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Die .Wttberitz-Zeltung" erscheint wöchentlich drei mal-.Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denMenden auegegeben. Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 P g., einmonatlich 42 Pfg. Bnzelne Nummern 1V Pfg. - Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Wkkliti-MlMg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Jnlerate, welche bei der bedeutenden Auflage de. Blattes »ine sehr wirk- same Verbreitung finden, werden mit 12 Pnu, solch« aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli- »ierte Inserate mit ent sprechendem Ausschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmmmschast, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat z« Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltung»»««". Mit land- und hauswirtschaftlicherMonatg-Bea^e. Nr. 45. Sonnabend, den 18. April 1903. 69. Jahrgang. Die mazedonische Bewegung. Ein neues und eigenartiges Streiflicht auf das gegen wärtige aufständische Treiben in Mazedonien wirft eine von offenbar gut unterrichteter Seite in Saloniki stammende Zuschrift, welche der „Pol. Korresp." zugegangen ist. Denn diese Mitteilung widerspricht direkt der vielfach in der öffentlichen Meinung Europas anzutreffenden Ansicht, daß die rebellische Bewegung in Mazedonien von einer allgemeinen Unzufriedenheit der dortigen christlichen Be völkerung mit der türkischen Mißwirtschaft getragen werde. Nach den Darlegungen der betreffenden Korrespondenz ist vielmehr an dem Aufstande nur ein Bruchteil des bulgarischen Vevölkerungsclements Mazedoniens beteiligt, die daselbst wohnenden Serben und Griechen halten sich den revolutionären Umtrieben überhaupt fern. Im weiteren werden die Leiter der Bewegung beschuldigt, ein frevel haftes Spiel zu treiben, wie dies ja auch in den bekannt gewordenen Berichten russischer Konsuls in Mazedonien geschehen ist. Die Zuschrift in der „Pol. Korresp." sagt es den Drahtziehern der revolutionären Agitation unter der bulgarischen Bevölkerung auf den Kopf zu, daß sie durch eine Politik der Aufhetzung und der Gewalttätig keiten unter allen Umständen eine politische Erhebung gegen die Pforte ins Werk setzen wollten und daß sie deshalb auch entschiedene Gegner der von Oesterreich- Ungarn und Rußland durchgesetzten Reformen in der türkischen Verwaltung Mazedoniens seien. Sie seien sogar entschlossen, das Ausland durch Schädigung seiner materiellen Interessen in der europäischen Türkei in Mitleidenschast bei den mazedonischen Ereignissen zu ziehen, falls die Be mühungen, mittels der verbreiteten Nachrichten über das angebliche Gewaltregime der Türken in Mazedonien, einen Entrüstungssturm in Europa und schließlich eine Interven tion des Auslandes zu provozieren, erfolglos bleiben sollten. Das ist freilich ein nichts weniger als schmeichel haftes Charakterbild, welches da seitens eines Kenners der Verhältnisse von den Mitgliedern der mazedonischen Ver schwörer-Komitees und ihren: gesamten Tun und Treiben gezeichnet wird. Diesen zweifelhaften Ehrenmännern ist es in erster Linie nur um die Befriedigung ihres politi schen Ehrgeizes, um die künstliche Aufstachelung ihrer Volksgenossen gegen die Herrschaft des Sultans zu tun, wobei die Verschwörer selbst vor den verwerflichsten Mitteln nicht zurückscheuen. Deshalb passen ihnen auch die von der Pforte auf Drängen Oesterreichs-Ungarns und Rußlands den Mazedoniern zugestandenen umfassen den Verwaltungsreformen durchaus nicht in den Streifen, und doppelt bedauerlich ist es eben darum, daß die Pforte durch ihre widerwillige Durchführung der Reformen den Absichten der mazedonischen Störenfriede geradezu ent gegenkommt. Aber sicherlich war es hohe Zeit, daß den Leitern der rebellischen Bewegung in Mazedonien mit diesen sie vor ganz Europa bloßstellenden Mitteilungen in der „Pol. Korresp." endlich die patriotische Maske vom Gesicht gerissen wurde und daß sie nunmehr einfach als skrupel- und gewissenlose politische Spekulanten erscheinen. Eine solche Wahrnehmung kann nur zur Folge haben, die in weiten Kreisen Europas herrschenden Sympathien mit den christlichen Mazedoniern nbzulühlen und dafür den Wunsch entschiedener hervortreten zu lassen, daß es der Pforte gelingen möge, die züngelnden Flämmchen einer neuen Empörung in Mazedonien zu unterdrücken. Andererseits aber muß ebenso bestimmt gefordert werden, daß die Pforte endlich ehrlich und aufrichtig die bewillig ten Reformen in Mazedonien in vollem Umfange zur Verwirklichung bringe, die ja in der Tat notwendig sind, eine konsequente Durchführung der Nesormpolitik würde wohl am ehesten die selbstsüchtigen Pläne der mazedoni- fchen Verschwörer zu Fall bringen. Nur erwächst der europäischen Diplomatie aus der ganzen Sachlage die er höhte Pflicht, die Durchführung der mazedonischen Reformen zu überwachen und dafür zu sorgen, daß sie nicht auf dem Papier stehen bleiben. Ebensowenig darf sie es aber -auch an ferneren scharfen Verwarnungen speziell an die Adresse der Machthaber in Bulgarien, den mazedonischen Insurgenten Unterstützung zu gewähren, fehlen lassen, denn zweifellos hängt die weitere Gestaltung der Dinge in Mazedonien wesentlich mit von der Stellungnahme der bulgarischen Regierung hierzu ab. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei einer Düsseldorfer öffentlichen Kasse sind letzthin durchlöcherte echte Hundertmark ¬ scheine zurückgewiesen worden. Anscheinend aus Mut willen sind die Banknoten mehrfach mit einem Apparat durchlocht. Auf erhobene Beschwerde wurde einem Ein zahler der Bescheid, daß „durchlochte" Banknoten als entwertet angesehen und von den Filialen der Neichsbank nicht eingelöst werden. Ein Ersatz der auf solche Weise beschädigten Noten kann nur durch das Neichsbank- direktorium in Berlin, dem die Noten von dem Besitzer selbst einzusenden sind, und welches in jedem Einzelfalle seine Entscheidung trifft, stattfinden. Es muß daher vor der Annahme durchlochter Banknoten gewarnt werden, da dem Inhaber mindestens umständliche Schreibereien und nicht unerhebliche Portokosten erwachsen. — Wie der „P. Anz." erfahren hat, soll das Ober ersatzgeschäft — die sogen. Eeneralaushebung — in diesem Jahre zu einem wesentlich früheren Zeitpunkte stattfinden als in den letzten Jahren. Maßgebend für die Anbe raumung eines zeitigeren Termins sind vor allen, die in Leipzigs Nähe stattsindenden Kaisermanöver. Während früher die Aushebung im Laufe des Monats Juni vor genommen wurde, soll sie in diesem Jahre schon in den ersten Tagen des Monats Mai erfolgen. So viel be kannt geworden, beginnt die Oberrrsatzbehörde ihr Ge schäft in der Amtshauptmannschaft Freiberg ; dann folgen die Amtshauptmannschasten Dippoldiswalde und Pirna. Gleichfalls in Rücksicht auf die Kaisermanöver ist auch für die alljährlich vor dem Ausrücken ins Manöver üblichen Regimentsbesichtigungen ein früherer Termin in Aussicht genommen. Seifersdsrf. Am vergangenen Dienstage hielt der hiesige landwirtschaftliche Verein seine letzte recht gut be suchte Winterversammlung ab. Der Vorsitzende, Herr Freigutsbesitzer Hamann-KIeinölsa eröffnete die Sitzung mit begrüßenden Worten an die Erschienenen. Im Mittel punkte stand ein recht interessanter Vortrag des Herrn Pfarrer Thomas hierselbst, der so manches aus der Ver gangenheit unserer Parochie bot. Der Herr Pfarrer hatte zu diesem Zwecke die alten Schriften aus den, Kirchen- archio durchforscht, von denen leider viel verloren ge gangen ist. Aus der Fülle des Dargebotenen heben wir das folgende heraus. Seifersdorf, eine alte deutsche Gründung, ist bereits 1284 in einer Urkunde als Sievers- dorf erwähnt. Mit dem benachbarten Paulsdorf gehörte es zu dem Besitztum der mächtigen Grafen von Dohna, bis einer aus diesem Geschlechte, Burggraf Otto, es 1312 an das reiche Kloster Zella bei Nossen verschenkte. Viel hat das Dorf leiden müssen in dem Pestjahre 1585, in welchem auch der damalige Pfarrer Graupitz mit seinen zwei Söhnen der Seuche zum Opfer fiel. Noch erinnert der sogen. Pestgarten, der heutige Schulgarten daran. Schwere Heimsuchungen brachte auch der dreißigjährige für unstr Vaterland verhängnisvolle Krieg, und Seiscrs- dors hatte durch Brand und Plünderung viel zu erdulden. Auch während der Schlacht bei Dresden sind feindliche Soldaten hier eingedrungen. Jetzt ist unser Ort bei seiner reizvollen Lage am Weißeritztale als Luftkurort gern be sucht. Eine halbe Stunde entfernt davon liegt Großölja, das früher Oelsnik geheißen hat. In der Nähe stehen die Reste der Varbarakapelle. Diese ist wahrscheinlich in den Wirrnissen des dreißigjährigen Krieges zerstört worden. Das Altarbild soll gereitet und nach Seifersdorf gebracht worden sein, wo es sich noch heute besindet. So wenig stens die Sage. Seit Einführung der Reformation 1539 — und nur so weit gehen die Nachrichten zurück — haben hier 23 Geistliche ihres Seelensorgeramtes gewaltet. Die Versammlung dankte Herrn Pfarrer Thomas für seine ansprechenden und fesselnden Aussührungen durch Erheben von den Plätzen. Nach Erledigung verschiedener Vereinsangelegenheiten schloß der Herr Vorsitzende die Versammlung, indem er zugleich dem Wunsche Ausdruck gab, daß das kommende Jahr für die Landwirtschaft ein recht gesegnetes sein möge. Reinhardtsgrimma. Mittwoch, den 15. April, früh, wurde der neue 2. ständige Lehrer Herr Bruno Richter, bisher Hilfslehrer in Sohland a. d. Sp., gebürtig aus Rammenau bei Bischofswerda, von Herrn Pfarrer Ludwig feierlich in sein Amt e'mgewiesen. An demselben Vor mittage wurden auch die diesjährigen schulpflichtigen Kinder, 25 an der Zahl, unter entsprechender Feierlichkeit ausgenommen. Ausgetreten waren vor Ostern 21 Kinder; die Gesammtzahl der Konfirmanden aus der ganzen Parochie betrug 64. Am grünen Donnerstag wurde hier zum erstenmal von der Sitte Gebrauch gemacht, daß die Konfirmanden gemeinsam mit ihren Eltern bez. Ange, hörigen an den Tisch des Herrn traten. Kreischa. In der Nacht vom 1. zum 2. Oster feiertag entstand durch eine Nachtlampe in einer Mädchen kammer des hiesigen Erbgerichtsgasthofes ein kleiner Brand, der zwar von Herrn Schmaler selbst noch rechtzeitig ge löscht wurde, aber doch verschiedene Kleidungsgegenstände, Wäschef Betten und dergl. beschädigte. Kreischa. Für die neuerrichtete 4. ständige Lehrer stelle an hiesiger Schule ist Herr Gärtner, bisher Hilfs lehrer in Großenhain, als Lehrer gewählt worden. Möge die Wirksamkeit des betretfenden Herrn, der mit Beginn des neuen Schuljahres in Tätigkeit tritt, eine gesegnet sein. Rabenau. In der hiesigen Stadtkirche wurde am Palmsonntag ein Knabe aus dem nach Rabenau einge- pfarrten Obernaundorf konfirmiert, der die respektable Größe von 180>/2 cm hat. Dresden. Kronprinz Friedrich August ist am Donnerstag Abend von Süd-Italien über Eardone wieder in Dresden eingetroffen. Dresden. Zur Unterstützung bedürftiger Kranker hat eine Dresdner Dame, die nicht genannt sein will, dem Johannstädter Krankenhause 1500 M. überwiesen. — Der 30 Jahre alte verheiratete Schreiber Kretzschmar in Wurzen stürzte vom Treppenfenster seiner im dritten Stock gelegenen Wohnung in den gepflasterten Hof hinab und erlitt dabei schwere Verletzungen, daß er bald darauf starb. Kretzschmar hatte den Schlüssel zu seiner Wohnung nicht bei sich und wollte vom Treppenfenster aus an das Küchenfcnster seiner Wohnung pochen, um seine Frau zu wecken, dabei hat er das Gleichgewicht verloren und ist in den Hof hinabgestürzt. — Der Stadtgemeinderat zu Brandis hat die Einführung einer Biersteuer beschlossen, doch soll neben derselben auch die Erhebung der Schankgewerbesteuer be stehen bleiben. — In Gablenz bei Stollberg stürzte der 13jährige Sohn des Gutsbesitzers Werner von einem Balken in der Scheune herab und war sofort eine Leiche. Döbeln. Der schon lange gesuchte Deserteur der 4. Kompagnie des hiesigen Regiments wurde in der Strohscheune der Papierfabrik zu Technitz versteckt aufge funden, woselbst er ohne Nahrung und trotz der kühlen Witterung zirka acht Tage zugebracht hatte. Der Deserteur wurde vom Technitzer Gemeindevorstand nach dem Gast hofe transportiert und nachdem er dort genügend mit Speise und Trank versorgt worden war, wurde er gegen Abend von zwei Soldaten nach Döbeln gebracht. Stollberg. Das neue Seminar wird am 22. April feierlich geweiht werden. Sebnitz. Der 4. Regimentstag der ehemaligen 102er wird nunmehr Sonntag den 14. Juni hier abge halten. Für den darauffolgenden Tag ist eine Partie auf der Oberen Schleuse bei Hinterhermsdorf mit Rück marsch durch das Kirnitzschtal nach dem Lichteuhainer Wasserfall geplant. Adorf. Gelegentlich einer am Nachmittag des 2. Osterfeiertages im Scherzerschen Gasthofe zu Arnsgrün vorgekommenen Schlägerei zwischen Adorfern und Böhmen wurden einem Muschelarbeiter namens Wollner vier Finger der rechten Hand glatt abgeschnitten. Außer dem wurden noch einige an dem Kampfe Beteiligte mit Bicrgläsern und anderen Gegenständen geworfeir und schwer verletzt. Zwei Tschechen, Falk und Böhm mit Namen, wurden verhaftet und ins hiesige Amtsgericht ein geliefert. Auerbach i. B. Im Bezirke 9 des Landwirtschaft lichen Kreisvereins im Vogtlande befinden sich gegen wärtig 21 Zuchtgenossenschaften nach dem Gesetze vom 19. Mai 1896 mit 760 Mitgliedern, 14 freiwillige Vullenhaltungsgenossenschasten mit 544 Mitgliedern, 8 Zuchtgenossenschaften mit 295 Mitgliedern und 1 Zucht verband, der sich über 15 Ortschaften des Vogtlandes er streckt und hier seinen Sitz hat. Ostritz. Die Prozession des Saatreitens wurde am ersten Osterfeiertage unter zahlreicher Beteiligung in althergebrachter Weise abgehalten. Trotz der windigen und kalten Witterung hatten sich hierzu auf dem hiesigen Marktplatze eine große Menge Zuschauer eingefunden. An dem Saatreiten nahmen 67 Personen teil. Wermsdorf. Nachdem vor wenigen Tagen eine Notiz des Inhalts die Runde durch viele Blätter gemacht hatte, nach den Feststellungen eines Sachverständigen