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Die ..Weißeritz. Zeitung" Erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatig 42 Nla. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz -ZkitW Anzeiger für DippoMswalde und Umgegend. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage tzeß Blattes eine sehr wiÄ- same Verbreitung finden werden mit 10 Pfg. diq Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — W- vellarische und eomplicme Inserate mit entsprechen» dem Aufschlag.—- Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzech» 20 Pfg. Zmsqklgss für die Königliche Amtshauxtmaimschast, das Königliche Amtsgericht nnd den Ktadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitig.m „Jllustrirteu UuterhaltungSblatt". Mit land- und hauSwirthschaftlicher Monat-beilage. Nr. 110. Dienstag, dm 20. September 1898. 64. Jahrgang. Gedenktage für 18S8. Zum 70. Geburtstag und 2Sjühr. Regierungsjubilümn König Alberts von Sachsen. SV. September. 1896. Die Stadt Annaberg im Erzgebirge feiert ihr 400zahr. Bestehen in glänzender Wege. 81. September. 1869. Das Hoftheater in Dresden wird ein Raub der Flammen. Die politische Krifis in Frankreich. Das schändliche Verbrechen, welches der edlen Kaiserin Elisabeth von Oesterreich in Genf das Leben raubte, hat eine volle Woche hindurch dis Aufmerk samkeit der öffentlichen Meinung von den unseligen Zuständen in Frankreich abgelenkt. Indessen gewahrt man jetzt, daß die Dreysus-Tragikomödie sich wohl oder übel doch ihrem Ende und hoffentlich auch ihrer Lösung naturgesetzlich zuwendet, denn da der Oberst Henry als Hauptbelastungszeuge im Dreylus-Prozesse als Schwindler entlarvt und durch Selbstmord sein eigenes Verdammungsurtheil gesprochen hat, da ferner der Oberst Paty de Clam, ebenfalls ein Hauptzeuge gegen Dreyfus, soeben seines Amtes entsetzt wurde und der famose Major Esterhacy ins Ausland ge flüchtet ist, so bleiben gegen Dreyfus doch nur noch die alten unbewiesenen Verdachtsmomente bestehen, in welchen Niemand einen klaren Schuldbeweis gegen Len des Verraths verdächtigten und zu lebensläng licher schwerer Verbannung aus die einsame Teufels insel verurtheilten Dreyfus erblicken kann. Die Re vision des Dreyfus-Prozefles und die nochmalige klare Untersuchung der Schuldfrage gegen diesen Mann wäre also doch eine Konzession, welche die französische. Regierung und das französische Kriegsministerium der aufgeregten öffentlichen Meinung in Frankreich machen müßte. Nun halten aber seltsamer Weise sowohl der neue französische Kriegsmtnister General Zurltnden als auch der Präsident der französischen Republik Felix Faure an der Auffassung fest, daß Dreyfus dennqch nicht unschuldig sei und eine Revision seines Prozesses nicht angängig sei. Der Ministerpräsident Brisson nebst den übrigen Ministern verlangen aber eine Wiederaufnahme des Dreysusprozesses, um die Schuld oder Unschuld des Verurtheilten klarzulegen. Die Entscheidung hat unter diesen Umständen jetzt lediglich der Präsident der Republik Felix Faure in der Hand, und trifft er eine verkehrte Entscheidung oder thut er etwas, waS die Republik in Frankreich noch weiter dtSkreditirt, so ist eine große politische Krisis da, welche für Frankreich unberechenbare Folgen haben kann. Won einer einfachen Ministerkrisis kann in dieser traurigen Angelegenheit in Frankre ch überhaupt keine Rede mehr sein, denn es können zehn neue Minister kommen und keiner wird etwas erreichen, wenn er sich auf den Standpunkt stellt, daß die jüngsten Vorgänge für die Unschuld des Dreyfus gar nichts bewiesen, oder wenn der Präsident der Republik seine Zustimmung zur Wiederaufnahme des Prozesses verweigert. Wenn nun aber der Präsident der Republik nebst dem Kriegs minister die Wiederaufnahme des Prozesses gegen Dreyfus verweigern, so müssen sie außer dcr Schuld frage doch noch sehr schwere Bedenken gegen einen neuen DrsyfuSprozeß haben, denn sonst würden sie sich nicht so sehr dagegen auslehnen. Eine ungeheuer liche Bloßstellung der französischen Heeresleitung fammt der französischen Regierung scheint bevorzustehen, wenn der DreyfuSprozeß von Neuem beginnt und schandbare Zustände enthüllt. Das öffentliche Gewissen Frankreichs ist in dieser schrecklichen Angelegenheit auf gewühlt, und ein finsteres Gespenst, das Verhängnis der Schuld, die Hydra des Argwohns und des all- gemeinen Mißtrauens sind zu EchicksalSmächten in Frankreich geworden. Da fragt man nur noch, wie wird die einst so stolze französische Republik die e Krifis Überstehen. LoLittes und Kächstfches. Dippoldiswalde. Sonnenklar wie zu den Ernte tagen war auch der Himmel am Erntefeste, das am vorigen Sonntage in unsrer mit Früchten des Feldes und des Gartens geschmückten Stadtkirche ge feiert wurde. Als besonders günstige Zeugen der heurigen Fruchtbarkeit waren vor dem Taufsteine manneshohe Haferhalme mit schweren Rispen auf gestellt. Das dankerfüllte Gemüth der zahlreichen Kirchenbesucher folgte zunächst andächtig den Worten des SS. Psalm: „Laßt uns mit Danken vor sein An gesicht kommen", vie in der Kirchenmusik von Kantor Hellriegel mit jubelnden Klängen emporjauchzten. Die grobe Liebe Gottes, die uns Heuer so sichtbar ge segnet, sand Lob und Preis in der Erntepredigt, die Herr Pastor Köhler aus Seifersdorf für den erkrankten Herrn Diakonus Büchting übernommen hatte. Aus Grund des 1. Corintherbriefes 13, 8 schilderte der Festprediger die Liebe als den Erntewagen unseres Gottes, wie er durch die ganze Weltschöpfung fährt, wie er in jedem Hause einkehrt, und wie er mit seinem Segen ewig währt. — Zu der Ende September und Anfang Oktober dieses Jahres stattfindenden Ausstellung der gewerb lichen Schulen ist von dem Ministerium des Innern Herr Schuldirektor Schulze mit zur BeurtheilungS- kommisston berufen worden. — Behufs persönlicher Anregung hat das Aus stellungskomitee einige Herren gebeten, die Orte unseres Bezirks im Laufe dieses oder nächsten Monats zu bereisen. Daraufhin sind schon mehrere An meldungen erfolgt. ES ist aber auch die Wahr nehmung gemacht worden, daß im Drange der Ernte geschäfte die Einladungen noch nicht an die Gewerb- treibenden vertheilt worden sind. Letztere werden darum hierdurch gebeten, sich diese Einladungsbogen von ihren Gemeindevorständen auShändigen zu lassen und ihre Anmeldungen recht bald an den betreffenden Stellen zu bewirken. — Geh. Hofrath vr. Ackermann, der Abge ordnete des S. städischen Landtagswahlkreises, dem sämmtliche Städte der Amtshauptmannschaft Dippoldis walde zugetheilt sind, beging am 16. September sein SOjähriges Anwaltsjubilänm. — Vom sächsischen Ministerium des Innern war vor Kurzem ein Preisausschreiben für landwirthschaft- liche G^ Höftbauten des bäuerlichen Grundbesitzes im Königreich Sachsen erlassen worden, und zwar wurden Entwürfe verlangt für vier verschiedene Be- sitzgrößen von 1 Hektar bis zu 30 Hektar. Der Er folg des Preisausschreibens war günstig: 65 Be werber sandten 83 Entwürfe mit 19 l Plänen ein. Das Unternehmen soll dazu führen, daß auf den Bau schulen, die sich in der Regel in gröberen Städten be finden, wo Lehrenden und Lernenden die Berührung mit den praktischen Bedürfnissen der Landwirthschast fehlt, auch die landwirthschaftlichen Bauten mehr Wür digung finden als bisher. Die Arbeiten sollen aber auch den Landwirthen selbst als Musterentwürfe für ihre Bauten zugänglich gemacht werden und deshalb können die preisgekrönten und angekausten Entwürfe fammt den Kostenanschlägen durch den Buchhandel be zogen werden. — Am Donnerstag Abend unternahm das „Uni- sormirte Ech tzenkorps" zu Lengenfeld eine Nacht- Felddienstübung mit darauffolgendem Biwak. — Wozu? Kreischa. Ein jäher Tod hat den Versorger einer zahlreichen Familie am Freitag früh dahingerafft. Der Ziegeldecker W. ist Morgens 6 Uhr in Golbe rode bei seiner Arbeit vom Dache gefallen und schon nach wenigen Minuten, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein, gestorben. Er war beim ersten Aussteigen ausgeglitten, wollte sich an einer Latte fest halten, diese gab aber nach und W. stürzte kopfüber herab. Ob er mit dem Kopfe auf eine« Stein ge fallen oder auf den Gartenzaun, ist ungewiß. Dem Unglücklichen war die Echädeldecke zertrümmert und auch das Rückgrat gebrochen. Eine Wittwe und sech unmündige Kinder trauern um den Vater, der im besten Rufe stand. Seit 1875 ist er Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, die in ihm einen lieben Ka meraden verliert. Poffendorf. Der evangelische Arbeiterverein, welcher vergangenen Monat hier gegründet wurde, zählt gegenwärtig etwa 25 Mitglieder. — Am Erntedankgottesdienste vergangenen Sonn tag fand eine Kollekte für die hiesige Gemeinde diakonie statt, welche nächstes Jahr in der Parochie Poffendorf zur Einführung gelangt. Pretzschendorf, 18. Septemer. Unser« Herr« Pfarrer Böttcher, der am Reformationsfeste all dem geistlichen Amte zu scheiden gedenkt, ist von Sr. Maj. dem Könige in Anerkennung seiner langjährigen und treuen Dienste das Ritterkreuz I. Klaffe des AlbrechtSordenS verliehen worden, welches ihm heute Nachmittag auf bissiger Pfarre in Gegenwart de- Kirchenvorstandes durch Herrn Superintendent Meier in feierlicher Weise auSgehändigt wurde. Frauenstein. Unter der allgemeinsten Theilnahme der gesammten Bevölkerung fand an der vergangenen Mittwoch die feierliche Eröffnung der neuerbauten Eisen bahn Klingenberg-Frauenftein statt. Auf allen Stationen wurde der Eröffnungszug, der gegen 11 Uhr von Klingenberg-Kolmnitz abfuhr, aufs festlichste empfangen und alle Reden klangen aus im Danke gegen den König und die Staatsregierung. In Frauenstein bildete sich alsbald ein Festzug, an dem außer den Ehrengästen 20 Festjungsrauen, die Schützengilde, der Militärosrein, Turnverein, Feuerwehr und Ge sangverein „Liedertafel" sich betheiltgten. Der Fest zug bewegte sich durch die Stadt, wo er überall freudig empfangen und mit Blumenspenden überschüttet wurde. Die Festtafel nahm einen angenehmen Verlauf. Im Hotel zum „Goldnen Löwen" und „Goldnen Strauß" fand Abends Festball statt. Dre-deu. Die Königin, die Prinzen des königl. HaufeS, Prinzeß Mathilde, die Staatsminister, da diplomatische KorpS, die Generalität, sowie das öster reichische GesandtschastSpersonal und viele Oesterreicher und Ungarn wohnten Sonnabend Vormittag dem feierlichen TrauergolteSdienste für die Kaiserin von Oesterreich in der Neustädter Katholischen Pfarr kirche bet. — Als Fleischbeschauer dürfen nach einer Ent scheidung des Ministeriums des Innern an die Kreis hauptmannschaft Leipzig auch solche Personen nicht angestellt werden, welche das Fleischergewerbe nur al- Hausschlächter betreiben. — Der Kantoren- und Organisten-Verein der Kreishauptmannschast Dresden hält seinen diesjährigen Vereinstag am 26. und 27. d. M. in Riesa ab. — Aus Sibyllenort wird geschrieben: Um die Konzession eines Hotels in Sibyllenort ist ein Streit ausgebrochen, der für weitere Kreise von Interesse sein dürfte. In dem Termin vor dem Bezirksaus schuß in BreSlau erklärte der Amt-vorsteher von Sybtllenort: „Wird diese Hotelkonzession ertheilt, so schließt der König von Sachsen den Park von Sibyllen ort". Daraufhin hatte der Bezirksausschuß den Kon zessionskläger abgewiesen. Nun ist die KonzessionS- klage für das völlig ausgebaute und eingerichtete Hotel von Neuem ausgenommen worden. Da da erste Verfahren für den Eigentümer des Hotels einen negativen Erfolg gehabt hatte, beantragte jetzt der Pächter des Hotels für sich die Konzession, gegen deren Ertheilung wiederum der Gemeindevorsteher, so wie der Amtsvorsteher zu Sibyllenort, der gleichzeitig Ober-Wildmeister des Königs von Sachsen ist, Wider spruch erhoben. In der dieser Tage vor dem KreiS- ausschuß zu Oels stattgehabten mündlichen V-rhand-