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rung, dem „Militarismus", wie Botha als kundiger Mann sich ausdrückte, Rache zu nehmen. Daß er damit das ihm einst in Sympathie zugewandte deutsche Volk trifft, bekümmert ihn nicht. Dem England, das Ohm Krüger wie die Pest haßte, da» zahlreiche Burenfamilien in den Konzentrationslagern zugrundegehen lieh — diesem Eng land ergeben sich Botha und Delarey mit Herz und Hand, um gegen Deutschland zu streiten. Das heiht: noch um einige Stufen tiefer sinken, als der alte Burengeneral Lronje gesunken war, der nach dem Burenkriege in den Vereinigten Staaten und in Kanada sich wie eine Zirkus- merkwürdigkeit — gegen Eintrittsgeld — bestaunen lieh. Die Stimmung in Antwerpen. Ein Belgier, der seinen in Antwerpen befindlichen Sohn kürzlich besuchte, schildert die dortige Stimmung solgendermahen: Entgegen den Darstellungen der Ant werpener Presse ist die Stimmung unter den Soldaten und auch unter der Zivilbevölkerung sehr gedrückt. Alle bemittelten Familien haben nach den Bombenwürfen durch den Zeppelin die Stadt fluchtartig verlassen, und die zurückgebliebene arme Bevölkerung leidet die größte Not. lieber die Stimmung unter der Besatzung befragt, ant wortete der Belgier: Nachdem in Antwerpen endlich be kannt geworden war, daß der Widerstand der belgischen Truppen im ganzen Land gebrochen ist, ist das Besatzungs- Heer überzeugt, dah es sein Blut nutzlos vergießen wird. In Antwerpen geht das Gerücht von Mund zu Mund, dah König Albert, der seit mehreren Tagen nicht mehr zu sehen ist, die Flucht ergriffen habe. Die russischen Ostseeprovinzen von Truppen entblößt? Aus Berlin wird „Aftonbladet" depeschiert, daß General oberst von Hindenburg von russischen Gefangenen die Bestätigung erhalten habe, daß die vorhergenannte „Milli- oncnarmee" in Wilna überhaupt nicht existiere, da sämt liche Truppen und iogar die Garde die Order erhalten hätten, sich an den Kämpfen an der Weichsel zu beteiligen. Tatsächlich sollen die Ostseeprovinzen von russischen Truppen entblößt sein. Die Schlacht an der Marne. Rotterdam, 16. September. lPriv.-T.) Die amt lichen sranzösischen Mitteilungen über den Stand der Schlacht an der Marne sind wenig zuversichtlich Auch die Kommentare der Pariser Blätter sind nicht mehr so optimistisch. Die Liberte besonders drückt sich skreplisch aus. Personaloeränderungen in deutschen Heerführerstellen. Berlin, 16. September. (W. T. B. Amtlich.) Perso, naloeränderungen in Führerstellen: Für den erkrankten Generalobersten v. Hausen General der Kavallerie v Einem, Armeesührer; für diesen General der Infanterie v. Clair, kommandierender General des 7. Armeekorps. — General der Artillerie v. Schubert, bisher kommandierender General des 14. Reseroekorps zu anderweitiger Verwen dung. Für ihn Generalquartiermeister o. Stein zum kom mandierenden General des 14. Reservekorps ernannt. General der Infanterie Graf Kirchbach, kommandierender General des 10. Reservekorps, verwundet, dafür General der Infanterie v. Eben, kommandierender General des 10. Reseroekorps. Eine deutliche deutsche Erklärung. Berlin, 16. September. (W. T. B ) Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: In dem Lügenfeidzuge, der den Krieg des Dreiverbandes gegen Deutschland begleitet, treten seit einiger Zeit auch Meldungen über ein deutsches Friedens- bedürfnis auf, die sich mehr und mehr zuspitzen Bald wird von einer angeblichen Aeußerung des Reichskanzlers über Deutschlands Geneigtheitzum Friedensschlüsse gesprochen, worauf Grey durch Vermittlung Amerikas eine stolze Antwort erteilt habe. Bald heißt es, der deutsche Bot schafter in Washington bemühe sich, Frieden für Deutsch land zu erlangen. Die Neutralen sollen durch solche Ausstreuungen den Eindruck empfangen, das Deutsche Reich lei lampsesmüde und werde sich wohl oder übel den Friedcnrbedingungen des Dreiverbandes fügen müssen. Wir setzen diesem Gaukelspiel die Erklärung entgegen, daß unser deutsches Voll in dem ihm ruchlos ausgezwungenen Kampfe die Waffen nicht eher niederlegen wird, bis die für seine Zukunft in der Welt erforderlichen Sicherheiten erstrttten sind. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In unseren, an sich armen und schwach bevölkerten Bezirke sind in den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken nicht weniger als insgesamt 3352 Vellen zu Lazarellzwecken oder zur Aufnahme von leicht Ver wundeten und Genesenden zur Verfügung gestellt worden, davon 608 Betten einschließlich Verpflegung völlig kostenlos. — Der Reservist Gustav Martin Spürte aus Nieder- bobritzsch, der in Dippoldiswalde bei der Firma Siemens- Schuckert gearbeitet hat, ist nach Nr. 11 der sächsischen Verlustliste auf dem Felde der Ehre gefallen. Er ruhe in Frieden auch ln fremder Erde! — Mundharmonikas werden von unseren Feldlruppen sehnlichst erwünscht. Es gibt viele, die dies Instrument meistern und dadurch im Biwak angenehm ihren Kameraden die Zeil kürzen. Wer also eine Mundharmonika hat, schicke sie an einen ihm bekannten Kriegsmann; der wird schon dafür sorgen, daß sie in die richtigen Hände kommt. — Deuische Männer, tragt einen deutschen Schnurr bart! Es ist wiederholt an unsere deutschen Frauen die Aufforderung ergangen, deutsch« Kleider, deutsche Mod zu tragen. Möge man den deutschen Männern und Jünglingen folgendes in Erinnerung bringen: Man sieht deren noch so viele, die die englische abgefressene Zahn bürste als Schnurrbart tragen, wie man wohl den in Länge und Brette kurzgeschorenen Schnu^bart, dessen Mode vor Jahren aus England kam, nennen darf. Also, deutsche Männer und Jünglinge tragt einen deutschen Schnurrbart, wie ihn unser siegreicher Kaiser Wilhelm trägt! — An dieser Stelle wurde wiederholt aufgefordert, die diesjährige Obsternte auszunühen, keine Frucht um- kommen zu lassen. Der Sturm am Sonntag hat teilweise die halbe Ernte zu Boden geworfen. Dieses Fallobst sollte sobald als möglich zu Mus, Gelee, Marmeladen oder zu Dürrobst verarbeitet werden. In vielen Haus haltungen dürsten sich auf einfachste Weise recht brauch bare Erzeugnisse Herstellen lassen. Seifersdorf. In einem Feldlazarett in Frankreich starb nach schwerer Verwundung der Bataillonsadjutant im Kgl. Sächs. Infanterie-Regiment Nr. 139, Herr Ober leutnant Hans Thomas, der jüngste Sohn unseres Herrn Ortspfarrers, den Heldentod fürs deutsche Vater land. — K. i. p. Dresden. Der städtische Flugplatz in Dresden- Kaditz soll zu Gefangenenlagern ausgebaut werden. Schon in den nächsten Tagen soll mit dem Bau von Baracken und dem Aufstellen von Zelten begonnen werden. Gegen 30000 Mann, hauptsächlich Russen, sollen dort untergebracht, und soweit es möglich ist, mit Planierungs arbeiten beschäftigt werden. Dresden, 16. September. Mehr als 200 verwundete Krieger kamen gestern nachmittag 5 Uhr auf dem Abstell- bahnbof in Dresden-Neustadt an, auf dem der König zu ihrer Begrüßung erschienen war. Er unterhielt sich mit mehreren Soldaten und ließ sich das Sanitätspersonal vorstellen. Die Leichtverwundeten wurden in Automobilen nach den hiesigen Lazarctten gebracht, während zum Trans port der Schwerverwundeten Möbelwagen besonders aus- gestattet worden waren. So wurde auch mit der Belegung des Ausstellungspalastes begonnen. Dorthin wurden un gefähr 20 Krieger gefahren. — Der Oktoberjahrmarkt soll trotz des Krieges am 18, 19. und 20. nächsten Monats abgehalten werden. Freiberg. Bei dem Eintreffen von Siegesnach richten werden nach einem Vorschläge des Garnison kommandos die Kirchenglocken von 7 bis 8 Uhr abends geläutet. Daran schließt sich eine patriotische Musik- aufsührung des Stadtmusikkorps von 8 bis 9 Uhr auf dem Obermarkte. Ferner soll die Einwohnerschaft gebeten werden, beim Eintreffen von Siegesnachrichten mit dem Beflaggen der Häuser nach dem Rathause zu richten und die Fahne höchstens 24 Stunden, wenn aber die Sieges nachricht am Vormittag eintrisst, nur bis zum Abend des selben Tages hängen zu lassen. Freiberg. Zur Ergänzung der Spruchlitte für die am 21. d. Mts. beginnende Sitzungsperiode des hiesigen Königlichen Schwurgerichts sind als Ersatz für einen zum Heeresdienst einberufenen und vier durch begründete Be freiungsgesuche weggefallene Geschworene folgende Herren ausgelost worden: 1. Fabrikant Karl Gotthelf Müller in Haintchen, 2. Fabrikbesitzer Hermann Hoppe kn Freiberg, 3. Kanzlcilehngulsbesitzer Karl Heymann in Halsbrücke. 4. Dampssägewerksbesitzer Ernst Paul Börner in Freiberg, 5. Kaufmann Hermann Hunger in Freiberg. Pirna. Der Stadtrat hat sich nicht umsonst mit seinem Ausrufe an die Bürgerschaft gewandt, ihm gegen Schuldschein Darlehen zu geben. Erfreulicherweise haben eine ganze Anzahl Bürger Geld zur Verfügung gestellt. Der Zinsfuß, der seitens der Stadt gewährt wird, beträgt 50/g, doch können auch besondere Vereinbarungen, sowohl nach oben als auch nach unten getroffen werden. Frankenberg. Die neue Turbinenanlage des Elektrizitätswerkes ist am Montag in Gang gesetzt worden. Sie arbeitet sehr gut. An keiner Stelle zeigte sich auch nur der geringste Mangel Die Inbetriebnahme war ursprünglich für l. September vorgesehen. Der Kriegs ausbruch haite jedoch die Heranschafsung des Materials unterbunden. Trotzdem ist es möglich geworden, den Zeitverlust auf 14 Tage zu beschränken. Lugau i. E. Das neue Rathaus ist nunmehr soweit ferliggeüellt, daß die Eröffnung am Sonnabend den 26 September erfolgen kann. Infolge der Kriegszeit soll von einer Feier Abstand genommen werden. Tagesgerichte. Berlin. Der deutsche Reichstag hat sich in seiner denkwürdigen Kriegssitzung am 4. August bis zum 24. No vember vertagt. An diesem Zeitpunkt wird, wie er heißt, auch feslgehalten werden, und es ist nicht beabsichtigt, das Reichsparlament früher einzuberufen. Es liegen vorläufig auch keine Angelegenheiten vor, die eine Tagung des Reichstages notwendig machen würden. Sollten besondere Umstände eine Einberufung erforderlich machen, z. B. Vor lagen zur Verstärkung der Flotte, so würde die neue Session sicherlich nur wenige Tage in Anspruch nehmen. Die Hauptarbeit würde dann in der vertraulichen Budget kommission geleistet werden. Das Plenum würde nur die Zustimmung zu den dort gefaßten Beschlüssen geben. Line längere Session des Reichstages wird wahrscheinlich erst im Januar ihren Anfang nehmen. Ostpreußen. Da» Gouvernement Suwalki. Da» Große Hauptquartier meldete in dem ihm eigenen kurzen und bündigen Stile, daß das russische Gouvernement Suwalki unter deutsche Verwaltung gestellt sei. Dieses Gouvernement grenzt zwischen Goldap und Lyk unmittel ¬ bar an unsere Provinz Ostpreußen. Die Größe de» be setzten Bezirkes beträgt 12 500 Quadratkilometer und ent spricht damit ungefähr dem Königreich Sachsen. Die Ein wohnerzahl beläuft sich auf 600000 Köpfe, zumeist Littauer und Polen. Darunter sind 60000 Juden und 30000 Deutsche. Die Uebernahme der Verwaltung dürfte sich infolge der nur geringen Anzahl von Russen — 55000 — leicht vollziehen. Die Bewohner des Gouvernements leben von Ackerbau und Viehzucht, industrielle Unternehmungen sind fast garnicht vorhanden. Die Hauptstadt Suwalki hat etwa 25000 Einwohner. Da zahlreiche Protestanten dort ihren Wohnsitz haben, gibt es in Suwalki auch eine protestantische Kirche. Wenige Kilometer östlich liegt in herrlicher Umgebung das ehemalige Kamalduienser Kloster Wigry. Line andere nennenswerte Stadt ist die 12 000 Einwohner zählende Kreisstadt Augustowo. In ihr gibts einige bedeutende Färbereien. Zu den Vieh- und Pferde- märklen von Augustowo strömen die Bauern der ganzen Umgebung zusammen. An Bauwerken im Gouvernement Suwalki ist sonst nur noch das Rathaus von Ratschki, einem Flecken, der ehemals der Familie Pac gehörte, zu nennen. Der schöne gotische Bau wird von einem zierlich- schlanken Turme gekrönt, einem richtigen Lug-ins-Land, der von weit draußen in der Ebene noch gesichtet werden kann. Die ganze Gegend macht in ihrer Eintönigkeit den Eindruck tiefsten Friedens. Hoffen wir, daß er nicht mehr so bald durch den Lärm blutiger Schlachten ge stört wird. Amsterdam. Die hiesigen Blätter bringen eine Nach richt des Echo de Paris zum Ausdruck, das in außer ordentlicher naiver Weise über den Umfang der deutschen Spionage in Friedenszeiten klagt. Als Beispiel führt das nationalistische Blatt an, daß unter den Ulanen, die in einer nordfranzösischen Stadt eingezogen seien, sich ein deutscher Retter befunden habe, der jahrelang als Portier in einem der Häuser der Stadt angesieilt war. Ec sei ins Quartier zu Leuten gekommen, mit denen er früher täglich verkehrt hatte, die ihn jedoch in der Uniform nicht erkannten. Erst als er seine Quartierwirtin, die eine fleißige Nährrin ist, kragte, ob ihre Nähmaschine denn noch funktioniere, erkannte diese ihn. Das Echo de Paris stellt sich so einfältig, nicht zu wissen, das die Deutschen nach Ablauf ihrer Dienstzeit sich in der ganzen Welt Arbeit suchen. Daß der Mann, der in Nordsrankreich arbeitet, beim Ausbruch des Krieges selbstverständlich in eine Gegend geschickt wurde, die er genau kannte, hat nichts mit Spionage, sondern nur mit der sachgemäßen Organisation des deutschen Heeres zu tun, das jeden einzelnen Mann an dem Platze zu verwenden weis, wo er das meiste zu leisten imstande ist. Erinnert sich übrigens das Echo de Paris nicht daran, daß ein französischer Rekrut namens Han'i nach dem Oberelsaß von der französischen Militärbehörde entsandt wurde? Kirchen-Nachrichten. Freitag den 18. September. Schmiedeberg. Abends 8 Uhr Kriegsbetstunde. Sopransolo: „Wenn Kummer und Schmerz . . . ." Alldentschland in Waffen kämpft mit dem erhebenden Aufgebot all seiner Kräfte und dem hingebenden Opfermut seiner Söhne den ihm durch den Neid der Gegner ausgezwungenen Riesenkampf um seine Existenz und tue Wahrung seiner nationalen Ehre. Fast ausschließlich gehört daher auch das öffentliche Interesse den kriegerischen Ereignissen, die jetzt auf den Schlachtfeldern des Westens und Osten» in rascher Folge sich aneinander reihten. All diese Entscheidungen den Lesern in sorgsamer Darstellung vor Augen zu führen und überhaupt ein gut orientierendes Bild des gewaltigen und in solcher Aus dehnung in der Weltgeschichte bisher einzig dastehenden Ringens zu geben — das ist das eifrigste Bestreben der jetzt in ihrem 80. Jahrgange stehenden „Weißeritz-Zeitung", für deren Bezug m:t dem I. Oktober ein neues Quartal seinen Anfang nimmt. Allen Anforderungen entspricht unser ausgedehnter Depeschendienst, den wir in allen Nummern sowohl, als auch durch Aus gabe von Sonderblättern für unsere Leser nutzbar machen. Neben der Verbreitung aller Kriegsnachrichten vergessen wir aber nicht unsere engere und wettere Heimat und ind bemüht, nach wie vor unsere Leser über alle Vor- ommnisse unseres Bezirkes aus dem Laufenden zu erhalten. Ohne Schmeichelei können wir für uns die Bezeichnung eines wirklichen Lokalblattes in Anspruch nehmen Bei der ausgedehnten Verbreitung in allen Tilen der Amtshauplmannschafl Dippoldiswalde und darüber hinaus st die „Weißeritz-Zeitung" gleichzeitig das wirksamste Jnsertionsorgan für die Geschäftswelt und sonstige Kreise. Die „Weißeritz - Zeitung" kostet für das Vierteljahr Mark 50 Pf., für zwei Monate 1 Mark, für einen Monat 50 Pf., ohne Postgebühr und Bringerlohn. Wir hoffen neben unseren bisherigen treuen Lesern, recht viele neue Bezieher begrüßen zu können. Schriftleitung der „Weißeritz-Zeitung".