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Die Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei» mal: Dienstag. Donners tag und Sftnyghend. — Preis vierteljährlich 1 M. LL Pfg-, zweimonatlich St Pfg-, «inmonatllch 4S Nig. Einzeln; Muunem Eg. - Alle Postan- palten, Postboten, sowie tzi« Aaenten nehmen Be- stellungen an. Wcherih-Icitms. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei da bedeutenden Auflage deS SL.EM werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Staun, berechnet. Ta» bellartsche und complicirtg Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Lheile, die.Spalt-nM 20 tzfg. Amtsblatt für die Königliche Umishaupimannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnr m Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrieren NuterhattmegSblatt". Mit land« und hausmirthschastlicher Ma«a»beila«e. Nr. 68. Dienstag, dm 14. Juni 1898. 64. Jahrgang. LoLaks und Sächstfches. Dippoldiswalde. In unserem Wahlkreise und namentlich in den Vororten Dresdens wird die Meinung verbreitet, es hätte zu einer Einigung zwischen den Ordnungsparteien kommen können, wenn nicht der Wahlausschuß für Herrn Andrä in seiner Korre spondenz sehr schroff gegen die deutsch-soziale Reform partei vorgegangen wäre. Wir haben uns, um Auf klärung in der Sache zu erhalten, an den gedachten Ausschuß gewandt und von demselben bereitwilligst die gepflogene Korrespondenz zur Verfügung gestellt erhalten. Hiernach liegt allerdings die Sache anders. Nicht die deutsch-soziale Resormpartei hat ein Hand- inlandgehen angeregt, sondern dec Wahlausschuß für Herrn Andrä. Das Schreiben lautet: Der ergebenst unterzeichnete Wahlausschuß wendet sich mit der Bitte an Sie, bei der demnächstigen Reichstagswahl dem vom Bunde der Landwirthe für den 6. sächsischen Wahlkreis aufgestellten Reichs tagskandidaten, Herrn Rittergutsbesitzer Andrä in Braunsdorf, einen Sonderkandidaten nicht entgegen stellen zu wollen, vielmehr für diese Kandidatur mit derselben Bereitwilligkeit einzutreten, wie dies bereits seitens der konservativen Partei geschehen ist. Der Wahlkreis kann, wie die Verhältnisse heute liegen, nach diesseitiger Auffassung nur dann w.eder der Sozialdemokratie entrissen werden, wenn sich die Ordnungsparteien im Wahlkampfe nicht befehden, sondern von Anfang an Schulter an Schulter gegen den Umsturz kämpfen. Die letzten Wahlen sind in dieser Beziehung so lehrreich gewesen, daß nach unserer Ansicht keine vaterländisch gesinnte Partei sich der angestrebten Vereinigung entgegensetzen darf, wenn sie nicht bewußt die Sache der Umsturzparlei fördern will. Daß der Kandidat von einer wirthschastlichen Vereinigung aufgestellt worden ist, deren Anhänger im Wahlkreise die ausschlaggebende Stimme besitzen und verschiedenen politischen Parteien angehören, erscheint uns für ein Handinhandgehen aller Ord- nungsparteten besonders glücklich, da dadurch ein einseitiges Aufgeben von Parteigrundsätzen vermieden wird. Ihre gefällige Entschließung hierauf recht bald erbittend, zeichnen wir in vorzüglicher Hochachtung und Ergebenheit. Burgk bei Porschappel, am 26. Febr. 1898. ' Der GesammtauSschuß für die Wahl des Herrn Rittergutsbesitzers Andrä. W. Kütlner. Daraus hat der Wahlausschuß der deutsch-sozialen Reformpartei für den 6. sächsischen Reichstagswahl- Ereis am 27. Februar geantwortet, - „daß er eS ablehnen müsse, sich mit dem jenseitigen Vorschläge weiter und ernstlich zü befassen." Die Gründe, die für diese schroffe Ablehnung angegeben sind, hat der Wahlausschuß des Herrn Andrä in einem späteren Schreiben zum Theil wider legt, zum Theil nicht anerkennen können, und so ist denn bedauerlicher Weise die von dem letzteren an gestrebte Einigung nicht erzielt worden. — Am Sonnabend fand die erste gemeinschaftliche Sitzung der Vorstände des landwirthschaitlichen Ver eins und des Gewerbevereins behufs Vorbereitung der für nächstes Jahr in Dippoldiswalde geplanten Ausstellung statt. Dieselbe soll möglichst vor Mitte Juni beginnen, 9 Tage dauern und Produkte -lius vem ganzen amtShauptmannschastlichen Bezirke umfassen. Einladungen zur Beschickung derselben werden demnächst ausgesandt werden. — Am Sonnabend versammelten sich im hiesigen Bahnhofshotel die Mitglieder des Bezirks le hrer- veretnS, um zunächst einen Vortrag des Herrn Ktrchschullehrers Laue-Schönfeld anzuhüren über: „Die Mutter, des Kindes erster Erzieher." Erzieherisch wirken soll sie 1) durch eigenes Beispiel in Wahrheits liebe, Schamgefühl und Freundlichkeit, in ihrer äußeren und inneren Erscheinung, 2) durch Zucht, indem sie mit scharfem Auge auf des Kindes Spiel und Spiel genossen achtet, dasselbe zur Gottseligkeit anleilet, Lohn und Strafe weise anwendet und Familienfesten nur einen mäßigen Umfang gestattet, 3) durch Unter weisungen, nicht im Lesen, Schreiben und Rechnen vor der Schulzeit, sondern durch Erzählungen soll sie die Sprache des Kindes bilden, durch Anleitungen die Sinne üben, und dann während der Schulzeit die häuslichen Schularbeiten beaufsichtigen. So stellte der Vortragende ein hohes Ideal der natürlichen Er zieherin auf, aber entspricht die Wirklichkeit demselben auch immer? Darauf erstattete Herr Lehrer Buckel Bericht über die Lehrerversammlung in Breslau und auf seinen Antrag wurde beschlossen, für den Bezirks lehrerverein das Organ des deutschen Lehrervereins „Die deutsche Schule" und für jede Zweigkonferenz ein Jahrbuch desselben zu bestellen, allerdings nur diejenigen Konferenzen als Zweigkonf. des B.-L.-Ver- eins anzusehen, deren Mitglieder auch diesem voll zählig angehören. Der Schluß der Versammlung ge staltete sich zu einer Abschiedsseier zu Ehren des Herrn Schuldirektor Rasche, des Vorsitzenden des B.-L.-Ver- eins, dem Herr Oberlehrer Hellriegel warme Worte der Wehmuth, des Dankes und deö Wunsches widmete. Während Herr Kirchschullehrer Brückner ihm für seine lebhafte Theilnahme an den Arbeiten des pädagogischen Vereins dankte und seiner Familie mit Segenswünschen gedachte, feierte Herr Lehrer Fleischer den Scheidenden als theilnehmenden und anregenden Freund und Kollegen, wofür der Gefeierte seinen Dank in einem Glückwunsch für den B.-L.-V. und den pädagogischen Verein ausklingen ließ. Noch erfüllte Herr Fleischer eine Ehrenpflicht durch Erinnerungsworte an den ver storbenen Collegen Wackwitz. Dieser festlichen Ver sammlung von Lehrern fehlten selbstverständlich auch gesangliche und instrumentale Vorträge nicht. — Mit der Bitte um Aufnahme wird uns fol gender Bericht zugesandt:-Die deutschsoziale Reform partei hielt am Sonntag Abend eine öffentliche Wahl versammlung im Saale der ReichSkrone ab, in der sich der Kandidat der Resormpartei des 6. Wahlkreises, Herr Viktor Hugo Weicker, seinen Wählern vorstellte. Trotzdem nur deutschnationalgesinnte Wähler ein geladen waren, hatte sich doch die bekannte sozial demokratische Sprengkolonne aus dem Plauenschen Grunde singesunden, und verlangten diese stürmisch das Wort, das ihnen aus Grund früherer Vorgänge, die nur daraus berechnet waren, die Versammlung zu sprengen, vom Vorsitzenden verweigert wurde, lärmend verlieben diese Leute hierauf den Saal. Herr Weicker, aufs freudigste begrüßt, entwickelte in der ihm eigenen markigen Weise seine politischen Grundsätze, und widerlegte insbesondere auch das Gerücht, das auch von seinem Gegenkandidaten Herrn Andrä, verbreitet werde, daß es sich für ihn hier nur um eine Zählkandidatur handle; er erklärte, daß ihm seine Kandidatur für den 6. NeichstagSwahlkreiS durch aus ernst sei und er das Mandat, wenn das Ver trauen der Wähler ihn damit ehre, in gewissenhafter Weise vertreten werde. Alle gegentheiligen Gerüchte seien unlauterer Wettbewerb, sodann auSsührend, daß es ein großer Jrrthum sei, die konservative Welt anschauung mit der konservativen Partei zu vermengen und daß man recht gut konservativ gesinnt sein könne, ohne mit der konservativen Partei einverstanden zu sein. Weiter besprach Herr Welcker die großen Aus gaben des nächsten Reichstages, und forderte alle nationalen Männer auf, mitzuwirken an der Samm lung aller produktiven Stände auf nationalem Boden, damit das ehrliche deutsche Handwerk den nöthigen Schutz ganz besonders gegenüber dem übermächtigen Großkapital finde. Als eine seiner Forderungen stellte Redner auch eine Reichseinkommensteuer hin, derart, daß alle Einkommen dazu herangezogen würden, jedoch die Ein kommen bis 6000 Mk. nur mit einem geringeren Be trage, der dagegen von 6000 Mk. aufwärts stark an- stetgen müsse. Mit lautem Beifall wurden die Aus führungen des Redners belohnt. — Radfahrer thun gut, ihre Maschinen nicht durch längeres Stehenlaffen allzusehr den Strahlen der Sonne auszusetzen, da sich hierdurch die in der Pneu matik eingeschloffene Lust derart erhitzen kann, daß sie infolge der Ausdehnung im Stande ist, die Pneu matik, namentlich dann, wenn dieselbe oollgepumpt ist, zu zerreiben. Beerwalde. Bei dem am Sonntag früh über unfern Ort ziehenden Gewitter schlug der Blitz ohne zu zünden, in das Wohnhaus des WirthschastSbefitzerS Julius Reichel und beschädigte in arger Weise Esse, Kammern und Wohnzimmer. Die Reichelsche Familie, welche sich im Wohnzimmer aushielt, blieb unversehrt. Glashütte. Am Sonnabend Abend ertrank beim Baden in der Müglitz an der sog. Bärensteiner Brücke der 16jährige Mechanikerlehrling Jacob aus Dresden. Derselbe wurde als Waise in Dittersdorf erzogen und trat dann hier in die Lehre. Seine Kameraden, dhr mit ihm badeten, sahen, daß er an einer tiefen Stelle verschwand, konnten ihn aber nicht mehr erreichen, nach langem Suchen holte man ihn mit Stangen heraus. Jedenfalls hatte ein Herzschlag seinem L-ben ein Ende bereitet. Seine sterbliche Hülle wurde nach dem Fried- Hofe in die Parentationshalle überführt. — DaS durch die heißen Tage hervorgerufene Bedürfniß, zu baden, hat hier leider bereits ein Opfer gefordert. Am Sonnabend Abend in der 8. Stunde ist der 17 Jahre alte Mechanikerlehrling Jakob in der Nähe der Kohlsteigbrücke in der Müglitz ertrunken. Derselbe war in eine sehr tiefe Stelle gerathen und konnte nach vielen vergeblichen Bemühungen erst in einer Stunde herausgeholt werden. — Leider wird die von Herrn Kasiske im vorigen Jahr erbaute, jedoch durch das Hochwasser weggerissene Badeanstalt wohl nicht wieder errichtet! — In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend übernachtete hier eine Truppe Zigeuner, unter welchen sich auch eine Schwerkranke befand. Früh wurden dieselben nach der Grenze transportirt. Altenberg. Am Mittwoch Abend machte der hiesige hochbetagte Tischlermstr. Pf. seinem Leben in folge Lebensüberdrusses ein Ende. Hänichen. Kürzlich bemerkt', ein Eisenbahnbeamter auf der Bahnstrecke Hänichen-Potschappel, daß sich in der Nähe des MarienschachteS einige Knaben auf dem Geleise zu schaffen machten. Als man nun mit dem Zuge an die Stelle kam, nahm man mit Erstaunen war, daß Steine auf das Geleis gelegt waren. Die Knaben hatten bereits das Weite gesucht. Dem Gendarm Fleischer aus Nöthnitz ist es gelungen, die Thäter zu ermitteln, es sind 3 im Aller von 7—11 Jahren befindliche Knaben. Dresden. Ein altes Dresdner Wahrzeichen, die Fleischbänke, deren Entstehung mit Jahrhunderte alten Privilegien zusammenhängt, werden demnächst ver schwinden, obwohl sich die Inhaber der Bänke, meist Dohnaer Fleischermeister, heftig hiergegen sträuben. Sie verlangen sehr hohe Summen für die Aufgabe ihres allen Rechtes. Meißen. In unmittelbarer Nähe der Haltestelle Triebifchthal, gegenüber der Huttenburg, hat sich ein Eisenbahnunfall ereignet. Als der Personenzug von Leipzig die Strecke passirt hatte, entgleisten von dem in der gleichen Richtung einsahrenden Güterzuge in der vorderen Hälfte des Zuges vier Wagen. Zwei davon stürzten links den hohen Damm hinunter nach der Triebisch zu, blieben jedoch in Verbindung mit dem Zuge, die anderen zwei Wagen legten sich auf der anderen Seite quer über das zweite Gleis, dieses dadurch versperrend. In einem der den Damm herab»