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Meißmtz-Zeitmg Anzeiger für Dippoldiswalde nnd Umgegend. für die Königliche MutshauplimmMasi, das Königliche Amtsgericht md den Stadtmt z« Dippoldiswalde. 69. Jahrgang. Donnerstag, den 2. April 1903. Nr. 39. V°r-mIwoMich°r Mdxkiwr: Paul I-ljnr. - Druck >md Verla, W» Carl ochne in riMoldl-ivaldu Mit „M-st-l-tt«, ««l-q°Il»»,-bl-tt". Mit Ian», und h-u-wl-qch-sMch« M°n-t,.B°Il-ge. t Pfg-, eininonatlich 42 fg. Einzelne Nummern 10 Pfg- Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Amtsblatt Die »Weiheritz-Zeitung" scheinewöchentlich drei- al: Dienstag, Donners- g und Sonnabend und ird an den vorhergehen- nAbenden ausgeaebei«. reis vierteljährlich 1 M. JPerate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blatte» »ine sehr wirk same Verdrehung finden, werden mit 18 P^., solche aus unserer Amtshaupt- mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische nnd kompli zierte Inserate mit ent- s prechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg. Mit Genehmigung der Königlichen Kreishauptmannschaft haben die städtischen Kollegien beschlossen, die Gemeindeanlagen für 1003 in der vorjährigen Weise, und zwar mit 8 Pfennigen von jeder beitragspflichtigen Grundsteuereinheit als Anlage vom Grundbesitz und dem 15 fachen Betrage des im Anlagenregulatioe festgesetzten einfachen Anlagensatzes als Anlage vom Einkommen zu erheben. Diese Anlagen sind in vier gleichen Raten, nämlich am 6. April, 2. Juni, I. August und 15. Oktober, zur Stadtkasse abzusühren. Dippoldiswalde, am 3 l. März 1003. Der Siadtrat. Voigt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Mit der am Montag erfolgten feierlichen Entlassung der Abgehenden fand das Winter semester 1002/03 an der Deutschen Müllerschule seinen Abschluß. Es war das 43. Semester und wurde besucht von 61 Schülern. Die Gesamtzahl der Schüler aber, welche bis jetzt die Anstalt besucht haben, beträgt 1246, davon waren aus Deutschland 092, Oesterreich- Ungarn 140, Rußland 52, der Schweiz 30, Schweden- Norwegen 10, Dänemark 5, Holland und Frankreich je 4, aus Belgien 3, aus Rumänien, Serbien und Italien je I und aus Amerika 2. Die Entlassungsrede wurde von Herrn Assistent Müller gehalten. Derselbe gedachte zu nächst, nach Begrüßung der Anwesenden, der opferfreudigen Mitwirkung, welcher die Schule seitens des hohen königl. Ministeriums, des Deutschen Mühlenverbandes und der Stadt Dippoldiswalde sich immer zu erfreuen gehabt habe und wodurch es der Direktion und dem Lehrer kollegium gelungen sei, die Schule auf ihre jetzige Höhe zu bringen, nach welcher sie heute an der Spitze der be stehenden Müllerschulen stehe, trotz mancherlei Anfeindungen und Versuchen, sie zu schädigen. Vis zur jüngsten Gegen wart sei eifrig an der Verbesserung gearbeitet worden und besonders mit dem neuen Semester treten auch neue gründlich durchberatene Lehrpläne in Kraft, nach denen die sich mehr kaufmännisch ausbildenden Schüler schon mit zwei Semestern eine abgeschlossene Ausbildung er werben können, während die vorwiegend technische Aus bildung drei Semester ins Auge faßt. Eine weitere, das Ansehen der Anstalt hebende Neuerung sah Redner auch darin, daß der Deutsche Mühlenoerband einen Vertreter zu den Prüfungen entsendet und die Zeugnisse der Abiturienten mit unterzeichnet. Nach der weiter noch treffliche Abschiedsworte an die Scheidenden enthaltenden Ansprache des Herrn Müller richtete auch der Vertreter des Verbandes, Herr Privatus Naumann aus Dresden, ein kurzes Wort an dieselben, darin hervorhebend, daß Still stand Rückgang bedeute. Herrn Naumann schloß sich, iin Namen der Stadt, noch Herr Stadtrat Schnabel an, in dem er den Abgehenden ans Herz legte, nun auch weiter in der Ferne ihrer Musenstadt Dippoldiswalde zu gedenken und für sie zu wirken. — Das erste und das letzte Schuleramen ist es, dem die Kinder mit besonderen Gefühlen entgegensehen und das auch die Eltern mit größtem Interesse verfolgen. Versetzen sich doch dabei letztere selbst wieder in ihre Schulzeit, deren erstes und letztes Jahr am festesten in der Erinnerung haftet. Darum waren auch wie sonst Heuer wieder die l. und die VII. Schulklassen zu den am Montag und Dienstag stattgefundenen Prüfungen von Ellern und Schulfreunden am meisten besucht. Doch ent behrten die übrigen Klassen auch nicht des Interesses, kamen doch auf eine Klasse im Durchschnitt 30 Besucher. Desgleichen haben die Herren Bezirksschulinspektor Bang, Superintendent Hempel, Schuloorstandsvorsitzender Stadt rat Heinrich und die übrigen Herren Mitglieder der städti schen Kollegien regelmäßig die Prüfungen mit ihrer Gegenwart beehrt. Vergleichen wir die Resultate der Prüfungen mit denen vor 30 Jahren, so sind auch heute noch der Prüfungsordnung nach Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen Hauptfächer und die Sicherheit im Wissen und Können nebst der Erziehung Hauptziel des Unterrichts; aber es kommt auch dem Laien so vor, als ob jetzt alle Fächer einheitlicher verschmolzen, interessanter angefaßt und lebhafter behandelt würden als früher, so daß das Lernen den Kindern immer mehr zur Lust wird. Frei lich wird ihnen nie das Knacken harter Nüsse erspart werden können, denn stets wird gelten: „Wer den Kern haben will, muß die Nuß beißen." Am meisten in die Augen fallend sind natürlich die alljährlich zu er kennenden Fortschritte in den technischen Fächern, wie z. B. im Zeichnen. Doch ist es interessant, wie hier zu weilen aufs Alte zurückgekommen wird, freilich methodisch instruktiver verarbeitet. Erfreuliche Resultate erzielt auch das gewerbliche Zeichnen in der Fortbildungsschule. Am Mittwoch vormittag fand in der Turnhalle die Turn prüfung statt, an die sich eine Eesangsvorführung der 6 Oberklassen anschloß. Eine stattliche Anzahl Besucher er freute sich an den exakten und anmutigen turnerischen Uebungen und an den schönen jugendfrischen Gesangs vorträgen. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat März 876 Einzahlungen im Betrage von 64 543 Mk. 56 Pf. geleistet, dagegen erfolgten 444 Rück zahlungen im Betrage von 84060 Mk. 22 Pf. — Geschäftsbericht des Vorschußvereins für Dippoldis walde u. Umg. (e. G. m. b. H.) auf den Monat März: Einnahme: 25 Mk. Geschäftsanteile, 7412 Mk. Spar einlage, 257 Mk. Zins von dem Reservefond, 16025 Mk. zurückgezahlte Vorschüsse, 250 Mk. Provision, 1045 Mk. Zinsen. — Ausgabe: 1145 Mk. Vorschüsse, 3873 Mk. gekaufte Staatspapiere, 0227 Mk. zurückgezahlte Spar einlage, 16 Mk. Stückzinsen, 2076 Mk. zurückgezahlte Dividende, 12 Mk. Unkosten. — Zum Quartals wechsel wollen wir alle diejenigen Personen, welche ihre Wohnung verändern, darauf auf merksam machen, daß sie nach dem hiesigen Einwohner- Melderegulative verpflichtet sind, innerhalb drei Tagen die Ummeldung in hiesiger Polizei-Expedition zu bewirken haben. Pirna. Der hiesige Rat beschloß, daß bei dem neuen Militärbau auf dem Kasernengelände nur einheimische Arbeiter beschäftigt werden dürfen. Burgstädt. Bürgermeister vr. Roth wurde in An erkennung seiner ersprießlichen Verdienste um die Stadt nach noch nicht ganz einjähriger Amtierung einstimmig auf Lebenszeit gewählt. Neustädtel. In festlicher sWeise beging vor kurzem die hiesige Fleischerinnung, deren Gebiet sich einst bis nach dem Vogtlands und bis nach Werdau und Glauchau erstreckte, die Feier ihres 150 jähr. Bestehens. Zwickau, 20. März. Gestern früh ist in der Scheune des Gutsbesitzers Albin Landrock in Zschocken auf noch unermittelte Weise Feuer ausgebrochen, das so schnell um sich griff, daß nicht nur die sämtlichen Landrockschen, sondern auch die benachbarten Karl Scheibnerschen Guts gebäude bis auf ein Schuppengebäude völlig nieder brannten. Gerettet konnte nur wenig werden. Leider ist bei dem Brandunfalle auch ein Menschenleben zu beklagen. Die im 55. Lebensjahre stehende Ehefrau Scheibners, Ida geb. Ehrler, welche sich an den Reltungsarbeiten be teiligte, ist hierbei in den Flammen umgekommen. Im Laufe des gestrigen Vormittags wurde ihr Leichnam unter den Trümmern gefunden. Auerbach. Um die Erbauung von Arbeiter wohnungen zu fördern, wird die Sparkasse Häuser mit Arbeiterwohnungen bis zur vollen Höhe der Brandkasse beleihen und ist mit Genehmigung des kgl. Ministeriums des Innern vom Sparkassenreseroefonds ein Betrag von 50,000 Mk. abgezweigt worden, aus dem etwaige Ver luste, welche der Sparkasse aus diesen Beleihungen er wachsen könnten, gedeckt werden sollen. Schneeberg. Nach dem Jahresberichte des hiesigen königl. Gymnasiums wurde dieses am 1. März. d. I. von 183 Schülern besucht. Tagesgeschichte. Berlin. Durch kaiserl. Verordnung vom 28. März sind die Reichstagsmahlen auf den 16. Juni festge setzt worden. Gleichzeitig bringt die „Nordd. Allg. Ztg." nachfolgende Kundgebung in dieser Angelegenheit: „Mit dem Ferienbeginn des Reichstages ist zugleich der Termin für die Neuwahlen bekannt gegeben worden, gleichzeitig mit der Weisung an die Behörden, mit den Wahl vorbereitungen ungesäumt vorzugehen. Die Festsetzung des Termins hat auch den vielen Erörterungen über die Dauer der Legislaturperiode ein Ende gemacht. Es ist kaum ein ernster Zweifel möglich, daß die Legislatur periode mit dem Wahltage als dem Geburtstage des jedesmaligen Reichstages beginnt. Will man also nicht ein Vakuum schaffen, so dars der Wahltermin niemals auf ein späteres Datum anberaumt werden, als das vorige war. Der Anberaumung der Wahl auf einen früheren als der vorige würde, um zu vermeiden, daß eine Zeit lang zwei gewählte Reichstage vorhanden sind, die Auflösung des vorhandenen Reichstages zur Voraus setzung haben. Die verbündeten Regierungen haben durch Anberaumung der Wahl auf den 16. Juni den einfachsten und natürlichsten Ausweg getroffen." München, 31. März. Gestern nach 11 Uhr brach in der Eeschützremise des 4. Bataillons des 7. bayrischen Feldartillerie-Regiments Großfeuer aus. Die Remise wurde emgeäschert. 6 Geschütze, sowie mehrere Fahrzeuge ver brannten. Der Schaden ist bedeutend. Die Entstehungs ursache ist unbekannt. Rußland. Das russische Militär-Strafgesetz ist durch eine Verordnung des Zaren dahin ergänzt worden, daß für den Verrat militärischer Geheimnisse und für Spionage je nach der Straffälligkeit Verlust aller Rechte und 15 bis 20 Jahre oder unbefristete Zwangsarbeit oder auch Todesstrafe erfolgt; weniger schwere Fälle werden mit Verlust aller Rechte und vier- bis achtjähriger Zwangs arbeit, Verlust aller persönlichen Standesrechte und Ab gabe in die Arrestanten-Abteilungen auf verschiedene Fristen oder mit Festungshaft auf vier bis sechs Jahre, Verlust einiger persönlichen und Standesrechte und Aus schließung aus dem Militärdienst bestraft. Verlobung. Den lieben langen Tag wollte die Türglocke nicht still stehen. Die ganze Treppe lag schon voll Seiden papier, aus dem man die Sträuße und Blumentöpfe ge wickelt hatte, bevor man klingelte. Das zierliche Stuben mädchen mit dem blütenweißen Rüschenhäubchen hatte beim Oeffnen jenen unnachahmlich verständnisinnigen Blick, mit dem routinierte Dienstboten andeuten, daß sie wissen, bei der Herrschaft „is was nich richtig". Die rundliche, kleine Sanitätsrätin war schon ordent lich erschöpft vom Besuchempfangen. Den Vormittag über hatte die beglückte Schwiegermuttermiene leidlich vorge halten, obgleich die erfahrensten der gratulierenden Kaffee schwestern an einer gewissen Gereiztheit ihres Tons und der ganzen Nervosität ihres Wesens doch beobachtet hatten, daß sie das Familienereignis mit gemischten Gefühlen an sah. Kein Wunder auch — die älteste Tochter mit einem Oberleutnant verlobt, die andere während ihres ersten Gesellschaftswinters umschwärmt und umworben wie keine zweite Dame — und nun spielt ihr der Kauz von Sohn, der die angesehensten Partien in der Stadt machen konnte, diesen Streich! - Uebrigens — wenn sie nicht geahnt hätten, daß die Geschichte einen wunden Punkt hatte, wären die guten Freundinnen nicht so eilig zum Glückwünschen gekommen; heute morgen waren ja erst die Verlobungsanzeigen ein- getrofsen. Aber es war so prickelnd wohltuend, die hoch mütige Frau durch teilnahmsvolle Fragen nach der Per sönlichkeit der Braut aus dem Gleichgewicht zu bringen. Und gar diejenigen, die selber Töchter besaßen, für die sie nach dem glänzend besoldeten jungen Bankdirektor mehr oder weniger offenkundig geangelt hatten, konnten sich» nicht versagen, ihre Bissigkeiten so bald wie möglich los zu werden. Gott sei Dank, die Stunde der offiziellen Besuche war vorüber; jetzt stellte sich der Familienkreis zum Nach mittagskaffee ein. Da brauchte man nicht länger Komödie zu spielen; die Verwandtschaft wußte ja, wie die Eltern über diese Mesalliance dachten, und was es für häusliche Szenen gegeben, bis Walter es durchgesetzt hatte, das Ge sellschaftsfräulein von Baurats als Braut in sein Eltern haus zu führen. Sie trafen alle überpünktlich ein, die Onkels und Tanten und Vettern und Kousinen; niemand wollte doch das Schauspiel versäumen, wenn Walter mit der Erkorenen zu Hause einrückte. Und von diesem Zuschauerkreis er hoffte das sanitätsrätliche Paar noch das beste: vielleicht würde die stumme Kritik, die auf stillschweigendem Ein verständnis beruhende ablehnende Haltung der gesamten lieben Verwandtschaft von so erschütterdem Eindruck ans den unwillkommenen Eindringling sein, daß dieser, wenn