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Wsmih-Dtmig >en- wi Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Bestellungen an. Dienstag, den 14. Juli 1908. Nr. 79 Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseMgem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchaftlicher Monats-Beilage. Aür die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Gesperrt wird innerhalb des Bärenfelser Staatsfotstreviers und der Flur Niederpöbel bis 24. dieses Monats die Saubachstratze vom Gasthofe Niederpöbel ab bis zur Abzweigung des zum Rittergute Naundorf gehörigen Waldweges bei Grenzstein 93 unter Verwei sung des Verkehrs auf den sogenannten P-Weg. 837 b ä. Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 13. Juli 1908. Inserate werden mtt tt Pfg., solche au» unser« Amtshauptmannschaft mit 12 Psg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Sette snur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 30 Psg. - Tabellarische und komplizierteJnserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. «scheintwbchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und 74. Jahrgang. denAbenden ausgegeben. Preis viert eljührllch 1M. SS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- talten, Postboten, sowie insereAusträger nehmen Die Rätsel der marokkanischen Frage. Der Streit der beiden Sultane Abdul Asis und Mulay Hafid treibt unter Mitwirkung der unklaren und rätsel haften Haltung der Franzosen die marokkanische Frage in immer größere Schwierigkeiten hinein, denn jetzt hat der Sultan Abdul Asis, der kaum noch über ein Heer von 1000 Mann verfügen soll, den Plan gefaßt, die zweite Hauptstadt des Reiches, Marrakesch zu besetzen. Er soll sich auch schon auf dem Marsche nach Marrakesch be finden und ein sehr zweifelhafter Parteigänger Omar Tazi soll dem Sultan Abdul Asis den Einmarsch in Marrakesch erleichtern helfen. Marrakesch war aber bisher der Haupt platz des Gegensultans Mulay Hafid, und Mulay Hafid ist nur deshalb von Marrakesch mit seinem Heere abge zogen, um sich in den Besitz der Hauptstadt Fez zu setzen. Man sieht daraus, daß die marokkanische Frage wieder einmal vollständig auf dem Kopfe steht. Der kriegs- tüchtigere neue Sultan Mulay Hafid ist bestrebt, Fez, die alte Hauptstadt Marokkos, zu erobern und gleichzeitig will sich der alte Sultan Abdul Asis in den Besitz der zweiten Hauptstadt des Reiches, Marrakesch, setzen. Man muß aber annehmen, daß die Bewohner von Marrakesch noch Anhänger Mulay Hafids sind und wahrscheinlich sich dem Einmärsche des Sultans Abdul Asis widersetzen werden. Aber die Verhältnisse in Marokko sind so erbärmlich, und die Marokkaner derartig korrumpiert, das vielleicht in den Kämpfen der Sultane die Bestechungen eine größere Rolle spielen, als das Schwert und die Kanonen. Merkwürdiger weise wird auch behauptet, daß die marokkanische Staats bank, welche von französischen Kapitalisten gegründet worden ist, dem Sultan Abdul Asis den Betrag von einer halben Million Pesetas vorgestreck habe, damit er seine Expedition nach Marrakesch entsprechend ausrüsten könne. Danach kann schwerlich angenommen werden, daß die Franzosen in dem Streite der Sultane die von ihnen er klärte Neutralität wirklich wahren, sie scheinen vielmehr den alten Sultan Abdul Asis zu unterstützen, um dadurch die marokkanische Regierung unter ihren Einfluß zu bringen. Das wäre kein ehrliches politisches Spiel der Franzosen. Vielleicht darf man aber in dem Streite der Sultane und den schwierigen Verhältnissen in Marokko nicht ohne weiteres die Franzosen als Ränkeschmiede hin stellen. Es ist schon ganz vernünftig, zu sagen, die Sultane mögen ihren Streit allein ausfechten. Aber wenn dieser Streit sich ewig in die Länge zieht und den Fran zosen inbezug auf die Wiederherstellung der Ordnung in Marokko unendliche Schwierigkeiten bereitet, so darf man es den Franzosen nicht ohne weiteres verargen, wenn sie moralisch und finanziell den alten Sultan Abdul Asis unterstützen, denn Abdul Asis hat offenbar ein legitimes Recht aus den Thron von Marokko, und jein Gegensultan, Mulay Hafid, ist nach allen staatsrechtlichen Begriffen ein Empörer und Gewaltherrscher. Nach europäischen Be griffen wäre es auch viel nobeler und ehrlicher von Mulay Hafid gewesen, wenn er seinen schwachen Bruder in der Schaffung einer starken Regierung für Marokko unterstützt hätte, denn die Meinung, daß Abdul Asis des halb seinen Anhang in Marokko vielfach verloren habe, weil er sich zu sehr von den Franzosen ins Schlepptau habe nehmen lassen, bedarf gegenüber den wirklichen Ver hältnissen in Marokko doch einer Korrektur. Marokko selbst ist mit seiner Regierung doch seit Jahren gar nicht imstande, die Ordnung aufrecht zu erhalten, das inter nationale Handelsrecht zu schützen und seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Um solchen Uebelständen abzuhelfen, ist von den Großmächten die Algecirasakte ge- schaffen worden und Frankreich mit der Mission betraut worden, die Reformen in Marokko durchführen zu helfen. Wenn daher Frankreich erklären sollte, es müsse, um die Reformen in absehbarer Zeit durchzuführen und das Prinzip der Legitimität hoch zu halten, sich für eine Unterstützung des alten Sultans und eine Wiedereinsetzung in seine legitimen Rechte erklären, so kann das nicht ohne weiteres als ein frevelhafter Ränkespiel der französischen Regierung hingestellt werden. Freilich wird man ab warten müssen, was Frankreich in der neuen Lage wirk lich tut und wie sich die Großmächte dazu stellen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das Bürgerrecht hiesiger Stadt haben in letzter Zeit erteilt erhalten die Herren Produkten händler Anders, amtshauptmannschastl. Sekretär Fleischer, amtshauptmannschaftl. Expedient Mütze, amtshauptmann- schaftl. Sekretär Porstorfer und Ratsassistent Zetzsche. Dippoldiswalde. Die Tagesordnung der am 9. d. M. unter Vorsitz des Herrn Amtshauptmann vr. Mehnert ab gehaltenen 5. diesjährigen Sitzung des Bezirksausschusses der Königlichen Amtshauptmannschast Dippoldiswalde wies 35 Punkte auf. Zunächst wurde beschlossen, die 45 Ge suche um Gewährung von Staatsbeihtlfen für Volks bibliotheken nach den Vorschlägen des Herrn Schulrat Bang einzuberichten. Genehmigt wurden die Ordnungen über die Erhebung von Gemeindeabgaben in der Stadt gemeinde Glashütte beziehentlich von Armenabgaben bei öffentlichen Lustbarkeiten in Johnsbach, der Vertrag zwischen dem Gemeindeoerbande für die Dresdner Vor ortsbahn und dem Gemeindeverbande für die elektrische Straßenbahn Niedersedlitz—Lockwitz—Kreischa, der orts statutarische Beschluß über die Zusammensetzung des Ge meinderats zu Oberfrauendorf und die Darlehnsaufnahmen der Gemeinden Possendorf und Lungkwitz, ferner die Kon- zessionsgesuche Feurichs-Kleinliebenau, Flathes-Johnsbach, Dolzes-Oberbärenburg, Wonnebergers-Glashütte und der verehel. Schreyer-Glashütte, wobei es sich allenthalben um geringe Erweiterung bereits bestehender Konzessionen be ziehungsweise um Übertragung solcher auf andere Per sonen handelt. Abgelehnt dagegen wurden im mangel örtlichen Bedürfnisses beziehentlich wegen ungenügender Lokalitäten die Konzessionsgesuche Schwenkes und Kadners- Breitenau, Maukischs-Kreischa und Mäsers-Paulshain. Ferner wurden die Gesuche des Administrators der Bene- mannschen Stiftung zur Grundstücksabtrennung betr. Blatt 24 für Lungkwitz, sowie des Musikers Stimpel-Liebstadt um Zulassung des fortbildungsschulpflichtigen Edwin Süß milch aus Waltersdorf zum Tanzmusikspielen bedingungs weise genehmigt. Die Errichtung einer Verbandssparkasse sür die Gemeinden Liebenau, Breitenau, Ölsengrund, Börnersdorf, Waltersdorf, Fürstenwalde, Fürstenau und Löwenhain, sowie eines Standesamts in Kipsdorf, das Ortsgesetz über die Feststellung der Baufluchtlinie an der fiskalischen Dresden-Altenberger- und Teplitzer Straße innerhalb der Stadt Altenberg und das Ortsgesetz über die Pensionierung der Gemeindebeamten in der Stadt Lauenstein sollen besürwortend der Oberbehörde vorgelegt werden. Anlangenv die Vorschläge zur Wahl von Sach verständigen zur Flurschädenabschätzung aus die Zeit vom 1. Juli 1908 bis mit 30. Juni 1911, die Nebenbezüge der Amtsstraßenmeister in Kommunikationswegesachen und wegen der Fürsorgeerziehung und die dem Bezirksverbande hieraus erwachsenden Aufgaben stimmte der Bezirksaus schuß den Vorschlägen der Königlichen Amtshauptmann- schaft zu. Sodann wurde auf Grund eines eingehenden Referates seitens des Vorwerksbesitzer Welde der Erlaß von bei der Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege aus- gearbeiteten Vorschriften für den Handel mit Milch auch für den amtshauptmannschaftlichen Bezirk mit mehreren Abänderungen empfohlen. Nach Beschlußfassung auf zwei Rekurse in Gemeindeanlagensachen, sowie in vier das Be- zirksvermögen und das Wettinstift betresfenden Angelegen heiten nahm der Bezirksausschuß noch Kenntnis von der vom Professor Schultze-Naumburg im Auftrage des Bundes Heimatschutz herausgegebenen Druckschrift „Die Entstellung unseres Landes" betreffend und erklärte sein völliges Ein verständnis mit der Förderung dieser Bestrebungen. — Im Anschlusse an die Sitzung folgten die Mitglieder des Bezirksausschusses einer Einladung des Rittergutsbesitzers Freiherrn Pergier von Perglas nach Berreuth und Pauls dorf, um unter der liebenswürdigen Führung des Guts herrn einen größeren landwirtschaftlichen Betrieb näher kennen zu lernen. Nach Besichtigung der Gehöfte mit ihren mustergiltigen Stallungen und sonstigen praktischen Einrichtungen, insbesondere der elektrisch betriebenen Eleva toren sür Getreide, den verschiedenen Dreschmaschinen, der Schmiede- und Stellmacherwerkstatt, wurde eine Fahrt durch die eine reichliche Ernte versprechenden Fluren unter nommen und schließlich den sehr zweckmäßig angelegten, umfangreichen Weiden für Milch- und Jungvieh ein Be such abgestattet, wobei das vorzügliche Aussehen der Tiere und die zu Gunsten des Weidebetriebes gegenüber der Stallhaltung sprechenden Erträgnisse an Milch besondere» Interesse erweckten. — In der am 11. d. M. abgehaltenen Monatsver sammlung des hiesigen K. S. Militärvereins gedachte der Vorsitzende in seiner Begrüßungsansprache der histo rischen Bedeutung des Monats Juli unter Hinweis auf verschiedene Gedenktage desselben. Am 30. August wird der Verein zur Vorfeier des Sedantages ein öffentliches Volksfest veranstalten, am Abend desselben Tages soll ein Stiftungsfestball stattfinden. Mitgeteilt wurde ferner, daß am 12. Juli die Bundesgeneralversammlung in Dresden abgehalten wird. Zum Schlüsse bot oer Vorsitzende eine mit reichem Beifall aufgenommene Schilderung einer Reise ins schöne Riesengebirge. — Am 26. Juli wird Herr Theaterdirektor Bruno Zahn, der Bruder des Herrn Julius Zahn, in der „Reichs krone" einen Zyklus von Theatervorstellungen beginnen. Seinem Ensemble geht ein guter Ruf voraus und ist dem nach zu erwarten, daß die Vorstellungen Gutes bieten. — Mit dem 30. September d. I. läuft die Frist ab, in welcher die Eintalerstücke deutschen Gepräges bei den Reichs- und Landeskassen zu dem Werte von drei Mark sowohl in Zahlung als auch zur Umwechselung ange nommen werden. Wer noch im glücklichen Besitze von Talerstücken ist, wird gut tun, zwecks Vermeidung von Verlusten — soweit seine Taler nicht durch irgend ein Charakteristikum besonderen numismatischen Wert haben —, hieraus zu achten. — Unter Hinweis darauf, daß die Frist, bis zu welcher vom Bundesrate Ausnahmen von dem Verbote der Be schäftigung eigener Kinder in Werkstätten gestattet worden sind, am 31. Dezember 1908 abläuft, veranlaßt das Kgl. Ministerium des Innern die Dresdner Gewerbekammer zu einer Äußerung darüber, ob und inwieweit diese Aus nahmen auch über diese Zeit hinaus aufrecht zu erhalten sind. Mit Rücksicht darauf, daß in den sür den Kammer bezirk in Betracht kommenden Gewerben die Kinder durch leichte und ihren Kräften angemessene Arbeiten die Ellern in ihrem Gewerbe unterstützen können, sowie daß einer seits eine frühzeitige Gewöhnung an Arbeit, die den Kräften des Kindes entspricht, sogar erzieherisch zu wirken pflegt, und andererseits den Kindern fast allenthalben auch genügende Zeit zur Erholung und zum Spiel gelassen wird, sprach sich der 6. Ausschuß der Dresdner Gewerbe kammer für die Aufrechterhaltung dieser Ausnahmen in vollem Umfange aus. — Die Reform des Volksschulgesetzes steht als Hauptgegenstand auf der Tagesordnung der nächsten Ver- tretrrversammlung des Sächsischen Lehrervereins, die im Anschluß an die Hauptversammlung des Vereins Michaelis d. I. zu Zwickau stattsindet. Berichterstatter sür diese Hauptthemen sind die Vertreter der Lehrervereine zu Dres den-Stadt und Leipzig-Stadt. — Am 14. Juli werden in Oberschlottwitz bei Schlott witz, sowie in Wilmsdorf bei Possendorf eine Telegraphen- hilfstelle mit öffentlicher Fernsprechstelle in Wirksamkeit treten. Die neuen Telegraphenanstalten, die im Telegramm verkehre erstere die Bezeichnung Oberschlottwitz, letztere die Bezeichnung Wilmsdors (Amtsh. Dippoldiswalde) führen werden, sind zugleich Unfallmeldestellen. Bärenstein. Am Sonntag wurde die älteste Ein wohnerin unserer Stadt, Frau verw. Meißner, begraben. Sie war in der ganzen Umgegend als „die alte Meitznern" bekannt und am 3. Juli 87 Jahre alt geworden. Trotz dem war sie noch völlig rüstig und wollte, wie sie noch am Tage vor ihrem am Mittwoch plötzlich und sanft er folgten Tode erklärte, mit dem Sterben warten, bis die neue im Bau befindliche Leichenhalle vollendet wäre, um von dieser aus beerdigt zu werden. Möge der braven alten Frau die Erde leicht sein. Börnersdorf. Einer Anregung des Königl. Kultus ministeriums folgend hat der Schulvorstand in seiner letzten Sitzung eine Reform des bisherigen Fortbildungsschul- unterrichis beschlossen. Diese soll in Zukunft nicht mehr