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i Die .Weißeritz-Zettlmg" erscheint wöchentlich drei- «ial: Dienstag, Donners- taz und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatkcy 42 Vtg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- > statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. WeWtz-MiiU Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finde«, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raun, berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle» Theile, die Spaltenzelle 20 Pfg. Amtsökatt für die Königliche Amtshaupiinannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Nedacteur: Paul Ichnc in Dippoldiswalde. Mit achtseitigrm „Jllustrirlen Nuterhaltunglblatt". Mit land, und ha«8wirtbschaftlicher Monat-beila-e. Nr. 29. Dienstag, den 8. März 1898. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. WehmuthSvoll begehen wir Heuer den 9. März: soweit dis deutsche Zunge klingt, in Dorf und Stadt, zu Wasser und zu Lande, die zehnte Wiederkehr eines denkwürdigen Sterbe tages. Vor zehn Jahren, am 9. März 1888, schied unser unvergeßlicher Kaiser, Wilhelm der Erste, im fast vollendeten einundneunzigsten Lebensjahre sanft dahin. Wie ein Wahrzeichen deutscher Kraft, deutschen Pflichtbewußtseins und deutscher Herzensgüte steht seine hehre Gestalt noch leibhaft in der Erinnerung vor uns da — ein Vorbild auch für Alle, die nach uns kommen werden, die nicht miterlebt haben, was uns vergönnt war, mit eigenen Augen zu schauen. Staunend werden sie einst aus Büchern vie Thaten erfahren, die uns so lebendig begeistern; aber ihr Herz wird ebenso lebhaft und seurig klopfen wie das unsere, wenn sie im Geiste sich in die Tage der Vergangen heit zurückversetzen, und mit Andacht und edlem Stolze werden sie, wie wir, zu dem alten Kaiser Wilhelm hochblicken, der deutsches Sehnen und Fühlen so wunderbar schlicht und anschaulich verkörperte. Im Volksmunde hieß er nicht pomphaft „Wilhelm der Große" oder „Wilhelm der Siegreiche", wie man in neueren Geschichtswerken ihn vielfach genannt hat, sondern ganz simpel „der alte Wilhelm" — und dieser rührend vertrauliche Name spricht am beredtesten sür die innige Verehrung, die ihm allenthalben tn über reichem Maße zu Theil wurde. Niemals ist der Tod eines Herrschers schmerzlicher empfunden, ehrlicher be trauert worden, als der seine. Die Szenen, die sich am Sterbetag vor seinem Polais, Unter den Linden in Berlin, abspielten, werden Jedem, der l aran Theil nehmen durfte, unauslöschlich im Gedächtniß haften. Wie da reich und arm, vornehm und gering, bei schneidender Kälte, Kops an Kops gedrängt, Stunden lang harrte, um Nachricht aus erster Hand über den Zustand des greisen Patienten zu erhalten; wie man untereinander nur im leisesten Flüsterton zu sprechen wagte, damit der geliebte Echläser, den man auf dem Wege der Besserung wähnte, nur ja nicht im Schlummer -gestört werde; wie jeder Bote, der mit sorgenvoller Miene die Rampe des Schlosses herabschrilt, sofort von Hunderten geräuschlos umringt und in fieber hafter Spannung ausgeforscht wurde; wie endlich, als die düstere Todeskunde nicht länger aufzuhalten war, ein krampshastes Schluchzen und Weinen durch die Menge ging, das Alles bot in seinem Wechsel von Furcht und Hoffen, in seinen Ausbrüchen zärtlichster Liebe und tiefster Niedergeschlagenheit ein erschütterndes Schauspiel, dessen packender Gewalt sich niemand zu entziehen vermochte. Und wie in Berlin, so erhob sich im ganzen Deutschen Reiche ein Klagen, das nicht dem Kaiser oder Politiker galt, sondern dem großen und guten Menschen, der mit Wilhelm dem Ersten, dem „alten Wilhelm", aus dem Kreise der Lebendigen schied die Thränen, die ihm flössen, wurden mehr noch dem treuen, fürsorglichen Vater des Volkes, dem Beschützer der Schwachen nachgeweint, als dem Herr scher und Helden, dem obersten Kriegsherrn. Am Tage der zehnten Wiederkehr seines Slerbegedenktages, ist die Todtenklage verstummt und die Thränen haben ausgchürt zu fließen. AuS reineren Höhen schaut der Verklärte auf uns herab, ein leuchtendes Vorbild jeder männlichen Tugend, die unseren Söhnen und Enkeln zum Segen gereichen kann. Lehren wir sie, gerecht und gütig zu sein, wie er, bescheiden und selbstlos; ermahnen wir sie, täglich und stündlich, ihre Kraft nicht in unnützen Wortgefechten, in müßigem Zungenstreit und kleinlichen Haarspaltereien zu ver gruben, sondern einig zu sein, im Großen und Kleinen, das Gute zu wollen und das Rechte zu lhun, sich willig vor dem Ueberlegenen zu beugen und dem Schwächeren freudig hülfreiche Hand zu leihen. Pflanzen wir ihnen sein gläubige« Gottverlrauen, sein strenges Pfltchlbewußtsein ins Herz und erziehen wir sie nach seinem Muster zu tapferen, tüchtigen, thätigen Menschen. „Ich habe keine Zeit, müde zu sein", sagte der alte Kaiser, als er noch auf dem Sterbebette mit säst versagender Hand und erlöschender Kraft seine Unterschrift geben und Staatsgeschäfle erledigen wollte. In diesen so einfachen und doch so herrlichen Worten liegt der köstliche Inhalt eines Lebens beschlossen, das reich an Ruhm und Erfolgen, aber noch reicher an innerer Größe war! — Am bevorstehenden Bußtage find t in hiesiger Stadtkirche nicht nur früh 8 Uhr, sondern auch Abends 6 Uhr Beicht- und Abendmahlsgottesdienst statt. Auch wird an diesem Tage sowohl beim Vor- als beim Nachmittagsgottesdienste eine Kollekte für die Zwecke der inneren Mission unserer Landeskirche gesammelt, welche der Opferwilligkeit der Gemeinde hierdurch aufs Wärmste empfohlen sei. 26 Vereine und Anstalten der inneren Mission haben durch die vorjährige Kollekte (19800 Mk.) Unterstützung erhalten können. — Das III. Abonnement-Concert, das die hiesige Stadtkapelle am Freitag im Saale der Reichs krone aussührle. war wie alle vorhergehenden sehr gut besucht. Die Occhesterstücke gingen wiederum glatt durch, und selbst die schwierige 2. Ungarische Rhapsodie von Liszt wußte die Kapelle geschickt zu bewältigen. Als Solistin trat die Conzert- und Opernsängerin Frl. Margarete Knothe aus Dresden auf, die mit ihrer gut geschulten, weittragenden Stimme ihren hier schon früher erworbenen guten Namen auch diesmal wieder in oer Agathe-Arie aus „Freischütz" und in 2 Liedern von Abt und Arditibewährte. Fürsden stürmischen Applaus dankte sie durch eine hübsche Zugabe. Alle Gesänge wurden von dem Orchester begleitet, das an manchen Stellen noch etwas dccenter hätte auftrogen können. — Heute Montag Abend hält im Rathhaus, in seinem gewöhnlichen Lokale, der Gewerbeverein eine Versammlung ab, in der Herr Kontroleur Schubert einen Vortrag über die neuesten Nordpolfahrten, der „Jeanette", Friedjof, Nansens und Andrees Ballon fahrt, hallen wird. Der Vortrag wird durch zahl reiche Lichtbilder anschaulich gemacht werden und dürste ein zahlreicher Besuch, hoffentlich zahlreicher als er den bisherigen Vorträgen leider stets zu Theil wurde, beschieden sein. — Rückwärts blickend auf das Jubelfest im ver flossenen Jahre zu Ehren des Heldenkaisers Wilhelm I. und vorwärlsschauend auf dis Jubelfeier dieses Jahres zum Ruhme unsers Königs, nahm am Sonntag in der Monatsversammlung des hiesigen König!. Sächsischen Militär^ereins Herr Lehrer Unger in seinem Vortrage Gelegenheit, die anwesenden Kameraden in den „Geist der Zeit und der Männer, der die Her anbildung der genannten deutschen Helden beeinflußte", einzusühren. Redner schilderte, wie zu Anfang dieses Jahrhunderts, als alle Vaterlandsliebe in den deut schen Landen säst erstorben war, gottbegnadete Männer, namentlich Arndt und Fichte, es verstanden haben, das edle Feuer vaterländischer Begeisterung wieder zu entzünden. Die Saat, welche diese Männer durch Wort und Schrift ausstreuten, ist in den Herzen der Heranwachsenden deutschen Jugend ausgeblüht und hat in den Jahren 1870 und 71 die herrlichsten Früchte getragen. Der Vortrag sand dankbarste Ausnahme. — Aus den Mitteilungen des Vereinsoorsitzenden an die Versammelten sei erwähnt, daß Kam. Lommatzsch «en. zum Ehrenmitglied des Ausschusses ernannt worden ist, ferner, daß Herr Bäckermeister Baumgarten an Stelle des ausscheidenden Herrn Seilermeister Klotz in den Ausschuß eingetreten ist und endlich, daß der Verein zwei Kameraden aus seiner Mitte erwählen wird, die sich an der Fahnenpacade bei Gelegenheit des Jubiläus Sr. Maj. des Königs stetheilige» sollen. — Die auf das vergangene Veretnsjahr bezügliche Jahresrechnung ist geprüft und für richtig befunden 64. Jahr-ang. — I worden. — Die Versammlung sand durch eine bur leske Vorlesung des Herrn Vorsitzenden ein vergnügliche- f Ende. — Im Vereinsabende der Turnriege „Frisch auf", an dem diesmal auch die übrigen Turner thetlnahmea und der durch den Besuch der Herren Ingenieure Baumgartner und Schöler, sowie mehrerer Turn- rathsmitglievsr ausgezeichnet wurde, hielt der Vor sitzende des Turnvereins, Herr Eidner, am Sonnabend seinen schon srüher angekündigten Vortrag über den Polarforscher Nansen. Der höchst instruktive, klare und faßliche Vortrag begann mit einem kurzen Abriß des bisherigen Lebenslaufes, verbunden mit einer Charakteristik des kühnen Norweger, behandelte dann eingehend seinen Aufenthalt uno seine Studien auf dem Walfischfängerschiffe „Jason", sowie die darauf folgende Ueberschreilung des Eisgürtels und die Durch querung Grönlands, beides Vorbereitungen zu seiner Hauptfahrt. Flüchtig wurde dann die VorbereitungS- zeit zu letzterer, wie seine Reise nach England, der Bau der „Fram" u. s. w. berührt und endlich die Hauptsatz selbst nach dem Nordpols, dem der un erschrockene Reisende bekanntlich bis zum 87.° n. Br. nahe kam, lebendig und begeisternd geschildert. In dem Redner dann zuletzt noch betonte, wie besonders durch seinen eisenscsten Willen, seine großartige Energie und sonstigen Eigenschasten Nansen auch sür jeden jungen Mann als Vorbild dienen könne, schloß ersterer seinen dankbarst aufgenommenen Vortrag mit einem dreifachen Hoch auf den kühnen Forscher in der Ferne. — Wie vorsichtig man beim Ausleihen von Hypotheken sein muß, zeigt, wie man uns schreibt, folgender Fall. Ein braver Bäckermeister offerirte 4000 Mk. zu diesem Zwrck. Da stellt sich ein Kötzschen- brodaer geldbedürfliger Agent ein, erbittet sich unter Vorlegung eines neuen Brandoerflcherungsscheines ge nannten Betrag und erhält die Zusage desselben nach erfolgtem Eintrag im Grundbuche. Mit einer Ge schwindigkeit von 0,0 bringt der leere Tascheninhaber auch den Hypothekenbrief über 4000 Mk., eingetragen auf Parzelle ?, an erster Stelle. Im guten Glauben, baß Alles seine Richtigkeit habe, zahlt Meister Bäcker den erwähnten Betrag aus. Als zwei Quartale Zinsen ausllieben, erkundigt sich derselbe und erfährt zu seinem nicht geringen Schrecken, daß er sein Geld auf eine Wegeparzelle in Kötzschenbroda geliehen, welche einen Taxwerth von 300 Mk. besaß. In der nun mehr erfolgten Zwangsoerst-igerung erhielt er solche sür 800 Mk. zuzüglich 260 Mk. Kosten zugeschlageu. Leider hat eine arme Wsttwe noch ihre sauer ersparten 2000 Mk. unter gleichen Vorspiegelungen auf diesem Wege an zweiter Stelle ausgeliehen, wie ein Guts besitzer mit 8000 Mk. von demselben Schwindler auf ein anderes Objekt hereingelegt wulde. Die letzteren beiden Fälle haben leider noch ausgesührt werden können, trotzdem daß der zuerst H reingesallene sofort der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattete. Hennersdorf. Vielfachem und langgehegtem Wunsche entgegenzukommen, soll sür die Gemeinden Ammelsdors, Hennersdorf und Sadisdorf ein land» wirthschastlichcr Verein behuss gegenseitiger Belehrung über Fachinleressen gegründet werden und findet die erste diesbezügliche Versammlung- Donners tag, den 10. März, Abends '/»8 Uhr im hiesigen Erbgerichlsgasthose statt, in der H-rr KretSsekretär vv. von Lltlrow über den Nutzen landwirthschaftlicher Vereine sprechen wird. Recht zahlreiche Betheiliguug an dieser Versammlung ist sehr erwünscht. — Der hiesige K. S. Militärverein beabsichtigt, sich in diesem Jahre eine Fahne zu schaffen und ist deren Weihe etwa Mitte Juni geplant. Dresden. Auf Antrag der zweiten Deputation der Ersten Kammer bewilligte dieselbe am 4. März einstimmig Kap. 17, 18 und 19 des außerordentlichen