längst den heidnisch« Aberglauben bekämpfte. Allein ganz ohne Glaub« unv Fürchten geht es auch beim Christbaumputzen nick ab. Während man ihn schmückt, soll beisptelsweis niemand niesen, weil es sonst am Abend Unfrieden gib. es sollen zuerst die Aepfel angebunden werden, siebene» lei Backwerk am Baum'hängen, und endlich soll ma es vermeiden, Tinge am Baum anzubringen, die vo» Ker auf den Boden gefallen sind, weil sie den heilige Baum entweihen würden. « DaS Weihnachtsessei». — Wie am Vorabend, so spielt auch am Christ 'tag das Essen eine bedeutsame Nolle im Volksbrauch Wenn aber die deutsche Hausfrau früher glaubte, da! der Weihnachtstisch ohne die gebratene Gans unvoll stündig sei, so »nag sie daran denken, daß es nich christliche, sondern heidnische Sitte war, am Tage de« Jubelfestes Opfergünse zu verspeisen, ebenso wie auü der Schweinebraten, der seinen Essern für das künf tige Jahr eine „Schweineglück" verspricht, nichts an deres ist, als ein Ueberrest des „Julebers", den di- alten Germanen ihren» Sonnengott zum Opfer dar brachten. Genau betrachtet, reicht freilich auch unse: Äeihnachtsgebäck iu heidnische Zeiten zurück. Besonder« eine große Anzahl unserer deutschen Gebildsbrote, jene« Kuchen, die auch heute noch teils in Tiergestalt, i» Gestalt von Ebern, Pferden, Hasen und Füchsen — i» einigen Gegenden Westfalens führt jegliches Weth nachtsbackwerk den Sammelnamen „Hasen und Vösse' — gebacken werden. i Vom Hkmgsrio-. Erschütterndes aus einer Berliner Statistik. Daß jemand in Berlin „auf reguläre Weise" verhungert, das heißt etwa drei Wochen ganz ohne Nahrung bleibt, ist wohl kauin zu befürchten; aber inan kann auch verhungern, wenn inan eine längere Zeit vollkommen unzurei chende Ernährung hat. Leider sind solche Fälle in Berlin mehrfach zu verzeichnen. Nicht nur, daß Leute am deren Krankheiten, besonders dem Würgeengel Tuberkulose, keinen Widerstand mehr leisten können, wenn der Körper unterernährt ist, es sterben auch Leute direkt ohne andere Krankheit, weil sie monatelang, ja vielleicht auch Jahr t.- viel zu wenig gegessen haben. Nicht immer wird der Arzt mit Bestimmtheit zum Ausdruck bringen können, daß der Tod durch Verhungern cingctreten sei. Viel sprich! dafür, daß die Not viel zahlreichere Todesopfer durch Der- hunger»» fordert, als die amtlichen Zahler» erkennen lassen. In einein vom Statistischen Amt der Stadt Berlin Uber das Verhungern als Todesursache herausgegebcnen Flugblatt werden erschütternde Fälle angeführt. Während in Alt- Berlin an Erschöpfung infolge Hungers pro Jahr etwa fünf bis sechs Personen starben und unmittelbare Todesfälle überhaupt nicht fcstgestellt wurden, sind während des Welt krieges und in der jetzigen Zeit diese Zahlen beträchtlich an gewachsen. Für das jetzige Berlin wurde»» 1922 und in den ersten zehn Monaten des Jahres 1923 88 Todesfälle aU Entkräftung und 15Fälle an eigentlichem Hungertod, zusammen also 103 Hungertodesfülle, festge stellt. Auf eine Frage bei den» Leiter der Inneren Abteilung eines städtische»» Krankenhauses nach dem Vorkommen von Hungertod wurden sechs Personen im Alter non SO bis 90 Jahren nanihaft gemacht, die in den letzten Monaten wegen Unterernährung eingeliefert und in der Anstalt nach längerer oder kürzerer Zeit gestorben sind. Freilich war in dem Toten- schein als Todesursache durchweg Arterienverkalkung oder Altersschwäche angegeben. - Es sind meistens Alte, und da unter ihnen die Frauen 'überwiegen, alte Frauen, die den Hungertod sterben. Der Mittelstand spielt eine traurige Rolle unter den Opfern. Es sind Ehefrauen und Witwen, die sterben; es sind Renten empfängerinnen, Stiftsinsassinnen, Privatieren, Schneiderin nen, einmal wird auch eine Wirtschafterin, eine Näherin, eine Kontoristin und Lehrerin a. D. angegeben. Die 68jährigc Lehrerin wog, als sie aus diesem entsetzliche»» Dasein ab gerufen wurde, noch 6 0 bis 65 Pfund. Meist sind cs alleinstehende Personen, die vor Hunger zugrunde gingen, teiis, weil sie die öffentlichen Hilfseinrichtungen nicht kannten, teils, weil sie eine Scheu vor der öffentlichen Mildtätigkeit hatten. Leider sind die schreckenerregenden Angaben des Be richts noch nicht vollständig; denn viele Fälle kommen über haupt nicht zur Kenntnis des Statistikers, weil die Aerztc überhaupt nichts voi» Unterernährung und Entkräftigung auf dem Totenschein erwähnt haben und natürlich nicht in jedem Fall besonders danach gefragt werde»» kann. Aus Stadt und Land. vr.rnlviayige Mauen gesucht. Während fast alle zivili-' sierten Staaten einen Frauenüberschuß aufweiien. herrscht in Australien Mangel an heiratsfähigenFrauen, dei» die Negie rung durch soeben beschlossene Einwandcrungsmaßnahmeu beheben will. Man will einer Vierielmillion heiratsfähiger Frauen in Australien Gelegenheit geben, sich in den landwirt- IchaflUchen Betriebe»» gegen freie Station und Veriöstigung einzuleben, ihnen überdies eine Vergütung ii» Bargeld zu- sicherw und nach der halbf». igen Zeit der Unte-Weisung freie Wohnungswahl zubilligen. Durch diese Borbildungsmethobe hofft die Negierung, den Farmern und Landwirten schnell und sicher die brauchbare Ehegefährtin zu lieschaffen. Eine Wurst von jedem Schwein. Der Kreislandbund West' Prignitz hat alle seine Mitglieder öffentlich dringend aufge fordert, von jeder Schlachtung mindestens eine Wurst dem Landbunde zur Verteilung an Bedürftige zur Verfügung zu stellen. verlobimqs-ond vermShlungr- anreigen liefert räuber unv rasch Gr! Mne kllppMswK-e