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,Mei-eritz'3eitm," erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 85 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie vir Agenten nehmen Be- Znserat«, welche bet der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Hnih-MW Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmamschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: PM Jehllt in Dippoldiswalde. Mit achtseiligem „Jllustrirten Unterhaltangsblatt". Mit land- rmd hauswirthschaftlicher Monattbeilage. Nr. 59. Donnerstag, den 28. Mai 1896. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Pfingsten, das liebliche Fest, ist vorüber, doch soll es nach Deutung unsrer kirch lichen Pfingstprediger nachwirken im Geiste der Er- kennlniß, der Liebe und des Friedens und dadurch erst unter den Menschen seine Lieblichkeit als christ liches Fest entfalten. Der natürliche Mensch freilich verknüpft gern den Begriff ver Lieblichkeit mit dem eines sonnigen Himmels, einer lauwarmen FrühlingS- luft, einer ausgesproßten Natur und möchte darum vielleicht dem heurigen Feste obige Ehrenbezeichnung nicht geben, denn ein nebelgrauer Himmel, feuchte Luft, nasser Erdboden und fast herbstliche Kälte waren nicht geeignet, die Schaaren der Großstädter zu er freuen, denen die Pfingstfeiertage fast die einzigen im ganzen Jahre sind, an denen sie sich ein paar Tage lang den wohlthuenden Aufenthalt in der frischen Natur, bezüglich einen größeren Ausflug gönnen können. Diesmal aber mußten sie im näheren Umkreis bleiben, und die Wirthe entfernterer Gartenwirthschasten und Ausflugsorte schienen umsonst auf Besucher zu warten. Aber so leicht ist die Wanderlust nicht zurückzudrängen und trotz der unfreundlichen Witterung sind z. B. die wichtigsten Punkte der sächs. Schweiz noch ganz zahl reich besucht worden, etliche Touristen haben sich bis nach Böhmen hinein gewagt und sind dort am l. Feiertage mit Hellem Wetter und schöner Aussicht be lohnt worden. Auch die Frequenz auf unsrer Bahn bewies, daß sich der Wanderlustige doch nicht so schnell zurückhalten läßt, besonders da sich am 2. Feiertage das Wetter zum Besseren neigte, worauf der 3. geradezu als ein Prachttag verlief. — Wie sich das Weihnachts fest nicht ohne Christbaum denken läßt, so hat sich am Pfingstfest der Maienbaum als ständiger Gast ein geführt. Wir finden ihn in der Kirche, im Wohn zimmer, im Concert- und Ballsaale. Waren diesmal wegen feuchtkalter Witterung die im Steinbruch und in Berreuth stattgefundenen Morgenkoncerte unserer Stadtkapelle nicht zahlreich besucht, so erfreuten sich die musikalischen Aufführungen am 1. und 3. Feiertag- Abend in der Reichskrone und im Schützenhaus eines um so regeren Besuchs und gefielen dabei ganz be sonders die Blasquartette und die Lieder mit Trom petenchor. — Nachdem die König!. Kreishauptmannschaft dem hiesigen Bienenzüchterverein die Genehmigung zu einer Ausstellung ertheilt hat, ist als Platz zu derselben der Bahnhossgartennebstdaranstoßendem Salon gewählt worden. Poffendorf. In einem Dresdner Blatte war vor einigen Tagen zu lesen, daß das Projekt einer elektrischen Straßenbahn Niedersedlitz-Kreischa-Poffen- dorf-Deuben wohl schwerlich zur Ausführung gelangen werde, weil einige Gemeinden Schwierigkeiten bereiteten, Die Wahrheit dieser Nachrichten müssen wir jedoch bezweifeln. Wir sind in der Lage, Nachstehendes mit- zutheilen: Die Pläne, welche auf Grund der Vor arbeiten an das Ministerium eingereicht wurden, sind noch gar nicht zurück. Die Firma Kummer u. Co. hat zunächst privatim an einige Gemeinden die Anfrage ergehen lassen, ob dieselben geneigt seien, die Firma bei ihrem Unternehmen zu unterstützen. Auf diese Anfrage sind ganz befriedigende Antworten eingegangen. So hat der Bauausschuß der Gemeinde Deuben im Einverständnisse mit Niederhäslich der Firma das weiteste Entgegenkommen zugesichert. Auch die beiden größeren Gemeinden, Poffendorf und Kreischa, stehen dem Unternehmen ganz sympathisch gegenüber; Kreischa ist sogar bereit, finanziell mit unterstützen zu Helsen. Wenn vielleicht einige kleinere Gemeinden ihre volle Geneigtheit noch nicht gezeigt haben, so hoffte man, auch diese geringe Schwierigkeit in Bälde zu beseitigen. Auch hier heißt es: Einigkeit macht stark und führt zum Ziele! Unsere in Bezug auf Verkehrsmittel etwas weggesetzte Gegend könnte nur froh sein, wenn ihr durch ein so bequemes und billiges Verkehrsmittel etwas auf die Beine geholfen würde, und der Firma Kummer u. Co. müssen wir für ihr Entgegenkommen und ihre Mühen nur Dank zollen. Rechenberg. Der hiesige Erzgebirgszweigverein (Rechenberg-Bienenmühle und Umgegend) hat die Er öffnung einer Schülerherberge mit 3 freien Belten im Meyerschen Gasthofe zu Bienenmühle beschlossen. Diese Herberge wurde schon während der jetzigen Pfingstferien ihrer Bestimmung übergeben. Herbergs leiter ist Bahnhofsinspektor Felqner« Bienenmühle. Die Einrichtung der Herberge ist dem jungen Vereine (1895 gegründet) nur durch die thatkräftige Unter stützung der Vereine Chemnitz, Dresden und Leipzig möglich geworden. Dresden. Die Berathungen der Landessynode sollen Anfang Oktober ihren Anfang nehmen. Es ist eine vierwöchige Tagung für sie in Aussicht ge nommen. — Mit der fertiggestellten Eisenkonstruktion der Wettinstraßen-Unterführung ist nun der Umbau des Marienbrücken - Viaduktes in der Hauptsache beendet. Die gesamniten Arbeiten an dieser von je 8 Pfeilern zu beiden Seiten getragenen Brücke wurden vom Jacobi-Werke, Meißen, in kürzester Zett ausgesührt. Die beiden stadtseitig gelegenen Brückenköpfe zeigen in formvollendeter Bildhauerarbeit das sächsische Wappen, sowie die Jahreszahl der Beendung des Baues 1896 in Sandstein gehauen. — Das große Montag ege rüst für die Mittel halle des Dresdner Personenhauptbahnhoses, über welches sich jetzt ein Bogen von 59 Meter Breite und 30 Meter Höhe im Lichten ausspannt, ist jetzt hergestellt worden. Das Gerüst ist ein bewegliches Fahrgerüst und steht auf 16 starken Eisenbahnachsen und 8 ein fachen Radsätzen, die das mächtige Gerüst auf 4 Eisen bahngeleisen und zwei einfachen Schienensträngen fort bewegen lassen. Das Gerüst hat eine Breite von 55 und eine Tiefe von 22 Metern und «st 28,2 Meter hoch. Zu seiner Herstellung waren 18000 laufende Meter — 380 Kubikmeter oder 20 Eisenbahnwagen ladungen Holz erforderlich. Die Ausstellung selbst wurde innerhalb drei Wochen beendigt. Auf dem Gerüste befinden sich 8 eiserne Krähne, an denen mit Hilfe von 2 Lokomobilen die Eisentheile an starken Drahtseilen in die Höhe gezogen werden. — Der wegen Ermordung des Töpfers Koch verhaftete Töpfergeselle Fleischer beharrt, wie wir hören, bei seinem Leugnen und dürfte ebensowenig wie Kögler und ähnliche Verbrcher jemals zu einem Geständnisse zu bringen sein. Die Schuldbeweise gegen ihn sind jedoch dem Vernehmen nach so schwer belastend, daß er seinem verdienten Lohne auch ohne Geständniß nicht .entgehen wird. Von dem Belastungsmaterial dringt jetzt so manches in die Presse, wird aber meistens nicht richtig wiedergegeben. Die Kriminalbehörden lehnen es ab, alles dasjenige der Oeffentlichkeit pretSzugeben, was zum Beweise der Schuld Fleischers dienen wird. Der Prozeß gegen ihn wird sich seiner Zeit vor dem hiesigen Schwurgerichte abspielen und dort wird man dann das ganze Material kennen lernen. Von den verschiedenen Zeitungsnachrichten sei nur die eine be richtigt, wonach Fleischer Komplizen haben solle, von denen man schon verschiedene verhaftet habe. Es kann versichert werden, daß außer Fleischer niemand ver haftet worden ist und daß nicht der geringste Anlaß zu der Annahme vorliegt, daß noch andere Personen bei dem Morde betheiligt gewesen seien. — Dienstmädchen, welche nach Dresden kommen um dort Stellung zu suchen, sind in der fremden großen Stadt mancherlei Gefahren ausgesetzt. Um sie davor zu schützen, hat der Dresdner Verein zur Hebung der Sittlichkeit in dem Hause Karolastraße 4, II, nicht weit vom Hauptbahnhof (Altstadt), unter dem Namen Marthaheim eine Dienstmädchenherberge gegründet. 62. Jahrgang. Dort finden sie gute Wohnung und volle Verpflegung für den billigen Preis von 60 Pfennigen täglich und kostenfreie Stellenvermittlung. Die Nachfragen von Herrschaften sind im Marthaheim sehr häufig und Dienstmädchen mit guten Zeugnissen haben deshalb Aussicht von dort aus bald eine Stelle zu finden. ES kann ihnen also nur auf das wärmste empfohlen werden, bei ihrer Ankunft in Dresden im Marthaheim einzukehren. Eltern und Vormünder, denen am Wohle ihrer nach Dresden gehenden Töchter und Mündel liegt, werden gebeten, fie auf daS Marthaheim auf merksam zu machen. — Wie im Vorjahre gegen das miserable Pferde material, so wird die Stadt Leipzig auch jetzt wieder bei der Direktion der Großen Leipziger Straßenbahn interveniren müssen — diesmal handelt es sich aber um Menschen, d. h. um diejenigen Beamten, denen infolge der durch die Straßenbauten entstehenden Zeit verluste während der Fahrt thatsächlich nicht Zeit bleibt, ihr Mittagsbrot einzunehmen. Die Stadtverordneten beschlossen einstimmig, dagegen zu remonstriren. Pirna. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich hier. Am „Gasthof zur goldenen Krone" waren einige Maurer damit beschäftigt, das dortselbst zum Zwecke der Anstreichung des Gebäudes angebracht ge wesene Gerüst wieder auseinanderzunehmen. DaS noch stehende Gerüst stürzte um und fiel auf den am Hause vorbeisührenden Fußweg. In demselben Augen blicke kam dort die Frau des Kutschers Sprottke, ihr zweijähriges Kind im Kinderwagen fahrend, vorüber; sie wurde von den stürzenden Balken zu Boden ge schleudert und auch der Kinderwagen umgeworfen, aus dem das Kind herausfiel. Die Frau holte man alsbald unter dem Gerüst hervor und brachte sie nebst dem Kinde nach Hause. Zum Glück ist Letzteres, ab gesehen von einer beim Heraussallen aus dem Wagen erhaltenen Beule, unverletzt geblieben, dagegen hat die Frau eine starke Kopfwunde daoongetragen. Außer dem sind ihr einige Zähne ausgeschlagen worden und die linke Schulter nnd der linke Arm so von den Balken getroffen, daß der Arm eine Binde erhalten Hal. Ein auf dem Gerüste zur Zeit des Einsturzes befindlich gewesener Maurer konnte sich nur dadurch vor etwaigem Unfall bewahren, daß er sich an einem Fenster im 1. Stock anklammerte und auf dem Ge sims über dem Hausthor des Gasthofe- Fuß faßte. Meißen. In der letzten Stadtgemeinderathssitzung wurde die Pensionirung des Bürgermeisters Schiff ner vom 1. Januar 1897 an ausgesprochen mit dem Aus druck des Dankes für die Verdienste, die er fich in gesunden Tagen um die Stadt erworben. Als Pension wurde bei 22 bis 23 Dienstjahren 44 Hundertstel de» Gehaltes von 6600 Mark festgesetzt. Die Vormund schaft über Bürgermeister Schiffner ifi vor etwa 14 Tagen ausgehoben worden und er hat sich von der Anstalt Sonnenstein nach der vr. Hauptschen Anstalt in Tharandt begeben, um dort seine völlige Genesung abzuwarten. Für August ist die Neubesetzung des Bürgermeisterpostens in Aussicht genommen. Es dürfte sich aber nur um die Wahl eines ersten juristischen Stadtrathes handeln, da für den Bürgermeisterposten kaum ein Anderer als der neugewählte Stadtrath 0r. Ay Crimmitschau, der am 15. Juni sein Amt antritt, in Frage kommt. Lommahsch. In nicht zu ferner Zeit werden die hier bestehenden Fabriken durch eine Glasfabrik vermehrt werden. Dieselbe wird in sehr günstiger Lage gegenüber dem Bahnhofsgebäude aus Raubaer Flur errichtet werden. Die Fabrik wird nur Tafel glas sabriziren und Rohmaterial u. Ä. auch aus den nahen Prositzer Steinbrüchen verwenden. Roßwein. Ein interessanter Fall ereignete sich in AugustuSberg bei Nossen. Dort wohnt die 77 Jahre alte verwittwete Frau Löwe, welche seit 25 Jahren im dortigen Rittergut beschäftigt ist. Diese Greisin