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78. Jahrgang. Dienstag, den 24. August 1909. Nr. 97. Amtsblatt für die Königliche AmishauPtmannschnst, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mtt achtfettigem „Illustrierten Anterhattungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Irhnr in Dippoldiswalde. IHerih-MllNg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserat« werden mtt H Pfg., solche aus unserer Amtshauptmaimschaft mit 12 Pfg. die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei» gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. Dd. .««ißerlt-Zettung' «scheint wöchentlich drel- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denAbendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. SK Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan- galten, Postboten, sowie «nsereAusträgernehmen Bestellungen an. Auf Blatt 55 des Handelsregisters die Firma Pappenfabrtt und Asbestwerk Dippoldiswalde, vormals Earl Geisler, Gesellschaft mtt beschrankter Haftung, in Dippoldiswalde betreffend, ist heute eingetragen worden: Der Gesellschaftsvertrag ist durch Beschluß der Gesellschafter vom 18. August 1909 laut Notariatsprotokolls von diesem Tage in den 88 8 und 10 abgeändert worden. Dippoldiswalde, den 21. August 1909. Das Königliche Amtsgericht. Holzversteigerung. Frauenfteiner Staatsforstrevier. Franke scher Gasthof in Frauenstein. 28. August 1909, vorm. 9 Ahr: 94 rm w. gesp. u. ungesp. Brennscheite, 500 rm h. u. w. Brennknüppel, 9 rm h. u. w. Zacken, 731 rm w. Äste, 920 rm ungeschn. Schlagreisig in Abt. I u. 23. 3V. August 1909, vorm. 9 Ahr: 20 w. Stämme, 24555 w. Klötzer 7/15 cm, 1586 w. Klötzer 16/36 cm, 1065 w. Derb- u. 1680 w. Reisstangen, 4 rm w. ungesp. Nutzscheite. Kahlschlag Abt. 5L. Durchforstungs- u. Einzelhölzer: Abt. 1—62. König!. Forstrevierverwaltung und König!. Forstrentamt Frauenstein. Europa und -er Orient. Der große Reichskanzler Fürst Bismarck hat einma im Bezug auf die Streitfragen im Orient die Worte ge sprochen, daß die orientalischen Streitigkeiten für Deutsch land nicht die gesunden Knochen eines pommerschen Grenadieres zu riskieren wert seien. Dieser berühmte Aus spruch hat aber leider in der Praxis nicht Recht behalten, denn bei fast jeder orientalischen Streitfrage sieht sich Deutschland, wenn auch oft gegen seinen Willen, mit in die Affäre gezogen, und es ist wahrscheinlich, daß es den meisten anderen europäischen Mächten ebenso ergeht Die Zeiten sind ja auch vorbei, wo man in Europa fürchtete, daß Rußland oder Ei gland oder Oesterreich sich auf der Balkanhalbinsel festsetzen und Konstantinovel oder Saloniki in den Sack stecken würden. Es ist jetzt in Europa all gemein die politische Errungenschaft zur Geltung gekommen, daß die orientalischen Interessen und Streitfragen im Sinne der Ruhe Europas und des Fortschrittes der Kultur ihre Lösung finden müssen. Dieser wertvollen Erkenntnis fehlt aber leider die praktische Folge, das heißt, die Großmächte haben die streitenden Parteien im Orient noch nicht ge zwungen, endlich ihre Interessen einmal auszugleichen und dann Ruhe zu halten. So ist es gekommen, daß seit fast hundert Jahren Europa immer und immer wieder politisch unter dem Banne der Unruhen im Orient steht, und das ist gerade heraus gesagt, ein ungeheurer politischer Skandal. Minderwertige Völkerschaften, Abenteurer, Räuber, Vaga bunden, Fanatiker und Ausrührer zetteln unter dem Ein flüsse ehrgeiziger Parteiführer oder Bandensührer fast jeden Monat in irgendeiner Gegend des Orients Unruhen an, und sofort müssen die Großmächte sich bemühen, den Ausbruch eines größeren Kriegsbrandes verhüten zu helfen. Aber nicht nur diese von zweifelhaften und minderwertigen Menschen angezettclten Unruhep zerren die orientalischen Streitigkeiten immer wieder an die politische Oberfläche, sondern es bestehen in einzelnen türkischen Gebietsteilen auch noch solche schweren Gegensätze und ungerechten und unvernünftigen Zustände, daß daraus immer wieder Streit entstehen muß. Einen solchen Gegensatz zeigt der ewige Zank und Streit wegen Kreta jetzt schon wieder der ganzen Welt in schlimmster Weise, und die Großmächte haben alle Mühe, wegen der Insel den Ausbruch eines Krieges zwischen Griechenland und der Türkei zu ver hindern. Da nun aber auf der Insel Kreta nur verhält nismäßig wenig Türken wohnen, Und die Hauptbevölke rung dieser Insel offenbar dem griechischen Volke stamm- verwandt ist, und griechisch werden will, so kann man absolut nicht recht begreifen, weshalb die Großmächte der kretischen Frage nicht dadurch ein Ende machen, daß sie die Türkei zur Abtretung Kretas an Griechenland zwingen. Der Türkei sind doch in den letzten Jahrzehnten schon ganz andere Dinge zugemutet worden, um die Gegensätze der Völker im Orient auszugleichen. Frisch und fröhlich hat seinerzeit die Türkei die wertvolle Insel Cypern an England abgetreten, und Ostrumelien ist die Türkei eigent lich so unter Hand an Bulgarien los geworden! Was macht man denn da mit der gar nicht so wertvollen Insel Kreta soviel Aufhebens! Allerhand Schutzpslaster legen die Großmächte fortwährend zur Beschwichtigung der kretischen Frage auf, aber dadurch wird die ganze Ange legenheit niemals wirklich geregelt, und nach üblichen Be schwichtigungen auf Kreta folgen immer wieder die üb lichen Aufstände Da die Großmächte schon seit Jahr zehnten in der orientalischen Politik das richtige Ziel ver folgen, die von den Türken unterjochten Christen allmäh lich zu befreien, so liegt auch in dein Verhalten der Groß mächte gegenüber den Kretern eine Inkonsequenz, denn die Kreter können sagen: Warum werden wir nicht wie die Griechen oder die Serben oder die Bulgaren vom türkischen Joche befreit? Wir halten deshalb auch den Ausbruch eines Krieges zwischen der Türkei und Griechen- land wegen Kreta für unwahrscheinlich, denn die Groß mächte müssen sich aus moralischen Gründen auf die Seite Griechenlands stellen. Die Jungtürken sollten aber selbst in der kretischen Frage nachgeben und sich mit Griechen land über die Abtretung der Insel Kreta verständigen, denn die kretische Frage kostet selbst den Türken auf die Dauer viel mehr Soldaten, und Geld, als die ganze Insel, die nur etwa 300000 Einwohner hat, wert ist. Lokales und Sächsisches. .Dippoldiswalde. Die abnorme Witterung dieses Jahres hat es mit sich gebracht, daß auch noch jetzt, wie schon bereits vor einigen Wochen, einzelne Aepfelbäume erneut Blüten treiben und solche neben schön entwickelten Früchten tragen. — Schon seit Jahren ist es ein Wunsch der Lehrer schaft unserer Stadtschule, für festliche Veranstaltungen (auch Turnreigen usw.) ein Klavier zur Verfügung zu haben. Mangels verfügbarer Mittel blieb es bei dem Wunsche. In seiner letzten Sitzung hat aber nun der Schulausschuß seine Einwilligung dazu gegeben, daß bei einer von der Schule zu veranstaltenden Weihnachts- ausführung Eintrittsgeld erhoben und dadurch ein Fonds für obigen Zweck geschaffen wird. Inspektionen« Geneh migung vorausgesetzt, dürste die Aufführung Anfang De zember stattfinden. (Uebrigens: D^e Begründung und Stärkung eines Fonds zur Beschaffung eines Klaviers für die Stadtschule wäre vielleicht auch für bemittelte Freunde derselben und für Kinderfreunde überhaupt eine Gelegen heit zur praktischen Betätigung bei irgendwelchen Veran lassungen. Bringt doch das Leben jedes Menschen Stunden, die zum Wohltun ganz besonders auffordern.) — In der Nacht vom 20. zum 21. August ist aus dem hiesigen Gerichtsgefängnis der Untersuchungsgefangene Paul Richard Hübsch ausgebrochen. Nicht lange befand sich derselbe in der goldenen Freiheit, denn schon am 22. August nachmittags ist er in der Scheune bei seinem Arbeitsgeber wieder sestgenommen und in das Gefängnis zurück gebracht worden. — Eine wirklich gut ausgeführte Anschauungstafel über den .Nonnenfalter" hat die Firma C. C. Meinhold L Söhne in Dresden herausgegeben. Ja verschiedenen Bildern zeigt die Tafel Männchen und Weibchen des Falters, die Eier, Raupen und Puppe. Die einzelnen Abbildungen sind auch in der Farbe sehr gut getroffen. Da der Nonnenfalter sich auch in hiesiger Gegend gezeigt hat und an die Ver nichtung desselben behufs Erhaltung der Waldbestände mit aller Energie gegangen werden muß, dürfte es sehr zweckmäßig sein, wenn das Bild allgemein in Schule und Hous bekannt würde. Dasselbe kostet 1,40 Mark aufge zogen und kann durch jede Buchhandlung bezogen werden, sowie auch gegen Einsendung von 1,80 Mark direkt vom Verlag L. C. Meinhold L Söhne, Dresden-A., Zinzen- dorf-Etraße 27. Ein Exemplar hängt im hiesigen Rat hause aus. — Prinz und Prinzessin Johann Georg haben das Sommerhoflager in Rehefeld aufgehoben und haben sich zunächst nach Dresden begeben. Am Abend des Frei tag begab sich die Prinzessin zu mehrwöchigem Besuche zu ihren Eltern nach St. Germain en Laye. Possendorf. Die anhaltend schönen Tage haben die Lrntearbeiten bisher rasch gefördert. Der Roggen ist bereits eingeerntet, zum Teil auch schon der Hafer. Bei Fort gang der schönen Witterung kann die diesjährige Getreide ernte in verhältnismäßig kurzer Zeit beendet sein. Infolge der großen Trockenheit ist Wassermangel eingetreten und daher beim Verbrauch des Wassers die größte Sparsam keit geboten. Sonntag, den 29. August findet im hiesigen Gasthof die 7. Warenverlosung des Wohltätigkeitsoereins .Sächsische Fechtschule", Verband Possendorf und Umg., tatt. Der Hauptgewinn besteht in einem Sofa im Werle von 75 Mark. Breitenau, 21. August. Auch den Wählern unserer Gemeinde hat sich der im 12. ländlichen Wahlkreise als Kandidat aufgestellte Herr Or. Böhme vorgestellt und in klarer, anschaulicher und überzeugender Weise stin Pro- t gramm entwickelt. Der ruhige, sachliche, volkstümliche Ton des Vortragenden gab der Versammlung einen vornehmen Anstrich. Unter den Zuhörern gab es nur eine Meinung: „Dieser, und kein anderer verdient unser Vertrauen, nur dieser erhält unsere Stimme!" Die öffentliche Aussprache gab Zeugnis, daß Herr vr. Böhme zu Herzen gesprochen hatte. Möchten am Wahltage alle Stiinmen der Kon servativen auf Herrn vr. Böhme fallen, damit keine kläg liche Stimmenzersplitterung erfolgt. Herr vr. Böhme kann nicht nur schön reden, sondern auch, dafür bürgt sein Charakter, schön handeln. Die Versammlung, welche mit einem Hoch auf Se. Majestät unsern König Friedrich August eröffnet wurde, schloß mit dem begeistert gesungenen Liede: „Deutschland über alles!" Dresden. Infolge der zunehmenden Verschuldung mancher Gemeinden in Sachsen hat das Ministerium des Innern den Amtshauptmannschaften und Gemeindebehörden eine Verordnung zugehen lassen, dir sich mit dem Anleihe wesen der Gemeinden beschäftigt. In diHr Verordnung wird allen Gemeinden in erster Linie ein Maßhalten in der Aufnahme von Anleihen empfohlen, da sie hierdurch oft in ihrer weiteren Entwickelung gehemmt werden und ihre Einnahmequellen zu sehr festlegen. Bei der Aufnahme von Anleihen habe sich ost herausgestellt, daß die hier durch entstehenden Ausgaben unproduktive seien. Deshalb wird den maßgebenden Organen und Aufsichtsbehörden nahegelegt, bei der Prüfung und Befürwortung der Aus nahme von Anleihen in sorgfältigste Erwägungen einzu treten. Bei der Genehmignng von Anleihen soll in erster Linie in Betracht gezogen werden, daß dieselben den Ge meinden auch Nutzen bringen und daß es sich um Aus gaben handelt, die tatsächlich notwendig sind. Hierher ge- hören in erster Linie Neubauten von Schulen und Straßen, die Anlegung von Ortsbeschleusungen, die Errichtung von Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerken, der Eintritt von Notständen usw. Anleihen sür unproduktive Ausgaben sollen nur ganz ausnahmsweise befürwortet werden. Vor allem sei es aber notwendig, daß die Gemeinden für eine rechtzeitige Ansammlung von Rücklagen besorgt sind. Bel der geplanten Errichtung von Lurusbauten soll die Ge nehmigung zur Aufnahme einer Anleihe in der Rege! versagt werden. Auch soll besonders darauf geachtet werden, daß die Tilgung einer Anleihe nicht drückend auf die Gemeinde wirkt. Die Tilgung muß jedory spätestens in 30 Jahren erfolgt sein. Das Ministerium des Innern empfiehlt besonders noch die Anlegung von Zweäoermögen, die Bildung von Reservefonds usw., wozu auch die Be- triebsüberschüsse verwendet werden sollen. — Die Einnahmen der sächsischen Staatseisen-' bahnen im Jahre 1908 sind hinter denen des Vorjahres zurückgeblieben, während die Ausgaben sich erhöht haben. Auch im laufenden Jahre werden die Einnahmen die Voranschläge nicht erreichen. Die Herbergsfrequenz ist immer ein sicherer Maßstab sür den Stand der wirtschaftlichen Geschäfllage. Leider gibt es noch keine Uebersichten über den gesamten deutschen Herbergsverkehr. Nur der Deutsche Herbergs- oerein gibt alljährlich über den Verkehr in seinen Her bergen „Zur Heimat" eine Statistik heraus. Aus der Uebersicht für 1908 ist zu ersehen, daß im Königreiche Sachsen 56 Herbergen „Zur Heimat" bestehen, in denen m Vorjahre 254513 selbstzahlende Herbergsgäste mtt 453392 Schlafnächten domizilierten. Das ist gegen das Jahr 1907 ein Mehr von 43512 Nächten. Mit den ächsischen Herbergen „Zur Heimat" waren 27 Verpflegs tationen verbunden, die außer dem reinen Herbergsver- ehr von 68845 Personen in Anspruch genommen wurden. Die Verpslegungskosten beliefen sich 1908 auf 33 464 M. gegen 19828 Mark tm Jahre 1907. Die Gesamtsumme der Nächte in den sächsischen Herbergen „Zur Heimat" beläuft sich also auf 520139, was durchschnittlich pro Tag 1423 heimatlose Wanderer ausmacht. Die Arbeitsnach weise der Herbergen in Sachsen brachten 9726 Personen