Volltext Seite (XML)
80. Jahrgang m.. Dienstag den 7. Juli 1914 abends Nr 184 Inserate werden mit 15 Pf., solche aus unserer Amtshauptmannschast mit 12Pf. dis Spaltkeile 30 Pf. — Tabellarische undkomplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag.— Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pf. Die »Weiheritz. Zeitung erscheint täglich mit Aus nahme der Sonn- und Feiertage und wird am Spätnachmittag ausae- Mcheritz-Mlmg TaMitiU mH AUW str DiDMiDcke, Ameheberg u. 1l. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten llnterhaltungsblatt" und täglicher Unterhaltungsbeilage. Mr die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird kein^ übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne m Dippoldiswalde. oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der er! um Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. lich 1 M. 50 Pf., zwei- monatlich 1 Mark/ein monatlich 50 Pf. Ein- zelne Nummern 10 Pf. AllePostanstalten,Post boten, sowie unsere Aus träger nehmen Bestel lungen an. dem Gedächtnis sich die Versammlung von den Plätzen erhob. Auch dankte der Herr Vorsitzende den Herren Vortragenden, den Sängern, sowie Herrn Schuldirektor Ebert und seinen Lehrern für die von denselben mit gütiger Unterstützung der Buchhandlung Karl Adler, Dresden, Marienstratze, veranstaltete Ausstellung, die als Grundzug die Heimat Dippoldiswalde und Umgegend ver anschaulichen sollte. Als ältestes Gewerbe hatte Schmidts Töpferet die Entstehung eines „Töppels" vom Lehmklumpen auf der Drehscheibe an bis zur Vollendung ausgestellt. Dann stellten lebende Wasser., Sumpf- und Moorpflanzen in Gläsern den Teich und seine Umgebung dar. Höchst anschaulich und instruktiv wirkten zwei Sandkästen mit Höhen- und Talbildung und Entstehung einer wirklich fliehenden Quelle. Photographien von Pflanzen waren auf Glas übertragen für Lichtbilder. Bilder, mit Ge nehmigung des Ministeriums von der Firma Dyckerhosf L Widmann zur Verfügung gestellt, zeigten die Entstehung der Talsperre. Dazu war die Ausstellung vervollständigt durch geographische und naturgeschichtliche Anschauungs bilder von der obenerwähnten Firma. Die ganze Aus- stellung, eine fleihige und mühevolle Arbeit der Dlppoldis- walder Lehrerschaft fand eingehende Besichtigung und lobende Anerkennung. An die mit Choralgesang beendigte Konferenz schloh sich die von >50 Damen und Herren besetzte Festtafel an, bei der Herr Bezirksschulinspektor Kuhne das Hoch aus Seine Majestät den König aus brachte, an das sich noch mehrere, ernste und humoristische Trinksprüche reiheten. Auch drei Tafellieder trugen zur Erheiterung wesentlich bu. Die Tafelmusik durch die Stadt kapelle war von der Stadt freundlichst gestellt worden. Der dritte Teil des Tages, der vergnügliche, wurde teils beim Kaffee im Garten, teils im Saale seitens der Possen- darf Kreischaer Konferenz und Herrn Kantor Nitzsche- Lauenstein durch Gesangsvorträge ausgefüllt. In den Zwischenzeiten durfte sich die Jugend ein Tänzchen gönnen. — Zum Konkurse der Aktiengesellschaft Mann und Willkomm, der ja auch im Konkurse unserer Vereinsbank eine Rolle spielt, und deren Zusammenbruch seinerzeit wegen der Defraudationen des Aussichtsratsvorsitzenden G Willkomm großes Aussehen erregte, wird dem Dresdner Journal geschrieben: „Bisher ist eine Abschlagsverteilung von 5»/o vorgenommen worden. Die Schlußquote dürfte voraussichtlich ebenfalls 5«/g betragen, fodah im ganzen etwa lO v/n zur Verteilung gelangen würden. Ein ge naues Bild, wie hoch sich die Aktiven und Passiven be laufen, läht sich zurzeit noch nicht feststellen, du noch ver schiedene Posten streitig sind und erst im Prozeßweg zur Entscheidung gebracht werden müssen. Die gesamten Pasiiven betragen, soweit es sich bis jetzt übersehen läßt, über 400000 M., wobei das gesamte Aktienkapital von l Mill. M. als verloren anzusehen ist. Was die letzte, im Mai 19! 1 erschienene Bilanz der Mann L Willkomm- Aktiengesellschaft anbetrifst, so war diese sehr stark frisiert, denn es waren dort über >290000 M. Patentverkäufe eingestellt worden, die in Wahrheit niemals erfolgt waren. Da die Untersuchung gegen die früheren Direktoren der Gesellschaft, insbesondere gegen den Aufsichtsratsvorsitzen den Georg Willkomm, noch nicht abgeschlossen ist, verbietet cs sich von selbst, hierüber jetzt schon Näheres in die Oefsentlichkeit gelangen zu lassen. Die Untersuchung gegen Willkomm dürfte kaum vor Herbst dieses Jahres beendet sein Georg Willkomm befindet sich noch Immer in Unter suchungshaft, während Direktor Lösch noch flüchtig ist." — Der Kornblumentag in Sachsen erbrachte nach Abzug aller Unkosten 694 800 Mk. 6 Pf. Es lagen 163>O Gesuche vor, und es konnten insgesamt 69>6>0 Mk. verteilt werden. Kreischa. Unser Turnverein wird am kommenden Sonntag den 12. Juli im Etablissement Blasche sein Stiftungsfest in althergebrachter Weise durch ein öffent liches Schauturnen mit Konzert und anschlietzendem Ball begehen. Glashütte, 5. Juli. Gestern in der fünften Nach mittagsstunde entlud sich über unserer Stadt rin so heftiges Gewitter, wie es seit Jahren nicht beobachtet wurde. Dabei schlug der Blitz in das erste Stockwerk des an der Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Unsere Einquartierung hat uns am heutigen Dienstag vormittag wieder verlassen und wird nach Freiberg abrücken. — Die nächste Einquartierung, die uns in einigen Wochen bevorsteht, wird allerdings nicht nur einige Tage bei uns weilen. — Die Pslicht-Feuerwehr hielt gestern abend ihre zweite diesjährige Uebung ab, die in Geräte- und einer Angriffsübung bestand. — Die amtliche Hauptkonferenz der Lehrerschaft des Schulaufsichtsbezirks Dippoldiswalde, Montag, 6. Juli in der Rclchskrone, begann mit gemeinsamem Choralgesang und Gebet des Herrn Bezirksschulinspektor Kuhne, worauf derselbe die zahlreich anwesenden Ehrengäste, Lehrer und Lehrerinnen, insbesondere Herrn Oberschulrat vr. Prietzel- Dresden begrüßte. In den Mittelpunkt seiner nun folgenden gedankenreichen, Herz und Gemüt anregenden Ansprache stellte er das Motto von Storm: „Kein Mann gedeiht ohne Vaterland". Ausgehend von dem Sehnen und Streben seit >813 nach einer starken Zukunft Deutschlands, gab Redner wohl zu, daß der politische Sinn gewachsen ist, c ber viele Millionen wollen oder können die einzig artigen Erfolge Deutschlands, den wirtschaftlichen Aufschwung, die Gröhe seiner Weltstellung, den Reichtum seiner kultur- rellen Schätze nicht sehen, da ihnen der rechte staats bürgerliche Sinn sehlt. Leider findet der Deutsche zu schwer die rechte Stellung zum Staate. Anders der Engländer, der den Staat als die grohe, allumfassende Interessen gemeinschaft schätzt, die allein die Durchsetzung der funda mentalsten Lcbensinteressen ermöglicht und die eben darum volle geistig sittliche Anteilnahme, eindringendes Verstehen- wollcn, Einsetzen seiner ganzen geläuterten, weitblickenden Persönlichkeit für seine Ziele und Aufgaben auch in der schlichtesten Weise verlangt. Das Anbahnen und Schaffen dieses persönlichen Verhältnisses zum Staate, das ist staats bürgerliche Erziehung, eine hohe und ernste Aufgabe der gesamten Schularbeit. Lang anhaltender Beifall war gleichsam das Gelöbnis der Lehrerschaft, mit allen Kräften das ihrer Erziehungsarbeit gesteckte Ziel zu erstreben. — Der zweite Redner, Herr Amtsrichter vr. Berndt-Dippoldis- walde, hatte seinem Vorträge das Thema gestellt: „Die Stellung des Schulkindes im Rechtsleben". In allgemein verständlicher Weise und mit dem Frohsinn der Kinder entsprechendem Humor, seine Erläuterungen durch Beispiele illustrierend sprach Herr vr. Berndt über die Geschäfts-, Prozeß- und Gerichtsfähigkeit der Kinder, über Haftpflicht der Eltern und das Züchtigungsrecht der Eltern, Lehrer und Lehrherren, sowie über das abgeleitete Züchtigungs recht dritter Personen, desgleichen über die Strafbarkeit der Zwölf- bis Achtzehnjährigen, über Jugendgerichte und Strafaufschub. Lauter Beifall dankte dem Redner für seine interessanten Ausführungen, die gleichsam als Ergänzung der obenerwähnten Ansprache das Kind in da« gesetzliche Verhältnis zur Rechtspflege des Staates stellte. Als dritter nahm sich der Jugend an Herr Oberlehrer Kantor Helm-Possendorf, indem er in einem Vortrage „Jugendpflege und Schule" auf die oer- schiedenen sittlichen Gefahren hmwies, denen die Jugend heutzutage ausgesetzt ist, Mittel und Wege angab, wie innerhalb und außerhalb der Schule geholfen werden kann, z. B. durch Spiel und Turnen und Wandern, durch Schulsparkossen, Koch- und tzaushaltungrunterricht, durch Stärkung des VerantwortUchkeitsgefühls und der Gottes furcht, durch Beratung der Konfirmanden bei Wahl des Beruf« und dergl. Mit Stolz konnte Redner die Tat sache festsetzen, daß die Lehrerschaft sich freudig den Auf gaben der Jugendfürsorge hingibt. Ihnen gebühre aber auch In den betreffenden Ausschüssen eine leitende Stelle. Auch Herrn Oberlehrer Helm zollte die Versammlung zu stimmenden Beifall. Zwischen den Borträgen erfreuten die Mitglieder der Possendorf-Kreischaer Konferenz durch schön vorgrtragene erbauliche Motetten. Am Schluß des amtlichen Teil» der Konferenz gab Herr Bezirksschul inspektor Mitteilungen über den Besuch de» Armee-Museum» Dresden und der Bugra-Leipzig, gedachte der drei Der- storbcnen, Lehrer Haufe-Reichenau, Kirchschullehrer Berger- Schönfeld und Kantor Rentsch-Seisersdorf, zu deren ehren Das auf den Namen Anna Bertha Zinke-Sadisdorf lautend-Einlagebuch unserer Kasse Nr. >5 447 wird nach erfolgter Ausrufung hiermit für uneMir erklärt. Stadtrat Dippoldiswalde, den 2 Juli >914. Des Kaisers Hirtenbrief. Es war in den letzten Tagen davon die Rede, Kaiser Franz Josef wolle nach Beisetzung des erzherzoglichcn Paares eine Kundgebung an die Völker der Monarchie erlassen. Ob das Handschreiben an die Minister Graf Stürgkh, Graf Tisza und o. Bilinskk, welches jetzt oer- öffentlicht wird, gemeint war? Es ist jedenfalls anzu nehmen, daß eine Willenskundgebung an die Allgemein heit ungefähr denselben Ton festhalten wird, der in dem Handschreiben angeschlagen wurde. Der Ton eines ehrwürdigen Patriarchen, der alle seine Kinder mit gleicher und nimmer wankender Liebe umfaßt, und sei ihre Aufführung so unkindlich wie mög- lich. „Der Wahnwitz einer kleinen Schar Irregeleiteter vermag nicht an den Banden zu rütteln, die mich und meine Völker schließen." Also auch die Serben. Selbst für die „kleine Schar" wird es, soweit irgend tunlich, noch ein kaiserliches Verzeihen geben, sind sie doch „Wahn witzige", „Irregeleitete", keine verruchten Bösewichter. Der Ausdruck einer solchen vergebenden Liebe sechs Tage nach einem der ungeheuersten Frevel und angesichts seiner schwerstwiegenden Folgen für Kaiserhaus und Staat muß als ein unmittelbarer Ausfluß der persönlichen Art betrachtet werden, die ein 65 jähriges Herrscherleben dem alten Kaiser anerzogen hat. Daß eine solche Unerschütter lichkeit des Vertrauens und der Liebe zu den Menschen nur auf einem tief religiösen Grunde gedeihen kann, ist selbstverständlich. Aber auch unter dieser Voraussetzung war es nicht leicht. Die Habsburgischen Ahnen waren doch auch streng gläubige Christen, und wie ganz anders vergalten sie Bluttaten nach Art der von Serajewo! Die „strenge Agnes", Albrechts l. Tochter, rächte den Mord des Vaters an „der Mörder ganzem Stamme, an ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern, ja an den Steinen ihrer Schlösser selbst". Der milde Franz Joses will nichts davon wissen, das furchtbare Verbrechen sich Anlaß werden zu lassen zu einer Revision seiner Gesinnungen gegen die serbische Nation, zu einer Reaktion gegen die Politik der gleichen Pflege aller Stämme unter Oesterreichs Krone. So fühlt der alte Herr sich denn auch bloß in dem Vorsätze gestärkt, „aus dem als recht erkannten Wege bi» zum letzten Atemzuge auszuharren". Mit unerschütter lichem Optimismus entsagt er in dem gleichzeitigen Armee- und Flottenbefehl« auch jetzt nicht der Hoffnung auf eine gedeihliche Zukunft, hofft immer noch auf eine zuletzt doch' reifende süße Frucht seiner halbhundertjährigen Ver söhnungspolitik, auf eine vergeltende Liebe seiner Völker, deren „Unterpfand er al» kostbarstes Vermächtnis dereinst seinem Nachfolger hinterlassen" könne. Wir wollen hosfen, daß er sich nicht täusche. Vom menschlichen Standpunkt aus ist es ja auch etwas Schöne» und Großes um ein solch felsenfestes Vertrauen zum ur sprünglichen Guten der Menschenseele. Und auch der starke Glaube an den „als recht erkannten Weg" der eigenen Gebarung hat etwas Imponierendes. Wenn wir die vielen Zickzackgänge damit vergleichen, in denen ander wärts ähnliche Fragen behandelt sind, die Nervosität, mit der immer nach kaum Jahresfrist Resultate in die Scheuern eingebracht werden sollten, wo es sich um Entwickelung«- Prozesse handelte, die durch ganze Menschenalter gehen, dann mag zuweilen die Wage sich zu gunsten der Franz Josesschen Art neigen. Indessen findet sich in dem Armee- und Flottenbefehle doch ein Satz, in dem «in etwas anderer Unterton mit- klingt. E» wird da von der Ueberzeugung gesprochen, daß „in aller Bedrängni», von der wir heimgesucht werden mögen, die Monarchie in der todesmutigen Hin- gebung der Wehrmacht ihren sicheren Hort sinden wird". Also doch rin Hinweis auf da» „letzte Ueberzeugungs- mittel der Könige!" Aber eine ernste Drohung mit dem Aeußersten ist das doch nicht; und wenn zumal der offi ziöse Pester Lloyd ausdrücklich schreiben darf, „Oesterreich wolle keinen Krieg mit Serbien", so wird man in Belgrad die leise Mahnung de» Armeebefehl« wohl zu dem übrigen legen und, zufrieden von dem Alb des Franz- ferdinandismus befreit zu sein, sich nicht weiter in seiner Wühlarbeit jenseits von Drina und Save beirren lassen. In Brand-Erbisdorf (Amtshauptmannschast Freiberg) ist die Maul- und Klauen seuche ausgebrochen. Dresden, am 6. Juli >9'4. Ministerium des Innern.