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Weißeritz-Zeitung Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend. bellarische und kompll» KS. Jahrgang. Donnerstag, den 1. Oktober 1903. Nr. 115. benWenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. Pjg- zweimonatlich Mzierte Inserate mit ent- I» » Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend. Amtsvlatt fiir die MiM- Umtshanpimannschast, das MigkiHe UmisgerW und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Die MeHeritz-Zewn«» «rscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- lag und Sonnabend und Jnlerate, welche beiden bedeutenden Auflage de» Blattes 'ine sehr wirk same Verbreitung finden^ werden mit 12 P^g., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 1V Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta- Jn dem Konkursverfahren über das Vermögen oer Bäckereigeschäftsmhaberin Änna Amalie verehel. Berger geb. Klotz in Lungwitz ist infolge eines von der Ge meinschuldnerin gemachten Vorschlags zu einem Zwangsvergleiche Vergleichstermm aus den 21. Ottober 1903, vormittags 10 Ahr, vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte anberaumt worden. Der Zwangsvergleichsvorschlag und die Erklärung des Verwalters sind auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt. Dippoldiswalde, den 29. September l 903. X. 3/03 Nr. 2. Königliches Amtsgericht. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Gastwirts Julius Oswin Müller, früher in Dippoldiswalde, jetzt in Dresden, ist zur Abnahme der Schlußrech nung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke, sowie über die Erstattung der Auslagen und die Gewährung einer Vergütung an die Mitglieder des Gläubigerausschusses der Schlußtermin auf den 28. Ottober 1903, vormittags 10 Uhr» vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte bestimmt worden. Dippoldiswalde, den 29. September 1903. X. 2/03. Königliches Amtsgericht. Die Staatseinkommcustener für den 2. Termin 1903 ist am 30. September d. I. fällig und binnen 3 Wochen an die Stadtsteuereinnahme zu entrichten. Die Handel- und Gewerbetreibenden haben gleichzeitig mit diesem Termine zur Deckung der Bedürfnisse der Handelskammer und der Gewerbekammer zu Dresden einen Beitrag von drei Pfennig auf jede Mark desjenigen Steuersatzes zu entrichten, welcher nach der im Einkommensteuergesetze enthaltenen Skala auf das in Spalte 6 des Einkommensteuerkatasters eingestellte, über 600 Mark betragende Einkommen entfallen würde. Die beitragspflichtigen Handel- und Gewerbetreibenden werden daher aufge» fordert, den nach Vorstehendem zu berechnenden Elnkommensteuerzufchlag binnen obiger Frist an die bezeichnete Kassenstelle zu entrichten. Eine besondere schriftliche Mitteilung der zu zahlenden Beiträge an die einzelnen Beitragspflichtigen findet nicht statt. Dippoldiswalde, am 29. September 1903. Der Stadttat. Voigt. Zum Besuche des Zaren in Wien. Das Eintreffen des Zaren Nikolaus am 30. Sep tember in Wien zum Besuche des Kaisers Franz Joseph ist in politischer Hinsicht ein bedeutsames und hocherfreu liches Ereignis zugleich. Es bestätigt nicht nur die Festig keit der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Groß mächten Rußland und Oesterreich-Ungarn, sondern es zeigt der politischen Welt auch noch zwei außerordentlich wert volle Tatsachen. Der Zar Nikolaus hält fest an seiner durch die Haager Friedenskonferenz slipulierten Friedens politik, und wenn es dieser internationalen Friedenskon ferenz auch nicht gelungen ist, der Welt unter allen Um ständen Ruhe und Frieden zu erhalten, so ist doch das große russische Reich unter dem Zaren Nikolaus ll. im Vereine mit den großen Nachbarmächten Oesterreich-Ungarn und Deutschland energisch bemüht, den Frieden zu er halten. Zu diesem Zwecke kommt auch ohne jeden Zweifel der Zar nach Wien und wir können in einer Zeit, wo wieder einmal der Orient den gefährlichen vulkanischen Boden zeigt, dem Zaren nicht genug für seine Friedens liebe danken, denn diese Friedensliebe muß sehr stark und nachhaltig sein, sonst hätte angesichts der Revolution der Bulgaren und Mazedonier und dec blutigen Unterdrückung derselben durch die Türken die in Rußland einst so mäch tige panslawistische Partei längst ihr Haupt erhoben und den Zaren in eine kriegerische Stellung gedrängt, wie es im Jahre 1878 dem Zaren Alexander ll. geschah, als die Unruhen und Greuel in der damals noch türkischen Pro vinz Bulgarien kein Ende nehmen, und schließlich der große Orientkrieg ausbrach, der erst im Berliner Frieden 1879 ein alle Teile schlecht befriedigendes Ende fand und beinahe zu einem europäischen Kriege geführt hätte. Die elenden Zustände im Orient erfordern eben seit fast einem Jahrhundert fortwährend die Aufmerksamkeit und die Intervention der Großmächte, wenn dort das Revol tieren, Morden, Sengen und Brennen nicht zum blutigen ununterbrochenen Tagewerk der leidenschaftlichen Völker werden soll. Es ist auch mit der tiefbetrübenden Erschei nung zu rechnen, daß nicht nur die noch unter der Türken- lherrschast stehenden Bulgaren und Griechen in Mazedonien mit elementarer Gewalt immer und immer wieder durch Aufstände das Türkenjoch abzuschütteln suchen, sondern daß die von ungezähmten Leidenschaften beherrschten Böller der Balkanhalbinsel auch unter sich leicht in schwere Konflikte und Bürgerkriege geraten. So sehen die Dinge in Serbien ganz danach aus, als ob sich dort eine neue Katastrophe vorbereite, und solchen Umwälzungen^egen- Mer kann am wenigsten das an Serbien grenzende Oester reich-Ungarn imn er und immer wieder ruhig zuschauen. Es ist daher erfreulich, daß die Kaiser von Rußland und Oesterreich-Ungarn sicher auch die bösen Zustände und deren Beschwichtigung in das Bereich ihres friedlichen Gedankenaustausches im Interesse der Ruhe Europas ziehen, denn das kann allen europäischen Staaten und ihren Kuüurvölkern nur zum Segen gereichen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zu Beginn dieses Jahres ging durch verschiedene Zeitungen die Nachricht, daß feiten des königl. Kriegsministenums wegen der bedeutenden Aus dehnung des Bezirkes Pirna eine Teilung des dajigen Vezirkskommandos und die Errichtung eines neuen in Aussicht genommen sei. Mit Rücksicht darauf hatte sich der hiesige Stadtrat damals mit einer Petition an das königl. Kriegsministerium gewendet und gebeten, die Stadt Dippoldiswalde als Sitz des neuen Bezirkskommandos zu wählen; darauf ist jedoch kürzlich der Bescheid ergangen, daß nach Lage der gegenwärtigen Verhältnisse zur Zeit die Absicht, ein neues Bezirkskommando zu errichten, nicht bestehe. — Der heutigen Nummer liegt der auf dünnem Papier gedruckte Winterfahrplan bei. Schmiedeberg. An dem Aeußeren unseres im Jahre 1716 durch den damaligen Dresdner Ratsbaumeister Georg Bähr erbauten Gotteshauses machten sich recht umfang reiche Reparaturen notwendig. Die letzten derartigen größeren Baulichkeiten fallen in das Jahr 1854, wo der Turm vollstänoig mit Zinkblech umkleidet, Knopf und Wetterfahne neu vergoldet und der baufällig gewordene hökerne Glockenstuhl durch einen neuen ersetzt wurde. Im Jahre 1897, vor dem Hochwasser, als der Turm recht bedenklich zu schwanken begann und deshalb sogar das Läuten der Glocken eingestellt werden mußte, sah man sich abermals genötigt, schleunigst Abhilfe durch Einziehen einiger neuer Balken und verschiedener Verschraubung zu schaffen. Diesmal jedoch entfernte man das sehr desekt gewordene Ziegeldach, um die Kirche mit Schiefer zu decken. Dabei stellten sich noch sehr viele Schadhaftigkeiten im Innern resp. am Dachstuhle heraus. Da nun die Konstruktion des Dachstuhles die gesamte Last des Turmes zu tragen hat, wäre eine abermalige Gefahr nicht ausge schlossen gewesen. Hierdurch wurden die Arbeiten natür lich ganz bedeutend verzögert. Bei eingehenderer Unter suchung ergab sich aber auch die Schadhaftigkeit der Turm haube, sodaß deren Bedeckung ebenfalls abgenommen und erneuert werden mußte. Ein bis zur höchsten Spitze des Turmes errichtetes Gerüst von 7 Etagen mit dem über den Knopf behufs dessen Vergoldung gebauten Schutz häuschen bot einen interessanten, eigenartigen Anblick. Dieser Knopf, aus starkem Kupferblech getrieben, hat einen Durchmesser von 70 cm und ist 85 cm hoch. Die Wind fahne wurde heruntergenommen, repariert, der besseren Haltbgrkeit halber vollständig verzinnt, neu gestrichen und die Zahlen wieder vergoldet. Sie trägt die Jahreszahl 1754. Irrtümlicherweise wird diese von vielen mit dem Erbauungsjahre der Kirche verwechselt; doch ist bis zum Jahre 54 an Stelle der Fahne ein Kreuz gewesen. Ihre Gesamtlänge beträgt 1 m 95 cm und das Gewicht gegen 60 Pfund. Bei gleicher Gelegenheit ward auch der mangel haft angelegte Blitzableiter umgearbeitet und den neueren Vorschriften angepaßt. Als Anstrich für die Turmwände hat sich nach mehrfach angestellten Versuchen ergeben, daß die ursprüngliche Kupferfarbe am günstigsten ist. Sie bildet einen angenehmen Kontrast zu dem Blaugrau des Schieferdaches und läßt die architektonischen Verhältnisse des Turmes zur Geltung kommen. Außerdem mußte man den Charakter des Metallbeschlages wahren, und weil noch dazu dieser Turm ein sogenannter Dachreiter ist, konnte Steinfarbe nicht angewendet werden. Auch die Umfassungs mauern der Kirche bedurften dringend einer Auffrischung. Es ist dies ebenfalls in gründlich eingehender Weise ge schehen. Dieser Helle Farbton paßt gut zu Dach und Turm. Nachdem nun die letzten Teile des Gerüstes ent fernt worden sind, erscheint das gesamte Bauwerk zur all gemeinen Befriedigung höchst schmuck und wohlgelungen. Erwähnt sei hier noch, daß die auf einer über der vorderen Kirchtüre angebrachten Platte mit Inschrift vergoldeten Buchstaben die Jahreszahl der Einweihung der Kirche, 1716, ergeben. Das Innere, welches bereits im Jahre 1883 einer gründlichen Erneuerung unterzogen und 1898, nachdem vorher durch mehrfache Stiftungen eine Heiznngs- und elektrische Beleuchtungsanlage geschaffen worden war, abermals verbessert wurde, zeigte doch allenthalben schon wieder schadhafte Stellen, die infolge des äußerst defekten Daches entstanden waren. Besonders an der Decke machten sich viele Wasserflecken sichtbar. Auch hier hat man überall verbessert, und da die Decke frisch gemalt werden mußte, so machte sich der Aufbau eines Gerüstes notwendig. Die gesamten Baulichkeiten, die wohl nun so ziemlich beendigt sein dürften, wurden hauptsächlich von einem Dresdner Kirchenbaumeister begutachtet. Dank eines Vermächtnisses des seligen Ortsrichter Vogt war der Kirchenvorstand in der Lage, diese so nötigen Reparaturen in angegebener Weise vornehmen zu können, damit das Gotteshaus würdig erhalten und somit wieder für lange Zeit eine besondere Zierde unseres Ortes bleibe. Dresden. König Georg hat sich am Montag nach Jagdschloß Rehefeld begeben und hält täglich Jagden ab, abwechselnd im Altenberger, Nassauer und Rehefelder Revier. — Unter Hinterlassung bedeutender Schulden ist die Oberin Elise Weinhold aus dem Luisenheim, Semper straße 11 in Dresden, verschwunden. Sie begab sich am Donnerstag abend 8 Uhr in ihrer Oberinnentracht auf den Bahnhof, wo sie sich angeblich umkleidete und seitdem verschwunden ist. Das Luisenheim ist eine 1894 gegrün dete Anstalt, welcher die Weinhold als Oberin vorstand, und deren Verwaltung sie führte. Eine Reihe von Ge schäftsleuten und Lieferanten beklagen in die Tausende gehende Verluste. Die Weinhold hat angeblich auch Kau tionen von Angestellten bis zu 200 Mark mitgenommen. Ueber den Aufenthalt der Flüchtigen ist man vollkommen im Dunkeln. Leipzig. Der Mitbegründer und frühere langjährige Präsident des Verbandes der Deutschen Buchdrucker, Richard Härtel, ist im 68. Lebensjahre gestorben. Schon zu Beginn der 60er Jahre, also noch im verhält- nismäßig jugendlichen Alter, trat Härtel in Wort und Schrift für einen Zusammenschluß der Buchdruckergehilfen ein. Seiner Anregung entsprang der im Jahre 1862 be gründete „Fortbildungsverein für Buchdrucker und Schrift gießer" in Leipzig, und auch um die Gründung des Ver bandes der Deutschen Buchdrucker hatte er das Hauptver dienst. Präsident des Verbandes war er von 1868 bis 1879. Das Verbandsorgan, den „Korrespondent", redi gierte er viele Jahre allein. Im ganzen war er an diesem Blatte über 40 Jahre tätig. Seit etwa zwei Jahr zehnten ist Härtel von den leitenden Stellen mehr zurück getreten. Der Verstorbene genoß in weiten Kreisen allge meine Achtung.