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WcheritzMung ÄMitW us Ailzngtt ßr MMM, Aimitkbtrl, 11.1l. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt" und täglicher Unterhaltungsbeilage. Mr die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Nr. 185 Mittwoch den 12. August 1814 abends 80. Jahrgang — . ——- -» - .— Inserate werden mit 15 Pf., solche aus unserer Amtshauptmannschaft mit 12Pf. die Spaltzeile oder deren Naum berech net. Bekcmnrmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pf. — Tabellarische undkomplizierteJnserate mit entsprechendem Aus schlag.— Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pf. Die «Welherltz - Zeitung" erscheint täglich mit Aus nahme der Sonn- und Feiertage und wird am Spätnachmittag ausge geben. Preis vierteljähr lich 1 M. 50 Pf., zwei- monatlich 1 Mark, eln- monatlich 50 Pf. Ein zelne Nummern 10 Pf. Alle Postanstalten,Post boten, sowie unsere Aus träger nehmen Bestel lungen an. Bekmmtmlichnng. Wie bekannt geworden ist, hat man die Verordnung sämtlicher Ministerien vom 3. d. M., die Beteiligung staatlicher Beamter und Bediensteter bei den Erntearbeiten betreffend, an manchen Stellen so aufgefaßt', als ob darin eine Empfehlung einer vor zugsweise« Beschäftigung staatlicher Beamter und Bediensteter (vor arbeitslosen Industrie arbeitern) liegen solle. Selbstverständlich ist dies ganz irrtümlich. Die Sächsischen Ministerien haben mit dieser Verordnung lediglich bewirken wollen, bah der reiche an- stehende Erntesegen sofort unter Benutzung der gegenwänigen günstigen Witterung geborgen werden könne. Es ist selbstverständlich ihre Absicht, daß in erster Linie arbeitslose Arbeiter als Erntehelfer gewonnen werden, um diesen gleichzeitig einen Verdienst zu verschaffen, und datz nur da, wo es an einem Angebot solcher fehlen sollte, staatliche Beamte und Bedienstete, die sich freiwillig erbieten, als Helfer bei der Erntearbeit eingestellt werden sollen. Dresden, am 8. August 1914. Sämtliche Ministerien. Bctmmtmachmig. Das Meldeamt wird am 13. August 1914 aufgehoben. Alle Meldungen sind von jetzt ab an das Bezirkskommando Pirna zu senden. Königliches Meldeamt Dippoldiswalde. Finnland wartet. Vom Standpunkt der Kultur und des Fortschritts aus gesprochen, hat der Zarismus eine Niederlage in Europa dringend nötig. Die intelligenten Kreise in Rußland selbst, das ist nicht zu viel gesagt, wünschen diese Nieder lage, und sehen in ihr idle einzige Möglichkeit, über die reaktionäre Erotzsürstenklique hinweg zu sozial gesunden Verhältnissen für da» russische Volk zu kommen. Unter denen, die so auf die Niederlage des Zarismus hoffen, steht Finnland in vorderster Reihe. Sobald es unserer deutschen Flotte gelänge, die Küste von Finnland in ihre Hand zu bekommen, wäre die Bahn zu den über- raschendsten Ereignissen gebrochen. Finnland wartet auf den deutschen Sieg. Von Seiten des Zarismus hat es seit einem Menschenalter nichts erfahren als Unterdrückung, Wortbruch und Schädigung seiner gesamten Kultur. Mit Gefängnis, Strang und Kugel, mit der Verschickung nach Sibirien ist gegen die Träger des finnischen Volksver trauens vorgegangen worden. Wenn der jetzige Zar irgendwo gehaßt wird, dann in Finnland Zwar setzte der Reaktionskurs gegen Finnlund schon einige Jahre vor der Thronbesteigung Nikolaus des Zweiten ein. Aber seine niederträchtigsten Heldentaten hat er doch erst unter diesem „Fliedenszar" verrichtet. Da wurde allen Ver- sprechungen und versiegelten Verträgen zum Hohn die finnische Verfassung mit Füßen getreten. Nachdem das Spezialkomitee für Finnland in Petersburg aufgehoben war, erging der kaiserliche Ukas, daß die finnischen Re- kruten in russische Regimenter verteilt werden sollten. Der finnische Landtag lehnte das ab. Da folgte der zweite Ukas des Zaren, daß in allen Fragen, die Ruß land und Finnland zugleich angingen, der Zar allein zu entscheiden habe. Eine Riesenpetition mit über 500000 Unterschriften suchte diesen Schritt des Zaren, der im Grunde nicht weniger als die völlige Entwertung des finnischen Landtages bedeutete, rückgängig zu machen. Der Zar sand sich aber überhaupt nicht bewogen, eine solche Petition auch nur anzunehmen. Die russische Sprache sollte überall mit Gewalt an stelle der finnischen und schwedischen eingeführ» werden. Russische Schulen wurden errichtet, russische Beamte überall hingestellt, selbst für den finnischen Senat die russische Sprache vorgc- schrieben. Alle Erregung gegen diese rücksichtslose Ver nichtung der finnischen Kultur war bekanntlich schon nach der Proklamation des Deneralgouverneurs von Hey den eine „Verirrung" und der Wille des Zaren wurde der finnischen Bevölkerung als „einzige Richtschnur" gegeben. Die Bekehrungen zur griechisch-orthodoxen Kirche wurden mit allen Mitteln gefördert, der lutherischen Geist lichkeit das Leben ebenso nach Kräften sauer gemacht. Nun wartet Finnland aus Deutschland! Es ist durch seine ganze Kultur mit Deutschland schon seit lange eng verbunden. Der Abstammung nach ist das sinnische Volk mit den Magyaren verwandt. Die Geschichte hat cs dann Jahrhunderte lang in nahe Beziehung zu Schweden ge bracht, und so kam es in den Bannkreis der germanischen Kultur. Der Kreuzzug König Erichs von Schweren 1157 brachte den Finnen das Christentum. Bischof Heinrich von Upsala wurde der Apostel der Finnen. Dann blühte das christliche Finnland mit Schweden auf. Der erste Versuch der Russen unter Iwan Wasiljewitsch I. im Jahre 1495 Finnland zu erobern, scheiterte. So konnte unter der Regierung des Hauses Wasa auch in Finnland die Reformation einziehen. Der erste protestantische Bischof von Abo, Martjn Skytte, schickte selbst begabte junge Männer nach Wittenberg, damit sie dort persönlich die deutsche Reformation kennen lernen sollten. Unter ihnen war der eigentliche Reformator Finnlands, Michael Agrikola, der auch die Bibel in die sinnische Sprache übersetzte. Eine schwedische Uebersetzung schloß sich später an. Da- Luther tum hat heute noch die Herrschaft in Finnland. Unter den 2 933 856 Einwohnern sind heule noch 2879 165 Lutheraner. Mit allen ihren Gewaltmitteln hat es die griechische Orthodoxie noch nicht auf 50000 Anhänger gebracht. Und jene beinahe drei Millionen sinnische Lutherianer warten auf das Volk Luthers! Erfolgreich waren die Vorstöße des Russentums erst unter Peter dem Großen. Dann gab Napoleon der Erste im Frieden von Tilsit Finnland an Alexander den Ersten preis. Dieser zwang den finnischen Landtag 1809 zur Huldigung, wobei er aber versprach, des Landes Religion und Grundgesetze, sowie die Privilegien und Gerechtsame, welche ein jeder Stand im genannten Großsürstentum be sonders und alle Einwohner desselben im allgemeinen, so höhere wie niedere, bis jetzt der Konstitution gemäß ge nossen haben, alle diese Vorrechte und Verfassungen fest und unverrückt in ihrer vollen Kraft aufrecht zu erhalten. Der Vertrag wurde auch gehalten, bis unter Alexander dem Dritten die panslawistische Bewegung einsetzte. Unter den drei Alexander« konnte Finnland seine Kultur frei entfalten. In engster Beziehung zu den Strömungen in Deutschland hat es die Aufklärung, den Pietismus, den Sozialismus bei sich aussprossen gesehen. Die frühere Trunksucht des Volkes wurde durch eine sehr energische Gesetzgebung gegen den Alkohol bekämpft. Die Frauen bekamen in Finnland bekanntlich auch bereits das! Wahl recht. Es ist ein wackeres Volk, in einem kalten, aber gesunden Klima, in einem schönen und auch reichen Lande. Getreide und Fischfang, Bergwerke, Weidpflege und Viehzucht sind die Grundlagen seines Wohlstandes. Der hat den Neid der Russen erweckt, und für die geistige Kultur Finnlands hat die russische Orthodoxie natürlich kein Verständnis. Daher das Bestreben, Finnland rücksichtslos für russische Zwecke auszubeuten und alle Bande zu zer schneiden, die es noch mit der germanischen Kultur, mit Schweden uuo Deutschland, verbinden. Aller tapfere Kampf des kleinen Volkes gegen den Zarismus war umsonst. Alle blutigen und unblutigen Opfer konnten es vor der panslawistischen Willkür nicht retten. Und nun wartet Finnland auf die große Schicksals, stunde der Weltgeschichte, die eben anbricht! Sie, wenn überhaupt eine, muß die Wendung bringen, so wartet Finnland auf Deutschland! Lokales und Sachfisches. Dippoldiswalde. In einer am Dienstag abend abgehaltenen Sitzung beriet der Vorstand der hiesigen allgemeinen Ortskrankenkasse über das Gesetz zur Sicherung der Kassenleistungen während des Krieges. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften wurde beschlossen, die Kassenleistungen aus die Negelleistungen zu beschränken, das Versicherungsamt jedoch um Genehmigung zu ersuchen, Familienunterstützung weiter gewähren, wie auch die Bei träge wie bisher nach 4v/o, statt 41/20/0 wie oben ange führtes Gesetz vorschreibt, einheben zu dürfen. Der Vor stand hofft, so den an die Kasse gestellten Anforderungen genügen zu können, ohne den Mitgliedern besondere Opfer aufzuerlegen, spricht aber die Erwartung aus, daß die Mitglieder ärztliche Behandlung und alle anderen Kassen- Instungen nur in notwendigen Fällen in Anspruch neh- men, da sonst auch die Familienunterstützung eingestellt und die Beiträge nach 41/2 0/0 erhoben werden müßten. — Wie weit die Einwirkungen des Krieges auch aus die Friedcnsarbelt-n gehen, spürt recht deutlich unsere städtische Bauverwaltung. So mußten die Arbeiten an der Nabenauer Straße eingestellt werden, weil es nicht möglich, Pflastersteine für das Gerinne und Bordsteine heranznbekommen. Letztere waren bereits aus der Abgangs- station in einem Eisenbahnwagen verladen, mußten laber wieder ousgeladen werden, weil eben anderes nötiger war. Ebenso kamen keine Wasserleitungsrohre heran, sodaß auch vorgesehene Arbeiten dieser Art nicht aurgeführt werden können. — Morgen Donnerstag nachmittags von 2 Uhr an soll aus der Superintendentur sür das Rote Kreuz ge näht werden. Helferinnen sind herzlich willkommen. — Gleichzeitig weisen wir noch einmal auf die heute Mittwoch abend stattsindende Kriegrbetstunde hin. — Landwirte, sorgt dafür, daß auch der letzte Halm vom Felde in gutem und haltbarem Zustande hereinge bracht wird! Unsere Ernte ist ein wichtiger Teil unserer Kriegsrüstung. Jedes Korn wird gebraucht! — Land wirtschaftlicher Dienst ist Kriegsdienst, dem sich keiner ent ziehen darf. — Vernachlässigt die rechtzeitige Bearbeitung und Bestellung der Felder nicht, auch hiervon hängt die Sicherheit des Vaterlandes ab. — Abmeldung der Einberufenen bei der Kranken kasse. Die Arbeitgeber haben die bisher bei ihnen beschäftigten, zum Heererdienst einberufenen Personen binnen drei Tagen nach Austritt aus der Beschästigung bei der zuständigen Krankenkasse abzumelden. Nach § 397 der Reichsversicherungsordnung sind andernfalls die Beiträge bis zur ordnungsmäßigen Abmeldung fortzuzahlen. — Mit dem Einsetzen der Kriegshandlung wird natürlich im ganzen Volke der dringende Wunsch laut, stets schleunige Kenntnis von unsern Verlusten zu erhalten. Dieser Wunsch ist durchaus begreiflich und es wird ihm in offenster und weitgehendster Weise Rechnung getragen werden. Jeder, der mit militärischen Verhältnissen ver traut ist, wird es aber auch verstehen, daß cs gewisser Zeit bedarf, bis nach einem Gefecht die Zahl der Ver wundeten übersehen werden kann. Es ist sogar für die am Kampf beteiligten Regimenter unmöglich, unmittelbar nach dem Kampfe, bevor die von der Truppe Abgekommenen sich wieder eingefunden haben, ein einigermaßen zuver- lässiges Bild zu geben. Es ist Vorsorge getroffen dahin, daß die Truppen durch die Militärbehörde in der Heimat die Angehörigen so schnell wie möglich benachrichtigen) außerdem werden regimentcrweise zusammengestellte Ver- lustlisten veröffentlicht werden. Die Heeresleitung rechnet auch hier auf das Vertrauen des tapferen und zu jedem Opfer bereiten Volkes, in welchem sie die festeste Stütze findet bei dem uns aufgezwungenen schweren Kampfe. — Durst ist das Quälendste sür den Soldaten, namentlich, wenn er tüchtig marschieren soll. Da sei daran erinnert, daß gebackene Pflaumen ein sehr gutes Mittel sind, um eingetretenen Durst zu löschen und zu erquicken, denn die Fruchtsäure regt zur Speichelentwickelung an. Natürlich dürfen die Backpflaumen, wenn sie durstlöschend wirken sollen, nicht schnell gekaut und verschluckt werden, sondern müssen gleich Bonbons mehr ausgesaugt, gelutscht werden. Wer künftig seinen Angehörigen oder Bekannten ein Packet ins Feld schickt, vergesse nicht, ein Quantum gute Back- pflaumen beizulegen. Diese werden dem Lmpiänger, wenn er sie nur beim Auftreten von Dürft genießt, gute Dienste leisten. — lieber Saatenstand und Ernteschätzung im Königreich Sachsen ist nach den Mitteilungen des König lichen Statistischen Landeramtes zu berichten: Wie nicht anders zu erwarten war, sind infolge der eingelretenen Mobilmachung die Lrntebeiichte nicht so zahlreich ein gelaufen, wie unter normalen Verhältnissen; sie genügen aber doch, um einen Ucbcrblick über den Stand der Saaten zu gewinnen. Im allgemeinen hat die trockene Witterung und besonders die tropische Hitze in der ersten Hälfte des Berichtsmonats das Getreide zum Teil sehr schnell zur Reife gebracht, sodaß ein großer Teil des Roggens schon in vielen Bezirken geschnitten ist. Die häusigen Nieder schläge in den letzten Wochen haben allerdings das Ein bringen des abgemähten Roggens sehr erschwert, dazu