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Die «Weißeritz-Zeitung" -^scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlra- 42 Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Wchelih-Ikltmg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welch« bei d«e bedeutenden Auftage bet Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen den» Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Lheile, die Spaltenzeil« SO Pfg. Amtsölatt für die Königliche Umtshauplrnannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. 62. Jahrgang. Sonnabend, den 12. Dezember 1896. Nr. 143. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnc in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Untrrhaltungsblatt".Mit land- und hauSwirthschastlicher MonatSbeilage. Lokales «nd Sächkfches. Dippoldiswalde. Mit Gottes Hilfe ist der Fabrikneubau der Firma Reichel glücklich ohne Unfall beendet worden, so daß der Umzug vom Markt nach der Bahnhofsstrobe bewirkt werden konnte in die neue Fabrik, die nach fachmännischem Urtheil hinsichtlich ihrer Einrichtung als eine der praktischsten Slrohhut- sabriken der Jetztzeit gelten kann. Das stattliche, vom Baumeister Schmidt aufgesührte Hauptgebäude ist 29 Meter lang, 15 Meter tief und 24 Meter hoch. Ein gröberer Schuppen, sowie das Maschinenhaus mit der 35 Meter hohen Dampfeffe bilden den Hinteren Hof. Das Hauptportal befindet sich an der westlichen Giebel seite. Begeben wir uns zunächst eine Treppe abwärts, so gelangen wir in das völlig ausgenutzte Souterrain, denn eS befindet sich daselbst die geräumige Haus- mannSwohnung mit Küche und Speisesaal. Dem Geschäftsbetriebe aber dienen der Anseuchteraum und die Appreturanstalt, die heiße DampstrockenHalle und das dunkle Schweselgewölbe, sowie endlich die Werk stätte zum Herstellen der Gypsformen. Im Parterre liegen rechts und links vom Eingänge das öffentliche und das Privat-Contor des Fabrikhcrrn, der Lackier baum, sowie der große Presser- und Zishcrsaal mit 12 Preffen verschiedener Systeme und 3 Tafeln mit 24 Plätzen für die Zieher. Dieser Saal, welcher noch Platz für weitere 8 Preffen bietet, wird getheilt durch die vom Boden bis zur Decke reichenden Reale zum Ausbewahren der hölzernen und eisernen Hutformen. Hier, wie in jeder der anderen Etagen auch, fällt uns die praktische Wasserversorgung besonders ins Auge. Ueberall der Wasserhahn mit Waschgefäß, darüber aber ein Hahn zum sofortigen Anschrauben des Schlauches bei Feuersgefahr. Wir steigen sodann weiter ins erste Gestock und finden neben dem großen Packraume das Musterzimmer, eine Expedition und das Lager der fertigen Hüte. Natürlich gehl auch durch diese wie durch alle Etagen der mechanische Auszug, der extra von einem Motor zu zwei Pferde kräften bedient wird. Neben der Garderobe, einer Heineren Wohnung, dem Lager halbfertiger Sachen und der Garnierausgabe wird sodann das zweite Gestock von dem großen Saale -d°r Garnie-erinnen und Drahterinnen beansprucht, während der Nähsaal mit 56 Maschinen, die aus 100 erhöht werden können, die Garderobe und die Geflechtausgabe im dritten Gestocke liegen. Auch hier ist ein elektrischer Motor aufgestellt, welcher mit vier Pferdekrästen die Maschinen in Betrieb setzt. Aus der Geflechtausgabe führt eine Extratreppe in das mächtige Geflechtlager, welches im untern Dachraume feinen Platz gesunden hat. Zum Abstieg können wir nun zur Abwechslung die eiserne Nothtreppe benutzen, welche am östlichen inneren Giebel heradsührt. In den sämmtlichen schönen hohen Räumen herrscht angenehm warme Temperatur, hervor gebracht durch die von der Hannoverschen Central heizungs-Bauanstalt eingerichtete Dampfheizung. Die Dampfmaschine selbst mit 27 Pferdekrästen lieferte die Leipziger Maschinenfabrik von PH. Swiderski, den Kessel dazu aber die Firma Gutsche in Crimmitschau. Die elektrische Einrichtung mit zwei Dynamomaschinen zu 12 und 8 Pferdekrästen zur Abgabe von der mm sämmtlichen Betriebe nöthigen Kraft und dem Licht <450 Flammen und eine Bogenlampe) stellte die Firma Sauerbrei und Kosterz in Dresden her. Die Adrigen Lieferungen dagegen hatten nur hiesige Ge- .rverbtreibende auszuführen. So lieferten Heinrich, Weinhold und Börner die Tischler- und Glaser-, Schmidt, Hamann und Bieberstein die Schlosserarbeiten. Die Maschinenfabrik von Schnabel arbeitete die eisernen Fenster, die Transmissionen, den Auszug, die Treppen geländer und die eiserne Nothtreppe. Kupserschmled Mutze lieferte die Kupferkessel, Klempner Philipp die Blecharbeiten und die Malerei führten die Maler Dötting und Bündel aus. Die Dacharbeit wurde 4>om Schieferdecker Wendler hergestellt, während die Liebel'sche Fabrik die Cementzwischenwände, die Kauf leute Jäppelt und Ehnes aber die eisernen Träger, resp. die Ziegel- und Essensteine lieferten. — Hoffen und wünschen wir, daß die neue Fabrik zur Freude ihres Besitzers, aber auch zum Wohle der vielen Arbeit nehmer und somit zum Wohle der Stadt selbst, blühe, gedeihe und floriere. — Die durch mehrere Zeitungen gegangene Notiz über die Verlängerung der Weihnachisferien in den Volksschulen, falls der 23. Dezember auf einen Mon tag oder der 2. Januar aus einen Sonnabend fällt, ist nicht allenthalben zutreffend. Das Kgl. Ministe rium des Kultus und öffentlichen Unterrichts hat aus drücklich abgelehnt, eine allgemeine Anordnung hier über zu treffen, will aber ausnahmsweise geschehen lassen, daß solchen Schulgemeinde-Vertretungen, die darum nachsuchen, je nach Lage der Umstände durch die Bezirksschulinspektionen gestattet werde, den Schul unterricht statt am 2. erst am 4. Januar 1897 wieder beginnen zu lassen. Reinhardtsgrimma. Am Sonntag wurde in Lippolds Restaurant hier eine zahlreich besuchte Ver sammlung der Reinhardtsgrimmaer Mitglieder der sächs. Fechtschule vom Verband Niederschlo'twitz ab gehalten behufs Abtrennung von dort und Gründung eines eigenen VecbandeS, was auch einstimmig be schlossen ward. Der edle Zweck, welchen die sächs. Fechtschule verfolgt: Unterstützung Armer und Hilfs bedürftiger, macht es wünschenswerth, daß recht viele noch Fernstehende den Verein beitreten, damit in er folgreicher Weise der Bedürftigen gedacht werden kann. Die Mitgliedskarte für das Jahr kostet 50 Pfg,, Mit gliedskarten für Reinhardtsgrimma und Umgegend find zu haben bei den Herren: Vorsteher Tischlermeister Eckhardt, Restaurateur Lippold, Friseur Hunger, H. Heerfurth, Walther-Buschhaus in Reinhardsgrimma und Kaufmann Hundt in Hirschbach. Reinhardtsgrimma. Am Mittwoch, den 9. De zember, hielt der Männergesangverein „Liedertafel" sein 20. Stiftungsfest im Feistner'schen Gasthofe ab. Die dargebolenen Gesangsvorträge wurden mit großer Präzision und reicher Schattierung gesungen. Sie bewiesen in ihrer Ausführung, daß der Liedermeister, Herr Cantor Schubert, die Leistungen des Vereins mit Erfolg apf eine höhere Stufe der Vollkommenheit zu heben sucht, daß ihn aber auch die Sänger in seinem Bestreben nach Kräften unterstützen. Wie ernst es der Liedermeister mit seiner Aufgabe nimmt, das bewies auch seine begeisternde Festrede, in welcher er über die Bedeutung des deutschen Liedes sprach. Das deutsche Lied, ein Spiegel deS deutschen Charakters und Gemüths, ein nimmer versiegender Born, aus dem unser deutsches Volk immer, insbesondere in schweren Zeiten (1813, 1870/71) geschöpft hat, das muß gepflegt werden, um alles Niedrige und Unedle zu ersticken. Wie sehr die Worte des Redners gezündet hatten, das bewies der reiche Beifall der Zuhörer. Höckendorf. Beim hiesigen Gntsbesitzer Kunath ist eine Kuh verendet, welche nach bezirkst hierärztlichem Gutachten mit Milzbrand behaftet gewesen ist. Der Kadaver ist daher vorschristsgemäß vergraben und find gegen Weiterverbreitung der Seuche alle sonstigen Borschristsmaßregeln getroffen worden. Kunath besitzt noch 3 Rinder, welche bei vorgenommener Untersuchung insgesammt gesund erschienen. Kipsdorf. B.-i dem Schadenfeuer vor 8 Tagen, das das Hotel Halali betraf, war zur Hilfeleistung auch die Schellerhauer Spritze erschienen. Drei den. In der Kapelle des Palais am Taschen berg- sand am 10. Dezember, Nachmittag» 1 Uhr, die feierliche Taufe des am Vortage geborenen jüngsten Sprossen de» Hauses Wettin statt. Nachdem die höchsten Herrschaften erschienen waren, hielt Bischof vr. Wahl die Tausrede und vollzog die Taufe. Der junge Prinz erhielt die Namen: Ernst Heinrich Ferdinand Franz Joseph Otto Maria Melchiades (Ernst Heinrich als Rufnamen). Hauptpate war: der Grobherzog von Toskana, vertreten durch den Erzherzog Leopold Ferdi nand; Tauszeugen waren der Kaiser von Oesterreich, der Erzherzog und die Frau Erzherzogin Otto von Oesterreich, der Erzherzog Joseph Ferdinand und die Erzherzogin Margarethe von Oesterreich (ToSkana). Der Kaiser von Oesterreich hatten als seinen Vertreter den vorgenannten Erzherzog Leopold Ferdinand ent sendet, während der Erzherzog und die Frau Erz herzogin Otto durch den Prinzen Johann Georg und die Prinzessin Mathilde vertreten waren. — Zur Taufe wurde Wasser aus dem Jordan verwendet, das Prinz Friedrich August bei seiner Orientreise vor mehreren Jahren selbst geschöpft hatte. — Um '/«2 war die heilige Handlung beendet und die Herrschaften verließen die Kapelle. — Bei der Versicherungsanstalt für das König reich Sachsen sind bis zum 31. Oktober d. I. 12876 Anträge auf Invalidenrente gestellt und davon 9752 anerkannt, 1993 abgelehnt und 872 in anderer Weise erledigt word-n. Altersrentenanträge wurden 23 369 gestellt und davon 18944 anerkannt, 3 397 abqelehnt und 760 in anderer Weise erledigt. Der Jahresbetrag der angewiesenen Invalidenrenten erreichte die Höhe von 1 189175 Mk. und der der Altersrenten 2353054 Mk. — Im Beisein der Staatsanwaltschaft und des Kreisgendarmen aus Bautzen fand am Sonntag in Markersdorf die Obduktion der Leiche der ermordeten unverehelichten Emler statt; die Wange deS unglück lichen Opfers war von 15 Schrolkörnern durchbohrt. Der erfolgte Bluterguß ist in den Mnnd sowie in die Luftröhre gelangt, sodaß in Folge Erstickung der Tod eingetreten ist. Die Leiche wurde nach der Obduktion nach der Leichenhalle des Reichenauer Friedhofs über geführt. Die in der Umgebung deS ThatorteS vor handenen vielen Blutspuren lassen darauf schließen, daß sich der Mörder an den Händen beim Einschlagen des Fensters verletzt hat. Aus der Flucht hat der Mörder den Ueberzieher unter dem Arme getragen; beim Ueberspringen des GartenzaunS hat er in Folge HinstürzenS etwa 2 Mk. in Nickelgeld verloren. Bon einem Knaben, der kurz vor dem Morde bei der Emler Einkäufe besorgt hatte und dort einen Mann antraf, der sicherlich mit dem Mörder identisch ist, wird letzterer als von langer, hagerer Statur geschildert, mit einem Anflug von Hellem Schnurrbart; die Kleidung bestand in dunkler Hose (in kurzen Schaftstiefeln steckend), dunklem Ueberzieher, weißem Halstuch und Krimmer mütze. In der Schlafstube der Ermord ten hat man theilS in einer Cigarrenkiste, theilS aus dem Fußboden verstreut etwa 230 Mk. gesunden, die der Mörder jedenfalls nicht mehr an sich nehmen konnte. Am II. November hat die Emler von dem Zittauer Bank geschäft Bormann u. Co. über 3000 Mk. baares Geld ausgezahlt erhalten; ob diese Summe von dem Räuber gestohlen oder von der Emler schon vorher ander weitig angelegt worden ist, konnte nicht sestgestellt werden. Lommatzsch. Um dem Mangel an Raum im Schul gebäude abzuhelfen, hat sich der Schulausschub vor die Nothwendigkeit gestellt gesehen, bei der Stadtvertretung die Errichtung eines mehrklassigen, neuen Schul gebäudes zu beantragen. Rath und Stadtverordnete sind dem Anträge beigetreten. — Der Knecht Oskar Schöne aus Mohlis, welcher seinerzeit im hiesigen Gerichtsgesängniß untergebracht war und aus demselben entfloh, ist, nachdem er längere Zeit die Freiheit genoffen, in Neugersdorf wieder er griffen und dem Amtsgerichte Neustadt zugesührt worden. Plauen i. V. Ein verlassenes Hau« stand vis in den Sommer d. I. in Oberreichenbach. Der angeblich in Berlin wohnende Besitzer kümmerte sich so gut wie nicht oarum. Niemand bewohnte e-. Niemand nahm darin eine Reparatur vor und so kam