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Der Streik der landwirtschaftlichen Arbeiter in Italien. Das moderne Wirtschaftsleben ist in allen Kultur staaten sehr reich an Streikbewegungen, aber ein Streik der landwirtschaftlichen Arbeiter war bisher noch nirgends im großen Stile vorgekommen Wenn daher in der italienischen Provinz Parma ein solcher ausgebrochen ist und sich für die Zeit der Ernte über ganz Italien aus zudehnen droht, so ist dies eine Erscheinung, welche die Aufmerksamkeit aller Kulturländer erwecken muß. Nahm man doch bisher mit Recht an, daß die Landwirtschaft der ungünstigste Boden für den Ausbruch von Streik bewegungen sei, da in der Landwirtschajt die Arbeiter in viele große und kleine meistens örtlich von einander ge schiedene Betriebe verteilt sind, und nicht so leicht wie die industriellen Arbeiter Gelegenheit haben, zu vielen Tausenden mit einander zu verkehren und der sozialistischen Agitation einen weiten Spielraum zu lassen. Auch der große Unterschied in den Arbeits- und Lohnverhältnissen auf dem Lande und der patriarchalische Charakter der Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern in der Land wirtschaft, ferner der Umstand, daß viele landwirtschaft liche Arbeiter von der Gutsherrschast Wohnung und etwas Land zur eigenen Bewirtschaftung erhalten, machten den Ausbruch von Streikbewegungen auf dem Lande sehr schwierig. Wenn es daher in Italien zu Arbeitsein stellungen der landwirtschaftlichen Arbeiter im großen Stile gekommen ist, so müssen doch die Verhältnisse wohl ganz anders und viel schlimmer liegen als in den übrigen Ländern. Dies ist auch tatsächlich der Fall. Von italieni schen Zeitungen und Schriftstellern erfährt man ja nicht viel über das traurige Los der landwirtschaftlichen Arbeiter, denn man scheint es in Italien als ganz selbstverständlich zu halten, daß die Landarbeiter in Not und Elend ihr Leben verbringen und am Hungertuche saugen müssen. Ein deutscher Diplomat und Staatsmann, der Unterstaats sekretär Fischer, der als Botschaftsrat lange Jahre in Italien gelebt und die wirtschaftlichen und sozialen Zu- stände der landwirtschaftlichen Arbeiter im Lande der Zitronen studiert hat, schrieb aber schon vor Jahren in einem Buche über die agrarischen Verhältnisse in Italien, daß das Los der meisten italienischen Landarbeiter sich nicht viel von demjenigen der Sklaven der Grundherren im alten Rom unterscheide, denn die italienischen Land- arbeiter hätten meistens keine Wohnungen, ferner keinen regelmäßigen Arbeitslohn für das ganze Jahr, sie hätten nur zur Saatzeit und zur Erntezeit einen kärglichen Ver dienst und müßten in der übrigen Zeit des Jahres sich durchhungern. Dieses ganze Elend ist dadurch entstanden, daß es in Italien meistens nur sehr große Grundbesitzer gibt, die ihre Güter nicht selbst bewirtschaften, sondern die ihr Land in vielen kleinen Abteilungen verpachten. Die Pächter selbst sind meistens kleine Unternehmer, die sich auch nur mühselig durchschlagen und deshalb auch ihrer seits den Arbeitern nur ganz miserable Löhne geben können. In solchen traurigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen konnte natürlicher Weise die Sozialdemokratie und der Anarchismus in Italien mit großem Erfolg seine Agitationen betreiben, denn die armen Landarbeiter Italiens sind ja an Hunger und Not gewöhnt und haben bei einem Streik nicht allzuviel zu verlieren. Dazu kommt, daß das italienische Volk unter dem Drucke der sozialen Not auch zu leidenschaftlichen Handlungen der Wut und des Hasses geneigt ist. Der Ausstand der landwirtschaft lichen Arbeiter in der Provinz Parma hat daher mehr den Charakter eines Aufstandes, und ist es schon wieder holt vorgekommen, daß die streikenden italienischen Arbeiter auf die zur Aufrechterhaltung der Ordnung herbeigerufenen Soldaten geschossen haben. Auch ist es bei den streikenden Arbeitern in Italien üblich, auch Angriffe aus die Arbeit geber und deren Besitzungen zu machen. Die italienische Regierung hat daher eine sehr schwierige Aufgabe, um die allgemeine Ausdehnung des Streiks der landwirtschaftlichen Arbeiter zu verhindern, zumal vielfach die italienischen Pächter erklärt haben, daß sie keine Lohnerhöhung be willigen könnten. Lokales und Sachfisches. Dippoldiswalde. Am 15. Mai vormittags 9 Uhr fand auf der hiesigen Aue die diesjährige Stutenmusterung und Fohlenschau mit Prämiierung statt, welche von den Herren Landstallmeister Grafen zu Münster, Oberroßarzt Röber, Bezirkstierarzt vr. Lange und Rittergutsbesitzer Hillmann aus Zscheckwitz abgehalten wurde. In das Zuchtregister wurden 49 Stuten eingetragen. Es wurden 27 einjährige und 28 zweijährige Fohlen vorgeführt. Die Fohlen der Herren Rittergutsbes. Mar Winckler in Rippien, Vcrwerksbcs. Georg Flemming von hier, Gutsbes. Robert Löser und Mar Gietzolt in Reichstädt und Gutsbes. Herm. Schanze in Gombsen wurden mit I. Preisen bedacht. Außerdem sind noch als zweite Preise mehrere Freideck scheine und verschiedene Broschüren verteilt worden. Er freulicherweise war diesmal die Zahl der Stuten und Fohlen bedeutend größer als in den früheren Jahren, auch hatten sich zu der Musterung eine sehr große Zahl Zuschauer ein gefunden. — Am Sonnabend fand hier unter Vorsitz des Herrn Schulrat Bang eine Distriktskonferenz statt, in der Herr Lehrer Krüger mit der Oberklasse die Farbenlehre behandelte und Herr Lehrer Eidner eine Turnklasse vorführte. Darauf wurde auf Anregung des Kultusministeriums beschlossen, von Pfingsten bis zu den Sommerferien einen Kursus für das Turnen in den Landschulen unter Leitung des Herrn Lehrer Eidner zu veranstalten. Nach Vortrag von ministeriellen Verordnungen seitens des Herrn Vorsitzenden nahm Herr Lehrer Schmidt, Vorstand des Bezirkslehrer vereins das Wort, um Herrn Schulrat Bang als Ant wort schwerer Verdächtigung von anderer Seite der ver trauensvollsten Hochachtung und der ergebensten Liebe der Lehrerschaft zu versichern. Ein brausendes Hoch auf den geehrten Vorgesetzten bekundete, wie tresfend Herr Schmidt der Grundstimmung der Herzen Ausdruck verliehen hatte. — In der der Uebung nachfolgenden Versammlung der Freiwilligen Feuerwehr am vergangenen Sonnabend wurde durch den Herrn Branddirektor vor versammelter Kompanie dem Kameraden Tischlermeister Rüdiger für 25 jährige ununterbrochene Dienstzeit unter herzlichen Dankesworten das Königliche Ehrenzeichen überreicht. Dem. stellv. Führer Mar Kästner überreichte Hauptmann Heinrich die vom Bezirksoerband gestifteten zwei silbernen Litzen für l Ojährige treue Dienstzeit. — In der Nacht zum Sonntag wurde aus einem an der Kreuzbach gelegenen umzäunten Garten eine rote Eartenbank entwendet. — Aufsehen erregten am Sonntag abend zwei hier ankommende „Zwerge", die Zwillingsbrüder Horn aus Schlesien, nach ihren eigenen Angaben 23 Jahre alt und l,25 Meter hoch. Sie verkauften wohl zu ihrem Unter halt Ansichtskarten mit ihren Bildern. — Am Sonntage, den l7. Mai, nachmittags, ist der Ojährige Sohn des Handarbeiters Eißrich auf dem Ober torplatze von einem Radfahrer überfahren worden. Schwere Verletzungen hat der Knabe hierbei nicht erlitten. Den Radfahrer soll ein Verschulden nicht treffen. — Aus den Verhandlungen des Oberoerwaltungs- gerichts. Eine in Värenburg bei Kipsdorf und zwar tm Ortsteil Oberbärenburg ansässige Privat«, die in ihrem mit eigener Wasserleitung versehenen Grundstücke eine Pension für Sommergäste unterhält, war von der Ge meinde Värenburg, nachdem diese für den oberen Ortsteil eine öffentliche Wasserleitung hergestellt hatte, zum Wasser- zins herangezogen worden und hatte mit ihrem dagegen eingewendeten Rekurse nur teilweise Erfolg erzielt. Sie erhob nunmehr Anfechtungsklage und machte geltend, daß die Bärenburger Wasserleitungsordnung den Grund satz der Verhältnismäßigkeit verletze, weil sie nicht sämt liche Gemeindemitglieder, sondern nur die Grundstückseigen tümer für beitragspflichtig erkläre, ferner bloß die Grund stücksbesitzer im Ortsteile Oberbärenburg heranziehe und den Forstfiskns völlig von der Beitragspflicht entbinde, endlich aber die nicht angeschlossenen Grundstücke mit den angeschlossenen auf die gleiche Stufe stelle. Nach münd- Dienstag, den 19. Mai 1998. Nr. 86. Der Siadtrat. bestimmt. Dippoldiswalde, am 16. Mai 1908. denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-k einmonailich 42 Psq. Einzelne Nummern 10 Pfg- — Alle Postan- Mten, Postboten, sowie ' rnsereAusträger nehmen Bestellungen an. net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nm von Behörden) die zwet- Die Eigentümer des Erbgerichts zu Obercunnersdorf, der Spar- und Borschub verein zu Großröhrsdorf, G. m. b. H., und Herr Emil Schmidtgen m Dresden-A. beabsichtigen, die sogenannte Hosenmühle wieder in Betrieb zu setzen, in letztere anstelle der früher vorhandenen Wasserräder eine Turbine einzubaven und die Krone des von früher her noch bestehenden steinernen Weißeritzwehres durch einen Balken dauernd um 0,240 m zu erhöhen. In Gemäßheit von 8 17 der Reichsgewerbeordnung wird dies mit der Aufforderung hierdurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf beson deren Privatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. 546 c ä. Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 15. Mai 1908. Die noch rückständigen Steuern und Abgaben sind spätestens bis zum 2t. ä. H. an unsere Stadtsteuereinnahme zu bezahlen. Stadtrat Dippoldiswalde, am 18. Mai 1908. Oeffentliche politische Versammlungen in der Stadt Dippoldiswalde vetr. Als Zeitungen, in denen die an die Stelle der Anzeige tretenden Bekanntmachungen einer öffentlichen politischen Versammlung erfolgen können (8 6 Abs. 1 des Reichsver einsgesetzes) werden gemäß § 6ck der Ausführungsverordnung vom 12. Mai 1908 hier durch «Uv und vnesitiiei' Volks-vilung Die »Mtiheritz-ZtUung' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen ¬ gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnseraie mit entsprechendem Auf- Inserate werden mit Pfg., solche aus unserer Amtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech- Weißeritz-Ieitmg I W schlag. - Eingesandt, im Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. "SÄLM Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Kadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Nur die Aufrmhme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie «benwmmeu. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Irhne m Dippoldiswalde. 74. Jahrgang. Der Kaufmann Johannes Lahode in Dippoldiswalde wird zum Konkursver walter ernannt. . Konkursforderungen sind bis zum 17. Jun, 1908 be, dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände auf Sou 10. «km»! 1S08, vormittags l/411 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf äsa 29. aunl 1908, nachmittags >/2 4 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache m Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemein- schuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Be- sitze der Sache und von den Forderungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 10. Juni I9V8 Anzeige zu machen. K. 2/08. Nr. i. Königliches Amtsgericht zu Dippoldiswalde. Reichsvereinsgesetz vetr.^ Unter Bezugnahme auf 8 6 Absatz 1 des am 15. dieses Monats in Krast getretenen Vereinsgesetzes vom 19. April 1908 (Reichrgesetzblatt 151) in Verbindung mit 8 6 der zu diesem Gesetze ergangenen Ausführungsverordnung vom 12. Mai 1908 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 194) werden als diejenigen Zeitungen, in denen öffentliche politische Versammlungen mit der Wirkung einer Anzeige an die Polizeibehörde nach 8 5 des genannten Gesetzes bekannt gemacht werden können, bestimmt: »., für Lie Orte Les Amtsgerichtsbezirks Dippoldiswalde die „Weißeritz-Zeitung", der „Bote vom Wilisch" und die „Dresdner-Volkszeitung"; b, für die Orte des Amtsgerichtsbezirks Frauenstein der „Frauensteiner An zeiger" und der „Freiberger Anzeiger"; c., für die Orte des Amtsgerichtsbezirks Altenberg die „Weißeritz-Zeitung" und der „Bote vom Geising" — für den Ort Dönschten außerdem noch Lie „Dresdner Volkszeitung" und ck., für die Orte des Amtsgerichtsbezirks Lauenstein der „Bote vom Geising" und die „Müglitztal-Nachrichten". Nr. 241 bl). König!. Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 16. Mai 1908. Ueber das Vermögen des Fahrradhändlers Ernst Paul Wolf in Großölsa wird heute, am 15. Mai 1908, nachmittags 3/45 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet.