Volltext Seite (XML)
WeWtz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. 74. Jahrgang. Dienstag, den 25. August 1908 Nr. 97 Der Stadtrat. gulativs bestraft. Dippoldiswalde, am 2 l. August 1908. Die Erd-, Fels-, Mauer- und Pflasterarbeiten für die einstweilige Verlegung der Hainsberg-Kipsdorser Eisenbahn auf rund 500 m Länge an der Talsperren-Baustelle türkische Verfassung und das zu wählende türkische Parla ment werden also nicht imstande sein, die furchtbaren Gegensätze zu beschwören, welche schon seit Jahrzehnten den türkischen Staat erschüttern und zu zersprengen drohen. Das Türkentum hat eben weder an Zahl noch an Kultur die Kraft, einen Staat auf modernen Grundlagen aufzubauen, denn gegenüber dem Türkentume in der Türke steht eine Bevölkerung, die nicht türkisch ist und eine ganz andere Weltanschauung besitzt, aber inbezug auf die Kopf zahl viel stärker als die Türken ist, und diese Unterschied lichkeit muh jede parlamentarische Regierung ungemein er schweren. Die von den Jungtürken hervorgerufene Reform bewegung gleicht daher mehr dem Wagemute eines kühnen Schwimmers, der eine furchtbare Brandung im stürmischen Meere überwinden will, aber bei dem kühnen Versuche ertrinkt. Altenberg—Dresdner Strahe hier, in der Nähe des Fleischermeisters Thiele zu. Lin 7jähriger Knabe, Sohn des Eisenarbeiters Grumpelt von hier, wurde von einem aus Karlsbad kommenden Automobile überfahren. Der Tod trat sofort ein. Die Ortsbehörde nahm das Auto mobil in Verwahrung. Die Insassen waren aus Chicago, befanden sich auf einer Reise durch die Schweiz, Oester reich, Deutschland und waren der deutschen Sprache nicht mächtig, sodah sie sich nur mit Hilfe eines Dolmetschers verständigen konnten. Wie durch Augenzeugen versichert wurde und auch die hier noch selbigen Abend durch einen Vertreter des Dippoldiswalder König!. Amtsgerichts im Beisein des von Dresden hierher gerufenen amerikanischen Konsuls angestellten Untersuchungen ergaben, trifft die Reisenden, welche vorschriftsmäßig durch den Ort gefahren sind, in diesem Falle keine Schuld. Der Knabe hatte sich auf einen Langholzwagen gehängt, ist von diesem herab direkt dem Automobile entgegen gesprungen und so unter dasselbe gekommen. Der Chauffeur brachte zwar sein Fahr zeug sogleich zum Stehen, konnte aber das Unglück nicht mehr verhindern. Die Reisenden drückten tags darauf den beklagenswerten Eltern persönlich ihre Teilnahme aus und übergaben ihnen eine freiwillige Spende von 1200 Mk. — An alle Eltern ergeht die dringende Mahnung, ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt auf der Strotze sich tummeln zu lassen. Bei dem immermehr wachsenden Verkehr kann dieselbe unmöglich ein Spielplatz sein. Oberbärenburg. Ihre Kgl. Hoheiten Prinz und Prin- zessin Johann Georg unternahmen am Freitag nach mittag von Rehefeld aus einen Ausflug nach hier und nahmen im Berghotel „zur Friedrichshöhe" den Kaffee ein. Der Rückweg ging über Bärensels. Hänichen. Neuerdings haben sich die Massen, mit denen der verlassene Beckerschacht ausgesüllt war, um etwa 30 Meter gesenkt und ist man gegenwärtig beschäftigt, das entstandene Loch wieder zu oerfüllen. Dresden. König Friedrich August wird auf eine Einladung des Kaisers hin den Paraden bei Metz und Stratzburg beiwohnen und sich dann von Etratzburg aus zu einem Jagdaufenthalt nach Tarvis begeben. Dresden. Ueber die Dauer der Nachsession des säch sischen Landtages bestehen, wie man den „Leipz. N. Nachr." aus Dresden schreibt, verschiedenerlei Lesarten, die jedoch ohne Beweise bleiben. Die erste Sitzung der Zweiten Kammer in der Nachsession — die 129. öffentliche Sitzung der Gesamttagung — ist auf Mittwcch, den 28. Oktober, vormittags 11 Uhr, angesetzt worden. Die Tagesordnung sür die Sitzung liegt auch bereits vor. Die noch aus stehenden Arbeiten sollen von den längere Zeit vor dem Landtage zusammentretenden Deputationen so vorbereitet werden, datz ihre Verabschiedung im Plenum ohne Ver- zögern erfolgen kann. Es ist nach zuverlässigen Infor mationen des Blattes der feste Wille der Regierung, datz der Landtag keinesfalls über das Neujahr hinaus tagen soll, vielmehr noch vor dem Weihnachtsfeste — voraus sichtlich am Freitag, den 18. Dezember — zu schließen ist. — Auch im Königreiche Sachsen sind neuerdings Krankenkassen dazu üdergegangen, gewisse häufig ge brauchte Heilmittel im ganzen zu beziehen und im einzelnen nach Bedarf an die erkrankten Kassenmitglieder abzugeben. Nach einer Verordnung des Ministeriums des Innern vermag letzteres dies nicht zu billigen. Abgesehen von den Rücksichten auf die Apotheker geführte dieses Ver- fahren auch die Interessen der Kassenmitglieder. Denn bei den Verwaltungen der Krankenkassen können die Kennt nisse, Erfahrungen und die Uebung nicht vorausgesetzt werden, die dazu erforderlich seien, um die Heilmittel beim kinkaufe auf die vorschriftsmäßige Beschaffenheit zu prüfen, ie ihrer Eigenart entsprechend aufzubewahren und mangel- saft gewordene rechtzeitig von der Verwendung auszu- schlietzen. Auch sonst böten die Kassenverwaltungen natur- Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Hauptkonferenz der Ephorie Dippoldiswalde wird am Donnerstag, 47. September, vor mittags l/411 Uhr, im Saale des Hotels Stadt Dresden hier abgehalten werden. Den Hauptvortrag wird Herr Pfarrer Ehrlich-Frauenstein über „das moderne Christus- bild" halten. — Theater. Etwas Ungewohntes und Seltenes, eine Arbeit des vielgenannten und nicht immer verstandenen nordischen Dichters Ibsen, wurde am Freitag als Benefiz für Fritz Klötzel einem aufmerksamen und dankbaren Pub likum geboten, und zwar das Drama „Gespenster" mit seinen weitab vom Alltäglichen liegenden tiefen Gedanken und seinem geradezu furchtbar ergreifenden Schluß. Alle Darsteller zeigten sich den außerordentlichen Anforderungen, die diese Ausführung an sie stellte, gewachsen, was ins besondere von Fritz Klötzel als Oswald Alwing und Lona Fels als Frau Alwing gilt. Einen Pastor Manders will man allerdings auch dann deutlich verstehen, wenn er mit einem hübschen Vollbart gesegnet ist. Der lobenswerten Aufführung wäre ein ausverkauftes Haus zu wünschen gewesen. Das wirklich gute Zwischenakts-Konzert der Stadtkapelle hätte in seiner letzten Nummer größere Ruhe und Aufmerksamkeit des Publikums verdient — doch, das ist ja ein altes Lied! — In der Nacht vom 22. zum 23. August ist in hie siger Stadt ein Einbruchsdiebstahl ausgeführt worden. Der Täter hat in einer Parterrewohnung die Fenster- jalusie durchschnitten und ist durch das Fenster eingestiegen. Er hat es nur auf Wertsachen abgesehen gehabt, denn die anderen Gegenstände hat er unberührt gelassen. Außer einer goldenen Damenuhr mit Kette hat der Täter noch verschiedene andere Gold- und Silberwaren, darunter Arm bänder, Broschen, Ringe und ein Besteck, mitgenommen. Da vom Täter noch jede Spur fehlt, ist für Ermiitelung desselben, sowie zur Herbeischasfung der gestohlenen Sachen eine Belohnung ausgesetzt worden. — In den letzten Tagen sind recht viel Klagen über stattgefundene Obstdiebstähle laut geworden. Es ist viel- leicht manchen noch unbekannt, daß, wer bei einem solchen Diebstahl betroffen wird, als geringste Strafe zwei Tage Gefängnis zu gewärtigen hat. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder l auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade, Aug. 1908: vereinigte Weißeritz: beob. 14, norm. 22, Abwchg. —8; wilde Weißeritz: beob. 18, norm. 26, Abwchg. —8; rote Weißeritz: beob. 17, norm. 26, Abwchg. —9; Müglitz: beob. 16, norm. 25, Abwchg. —9. — Die feierliche Einweisung des neugewählten Pfarrers für Lonradsdorf, des Herrn Pfarrers Karl Theodor Schindler in Hermsdorf (Erzgeb ), findet am 6. Sep- ember d. I. früh 9 Uhr statt. Schmiedeberg. Ein recht bedauerlicher Unglücksfall trug sich am Sonnabend abend in der 7. Stunde auf der bei Malter sollen unter Vorbehalt der Auswahl unter den Bewerbern und der Zurück- Weisung sämtlicher Angebote verdungen werden. Preislisten sind für 60 Pfg. hier zu entnehmen, oder sie werden unter Nachnahme von 60 Pfg. und des Portos zugesandt. Bei Einreichung eines Angebotes wird dieser Betrag unter Portoabzug erstattet. Die Bauzeichnungen und Ausführungsbedingungen können hier eingesehen werden. Die Angebote sind bis 9. September dieses Jahres vormittags 11 Uhr mit der Aufschrift „Eisenbahnverlegung an der Talsperrenbaustelle Malter" versiegelt und postfrei hier einzureichen. Zur genannten Stunde erfolgt im Baubureau die Eröffnung der An- geböte. Die Bewerber bleiben bis 30. Oktober dieses Jahres an ihre Angebote gebunden. Lönlell«d»8 Islspsrrvn »LudurvLN »Lltsr bei Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jelrnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Hausnummern vetr. Sämtliche Hausbesitzer werden hiermit darauf aufmerksam gemacht, daß der An strich der an jedem Gebäude-Komplex angebrachten Nummerschilder unzulässig ist. Dieselben haben nach § 37 der Straßen-Polizei-Ordnung den stadträtlichen Vorschriften genau zu entsprechen und werden Zuwiderhandlungen nach 8 41 des erwähnten Re U -ie Mi Nch me MlmMW Um- Mi mW zu Mn? In der Freude und Begeisterung über die Einführung einer Verfassung und einer parlamentarischen Regierung in der Türkei scheint man in der politischen Well eine Zeitlang die Hauptsache bei dem Reformversuche vergessen zu haben. Die Durchführbarkeit aller politischen Reformen und ihre praktische Brauchbarkeit sehr ernstlich zu prüfen, ist unbestreitbar die Hauptaufgabe und die wahre Weis heit der Reformer. Wir glauben aber nicht, datz die Jungtürken wirklich ernstlich die Einführung der parla mentarischen Regierung in der Türkei auf ihre Brauch barkeit geprüft haben, sonst würden sic wahrscheinlich die Herrschaft des Türkentums in ihrem Lande mit einigen Sicherheitsmaßregeln gestützt haben. Die türkische Ver fassung gewährt allen Untertanen des Sultans, mögen sie nun Mohamedaner, Christen oder Juden, oder in natio naler Hinsicht Türken, Griechen, Bulgaren, Serben, Armenier, Kurden, Syrier oder Araber sein, die gleichen Rechte. So wunderbar einfach und menschlich, gerecht und frei dieses Geschenk der Verfassung für alle Untertanen der Türkei klingt, so hat es doch in der parlamentarischen Praxis wahrscheinlich die Folge, datz die Türken selbst in der parlamentarischen Regierung matt gesetzt und wahr scheinlich zur politischen Ohnmacht verdammt werden. Man mutz sich wundern, datz weder in der Türkei, noch in Europa auf die Ungeheuerlichkeiten bei der Einführung einer parlamentarischen Regierung in der Türkei aufmerk sam gemacht worden ist. Die Türken haben nämlich in der Türkei schon lange nicht mehr die Mehrheit in der Einwohnerzahl. In der europäischen Türkei gibt es kaum noch 1 Million Türken, aber mehr als 2 Millionen Griechen und ferner noch wohl 1 Million Bulgaren und dann auch noch einige hunderttausend Albanesen und Serben. In der asiatischen Türkei haben die Türken in der Bevölkerung die Mehrheit ebenfalls nicht, denn dort gibt es mehr Kurden, Armenier, Syrier und Araber als Türken. Wird also im Herbste das türkische Parlament nach den Grundsätzen der Gleichheit und Freiheit gewählt und die Wahlbezirke nach der Bevölkerungszahl eingeteilt, so werden wahrscheinlich einem Drittel mohamedanischer Abgeordneter zwei Drittel christliche Abgeordnete gegenüber stehen. Nun ist allerdings anzunehmen, datz sich die Ab- geordneten im türkischen Parlamente weniger nach der Religion, sondern mehr nach den Nationalitäten zu Par- teien zusammenschlietzen werden. In diesem Falle wird es für die türkischen Abgeordneten aber noch viel schlimmer, denn dann erhalten sie wahrscheinlich nur den vierten Teil der Abgeordneten. Wie unter solchen Umständen das türkische Parlament eine brauchbare Regierungsmehrheit bilden und eine Stütze für die türkische Regierung werden soll, kann nach der politischen Erfahrung nicht begriffen werden. Oder sollte man wirklich annehmen, datz die Bevölkerung in der Türkei, de» langen blutigen Haders müde, nun alle Gegensätze und Streitigkeiten vergessen und die Gesetze nur noch nach den Grundsätzen der Ge- rechtigkeit, der Freiheit, des Fortschrittes und der Mensch lichkeit machen wirb? Es ist nicht möglich, diese Frage zu bejahen, denn diese hohe geistige und sittliche Entwick lung kann man von den Völkern des Orients nicht an nehmen, es fehlen mindestens auf die blutigen Rassen kämpfe in der Türkei dazu alle Voraussetzungen. Die Di- .Meltzeritz-Zeltung' «scheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners ¬ tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denMendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- jtalten, Postboten, sowie msereAusträger nehmen Bestellungen an. _ _ Amtsökatl für die Königliche Umtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarisch« und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. Die Geschäftsstelle der „Weitzeritz- Zeitung" und die Stadtkasse nehmen nationale Spenden sür den Grafen Zeppelin zur Weiterbeförderung an. Jeder gebe nach seinen Kräften. Auch die kleinste Spende ist willkommen. Inserate werden mit H Mg., solche au» uns«« Amtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech-