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Die ..Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienütag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 V?g. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie dte Agenten nehmen Be itellungen an. Mchmtz -ZitW. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Ranm berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen den, Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsölalt für die Königliche Amtshauptmmnschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit -chtseittgrm „Jllustrirt«. Unterhalt«.«,blatt". Mit land- und hauSwirthschaMicher M"°1«beit--., Nr. 66. Donnerstag, dm 9. Juni 1898. 64. Jahrgang. . ——> am" Gedenktage für 1898. Zum 70. Geburtstag und 25jithr. Regierungsjubiläum König Alberts von Sachsen. v. Juni. 4871. Kronprinz Albert verläßt Frankreich. 10. Juni. 1871. Kronprinz Albert trifft aus Frankreich kommend m Dresden ein. -Lokales und Sächsisches. — Am 2. dieses Monats und folgende Tage hat eine abermalige Ausloosung Königlich Sächsischer StaatSpapiere staltgesunden, von welcher die aus 3'/,«/» herabgesetzten, vormals 4 °/<> Staatsschulden-Kassen scheine von den Jahren 1852/55/58/59/62/66 nnd /68, 3'/» °/o dergleichen vom Jahre l867, auf 3'/, > herabgesetzten, vormals 4 »/« dergleichen vom Jahre 1869, die durch Abstempelung in 3'/u "/» und 4 «/» StaatSpapiere umgewandelten Lübau-Zittauer Eisen- babnaktten I-it. A und U, ingleichen die den 1. Dez. 1898 zurückzuzahlenden, auf den Staat übernommenen 3*/, °/o Partialobligationen von den Jahren 1839/41 der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzusügen aufmerksam gemacht, daß die Liste der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger veröffentlicht, auch bei sämmt- lichen Bezirkssteuereinnahmen und Gemeindevorständen des Landes zu Jedermanns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen weroen zugleich die in früheren Terminen auSgeloosten, bez. gekündigten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die AuSloosungen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor gewarnt werden, sich dem Jrrthume hinzugeben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und chiese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital un- gekündigt sei. Die Staatskaffen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung präsentirten Zinsscheine nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgeloofter oder gekündigter Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfindet, so werden die von den Bethetligten in Folge Unkenntniß der Ausloosung zu viel erhobenen Zinsen seiner Zeit am Kapitale gekürzt, vor welchem ost empfindlichen Nachtheile sich die Inhaber von Staats- wapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungs listen (der gezogenen wie der restirenden Nummern) schützen können. — Unter den im 1. Vierteljahr 1898 in den Personenwagen der sächsischen Staatsbghnen zurück gelassenen Gegenständen befinden sich nicht weniger «IS 375 Herren- und Damenschirme und fast ebenso- viele Epazierftöckr. — Als eine Wirkung de« Margarinegesetzes, die den Butterproduzenten wenig erwünscht sein dürste, bezeichnet es das „Gasth.", daß die Fleischer, für die besonder« Verkaufsräume nicht vorgeschrieben sind, mit dem Verkauf von Margarine beginnen. Die Kölner Fleischerinnung hat bereits beschlossen, den Verkauf won Margarine einzuführen. Reinhardtsgrimma. Am 5. Juni sand in Rein- chardtSgrimma Wahlversammlung für die Kandidatur .oatt, die Herr VorwerkSbesttzer Melde - Ober- yäSIich mit Ansprache und Hoch auf König, Kaiser und Vater,and eröffnete und dann auch leitete. Hr. «ekonomierath »ndrä stellte sich den ca. 70 erschiene nen Wählern als Nichtfremder vor, forderte unter V ° °uf den Umstand, daß bei letzter Reichstag«, wähl 8404 Wähler unser« Bezirks (doch sicher nur aus den Reihen dex Ordnungsfreunde) daheimgeblteben seien, zu regster Wahlbethetligung auf, mit fester Zu- verficht auf den Sieg der OrdnungSporteien. Hier- «nf entwickelte er sein Programm al» Anhänger der deutschkonseroativen Partei in I'/.stündiger, fesselnder Rede, wies besonders mit Entschiedenheit die in der Presse seiner Gegenkandidaten und ganz besonders des reformerischen, veröffentlichten Angriffe und Verdächti gungen zurück und gewann sich durch seine treffenden, freimüthigen Ausführungen das volle Vertrauen seiner aufmerksamen Zuhörer; nicht als ein einseitiger Agrarier, sondern als ein von bestem Willen beseelter Vertreter der Interessen aller Stände erstand er vor ihnen. In diesem Sinne kennzeichnete er unter Anführung geeignet scheinender Mittel und Wege seine Stellung zur Landwirthschast, die produkttonsfähig, zur Industrie, die konsumtionsfähig zu erhalten erstrebt werden müsse, wie eben auch dem Handwerk mehr Schutz durch vie Gesetzgebung zu vermitteln sei. Besonders rief Redner auch auf zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, der größten Gefahr fürs Vaterland; jeder bei der Wahl Daheimbletbende erkenne dieselbe nicht. Der einsichts vollere Theil der Arbeiterschaft sei durch persönlichen Verkehr und Rückfichtnehmen zu achten und zu ver söhnen und durch Aufklärung und wohlwollende Be einflussung zu heben. Eine Debatte fand nicht statt; wohl aber forderte im Auftrage des WahlkomitöS im hiesigen Bezirke Herr Direktor Rasche-Dippoldiswalde zum Schluffe nochmals zu recht regsamer Wahlbethä- tigung am 16. Juni aus. Fraurnstein. Am 5. Juni fand hier die JahreS- Hauptversammlung des Konservativen Vereins im Frauensteiner Amtsgerichtsbezirke statt, zu welcher 65 Mitglieder erschienen waren. — Am gleichen Tage sand hier auch eine sozialdemokratische Volksversamm lung statt, in welcher ein Redner aus Leipzig für den sozialdemokratischen Kandidaten Schulze-Cossebaude Stimmung zu machen suchte, wohl ohne jeden Erfolg, wie aus dem Verlauf der Versammlung hervorgeht. Welcher Gesinnung die anwesenden etwa 80—100 Männer waren, geht wohl auch daraus hervor, daß die Versammlung mit einem von Pastor Nürnberger ausgebrachten und begeistert aufgenommenen Hoch auf König und Kaiser endete. Dresden. Da sich sämmtliche Saalbesitzer Striesens weigerten, ihre Räumlichkeiten für politische Versamm lungen zur Verfügung zu stellen, konnte die für Dienstag angesetzte Wähleroersammlung hier, in welcher sich Herr Oekovomierath Andrae-Braunsdorf den Wählern vorstellen wollte, nicht stattfinden. Dresden. Am Sonnabend ist plötzlich der frühere königlich sächsische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in München, Wirk!. Geheimer Rath und Kammerherr Oswald Freiherr v. Fabrice, Excellenz, gestorben. Er diente dem sächs. KöntgShause seit Jahrzehnten als Hos- und Staats beamter. — Die Bahnhofsbauten in DreSden-Neustadt nehmen einen rüstigen Fortgang. Zur Freilegung des Bauplatzes für den vereinigten Personenbahnhof der schlesischen und Leipziger Linien ist der gesummte alte Schlesische Bahnhof außer Betrieb gesetzt. Die Abbruchsarbeiten beginnen jetzt mit Niederlegung der an der alten Bahnhossankunslshalle stehenden Bäume, ferner mit Abbruch von Geleisanlagen und mit Nieder legung der Heizhäuser am BischosSwege nebst ihren Dampsschornsteinen. Die Verlegung des Bahnkörpers für die von Leipzig kommenden PersonenzugSgeleise und die Einführung der letzteren mit besonderer Linie aus einem hohen Damme in den künftigen Bahnhof zeigt unweit der Malzfabrik von König an der Coswiger Straße bereits erhebliche Fottschritte. An dem hier ausgeschütteten hohen Damme sind bereit« die Treppen aufgänge für den neuen Haltepunkt Pieschen fertig gestellt, ebenso die Straßenunterführung unter der viergeleisigen Bahn. Die Großenhainer Straße, welche zu überbrücken ist, wird jetzt an einer Stelle vor übergehend verlegt, um den umfänglichen Brücken bauplatz freizulegen. Für die Dammschüttung und mehrere Straßenunterführungen zwischen der Großen hainer Straße und dem Bischofsplatze beginnen jetzt die Vorbereitunqsarbeitsn (Baugeleisanlagen rc.) An der künftigen Verbindungsbahn zwischen der Leipzig- Dresdner Bahn und dem Neustädter Küterbahnhofe am Leisniger Platze ist bereit« ein Brückenjoch in beträchtlicher Höhe über der unterführten Straße nahezu fertiggestellt. Pirna. Ein in einem hiesigen Eteinsägewerks- betrtebe beschäftigter Schmiedegeselle hatte das Unglück, mit dem linken Arm in eine im Betrieb befindliche Haferquetschmaschine zu gerathen, wodurch ihm der Vorderarm vollsiändig abgequetscht wurde. Den Be- dauernSwerthen führte man dem hiesigen Stadt krankenhause zu, nachdem ihm an Ort und Stelle schon ärztliche Hilfe zu Theil geworden war. — Die EdmundSklamm wurde während der beiden Pfingstfeiertage zusammen von über 9000 Personen und an den folgenden Tagen von über 4000 Aus flügler» besucht. Neun Schaluppen waren ununter brochen in Thätigkeit, um den erheblichen Verkehr zu bewältigen. Hohnstein. Welche anstrengende Arbeit die hies. Postbeamten während der vergangenen Feiertage zu bewältigen hatten, ersteht man daraus, daß vom Brand, Hotel „Zum Polenzthal* und au« der Stadt selbst zwischen 7000 und 8000 Anfich'Skarten zur Be förderung gelangten. Reichspostkarten wurden höchstens 10 Stück abgegeben. Chemnitz. Es war zur Zeit, als die „Maxer" in Chemnitz standen, e'wa 1860. Die Maxer gehörten zu einem Infanterieregiment und trugen hellblaue Uniformen mit gelben Kragen, Aufschlägen u. s. w., weshalb sie auch Postregiment oder kurz „Poster" ge nannt wurden. Wer damals seine Steuern nicht be zahlte, zu dem wurde als Exekutor ein Soldat ge- schickt, welchen der Steuerrestant so lange zu be köstigen und zu verpflegen hatte, bis der Steuerrück stand bezahlt war. Ein solcher Exekutor ward nun auch einem damals in Chemnitz studirenden Chemiker „auf die Bude" geschickt. Der Chemiker, ein lustiger Bruder Studio, bewillkommnete und verpflegte „seinen Soldaten", wie er ihn nannte, aus'S Beste. Er ließ sofort Bier und Essen anfahren, aber seine Steuern könne er nicht bezahlen, so behauptete er. Ganz noth- wendig müsse er gleich noch ein Experiment vollenden, der Soldat solle sich indes nicht stören lassen, die sich dabei entwickelnden Gase seien weder unangenehm, noch der Gesundheit schädlich. Im Gegentheil. Und nun begann unser Chemiker, Gase mit drei GaS- retorten zu entwickeln. Mit der ersten Sauerstoffgas, mit der zweiten wohlriechende Gase und mit der dritten ein GaS, welches wir nicht verrathen wollen, um nicht zur Nachahmung des Experimentes zu veranlassen. Soldat und Chemiker befanden sich in der kleinen Stube, die schnell mit Gasen angefüllt war, recht be haglich und beim eifrigen Essen und Trinken bemerkte der Soldat nicht, daß sich durch die Gase daS Blau seiner Uniform in ein schönes Helles Laubfroschgrün, das Gelb aber in ein feuriges Roth verwandelte, während Litzen, Knöpfe, Mctalltheile seiner Ausrüstung schwarz oder stahlblau wurden, das Lederzeug aber jenes fuchsigrothe Ansehen lange nicht gewichster Stiefel bekam. An jener Stelle der Hosen, mit welcher der Soldat auf dem Stuhle gesessen, behielten die Hosen ihr schönes ursprüngliches hellblau. Als die Farb töne ein den Chemiker befriedigende« „Feuer" erlangt halten, sagte er, er sei mit dem Experimente zu Ende, öffnete die Fenster und besann sich jetzt auf einmal, daß er ja in der Schublade in dem Reseroebeutel noch Geld Haden müsse. Er sah nach und richtig, es war genug vorhanden, dem Soldaten die Steuern bezahlen zu können und ihn mit einem guten Trinkgeld« fort zuschicken. Aus der Straße sammelte sich schnell eine Menge loser Buben um den Soldaten. Johlend riefen sie: He guckt mal den, he guckt mal den I Ma sst denn das für e neues Regiment? Erst jetzt ent-