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BeifjeritzZeilum Tageszeitung unö Anzeiger für Dip-ol-iswal-er Schmiedeberg V.L L MerlÄSbrkch '^Mk.obue3«. _ Einzelne «ummem b LO Pf. —Femsprecher: Amt Dippoldiswalde Dr.S. ) 8 Gmulndeverbands-Girokonto Ar.3.—Postscheck» K Kontor Dresden 12S48» Aellefte JeitAAg -es Beztr-s Kieses Blatt enthält -ie amtliche» D ekauntmachrmOe« öer Amtshalvtmaanschafl,-es Amtsgerlcht» m»d -es Stadtrats zu Dippoldiswalde Verantwortlicher Redakteur: Vanl gedae. — Druck und Verlag - Larl Jedne in Livvoldiswalde. Nr. 58 Donnerstag den 9. März 1922 !-H—-SS—--»— » - - LS—— SWWMS--— i Amtliche MMmchMM. RMm-füpr ter W»iMi- mi AMIIKiiMsilhermz. voooontkL äoo 9. n»rr isrr vorwttur» rau 9—u vdr gelangt die Unterstützung auf Grund des Gesetzes über Not standsmaßnahmen zur Unterstützung von Rentenempfängern der Invaliden- und der Angestelltenversicherung für die Monate Oktober 1921 bis mit März 1922 in der hiesigen Ltsüt- U«»» zur Auszahlung. 2n Zukunst wird die Unterstützung an jedem Hoo»1i»- eritva ausgezahlt werden. vis Lll»t>Ll»tlievL8 ü»» 8»läs» «lotet vor Vml»LM>e 6», ?o»t«v8walso8 vrr Vvr8iod«nw8»mt äo» 8t»tl1r»1« ra 0Ippolckt»v»1Ä». am 7. März 1922. krolue äva 10 ALrr lSLL Ldsvckv '/r8 vkr - LOilliche CittW kr Tlgdlitmiiktlki zs IiBüIiüDüiök. Tagesordnung hängt im Rathause aus. OertlicheS und Sächsisches Dippoldiswalde. In diesen Tagen findet eine Volks- fammlung für das notleidende Alker «Altershilfe des deutschen Bölkes" stakt. Wir möchten nicht unter lassen, hierdurch kurz auf die Wichtigkeit dieser Sammlung hinzuweisen. Hilfreiche Tat sei der Ausdruck unserer Ge sinnung. Unsere heiligste Pflicht soll es sein, mit offenem Herzen und offener Hand unserem Alter hilfreich zur Seite zu flehen. Unsere alten Leute sind es, die ihre Arbeitskraft verloren haben, deren letzter für die Tage des Alters zurück gelegter Sparpfennig der Entwertung verfallen ist. An Ge sunde und Arbeitsfähige ergeht der Mahnruf: Spendet reich lich und nach Kräften. Alle öffentlichen Kassen nehmen Spenden entgegen. Fertigt die Haus- und Straßensamm- lerinnen an den Haupksammeltagen am 11. und 12. d. M. nicht mit Beträgen ab, die mit dem heutigen Geldwerte in keinem Verhältnisse mehr stehen. Unsere Dankesschuld gegen unsere Eltern ist groß. Ehret und schützet das Alter! Dippoldiswalde. Der 6. Professor - Pellegrini - Borkrag galt dem größten deutschen Opernmeister Richard Wagner, geboren 1813 in Leipzig, dann Kreuzschüler in Dresden, Musikdirektor in Magdeburg, Aiga, Paris, Dresden, 1849 wegen Beteiligung an den Aufständen flüchtig, in der Schweiz, später von König Ludwig II. in München und zuletzt in Bayreuth, den Bau des Bühnenfestspielhauses und darin die Aufführungen der Opern leitend. In Wagners Leben spielt die Zahl 13 eine große, für ihn meist günstige Aolle: 1813 geboren. Er hat 13 Opern komponiert und den Text dazu auch selbst verfaßt. Am 13. August 1842 Erstaufführung Les «Aienzi" in Dresden. Am 13. Februar 1883 starb er in Benedlg. Er liegt in Bayreuth begraben. Wagners Haupt verdienst ist, Text und Musik innig zu verschmelzen, der Musik Leitmotive unterzulegen und die Szenerie dem ganzen anzupassen. Bei den Erzählungen aus Wagners Leben fand auch Erwähnung, daß er, wie die meisten Künstler, zur An regung seiner Phantasie eines gewissen äußeren Prunkes bedurfte. Als Nachfolger in der Leitung der Festspiele in Bayreuth wirkt sein Sohn Siegfried, der sich auch als Kom ponist, Dirigent und Regisseur ausgezeichnet hat. In Wagners Kunstrichtung haben bisher weiter gearbeitet Rich. Strauß und Max Reger. Als eine Entartung der Kunst > muß das Bestreben der Expressionisten und Dadaisten aüfge- i faßt werden, von deren Dichtungen und Kompositionen Herr Pellegrini einige Proben gab, bei deren Borführung es Wunder nehmen muß, daß den Zuhörern nicht übel wurde. Doch, Golt Lob, man kommt jetzt wieder zurück zum Natür- lichen, wie die Lieder zur Laute und Humperdincks sowie Eugen d'Alberts Werke beweisen. Nächsten Dienstag wird Herr Professor Pellegrini noch über .Parsival' sprechen. Zur Trauerrede beim Begräbnis des Herrn Kaufmann j Richard Lincke am Dienstag hatte Herr Pastor Mosen als Tert, der so recht das Leben und Wirken des Verstorbenen wiedergab, gewählt Off. Joh. 2, 19: „Ich weiß deine Werke und deine Liebe und deinen Dienst und deinen Glauben und Leine Geduld, und daß du je länger je mehr tust." Im Namen des Kirchenvorstandes legte Herr Superintendent Michael aus Dankbarkeit für treue Dienste des Dahingeschiedenen als Mit glied dieser Körperschaft, besonders als Vorsitzender des Finanz ausschusses auf den Sarg einen Kranz nieder, und das Grab schmückte der Vorsitzende des Jüngltngsvereins, Heinrich Schulze, ebenfalls mit einer Blumenspende. — Herr Lincke hat, wie wir noch erwähnen wollen, mr Verein mit Schuldirektor Engelmann die hiesige Handelsschule ins Leben gerufen und hat an derselben längere Zeit Unter richt erteilt. — Tagesordnung zur 6. öffentlichen Sitzung der Stadt verordneten zu Dippoldiswalde am Freitag den 10. März abends >/r8 Uhr: 1. Kenntnisnahme von der für das Kranken- Haus verwilligten Beihilfe aus Bezirksmitteln. — 2. Kenntnis nahme von einem Schreiben des Frauenvereins, Kinder bewahranstalt betr. — 3. Einladung zu einer Besprechung über den Entwurf der neuen Gemeindeordnung. — 4. Kosten für Veränderung des Girokassenraumes. — 5. Erhöhung des Beköstigungsgeldes für obdach- und mittellose Reisende. — b. Hilfsmaßnahmen füt Kleinrentner. — 7. Kaufgesuch der Schützengesellschaft. — In den Stern-Lichtspielen wird heute Mittwoch abend der dritte Teil der „Jagd nach dem Tode" mit dem Titel „Der Mann im Dunkel" über die weiße Wand rollen. Tine Naturaufnahme „Was uns der Wald erzählt" wird das Pro- gramm vervollständigen. — Das Abrufen der Züge in den Warteräumen wird vom 1. April 1922 an wesentlich eingeschränkt. Die wenigen Stationen, bei denen noch abgerufen wird, sind durch Aus- hänge kenntlich gemacht. In absehbarer Zeit ist mit einer völligen Einstellung des Abrufens der Züge zu rechnen. Schmiedeberg. Zur Richtigstellung der in der letzten Gemeinderats-Sitzung gegen die Kirche erhobenen Bemerkungen, daß für 1 >/2 Grabstelle 200 Mark an die Kirche hätten bezahlt werden müssen, da es sich um aus der Kirche Ausgetretene handelte, und daß vom Pfarramt die Rede, die von einem Dissidenten am Grabe gehalten werden sollte, vorher verlangt worden sei, wird uns von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß beides unwahr ist. Nicht die Kirche hat für die Grabstelle, sondern wahrscheinlich der Totenbettmeister für das Schaufeln des Grabes dieses Geld verlangt — bis heute haben die Hinterbliebenen von der Kirchkasse noch gar keine Rechnung zugestellt bekommen — ebensowenig hat der Pfarrer sich vorher die Grabrede vorlegen lassen, obwohl er von Eesetzes- wegen (vergl. Gesetzblatt Nr. 5, Jahrgang 1922) dazu berechtigt gewesen wäre. Eine solche Kampfesweise richtet sich von selbst. Schmiedeberg. Am vergangenen Montag hielt Pastor Fischer—Kipsdorf den ersten seiner angekündigken religiösen Borträge, die den Zuhörern die Augen öffnen wollen über die Krisis der Gegenwart. An diesem Abend beleuchtete er scharf und unbarmherzig den Ausgangspunkt der gegenwärtigen Krists, die Politik. Es mag hier und da Berwunderung er regt haben, in einem religiösen Borlrag von Politik hören zu müssen, und die einen oder anderen mögen an diesem Abend zunächst auch nicht viel von Religion gespürt haben. Aber es läßt sich bei einer Vortragsreihe über die Krisis der Gegenwart nicht umgehen, das Moment, in dem sich die Krisis am sichtbarsten und augenfälligsten zeigt — und das ist eben die Politik — gänzlich auszuschalken. Die Absicht des Redners ist, von der Oberfläche allmählich zum Innersten und Heiligsten vorzudringen, wohin die nächsten Borträge führen sollen. In seinen Ausführungen über die Politik, oder, wie der Bortragende den ersten seiner Borkräge überschrieben hatte: «Die Blutschuld Europas", kam er selbstverständlich auch auf den Weltkrieg zu sprechen und warf die oft gehörte Frage auf: Wie kam es zu ihm?, hielt sich aber nicht bei den üblichen Gemeinplätzen auf, indem er etwa dem oder jenem Staat oder auch Einzelpersonen die Schuld zuschob, sondern er machte dafür verantwortlich das ganze europäische Staatssystem. And zwar dies in seinem Militarismus, der bei uns wohl am Boden liegt, bei den anderen Bölkern aber, die nichts gelernt haben, noch immer floriert. Dieser Angriff auf den Militarismus richtet sich keineswegs gegen die natio nale Begeisterung und Gesinnung, wie sie herzerhebend im August 1914 und auch sonst noch zum Ausdruck kam, sondern nur gegen ihre Einseitigkeit, wie sie sich u. a. darin zeigte, daß man alles gut fand, was innerhalb der Landesgrenzen geschah, und vor allem gegen die künstliche Züchtung des Patriotismus, gegen den naiven Glauben, jetzt ein 1813 noch einmal heraufbeschwören zu können, wie es in Vereinen und vor allem in der Presse immer wieder versucht wird. 1813 «war" dieser Geist, war Patriotismus «da", heute wird er «gepflegt" und mühsam am Leben erhalten. Denn nachdem vor 50 Zähren der große Traum der Vakerlandsfreuküe, die Einheit des Reiches, Wirklichkeit geworden, war unser Volk «satt" geworden. Und diesem satten Volk gegenüber dyrfte auch niemand sich mehr einfallen lassen, Kritik zu üben. Kritik nicht bloß gegen die wehenden Federbusche und stolzen Uniformen, sondern dagegen, was links dieser Fassade Päpd, nämlich die Interessen der Wirtschaft und des Kapitals. lieber die dadurch heraufbeschworene Krisis soll nun der nächste Vor trag: «Kapitalismus und Sozialismus" kommenden Freitag handeln. Leipzig, 6. März. In den heutigen Abendstunden würde eine grauenvolle Mordtat, die aller Wahrscheinlichkeit nach schon zwei Tage zurückliegt, aufgedeckt. In einem Reise korbe, den zwei Dienstmänner im Auftrage einer Frau nach dem 7.14 Uhr abends abgehenden Halleschen Personenzuge bringen sollten, wurde unter braunem Packpapier die Leiche eines gutgekleideten Mannes aufgefunden, die in den Kork' so hineingezwängk war, daß die Schultern durch den Rumpf verdeckt waren und die Knie angezogen den Korb ausfüllken. Die Polizei ließ den geheimnisvollen Fund sofort nach dem Institut für gerichtliche Medizin bringen, wo -er Korb ausge- packt wurde. Man zog unter weiterem Packpapier und meh reren Decken die kopflose Leiche eines Mannes hervor. Die vorläufige ärztliche Untersuchung läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß der Ermordete vermutlich ein Pelzhän-ler war, denn man fand in den Laschen ein Notizbuch mit zahl reichen Adressen von Pelzgeschäften. Ferner sanden sich in dem Korbe eine goldene Uhr mit Kette, eine Geldtasche mit 100 M. Inhalt, sowie ein Kassenschlüssel einer Hiesigen Ba^- firmä. Ueber die Persönlichkeit des Ermordeten ließen sich bis zur Stunde noch keine Angaben machen. Die Kriminal polizei nahm sofort die Recherchen auf. Auf die Mörder weisen verschiedene Spuren hin. Auf dem Reisekorb wurde ein Klebezettel gefunden, aus dem hervorgeht, daß der gleiche Reisekorb vor einigen Wochen vom Hauptbahnhof Leipzig nach Wahren expediert worden war. Die aufgefundene Ge päcknummer wird der Eisenbahndirektion Magdeburg ge hören. Auf dem Deckel des Korbes wurde in verwaschener Schrift der Name «Elly" entdeckt. Entweder unmittelbar an der Mordtat beteiligt oder doch Mitwisser derselben dürften eine Frau im mittleren Alter und ein junger Mann von 20—25 Zohren sein, die den Korb zum Haupkbahnhof ge bracht haben. — Zu der Mordtat wir- weiter gemel-ef: Montag nachmittag 6.30 Uhr hat eine etwa 50 jährige Frau vor dem Haupkbahnhof, preußische Seite, zwei Dienstmänner beauftragt, einen Neisekorb aus Weidengeflecht zum Zug 7.14 Uhr nach Halle zu bringen und in einen Personenwagen 4. Klaffe zu stellen. Die Dienstmänner hatten die Nr. 49 (Otto Böttcher) und 38 (Hentschel). Der Reisekoffer Halle sich auf einem vierrädrigen Handwagen befunden, der. (Oft Droschkenhalteplatz gegenüber dem Astoriahotel stand. Beim Wagen hat sich ein junger Mann aufgehalten, der offenbar Beziehungen zur Auftraggeberin hatte. Der Korb auf dem Wagen war mit Decken zugedeckt. Die Frau selbst war in großer Eile und sehr aufgeregt. Sie zeigte große Sorge, daß der Korb rechtzeitig zum Zuge käme und hatte für die Dienst männer bereits Bahnsteigkarten gelöst. Sie hieß sie immer vorausgehen und teilte ihnen mit, daß sie sich selbst noch eine Fahrkarte lösen und die Dienstmänner dann am Zuge wieder treffen wolle. Als sie indes bei Abgang des Zuges nicht kam, nahm ein Dienstmann den Korb wieder aus dem Zug heraus, und brachte ihn, da ihm die Sache verdächtig vorkam, zu der Kriminalhauptstelle im Hauptbahnhof. Hier öffnete man den Koffer und fand unter blutigem Papier einen schwarzen Herrenmantel mit Samtkragen. Darauf lag eine goldene Uhr mit Kelte. Dann kam unter nochmaligem Papier die Leiche eines Mannes ohne Kopf zum Vorschein und zwar auf dem Bauche liegend. Der Reisekorb trug einen Klebezettel mit folgender Aufschrift: 1 Stück von Leipzig Hbf. Pr. Stbhf. nach 24 k Wahren und die Gepäcknummer 436. Auf dem Deckel stand in großen lateinischen Buchstaben, soweit man es entziffern konnte, das Work Elli. Wie schon erwähnt wurde, war die Leiche ohne Kopf. Der Kopf selbst war nicht auf zufinden. Der Tote krug eine schwarze gestreifte Hose, einen schwarzen Rock und eine dreiteilige gestreifte Weste mit Aermelfukter. Ferner eine graue Unterhose und schwarze wollene Strümpfe. Das grüne Hemd zeigte rote und blaue Streifen. Die Hosenträger waren graublau, die Taschen tücher waren wie das Hemd mit E. C. 18 oder 13 gezeichnet. Die Leiche war eingewickelk in eine grüne Decke mit gelbe» Streifen, die als Reise- oder Pferdedecke anzusprechen ist. Der übrig gebliebene Halsteil war in eine rote Decke elnge- hüllk. In der Manteltasche befand sich ein kleiner sechs- läufiger geladener Trommelrevolver, aus dem öffenbar in letzter Zeit nicht geschossen war. Nach der Aussage von