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Mchnitz-MiW Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmamschast, das Königliche Amtsgericht und den Ktadtrath zu JiPpoldiswalde. ,Mi-erMflettu»s" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donner«- lag und Sonnabend. — »reiS vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich B4 Pfg., einmonatlich 42 " Pfg. Eiirzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- palten, Postboten, sowie Die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bet d« bedeutenden Auflage des Blatts eine sehr wirk same Verbreitung findens iverden mit 10 Pfg. die Spaltenzetle oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirtr Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im reoaktionellen Theile, die Spalienzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Päul Ithne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ,Zllustrirterr UnterhaltungSblatt". Mit land- «nd harr-wirthschaftlicher Mouatttellage. Nr. 54. Donnerstag, den 14. Mai 1896. 62. Jahrgang. Vor sünslnr-zivaiyig Jahren. 1». Mai. . In der voraufgegangenen Nacht wird vor Paris -aS Fort VanveS, das nur noch schwach die Beschießung der Regierungstruppen erwiderte, zum Schweigen ge bracht und konnte nicht mehr feuern. Die Pariser Besatzung zieht sich, von allen Seiten abgeschnitten, durch die Etetnbrüche von Montrouge zurück. Die Versailler besetzen die Trümmer deS Forts und pflanzen dort die Tricolore auf, wo so lange die Blutfahne der Commune g.weht hatte. IS Mai. Die Unordnung im Kriegswesen der Commune von Paris bringt eine Spaltung unter den Leitern der letzteren hervor. Eine Minorität derselben veröffentlicht in den Zeitungen eine Erklärung des Inhalts, daß sie die Dictatur des Wohlfahrtsausschusses nicht an zuerkennen vermöge und darum ihre Aemter niederlege. Die frage des AchtihklaeWG». Die Reichskommission für Arb iterstatiftik hat durch ihren Vorschlag, daß künftig alle offenen Ladenge schäfte in ganz Deutschland — mit wenigen bestimmten Ausnahmen — von der Zeit von Abends 8 Uhr an bis 5 Uhr Morgens für das Publikum geschloffen sein sollen, eine neue gesetzgeberische Maßregel sozial politischen Charakters von einschneidender Bedeutung für unser gesammteS Wirthschastsleben angeregt. Die öffentliche Meinung beginnt denn auch immer leb hafter zu dieser Frage Stellung zu nehmen, und auch im preußischen Abgeordnetenhause ist dieselbe jetzt zu einer erstmaligen eingehenden Erörterung gelangt, wozu der Antrag Brütt, die Staatsregierung aufzu fordern, dem genannten Vorschläge keine Folge zu leisten, den äußeren Anlaß gegeben hat. Das Er- gebniß dieser Verhandlungen läßt sich dahin zusammen- faffen, daß die große Mehrheit des Hauses den vor geschlagenen ZwangSschluß der offenen Ladengeschäfte um 8 Uhr Abends unter verschiedenen Gesichtspunkten als eine höchst bedenkliche Maßnahme betrachtet, mit welcher Auffassung sich die bis jetzt laut gewordenen Urthetle der öffentlichen Meinung in der Angelegen heit des AchtuhrladenschluffeS vollkommen decken. Die weitere Entwickelung dieses neuesten Problems unserer sozialpolitischen Gesetzgebung bleibt indessen zunächst abzuwarten, denn wie aus den vom Handelsminister v. Berlepsch bet Besprechung des Antrages Brütt ab gegebenen Erklärungen hervorgeht, hat die preußische Regierung noch keine Stellung zu dem beregten jüngsten Projekt der Reichskommisston für Arbetterstatistik ge nommen. Der Schwerpunkt der ganzen Frage liegt ^selbstverständlich in der Forderung, daß die Läden längstens Abends 8 Uhr geschloffen sein sollen; die Bestimmung, daß diese Ruhezeit bis zum andern Morgen 5 Uhr zu dauern habe, besitzt angesichts des Umstandes, daß um 5 Uhr früh kaum irgend eine Gattung offener Ladengeschäfte auf Kunden zu zählen Hätte, weiter keine Bedeutung. Niemand wird nun bestreiten wollen, daß der Grundgedanke des ge- sammten Vorschlags, den Hunderttausenden von An gestellten in den offenen VerkausSgeschäften durch den zwangsweisen Geschästsschluß um 8 Uhr AbendS eine Erleichterung in ihrem anstrengenden Berufe zu gönnen, ein sympathischer und menschlich-schöner ist. Der Handlungsgehilfe hat vom Standpunkte der Gesund heit und des menschenwürdigen Daseins aus gewiß vollen Anspruch darauf, daß seine Arbeitskraft und Arbeitszeit nicht allzusehr auSgenutzt werden und daß ihm, der von früh bis Abends fast ununterbrochen zur Bedienung der Kuuden zur Verfügung stehen muß, durch einen künftig n zeitigeren G-schäslSschluß eine größere Erholungspause gegönnt werde. Aber eine Reihe gewichtiger Erwägungen sprechen andrerseits gegen den vorg schlagenen Achtuhrladenschluß und namentlich gegen die Verallgemeinerung einer solchen Maßregel. Zahlreiche Ladenbesitzer, besonders in den groben Städten, würden durch dieselbe eine schwere geschäftliche Schädigung erleiden, da ja sehr viele Ge schäfte ihren Hauptumsatz erst in den späteren Abend stunden haben. Anderseits würde die Gehilfenschaft selbst die Kehrseite der Medaille empfindlich spüren, es ist wohl keine Frage, daß eine Verkürzung der abendlichen Geschäftszeit auch eine Entlassung zahl reicher Angestellter zur Folge hätte. Ein Hauptfehler des KommtssionsoorschlageS besteht ferner darin, daß er den Achtuhrladenschluß, ganz gleichmäßig durch geführt wissen will, ohne jede Berücksichtigung der doch häufig grundverschiedenen Verhältnisse zwischen Stadt und Land und dann wieder zwischen den ein zelnen Theilen des Reiches. Schließlich find ja auch die Verhältnisse in den einzelnen Geschäften überaus verschieden von einander. Jedenfalls steht schon jetzt fest, daß ein allgemeiner Geschästsschluß um 8 Uhr Abends mit den Forderungen und Bedürfnissen des realen Lebens in direktem Widerspruch stehen, daß er tief in unser gesammteS »werbliches und wirthschaft- licheS Leben eingreifen würde und die bedenklichsten Folgen nach sich ziehen müßte. Wenn wirklich etwas zur Erleichterung der Lage des Handlungsgehilfen standes geschehen soll, so muß darum dringend ge wünscht werden, daß dies nicht auf dem Wege einer schablonenhaften Schlußstunde für alle Verkaufsstellen erfolge, welche Schablonisirung lediglich an die Stelle eines kleineren Nebels ein großes und allgemeines Nebel setzen würde. -Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde. Bei dem Interesse, welches die hiesige Gemetndediakonie in verschiedenen Kreisen der Parochie gesunden hat, dürste es geboten sein, einige kurze Mittheilungen über die Thätigkeit der selben während des Jahres 1895 an die Oeffentlich- keit gelangen zu lassen. Verpflegt wurden in dem genannten Zeitraum von Schwester Amalie 103 Kranke, für welche 32 Nachtwachen und 3635 Besuche noth- wendig waren. Die größte Zahl der Besuche fällt auf den Monat Juni (381), die kleinste aus den Monat Oktober (230). An 14 Familien wurden 252 Liter Milch, an 11 Familien 141 Portionen Essen oder Suppe verabreicht. Die Ausgaben betrugen an Aufwand für arme Kranke 144 Mk. 71 Pf. (für Milch, Essen und andere Stärkungsmittel, auch für Predigten), für Kost der Schwester 230 Mk. 87 Pf., für Wohnungsmiethe derselben 106 Mk. 50 Pf., für Remuneration an die Dresdner Diakonissenanstalt 270 Mk., zusammen 752 Mk. 08 Pf.; die Einnahmen beliefen sich auf 847 Mk. 94 Pf., nämlich 577 Mk. Geschenke von Vereinen und einzelnen hiesigen wie auswärtigen Personen incl. 264 Mk. vom Landes verein. für innere Mission aus der Bußtagskoüekte, 122 Mk. von Verpflegten oder deren Angehörigen, 120 Mk. Beitrag aus dem Kirchenärar, 28 Mk. 94 Pf. Zinsen der Sparkasse Dippoldiswalde; überdem wuroe die Wohnung der Schwester von verschiedenen Leiten mit Holz und Kohlen versorgt. Da noch ein kleiner Bestand aus dem Jahre 1894 vorhanden war, konnten wieder 100 Mk. kapitalistrt werden, so daß das Ver mögen des hiesigen Verein für Gemeindediakonie sich Enda 1895 aus 1000 Mk. belief, welche in der hiesigen Sparkasse zinsbar angelegt sind. Der Jungfrauen verein, der sich an einem Wochentage Abends in der Wohnung der Schwester am Oberthorplatz versammelt, und der Nähveretn, der jeden 2. Dienstag im Monate Nachmittags ebendaselbst seine Versammlungen hält, sind in der bisherigen WAe von der Schwester Amalie weitergesührt worden. Endlich hat dieselbe durch Sammlungen in der Gemeinde (gegen 300 Mk.) und durch eigene große Opsermilligkeit die Beschaffung einer neuen rothen Altar- und Konzelbekleidung sowie zweier Teppiche für unsere Etadtkirche ermöglicht. Indem hiermit allen Freunden der Gemetndediakonie der herzlichste Dank ausgesprochen wird für die dem guten Werke bisher erwiesene Liebe, wird um Er haltung derselben freundlichst gebeten und das Werk auch ferner der fördernden Theilnahme der Gemeinde empfohlen. Hierzu sei noch bemerkt, daß verschiedene Glieder der Gemeinde ihrer Freude über festliche Tage des Hauses (Konfirmation, Trauung) durch Geld spenden an die Gemetndediakonie in nachahmenSwerther Weise Ausdruck gegeben haben. — Die diesjährige Hasenjagd verspricht eintz sehr gute zu werden. In Folge deS milden Winters war der erste Satz junger Hasen ein sehr zahlreicher und, da jede Häsin in einem Jahre drei- bis viermal drei oft auch vier Junge „setzt", kann man sich ein« starke Vermehrung des „Lampegeschlechts" heraus - rechnen. — Die Zeit naht, wo der Landwirth wieder daran denken muß, seine Feldfrüchte zu versichern- damit ihn ein Hagelschlag nicht unvorbereitet trifft. Zu lange mit der Versicherung warten, hat keinen Zweck, e« ist vielmehr weit besser, dieselbe jetzt schon zu bewirken. Hat erst das Frühjahr seinen Einzug gehalten, dann vergißt oft der Lanvwirth im Drang« seiner Geschäfte die rechtzeitige Versicherung und denkt erst wieder daran, wenn es zu spät ist. — Das Sommerheim des Gemeinnützigen Vereins in Klingenberg wurde am Montag eröffnet und von 22 Pfleglingen, l4 Mädchen und 8 Knaben, bezogen. Es sind dies solche Kinder, welche im ver gangenen Jahre krank waren und sich noch nicht so weit erholen konnten, die Schule sei eS überhaupt oder doch regelmäßig besuchen zu können. Für dies« Kinder ist der Landaufenthalt bis Mitte Juni vor gesehen. Alsdann wird Las Heim von den Kindern der Vorpflege bezogen, vom 18. Juli ab dient eS der Hauplflege und vom 22. August ab der Nachpflege. Bis Mitte Juni können in demselben auch einige kränk liche, eines Landaufenthaltes dringend bedürftige Kinder als Pensionäre gegen eine wöchentliche Vergütung in Höhe von 10 Mk. Aufnahme finden, selbst auch nur für die Dauer der Pfingstferien. Schmiedeberg. Nächsten Sonntag, den 17. Mai, gedenkt der hiesige Männer-Gesangverein ein Concert, verbunden mit Theater und humoristischen Vorträgen, zu veranstalten. Der Reinertrag soll der Schulsestkaffe zu Schmiedeberg zufließen, und wäre es doch wünschenswerth, wenn obiges Concert recht zahlreich besucht würde. Hänichen. Am Sonntag, den 10. Mai, nach mittags 3 Ugr, fand im Poffendorser Gotteshause die kirchliche Einsegnung deS Kü h ne l'schen Ehepaares Hier selbst statt, welches an diesem Tage sein goldene- Ehejubiläum feierte. An der seltenen Feier be- theiligten sich viele Verwandte und Ortsbewohner, sowie auch der Militäroerein „Königin Carola" und der Gesangverein „Liederkranz", welcher das Jubelpaar durch einen feierlichen Gesang im Gotteshause ehrte. Beiden Vereinen gehört „Vater Kühnel" als lang jähriges, treues Mitglied an. Durch zahlreiche Glück wünsche und Geschenke, auch von hiesiger Gemeinde, wurde das würdige Ehepaar hoch geehrt und erfreut. Dönschten. Im hies. Teiche wurden am Diens tag früh, den 12. ds. Mts., von dem Zimmermann Lohse, dem Arbeiter Stephan, beide aus Falkenhain und dem hiesigen Wirthschasisbesitzer Fraulob, der circa 20 Jahre alte Bäckergeselle Reichest aus AmmelSdorf und dessen im gleichen Alter stehende Geliebte Elise Seidel aus Oberreichenbach, todt aufgesunden. Die selben hielten sich fest umschlungen und sind nach einem von dem genannlen Reichest hinterlassenen Briefe zum Selbstmord verschrilten, weil ihm die Eltern seiner Geliebten die Hand der Letzteren verweigert haben. Reickelt stand in Oberreichenbach in Arbeit und hatte mit seiner Geliebten den am Montag in Schmiedeberg