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Fraukeuberg. Der am Sonnabend Vormittag vom Dache eine« zweistöckigen Gebäude« hier abge kürzte Schieferdecker Knarr ist seinen schweren Ver letzungen nach unsäglichen Leiden erlegen. Wie ver lautet, hatte Knarr sein Leben mit 1000 Mk. vor wenigen Jahren versichert, er hat aber vor einigen Wochen, al« er in Geldverlegenheit war, die Versiche rung durch Policenverkauf an die betr. Gesellschaft wieder aufgehoben — eine Mahnung, Lebensversiche rungen unter allen Umständen aufrecht zu erhalten. Oedrrau. Um das Gartenfest des hiesigen Albert- zweigvereinS zu besuchen, wird Königin Karola am 10. September Nachmittags hier eintreffen. Borna. Der verstorbene Eisenhändler Friedrich Wilhelm Mittag hier hat der hiesigen Stadtkirche 2000 Mk. testamentarisch mit der Bestimmung ge schenkt, diese Summe zur Beschaffung von Altarfenstern mit GlaSgemälden aus dem Leben und Wirken unseres Erlösers Jesus Christus zu verwenden. — Der Kinder bewahranstalt hat Mittag 500 Mk. zugewendet. Laufigk. In der letzten Sitzung des Stadt- gemeinderathS wurde bei Berathung des dem Mini sterium noch zu unterbreitenden Regulativs für Be steuerung des von auswärts eingeführten Brod eS beschlossen, daß für Brode bis zu 3 Kilogramm drei Pfennige, bis zu 5 Kilogramm fünf Pfennige und solche vo» mehr Gewicht zehn Pfennige zu zahlen sind. Leipzig. Am 4. September Mittags hat sich, wie bereits kurz gemeldet, in der in der Karlstraße in Lindenau gelegenen Leipziger Baumwollspinnerei ein schauerliches Vorkommniß zugetragen. Kurz nach 12 Uhr, als die Angestellten des Geschäfts sich zum Mit tagessen wegbegeben hatten, trat der Kommis Heinrich Oskar Nietzel, geb. am 5. Januar 186S in Zschopau, in das Privatkontor des Direktors der Spinnerei, des hier in der Lesfingstraße 32 wohnhaften 46 jährigen Herrn Karl Gustav Peger und schoß ihm ohne Wei teres aus einem Revolver eine Kugel in die Brust, die die Lunge berührte und in den Rücken ging, wo sie später herausgeschnitten wurde. Schwerverletzt wurde Peger in seine Wohnung gebracht. Der Mörder schob unmittelbar nach dem ersten Schüsse sich selbst eine Kugel in den Kopf; er wurde noch lebend ins Plagwitzcr Krankenhaus gebracht, wo er nach einigen Stunden verstarb. Das Motiv der That Nietzel« ist zweifellos in der erfolgten Aufkündigung seiner Stellung zu suchen. Hatte man Anfangs gehofft, das Leben des Direktors Peger zu erhalten, und war auch durch die Bemühungen der Aerzte alles Mögliche ge schehen, um das Schlimmste von dem Bedauernswerthen abzuhalten, so erwiesen sich doch alle Bemühungen als nutzlos: noch in der 10. Abendstunde verstarb Direktor Peger an einer durch den ihm beigebrachten Schuß bedingten Herz- und Lungenlähmung. Direktor Peger erreichte ein Alter von 46 Jahren, er hinterläßt eine Frau und 2 Kinder. Er besaß den Ruf eines außer ordentlich tüchtigen Beamten und Fachmannes. Die ihm unterstellt gewesenen Beamten und Arbeiter be dauern allesammt das entsetzliche Ende des beliebten Mannes. Königstein. Hier streben die einen ländlichen Charakter aufweisenden rechtsufrigen Stadttheile sehn- lichst danach, eine Los trenn ung von der Stadt zu ermöglichen, um alsdann eine besondere Landgemeinde bilden zu können. Nachdem ein Gesuch in dieser Hin sicht seitens des Stadtrathes zu Königstein jedoch ab schlägig beschieden wurde, wandten sich nunmehr 116 Steuerzahler in einer sehr eingehend begründeten Ein gabe an die königliche Kreishauptmannschaft, um auf diese Weise der Verwirklichung des schon lange aufs Lebhafteste gehegten Wunsches näher zu kommen. Mit Spannung sieht man der Entscheidung der Oberbehörde entgegen, wie auch weit über den dortigen Bezirk hinaus dieser Angelegenheit der dabei in Frage kom menden seltsamen Verhältnisse halber Aufmerksamkeit zugewendet wird. Die Gründe des allseits hervor tretenden Abtrennungsbegehrens der Bewohner von Halbestadt — so werden die rechtsuferigen Stadttheile genannt — liegt in den hohen Steuerlasten, welch letztere über die Kräfte der Einzelnen hinausgehen. Während in diesem Jahre auf einen Kopf der Be wohner des linken Elbufer-Stadttheils nur I3,i, an Anlagen kommen, entfallen auf den Kopf der rechts uferigen Theile 15,,, Mk. Zwickau. Der zur Reparatur abgenommene Knops des Hauptthurmes der hiesigen Katharinenkirche ist geöffnet worden. Es befanden sich darin 5 Urkunden aus den Jahren 1587, 1637, 1670, 1709 und 1848, eine Broschüre: „Die Kreisstadt Zwickau" und drei Packete alte Münzen. Die Urkunden enthalten chroni kalische Auszeichnungen. Die bedachten Gegenstände werden dem Knops wieder einverleibt, eS wird aber noch eine Urkunde über den jetzigen umfassenden Kirchenbau u. s. w. beiqegeben. — Die von der Vorortgemeinde Oberplanitz pro- jektirte Wasserleitung erforderte ohne die Kosten der GrundstückSerwerbung 200000 Mk. Aufwand. Dis Bauarbeiten find bereits voll im Gange. ES wird die Einleitung des Wasser« in di« einzelnen Häuser beabsichtigt, aber befürchtet, daß die Leitung die hoch gelegene« Häuser nicht erreiche. — Der im Frühjahr begonnene, mit 80000 Mk. veranschlagte Bau der Lesstugkraße zwischen Elsässer straße und Gaswerk ist jetzt zu Ende geführt und da durch eine direkte Verbindung der inneren Stadt mit dem städtischen Vieh- und Echlachthofe geschaffen worden. Für diesen Straßenbau wurden bereits im vorigen Jahre über 30000 Mk. aufgewendet — ohne die Echleußenbaukosten rc. Die fast 2 Kilometer lange Straße führt über bisheriges Ackerland und ist theil- weise bis zu 2'/, Meter Höhe aufgeschüttet worden. Durch diesen Straßenbau wurde ein weiterer Theil der Nordstadtfluren für Bauzwecke erschlaffen. Die Bauthättgkeit hat sich daselbst bereits entfaltet. Plauen i. B. Der nächste Sonntag ist der 50- jährige Gedenktag des großen Plauenschen Stadt- drandeS. Unter den vielen Bränden, von welchen unsere Stadt im Laufe dieses Jahrhunderts heimge sucht wurde, ist er der bedeutendste. Denn es wurden in der Nacht vom 9. zum 10. September 1844 107 Wohnhäuser mit 199 Seiten- und Hintergebäuden und 2 Scheunen ein Raub der Flammen. Von der Ein wohnerschaft, welche damals 10600 betrug, gehörte der sechste Theil zu den Abgebrannten. Zur Erinne rung an dieses für die Geschichte und die Bevölkerung Plauens so bedeutsame Ereigniß soll am nächsten Sonntag der Vormittagsgottesdienst in der Hauplkirche als Gedächtnißgottesdienst begangen werden. — Gegen Mitte Mat erlitt der hier Windmühlen straße 17 wohnhafte Schuhmacher Dorst beim Umfallen einer Petroleumlampe, deren Oel sich entzündet hatte, schwere Brandwunden und mußte im Krankenhause ausgenommen werden. Wie verlautet, ist der be- dauernswerthe Mann kürzlich nach furchtbaren Leiden seinen Verletzungen erlegen. Tagesgefchichte. Berlin. Wie von mehreren Seiten jetzt verlautet, sei die Einberufung des Reichstages für Mitte No vember, die des preußischen Landtages für Mitte Januar zu erwarten. — Vor einigen Wochen war eine frühzeitigere Einberufung des Reichstages in Aussicht genommen und aus sachlichen Gründen ist es zu be dauern, daß es nicht bei diesem Plane geblieben ist. Wenn es nicht möglich ist, das neue Reichstagsgebäude schon im Oktober einzuweihen, so hätte dies kein Hinderniß für eine frühzeitigere Einberufung des Reichstages gebildet, der wohl auch noch einige Wochen in dem alten Haus hätte tagen können. Der Verzicht auf eine frühzeitigere Einberufung kann aber auch mit den Schwierigkeiten zusammenhängen, ausreichenden gesetzgeberischen Stoff so rasch fertig zu stellen. Von der großen Frage des gesetzgeberischen Vorgehens gegen die Umsturzbestrebungen wollen wir bei dem noch sehr zweifelhaften Stand dieser Angelegenheit absehen. Sicher ist aber, daß eine Tabaksteuervorlage wieder eingebracht wird. Es heißt jedoch, sie soll auf wesent lich anderen Grundlagen als die letzte aufgebaut sein, und es ist wohl möglich, daß dazu noch längere Vor arbeiten erforderlich sind. Auch sonst wird ein über reicher Arbeitsstoff auf den Reichstag warten und es ist, bei dem neuerdings üblichen späten Einberufungs termin, vorauSzusehen, daß die Arbeiten wieder unter dem Mangel an Zeit leiden und Vieles unerledigt bleiben muß. Vier oder fünf Wochen vor Weihnachten und alsdann gleichzeitiges Tagen mit dem Abgeordneten hause sind eine bei der stets wachsenden Ausdehnung der parlamentarischen Verhandlungen für die Reichs tagssessionen nicht genügende Zeit. — Der soeben erschienene Bericht über die Thätig- keit des preußischen Abgeordnetenhauses in der jüngst verflossenen Session enthält einige einleitende Betrachtungen, denen wir folgende Bemerkungen ent nehmen: Die 18. G.setzgebungsperiode des Landtags war mit dem November des Jahres 1893 zu ihrem natürlichen Ende gelangt. Zum ersten Male hatte das Mandat deS Abgeordnetenhauses 5 Jahre ge dauert, und kein Unbefangener konnte bestreiten, daß dieser gesetzgebende Körper die Probe auf die Ver längerung der Mandatsdauer durchaus bestanden hat. Wenn es der Zweck des Parlamentarismus ist, den zum Schaffen befähigten Kräften im Volke Raum und Zeit zu geben, daß sie sich entfalten und für das Ge- sammtwohl nützlich machen können, so lehrt ein Blick auf den Abschnitt 1888—1893, daß die fünfjährige Spanne Zeit ungefähr das rechte und jedenfalls das nothwendige Maß bezeichnet, damit im gegebenen Falle auch große Aufgaben reformatorischer Natur in einem und demselben Geiste vollbracht werden können. Die hochbedeutsame organische Neugestaltung des direkten staatlichen und des gesammien kommunalen Steuer wesens wäre innerhalb der früher dreijährigen L«giSlaturprriod« nicht durchzufahren gewesen. An diese« eine« lehrreiche« Beispiel zeigt sich gerade, wie ein gewisser, reichlich bemessener SntwickelungSzeitraum für groß« Reformarbetten unbedingt geboten ist, wenn positive Zwecke »«folgt werden. — Die „Boss. Ztg." schreibt in einem Artikel über die Finanzblätter: Gegenwärtig, wo die Ergebnisse der Finanzverwaltung bekannt werden, schwinde der Fehlbetrag von Monat zu Monat in weitere Ferne; Niemand glaubt mehr, daß eS neuer Steuern bedürfe, um die Kosten des WehrgesetzeS zu decken. Mit der Wiederbelebung der wirthschaftlichen Thätigkeit, mit der Besserung der Beziehungen zum Ausland stiegen die Reichseinnahmen von selbst. Deshalb bedürfe eS keiner neuen Steuern. Nichts könne dem Reichs kanzler Grafen Caprivi nützlicher sein, als die bündige Versicherung, daß alle Steuerpläne seine Zustimmung nicht zu erwarten haben, daß die Nation vielmehr in der nächsten ReichStagssesston mit Steuerentwürfen verschont werden solle. Varzin. Fürst Bismarck ist wohl und munter und unternimmt täglich Vormittags Promenaden, Nach mittags längere Ausfahrten. Der Fürst ist durch das Befinden der Fürstin wenig beunruhigt, da auch dieses sich soweit gebessert hat, daß die Fürstin in den letzten Tagen öfters Ausfahrten in offenem Wagen machte. Die Anwesenheit des Prof. EchweningerS hatte hier mit keinen Zusammenhang; er ist wieder abgereist. Falkenberg (Schles.). In dem hiesigen und dem Neiffer Kreise ist eine Ruhr-Epidemie ausgebrochen, welche rapid um sich greist. Die Todesfälle mehren sich; in den verseuchten Ortschaften sind die Schulen geschloffen worden. Bayern. Bei dem Brigademanöver vom 5. Sept., welches zwischen Erlbach und Endlktrchen stattfand, wurde auf den Hauptmann von Kreß zu Kreffsnstein vom 16. bayerischen Infanterie-Regiment ein scharfer Schub abgegeben, durch welchen der Hauptmann so fort getödtet wurde. Die sogleich vorgenommene Untersuchung in dec Brigade nach scharfen Patronen ist ohne Resultat geblieben. Oesterreich-Ungarn. In Lemberg erfolgt dieser Tage die Ankunft des Kaisers Franz Josef zum Be suche der dortigen polnischen Landesausstellung. So weit bekannt, gedenkt der Monarch vom 7. bis zum 11. September in der zweiten Hauptstadt Galiziens zu weilen, mit welchem Ereigniß die polnische Aus stellung natürlich ihren Höhepunkt erreicht. Daß die Polenblätter Galiziens alles Mögliche thun, um den Kaiserbesuch in Lemberg als ein bedeutsames politisches Ereigniß und einen neuen Erfolg des österreichischen Polenthums hinzustellen, ist wohl selbstverständlich. In Pest arbeitet der internationale Kongreß für Volks- gesundheitSlehre fleißig weiter, doch fehlt es ihm hier bei nicht an Abwechslung. Z. B. gab der ungarische Minister des Innern, Hieronymi, den Kongreßmitgliedern am Dienstag Nachmittag ein glänzendes Diner und am Dienstag Abend fand zu Ehren des Kongresses Festvorstellung im Pester Nationaltheater statt. — Die beiden Regierungen haben nunmehr auch mit der Einziehung der Fünfer- und Fünfzigernoten angefangen. In der vergangenen Woche wurden näm lich 2333 Mill. Gulden Gold bei der Bank deponirt und der Gegenwerth, welcher nicht in Silber, sondern in Banknoten bezogen wurde, dient zur Einziehung der Staatsnoten der beiden größeren Kategorien. Schweiz. UebrigenS gehen zur Zeit auch sonstige internationale Kongresse in Scene. So fand am Dienstag in Genf die Eröffnung des internationalen Orientalisten-Kongresses, auf welchem auch 14 Regie rungen und 97 Universitäten vertreten sind, statt, und am gleichen Tage wurde in Haag die interparlamen tarische Friedenskonferenz eröffnet. Letztere ist das Gegenstück zu dem jüngst in Antwerpen stattgefundenen internationalen Friedenskongresse, sie wird aber eben sowenig etwas praktisch VerwerthbareS zu Stande bringen, als dies der Antwerpener Kongreß zu thun vermochte. Frankreich. Die Pariser Blätter bringen aus- sührlichere Berichte über die Vorgänge in Stowe- House, und wenn auch die dem Grafen von Paris Ergebenen sich noch bemühen, den Zustand des Prä tendenten als nicht ganz hoffnungslos darzustellen, so würde die Thatsache allein, daß alle Mitglieder der Familie Orleans nach England reisen, der Herzog von Aumale und der Herzog von Chartres, der Onkel und Bruder des Patienten nicht nur, sondern auch die Prinzessin Waldemar von Dänemark, seine Nichte, das Gegentheil bekunden. Die Berichterstatter, die mit dem Personal von Stowe-House auf gutem Fuße stehen wollen, melden, der Graf von Paris habe die Sterbe sakramente auf seinen eigenen Wunsch erhalten, nicht weil er sein Ende nahe wähnte, sondern, um die heilige Handlung im vollsten Bewußtsein vornehmen zu lassen. Seine Gemahlin mit ihren Kindern, voran der Herzog von Orleans und die Königin von Portugal, der