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ganzen Planeten herum gegen das aus diesem Gebiete hilf- und wehrlose Mitteleuropa geführt wird. Eine lange, verhängnisvolle Reihe deutscher Versäumnisse bestraft sich mit Zinsen an uns. Ein Glück, daß die Leitung der deutschen Wehrmacht besser vorbereitet in die Auseinandersetzung hineinging als die Leitung unseres diplomatischen und publizistischen Rüstzeugs. Wenn der von Stimmungen freie, politisch denkende Deutsche unserer Tage die ganze Wucht empfindet, mit der das Schicksal auf uns drückt, so erhebt er sich auch wieder an der unerbittlichen Wucht, mit der der deutsche Arm das deutsche Schwert führt. Zum Ernst und zur Besonnenheit weist uns die Ge samtlage der Welt. In dem Augenblick, wo gleichsam als Symbol oder als Satire für die Zeit bitterer und heilsamer Enttäuschungen unklarer politischer Schwärmer und hoffnungsseliger Optimisten Louis Botha der Buren legende den Garaus macht, wird man es als eines der wenigen Ergebnisse des großen Krieges bezeichnen dürfen, über die man wirklich schon sprechen darf, daß die oer- kündeten mitteleuropäischen Völker erkennen lernen, wie sie vergeblich die Gestaltung ihrer Geschicke von märchen haften Helfern erwarten dürfen, vielmehr das Los freier Männer bis zum Ende erfüllen müssen: da tritt kein anderer für ihn ein; auf sich selber lieht er da ganz allein! Englische Sabotage auf türkischen Schiffen. Nicht ganz unerwartet kommt die Nachricht, daß di- englische Marinemission ihre Rolle in der Türkei ausge- hielt hat. Wie der „Frkf. Ztg." aus Konstantinopel ge meldet wird, hat die englische Marinemission mit dem ildmiral Limpus an der Spitze am 15. September ihr« Entlassung aus türkischen Diensten nachgesucht. Zugleich erfährt man auch den Grund dieses unzeitigen Rücktritts der englischen Mission. Die Mission hat schon seit einige» Wochen keinen Dienst mehr auf der türkischen Flotte getan und ist nur noch in den Bureaus des Marineministeriums beschäftigt gewesen, mit anderen Worten, sie war kaltge stellt worden. Diese Kaltstellung nun scheint nicht ganz ungerechtfertigt gewesen zu sein, wenigstens nicht, wenn das wahr ist, was gleichfalls schon vor einigen Wochen der „Deutschen Tageszeitung" von einem aus Konstanti- »opel eingetrosfenen Deutschen berichtet wurde. Es heißt dort: „Bekanntlich hat Großbritannien eine Marinemission in Konstantinopel sitzen, welche die türkische Marine und Flotte neu aufbauen, reorganisieren und ausbilden soll. Für die hohe Gunst, die Türken mit dieser Mission beehrt zu haben, hatte die britische Negierung sich außerordentlich weitgehende Konzessionen und Garantien von der Türkei geben lassen: so den Ausbau von Häfen und Werften durch britische Firmen, ebenso natürlich Schiffsbauten, Munitionslieferungen usw. Die Türken gaben schwe ren Herzens alles zu, was die britische Regierung ver langte, denn sie waren der Auffassung: für eine wirkliche Reorganisation und eine gute kriegsmäßige Ausbildung ihrer Marine könne kaum ein Preis zu hoch kein. Wir haben damals häufig von der begeisterten Opferfreudigkeit erzählen können, mit der das türkische Volk durch freiwillige Sammlungen beitrug, was es konnte, um die Flotte der russischen wie der griechischen Gefahr nach Möglichkeit gewachsen zu machen. Man hatte sa auch nun erfahrene praktische Lehrer und Förderer end lich in Konstantinopel, Seeoffiziere und Ingenieure der Marine des ozeanbeherrschenden Großbritanniens, einer Macht, die nach ihren häufigen Versicherungen die wärmste Freundschaft für die Türkei und das größte Interesse an Ser Stärkung ihrer Wehrkraft zur See hegte. Jetzt nun ist man in Konstantinopel aber, wie uns unser Gewährsmann milteilt, dahinter gekommen, daß auf Veranlassung des Chefs der britischen Marinemission, des tapferen Admirals Limpus, auf allen türkischen Kriegs schiffen absichtlich und in aller Heimlichkeit eine Beschädigung, ein Defekt verursacht wurden ist. Der Zweck dieses echt englischen Streiches war, die türkische Flotte in dem Augen blicke, wo sie in einem Kriege, sei es gegen Griechen oder gegen Russen in See zu gehen sich anschickte, plötzlich und unerwartet lahmznlegen. Nun hat man, wie gesagt, in Konstantinopel den Tatbestand festgestellt, man hat die absichtliche Beschädigung an den Schiffen und ihrer Ar mierung gesunden. In kurzer Zeit werden sie beseitigt sein. Ebensowenig darf man nunmehr wohl bezweifeln, daß auch die britische Marinemission endgültig erledigt ist." Diese ungeheuerliche Anschuldigung findet nun in dem Rücktritt der englischen Marinemission eine Bestätigung, und es ist auch nach alledem, was englische Hinterlist in Jahrhunderten und vornehmlich auch in den allerletzten Wochen geleistet bat, kein Grund, an der Nichtigkeit der Meldung zu zweifeln. Man kann von dem englischen Volke nur das eine sagen: Es ist bar jeder Scham l Aus Groh-Berlin. Die Kriegsanleihen, die von weiten Kreisen gern ge zeichnet werden, begegnen doch auch bei manchen über ängstlichen Leuten unbegründetem Mißtrauen. So wird z. B. die „B. M." aus ihrem Leserkreis darauf aufmerk- sam gemacht, daß die irrige Auffassung weit verbreitet sei, daß das in der Kriegsanleihe angelegte Geld bis 1924 sicht wieder flüssig gemacht werden könne. Diese Auf fassung entbehrt natürlich jeder Berechtigung. Nach Zu- teilung der Anleihen können schon in der Kriegszeit durch Beleihung bei den Darlehnskassen jederzeit 75 pCt. des gezahlten Betrages flüssig gemacht werden, sobald aber die Börse wieder eröffnet wird, kann die Anleihe natürlich le nach Bedarf auch verkauft werden, und es besteht sogar die Aussicht, dabei einen Kursgewinn zu erzielen. Bas „unkündbar bis 1924" bedeutet, daß das Reich aus leben Fall bis zum Jahre 1924 für diese Schuld seinen Gläubigern die hohe, über fünfprozenttae Verzinsung ge währt. — Es ist also durchaus kein Grund vorhanden, daß irgendein Deutscher, der über Geldmittel verfügt, Und wären es nur 100 oder 200 M., sie dem Reich vor- enthält. Wie unsere wackeren Soldaten im Feld, io müllen auch die dabeim Gebliebenen alles tun. was in' ihren Kräften steht, um den Sieg endgültig an die deutschen Fahnen zu fesseln. Zögere also niemand dem Vaterland zur Verfügung zu stellen, was es zu seiner Verteidigung unbedingt bedarf. Gefahr ist für die ge zeichneten Geldmittel nach den glänzenden Siegen unserer Waffen nicht vorhanden, im Gegenteil, es steht den Zeichnern für die Zeit nach dem Kriege ein nicht unbe trächtlicher Kursgewinn in Aussicht. Also säume keiner, es ist hohe Zeitl „Kreuz-Pfennig." Die ungeheuren Anforderungen an die Leistungen des Noten Kreuzes und die Unmöglichkeit der Foitsetzung der Sammlung durch Büchsen wegen der unerträglichen Belästigung des Publikums haben das Zentralkomitee vom Roten Kreuz veranlaßt, einen vorge schlagenen neuen Weg zu gehen. Es werden 5- und 10-Pfennig-Marken ausgegeben, welche auf Rechnungen, Quittungen usw. aufgeklebt werden sollen. Ein besonderer Ausschuß unter dem Ehren-Vorsitz Seiner Exzellenz von Viebahn, General der Infanterie z. D., ist mit der Durch führung dieser „Kreuz-Pfennig" genannten Sammlung in Deutschland beauftragt. Eine Sitzung von Vertretern sämtlicher einschlägiger Deutscher Verbände und Vereine (Hoteliers, Gastwirte, Kellner, Spezialgeschäfte, Waren häuser, Theater usw.), die am Dienstag stattfand, hat die volle Unterstützung beschlossen und sich zu einem Haupt- Arbeits-Ausschuß konstituiert. Die Börsengeschäfte ultimo September. Laut Be schluß des Vorstandes der Berliner Börse wird die Fällig keit aller auf Ultimo September geschlossenen oder laufen den Geschäfte auf Ultimo Oktober festgesetzt. Dement sprechend wird als Zahltag für gegebene oder genommene Ultimogelder statt des Ultimo September der Ultimo Ok tober bestimmt. Dem Geldnehmer steht es jedoch frei, das Geld zum Ultimo September zurückzuzahlen, sofern er bis zum 23. September dem Geldgeber eine diesbezügliche Erklärung gibt. Bei allen auf Ultimo September ge schlossenen oder laufenden Geschäften beträgt der Zinssatz für den Monat Oktober 6^/» Prozent. Der gleiche Satz gilt für Reports, Depots bei Bürjenlombards bleiben unverändert. Die Beschlußfassung über Geschäfte in Va luten, Auszahlungen, Prämien und Stellagen bleibt Vor behalten. Wien-Berlin. Ende September beabsichtigten ver schiedene Mitglieder des Wiener Gemeinderates auf Ein ladung der städtischen Behörden Berlins der deutschen Neichshauptstadt einen Besuch abzustatten. Diese Absicht ist natürlich durch den Kriegsausbruch vereitelt worden. Der Wiener Bürgermeister Weiskirchner teilte dies dem Berliner Bürgermeister Dr. Reicke durch folgendes Schrei ben mit: Es ist wohl selbstverständlich, und Ich erfülle nur einen Akt der Höflichkeit, wenn ich Ihnen, hochverehrter Herr Bürgermeister, mit teile, daß infolge der über uns hereingebrochenen ernsten Zeiten der von der Wiener Gemeindevertretung für Ende dieses Monats beabsichtigte Besuch von Berlin unterbleibt. Wollen wir im Ver trauen auf Gott und unsere verbündeten tapferen Armeen hoffen, daß es gelingt, unsere gemeinsamen Feinde zu bezwingen; dann werden wir zu unseren lieben Freunden nach Berlin eilen und ihnen die treue Bruderhand drücken. Möge der Allmächtige unseren Waffen seinen Segen spenden I Der Segen der russischen Kriegskasse. Ein braver Berliner Junge schreibt aus Rastenburg an seine Eltern in Tegel: „In aller Eile. Bin noch munter. Jeden Tag etwa 30 Kilometer laufen, keine Kleinigkeit. Nachts Scheune schlafen und um vier wieder raus. Liegen hier im Stoppel feld und warten Befehle ab. Vorigen Montag erstes Ge fecht mitgemacht. 100 von uns gegen 2000 Russen, vier Stunden gekämpft, bis unsere Artillerie ankam, dann zogen die Brüder ab. Wir sind jetzt beim Regiment, welches die russische Kriegskasse erbeutete. 1 800 000 Rubel, fein was? Wir bekommen dafür zehn Tage doppelte Löhnung!" Jetzt wird unser Berliner sich seiner doppelten Löhnung wohl schon weiter im Osten erfreuen können. Aus dem Reiche. Feldposlsendnngen richtig adressieren! Das W. T.-B. teilt mit: „Wie bekannt geworden ist, werden zahl reiche Feldpostsendungen an die Angehörigen des mobilen Feldheeres mit einem Bestimmungsort und sogar mit Angaben wie „Feldpoststation Nr. . . ." ohne jede Bezeichnung des Truppenteils, dem der Empfänger an gehört, versehen. Die Angaben der Feldpoststattonen mit Nummern werden vermutlich von den Auflieferern der Sendungen aus den Stempeln der an sie gelangten Feld postbriefe und Feldpostkarten vom Feldheer entnommen. Da die Aufenthaltsorte der einzelnen Truppenteile häufig wech seln und die Feldpoststationen vielfach verlegt oder gänzlich aufgehoben werden, muß vor der Anbringung derartiger An gaben in den Aufschriften im Interesse der sicheren und schnel len Beförderung und Zustellung der Sendungen dringend gewarnt werden. Die Feldpostsendungen an die Ange hörigen des Feldheeres sollen lediglich den Namen und die Dienststellung des Empfängers sowie die möglichst vollständige Bezeichnung des Truppenteils, dem der Empfänger angehört, und zwar tunlichst in der Reihen folge des Vordrucks auf den amtlichen Feldpostkarten und Briefumschlägen, tragen, wobei genau zwischen Linien-, tteseroe-, Ersatz-, Landwehr- und Landsturmtruppenteilen >u unterscheiden ist. Bei Postsachen, die für die bei den Behörden und Marineteilen am Lande befindlichen Marinean- zehörigen bestimmt sind, muß die Adresse außer der Be hörde, dem Marineteil usw. auch den Bestimmungsort enthalten. Bei Postsachen für die an Bord von schiffen befindlichen Marineangehörigen muß die Adresse nur den Schiffsnamen (ohne Ortsangabe) tragen. „Gold gab ich für Eisen." Wir lesen in der „Nordd. Allg. Ztg." : „In Frankfurt a. M. hat sich ein Ausschuß aus grauen aller Kreise gebildet, welcher die Frauen Frank furts auffordert, den entbehrlichen Gold- und Silberschmuck zugunsten notleidender kleiner Existenzen gegen eisernen Schmuck einzutauschen. Der Erfolg ist ein ungeahnt großer, konnten doch schon in den ersten Tagen Einliefe rungen im Werte von 50 000 Mark erzielt werden. Wie wir hören, sollen nunmehr in allen Städten Deutschlands Aufrufe für gleiche Bestrebungen erfolgen." Gerechte Strafe für Spione. Dem Feldgericht Markirch wurden zur Aburteilung vier französische Bürger zu- geführt, die beschuldigt waren, sich an die deutschen Stel lungen yerangescyuchen zu haben und mittels Spiegel reflexen .den Franzosen die Stellungen der deutschen Truppen verraten zu haben. Die drei ersten Angeklagten, Bauern des französischen Grenzdorfes Laoeline, hatten sich von den Franzosen durch große Summen Geld zu ihrer Tat bestechen lassen. Alle drei wurden, da sie auf frischer Tat erwischt wurden, zum Tode verurteilt und morgens im Hose der hiesigen Realschule erschossen. Der Bürgermeister von St. Marguerite war beschuldigt, die Spiegelreflexe weitergegeben und auf dem Kirchturm in St. Marguerite signalisiert zu haben. Trotzdem der An geklagte hartnäckig leugnete, wurde er doch durch Augen zeugen der Tat übersührt. So ereilte auch ihn gegen Abend das Schicksal seiner Landsleute. Die russischen Gemeinheiten im Bezirk Königsberg. Auch für den Regierungsbezirk Königsberg ist nunmehr eine Kommission zur Feststellung des völkerrechtswidrigen Auftretens der Russen eingesetzt worden, wie sie bereit» für den Regierungsbezirk Allenstein und für den Regierungs bezirk Gumbinnen besteht. Die Leitung der Kommission und der Berufung von Mitgliedern ist dem Regierungs präsidenten in Königsberg übertragen worden. An di« Kommission werden baldigst alle Mitteilungen über Grau samkeiten und Verwüstungen, die im Regierungsbezirk Königsberg oorgekommen sind, zu richten jein. Gefchichlskalender. Freitag, 18. September. 1426. Hub. v. Eyck, Male«; f Gent. — 1783. Bernhard Euler, Mathematiker, -s- Petersburg. — 1788. Justinus ferner, Dichter, * Ludwigsburg. — 1808. heinr. Laube, Dichter usw., * Sprottau. — 1809. Viktor v. Strauß and Torney, Diplomat und Gelehrter, s Bückeburg. — 1860. Sieg Tialdinis über die päpstlichen Truppen bei Castelfidardo. — 1881. Walter Schott, Bildhauer, * Ilsenburg. — 188S. Ost-Rumelten mit Bulgarien vereinigt. — 1888. Karl Freiherr von Cotta, Buch händler, s. — 1904. Fürst Herbert Bismarck, 1 Friedrichsruh. — 1905. Ernst Scherenberg, Dichter, f Eisenach. — 1906. Verheeren» ver Wirbelsturm in Hongkong, über 10 000 Tote. 7- 1910. Theobald Fischer, Geograph, s Marburg. General Gallieni. Seit einigen Tagen ist vor Paris eine große Schlacht im Gange, durch deren hoffentlich für Deutschland günsti gen Verlauf das Schicksal der französischen Replublik ent- chieden werden dürfte. Der Führer der französischen Truppenmacht bei diesen Kämpfen, soweit sie die in Paris befindlichen Verteidigungsmannschaften umfaßt, ist der Seneral Gallieni, dessen Bildnis wir hiermit unseren Lesern bieten. Letzte Nachrichten. Wieder eine Lüge. l ü Wien. Die von der Presse des feindlichen Auslandes vertriebene Meldung, daß Oeslerreich-Ungarn wegen der Einleitung von Friedensvcrhandlungen hätte sondieren lassen, ist eine dreiste Erfindung. Also doch Dumdum-Geschosse. Berlin. Einem gefangenen englischen Stabsoffizier wurde kürzlich eines der von den Engländern benutzten Dumdum-Geschosse gezeigt. Er bestritt nicht, daß diese verwendet worden wären und meinte, es feien nur Explosiv- Geschosse verboten. Man müsse doch mit den Patronen schießen, die die Regierung liefere. Italien landet keine Truppen in Valono. Rom. Die von ausländischen Blättern verbreitete Meldung, daß Italien in Valona Truppen gelandet habe oder die Absicht habe, dies zu tun, entbehrt jeder Be gründung. Noch eine Lüge. Wien. Die von dem russisschen Roten Kreuz aufge stellte Behauptung, daß die Ocflerrcicher Erplosiv-Kugeln verwendeten, ist eine tende"ziöse Erfindung Es kommt darauf an, welche Truppen . . . New Pork. Der New Pork Sun warnt unter der Ueberschrifl „Lügenbildung im Kriege" davor, die Beschul digungen wegen Greueln oder Berichte darüber zu ernt zu nehmen. Die französische Regierung. Bordeaur. Der gestrige Ministerat beschäftigte sich ausschließlich mit der diplomatischen und militärischen Lage. Die unruhigen Araber. Wien. Aus Kairo wird gemeldet: Die Araber betrach ten nach übereinstimmendem Uiteil gegenwärtig England