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» > - >> Meißeritz-Zeitung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 72. Jahrgang. Sonnabend, den 11. August 1906. Nr. 92. Amtsblatt für di- Miglich- Amtshauptmamschast, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat W Dippoldiswalde * — VermckvorÜicher Kedakleur; Paul JelM. - Druck und Verlag von Carl Jehne in DixxoldiswalÄZ. Mtt achtfsMgr» „NbOrkrtKA llnIrrhalLnngrdlait". Mit land- und hauswlrtschaftNcher Monat«.Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. ' Die -WUtztritz-Zettung' »Lscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- tzag und Sonnabend und «Kd an den vorhergehen- tzenAbenden ausgeaeoen. Preis vierteljährlich 1M. W Pfg., zweimonatlich S4 Pfg., einmonatlich 42 Psa. Einzelne Nummem 10 Pfg- — Alle Postan- ßtalten, Postboten, sowie Misere Austräger nehmen Bestellungen an. Jnlerate, welche bei de» bedeutenden Auslage de» Blattes «ine sehr Will iame Verbreitung finden, werden mtt 12 P<g., solch« aus unserer Amtshaupr- mannschast mtt 10 PsP die Spaltzetle oder deren Raum berechnet. — Ta» bellarische und kompA Alerte Inserate mit ent sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redakti»» nellen Telle, die Spalte»- zelle 20 Pfg- Mvgvn Omdsuvs «kvn in 8viirnisülL» Iivng wird bis aus weiteres die staatliche daselbst für den K-sngkoI-- und «vkausnsn i-ssKvonksk«' gvspennl. 924^. königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 9. August 1906. Den gemachten Wahrnehmungen zusolge tritt der Nonnenfalter auch in Teilen des hiesigen Verwaltungsbezirkes in einem Umfange auf, daß die Gefahr eines ver heerenden Nonnenfraßes für das nächste Jahr besteht. Unter Hinweis auf das Gesetz vom 17. Juli 1876 werden daher die Waldeigen» tümer und Inhaber von Holzlagerplatzen in der Nähe von Waldungen im amts hauptmannschaftlichen Bezirke hiermit veranlaßt, insoweit es nicht bereits geschehen sein soll, sofort die zur Abwehr und Vertilgung des Insektes dienlichen Maßregeln insbe sondere durch Adlesen und Verbrennen zu ergreifen. Die Ortspolizeibehörden wollen die Wälder unter Zuziehuug der Beteiligten dar aufhin untersuchen, die energische Durchführung der Vertilgungsmaßregeln auf das sorg fältigste überwachen, etwaige Säumige aber zur Anzeige bringen, sowie über Verbrei tung des schädlichen Tieres und die zu dessen Vertilgung ergriffenen Maßnahmen bis zum 22. dieses Monats anher Bericht erstatten. 443 c c. Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 9. August 1906. Das im Grundbuche für Dippoldiswalde Blatt 139 auf den Namen des Töpfer meisters Hermann Arthur Heine eingetragene Grundstück soll am 28. Ssptsmdvr 1908, vormittag» 10 vdr, an der Eerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. Das Grundstück ist nach dem Flurbuche l,y Ar groß und auf 12800 M. geschätzt. Es besteht aus dem an der Herrengasse gelegenen Wohnhaus Nr. 127 des Brand katasters mit eingebautem Verkaufsladen. Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts, sowie der übrigen das Grund stück betreffenden Nachweisungen, insbesondere der Schätzungen, ist jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung aus dem Grundstücke sind, soweit sie zur Zeit der Ein tragung des am 14. Juli 1906 verlautbarten Versteigerungsvermerkes aus dem Grund buche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Diejenigen, die ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden auf gefordert, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Ein stellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungs erlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde. Dippoldiswalde, den 8. August 1906. 2a. 12/06. Königliches Amtsgericht. Die Schatten der zukünftigen Reichstagswahlen. Es ist eine alte Erfahrung, daß große Ereignisse und die Lösung schwieriger politischer Aufgaben schon lange Zeit vorher ihre Schatten in die Öffentlichkeit werfen, und die nächsten Reichstagswahlen zeigen schon überreich ihre Schatten, in den Nachwahlen zum Reichstag, in den er bitterten und leider oft sehr unklugen und verwirrten Parteikämpfen, ferner aber auch in den offenen und ver steckten Angriffen auf das Reichstagswahlgesetz und auf die Verfassung des Deutschen Reiches. Sehr notwendig, ja unbedingt nötig erscheint es daher, daß man sich in ehrlichen patriotischen Kreisen darüber klar wird, um welche großen Fragen es sich in den nächsten Reichstags wahlen handelt und welche gefährlichen Übel von dem deutschen Volke fern zu halten sind. Es ist wichtig, daß man jetzt in ruhigen Zeiten diese Fragen erörtert, und den Streit um dieselben nicht in der leidenschaftlichen Zeit des Wahlkampfes erhebt, denn dann, wenn die Leiden schaftlichkeit und die Aufregung in alle politischen Kreise «ingedrungen ist, wird sehr leicht über wahre und klare Ziele hinausgeschossen. Im deutschen Volke muß endlich einmal die Erkenntnis ganz klar werden, daß alle Zu stände im Deutschen Reiche auf allen Gebieten als Grund forderung verlangen, daß wir eine ruhige Weiterentwicke- lung als größten Segen gebrauchen können, eine Weiter entwickelung, die ebenso fern von reaktionären Gelüsten als von wüsten radikalen Forderungen ist. Die Erkenntnis dieser Forderung wird nun bald zeigen, daß die ruhige stete Entwicklung des Deutschen Reiches von keiner Partei mehr bedroht wird, als von der sozialdemokratischen, weil die sozialdemokratische Partei nur eine verneinende und leine schöpferische ist, weil sie alle Fundamente im Staats- und Volksleben zunächst nur zu untergraben trachtet, und weil auch die klügsten Führer der Sozialdemokratie nicht einmal eine positive Antwort auf die Frage geben können, was die Sozialdemokratie eigentlich an Stelle des jetzigen staatlichen und sozialen Zustandes setzen wolle. Die Reden und Aussprüche der sozialistischen Führer auf den Partei tagen, daß sie schon den Staat lenken und in die sozia- Witche Reform bringen und neuschöpsen würden, wenn sie nur erst die Gewalt dazu in den Händen hätten, sind gegenüber der tausendjährigen Kulturarbeit und den großen Fortschritten der Gegenwart in unserem Reiche weiter nichts als leere Phrasen und frevelhafte Anmaßungen. Schon das Anwachsen der sozialdemokratischen Abgeord neten im deutschen Reichstage auf etwa 200 wäre schon eine äußerst gefährliche Krisis, denn wenn dadurch auch noch lange nicht die Herrschaft der sozialdemokratischen Partei begründet wäre, so wäre dadurch doch die Behand lung aller Fragen der Gesetzgebung nahezu unmöglich ge macht, zugleich würde aber auch auf der anderen Seite eine reaktionäre Hochflut entstehen, welche dahin treiben könnte, das Kind mit dem Bade auszuschütten, daß heißt aller freiheitlichen und fortschrittlichen Entwickelungen im Deutschen Reiche ein Ende zu machen. Der gemeinsame zielbewußte und feste Kampf gegen die Sozialdemokratie muß daher bei allen anderen Parteien in den nächsten Reichstagswahlen die Losung unter Zurückdrängung von Parteioorteilen sein, denn das lehrt doch schon die klare Vernunft, daß die Entwicklung des Deutschen Reiches gar nicht wesentlich gehemmt oder geschädigt wird, wenn die Konservativen oder die Liberalen oder die Zentrumspartei eineAnzahl Sitze im Reichstage auf der einen Seite gewinnen und auf der anderen Seite verlieren, wohl aber ist eine große politische Schädigung des Deutschen Reiches darin zu erblicken, wenn infolge der Uneinigkeit der bürgerlichen Parteien die Sozialdemokraten noch eine ganze Anzahl Mandate in den nächsten Reichstagswahlen gewinnen sollten. Achtung und Sicherung des gegenseitigen Besitz standes der bürgerlichen Parteien und gemeinsamer Kampf derselben gegen die Sozialdemokratie ist also die politisch kluge Parole für die künftigen Reichstagswahlen. Lokales und Sächsisches. — Theater. „Das war mal etwas anderes!" diesen Ausspruch konnte man am Mittwoch-Abend wiederholt hören, als die zahlreichen Besucher von „Sherlock Holmes" das Theaterlokal verließen. Und es war wirklich „etwas anderes". Schon der gut gefüllte Saal bewies, daß man diesen „Erlebnissen eines Detektivs" besonderes Interesse entgegenbringt, und dies auch nicht umsonst. Die fesselnde Handlung des Stückes hielt die Aufmerksamkeit des Publikums vom ersten bis zum letzten Austritt vollständig gefangen und zwar nach der kriminalistischen Seite hin so stark, daß man bei der kurzen Liebesszene im letzten Akte fast das Gefühl hatte, als hänge diese mit dem eigentlichen Stücke gar nicht zusammen. Die Aufführung verdient gewiß nur Lob. Herr Direktor Zahn spielte die an und für sich dankbare Titelrolle so vorzüglich, daß sich wohl manches Zuschauers das Gefühl bemächtigte, als ob auch er unter dem Schutze dieses Detektivs sicher sei vor den Schlechtigkeiten der Galgenvögel, die, allen voran Professor Moriarty, „zum Fürchten" meisterhaft wiedergegeben wurden. Auch alle anderen Darsteller leisteten das Beste, wofür reicher Beifall lohnte, besonders nach dem an Aufregungen so reichen 3. Akte. „Sherlock Holmes" verdient gewiß bei einer etwaigen zweiten Ausführung, wozu wir der Direktion nur raten können, abermals ein volles Haus und dürfte ein solches auch bringen. Schulpslichtige Kinder der Vor stellung beiwohnen zu lassen, dürfte schon wegen der damit verbundenen Aufregung nicht zu empfehlen jein. — Frei tag geht „Die Negimentstochter" über die Bretter, während Sonntag nachmittag „Die Bremer Stadtmustkanten" als Kindervorstellung und abends besonders für alle diejenigen, die einmal recht herzlich lachen wollen, „Robert und Bertram" gegeben werden. — Wir leben im Hochsommer, in den Hundstagen, und doch machen sich allerorten die Spuren des Herbstes bereits erkennbar. Die Abnahme der Tageslänge wird schon recht bemerklich und wird bald schmerzlich empfunden werden. Auf den Getreidefeldern sieht es kahl und leer aus und der Wind fegt über die öden Stoppeln. Das saftige Grün der Kartoffelstauden hat sich in ein gelbliches Braun verwandelt, das Anzeichen, daß die Frucht ihrer Reife entgegengeht. Die Kohl- und Rübenfelder zeigen die vollsaftigen Blätter und Köpfe in dichten Reihen. Das Grün der Blätter beginnt sich zu entfärben und in die bunten gelblichen und bräunlichen Töne überzugehen, der wilde Wein fängt an die charakteristische rötliche Färbung anzunehmen. An Stelle der zierlichen Beerenfrüchte und Kirschen gehen die kompakteren Pflaumen, Aepfel und Birnen langsam der Reife entgegen. Und unter den Töchtern Floras haben dem Veilchen und Tausendschönchen und der Königin Rose die Georginen und Sonnenblumen den Platz weggenommen. Ja, der Herbst hat seine Visitenkarte bereits abgegeben und wir werden es inne, daß bald wieder ein blühendes und lachendes Jahr zur Rüste geht. — Als zeitgemäße Warnung für Arbeiter vor sozial demokratischem Terrorismus d„rf eine Zuschrift gelten, die einem Berliner Blatte zugeht. Sie weist darauf hin, welche rücksichtslosen Zwangsmittel die Sozialdemo kratie anzuwenden pflegt, um streikende Arbeiter, die gern wieder arbeiten möchten, von der Arbeit gewaltsam ab zuhalten. Die Arbeiter, die streiken und deshalb Streik unterstützungen aus der Verbandskasse beziehen, müssen überjdie empfangenen Beträge Wechsel unterschreiben. Diese Wechsel — bei Sicht zahlbar — werden dem betreffenden Arbeiter nicht zur Zahlung vorgelegt, so lange er während der Dauer eines Streiks in diesem beharrt. Wehe aber dem Unglücklichen, der in der Erkenntnis, daß die Streik gelder für seinen oder seiner Familie Unterhalt nicht aus reichen, oder der ohne Aussicht aus einen günstigen Aus gang des Streiks die Arbeit wieder aufnimmt! Er ist in den Augen seiner Genossen nicht nur gebrandmarkt, sondern fast immer den. Eiend und der Not preisgegeben. Denn ohne Verzug werden ihm nunmehr die von ihm unter schriebenen Wechsel über die bisher erhaltenen Streikunter stützungsbeträge zur Zahlung vorgelegt. Wehe dem Ar beiter, der alsdann nicht über Ersparnisse verfügt, um die Wechsel bezahlen, also die empfangenen Unterstützungen der Verbandskasse zurückerstatten zu können. Die Wechsel werden protestiert, und der Gerichtsvollzieher erscheint in der Wohnung des Arbeiters, um zu pfänden. Das sind die Folgen und die Wirkungen der Streikunterstützung. Mit dem Zeitpunkt, wo der Arbeiter meist aus Unkenntnis über die schlimmen Folgen die scheinbar so verlockende Unterstützung annimmt, existiert für ihn ein eigener freier Wille nicht mehr. Er kann weder vor, noch zurück, — seine Hände sind ihm durch die sozialdemokratische Organi sation gebunden, deren Terrorismus und Willkür er sich selbst auf Gnade und Ungnade ausgeliefert hat. Glashütte. Um die Hochbauten für die neuzuer bauende Gasanstalt hatten sich außer dem hiesigen Baumeister noch zwei Dresdner, eine Dippoldiswalder und eine Mügelner Vaufirma beworben. Der Stadlgemeinde rat hat nun in seiner letzten Sitzung die Ausführung Baumeister Demmler in Mügeln übertragen. Lungkwitz. Im hiesigen Stiftswalde ist das Auftreten des Nonnenfalters ebenfalls festgestellt worden. Dresden. Die Einführung der Zigaretten steuer hat auch in Dresden die Entlassung zahlreicher Arbeiter und Arbeiterinnen zur Folge gehabt. In den nächsten Tagen finden große Arbeitslosen-Versammlungen statt. — Die Zahl der Abendmahlsgäste beträgt in Sachsen knapp 43 Prozent der Bevölkerung. Unter diesem Durchschnitt stehen die Ephorien Auerbach, Chemnitz 1 und 2, Dresden 1 und 2, Leipzig I und 2, Glauchau, Pirna,