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befinden sich Frau K. und ihr 4 Jahre ^lte» Mädchen wieder in EkaSka, der Arbeiter K. ist aber verschwunden. Zittau. Als im öffentlichen Interesse liegend, hat der hiesige Etadtrath in seiner letzten Sitzung an- zuordnen beschlossen, daß künftig jedes bewohnte HauS- grundstück der Stadt ufit einer von der Straße aus erreichbaren Klingeleinrichtung zu versehen ist. Oederan. Der Etadtrath hat beschlossen, für die hiesigen Gast- und Echankwirthschaften eine Polizei stunde einzusühren und deshalb für den Stadtbezirk Folgendes bestimmt: „Wer künftighin als Gast- oder Echankwirth das Verweilen der Gäste in den Schank stätten über 1l Uhr Abends hinaus duldet und da durch mittelbare Veranlassungen zu Ruhestörungen und polizeilichen Ungebührnissen giebt, wird mit Geld strafe bis ISO Mk. oder entsprechender Haftstrafe belegt." Plauen. Der hiesige Gemeinderath hat in seiner Sitzung vom 24. April nach langer Berathung den Paragraph 1 deS Regulativs des Stadtraths, wonach vom Kleinhandel mit Branntwein und vom Brannt weinschanke eine jährliche Gewerbesteuer von 36 Mk. erhoben werden sollte, mit 21 gegen 19 Stimmen ab gelehnt, womit auch zugleich das ganze Regulativ ge- gefallen ist. Geyer. Seit einiger Zeit hört man wieder in der Binge auf dem Geyersberge Fäustelschläge, nur sind es nicht Bergleute, d»e vor Ort Zwitter (Zinnerz) vom Gestein lösen, sondern Steinmetzen, welche den Granit der Binge bearbeiten. Man hat gefunden, daß der feinkörnige, ungemein harte Granit sich vor züglich zum Pflastern der Straßen eignet. Nicht bloß in der Umgegend hat man mit diesem Pflastersteine sehr befriedigende Versuche gemacht, auch nach fernhin bis in die Reichshauplstadt Berlin wird der bearbeitete Granit mit der Bahn verladen. Der energischen Leitung des Besitzers der Binge, der Firma Höffer in Tannenberg, dürfte eS gelingen, das Unternehmen weiter vorthsilhaft zu fördern. Aue. Der Polizei in Zelle gelang es, einer DiedeSgeselschaft auf die Spur zu kommen. Die selbe bestand aus Knaben aus dem Auerthale im Alter von 7—14 Jahren, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, an den Schaufenstern und vor den Verkaufs läden die ausgestellten Maaren zu stehlen. Eibenstock. Die Kosten für den Wiederaufbau deS abgebrannten Feuerwehrgeräthehauses be tragen S6SO Mk.; die Brandschädenvergütung besteht in 26S0 Mk. Waldheim. Züchtling D. aus G., der seit dem 24. November 1885 im hiesigen Zuchthause eine wegen einfachen und schweren Diebstahls im Rückfalle und wegen Straßenraubes ihm zuerkannte 12jährige Zucht hausstrafe verbüßt, hat am 25. April Abends einen Fluchtversuch gemacht und dabei den Anstaltsaufseher Schietzelt mit einem 66 Centimeter langen Stück Gas rohr, das er kurz vorher von seiner Zellenwand los- geriffen hatte, am Kopfe verwundet. Die Verwundung des Anstaltsaufsehers Echi'etzelt ist jedoch glücklicher Weise nur eine unbedeutende und ungefährliche. Der Züchtling D. ist von dem Anstaltsaufseher Schietzelt und dem Letzteren zur Unterstützung begleitenden An staltswächter MöbiuS mit der nöthigen Entschlossenheit und Energie sofort überwältigt worden. Lommatzsch. Unter dem Einflüsse der überaus fruchtbaren Witterung ist das Dachsthum des Ge treides soweit vorgeschritten, daß bereits am 24. April die ersten Roggenähren zu Tage traten, ein Vor- lommniß, das sonst in der ersten Hälfte des Mai, frühestens aber in den allerletzten Tagen des April einzutreten pflegt. Vielfach wird Roggen bereits ge mäht und als Grünfutter verwendet. Sehr ungleich mäßig hat der Klee den Winter überstanden; wo er aber nicht ausgewintert ist, steht er bereits so hoch, daß demnächst der erste Schnitt gemacht werden kann. Die überreichen Kartoffelvorräthe und die günstigen FutterauSsichten regen die Landwirthe zur Ergänzung der Viehbestände an, so daß die Preise für Jungvieh ganz bedeutend sich erhöht haben und der Nachfrage kaum genügt werden-kann. Riesa. Der vielgenannte, in Boritz in der Elbe gefangene Hirsch, von dem wir kürzlich berichteten, daß er sreigelaffen worden sei, ist nun doch noch in den Besitz des Rittmeisters CrustuS auf Hirschstein übergegangen. Wie Gelbhaar in Boritz mittyetlt, ist er ermächtigt, den Hirsch an LrusiuS abzugeben unter der Voraussetzung, daß der Hirsch an geeigneter Stelle, also in Einzäunung, wo er weder Menschen gefährdet, noch in die Elbe springen"^ann, sreigelaffen werde. In diesen Tagen sollte der Hirsch nach Hirschstein tran-portirt werden. Frohburg. Am 23. April wurden in der Nähe deS Braunkohlenwerks „Himmelreich" beim Umpflügen eine» Stück Felde-, ca. H Acker groß, 9'/, Liter Engerlinge aufgelesen. Ein Liter saßt ungefähr SSO Stück Engerlinge; dies find also 9,» x SSO x S — 10800 auf einem Acker oder 2 Stück auf jedem Quadratmeter. ES möge deshalb namentlich unsere Jugend systematisch zur Vertilgung der Maikäfer an gehalten werden, — der davon folgende Nutzen für die Forst- und Landwirthschast ist ganz bedeutend. Leipzig. Der Antrag der Stadtverordneten, die großen, beispielsweise mehr al» 20000 Mk. betragen den Einkommen, intensiver zu den städtischen Steuern heranzuziehen, wurde von dem dortigen Rathe ab gelehnt. Nach Lage der Sache faßten die Stadt verordneten bei diesem ablehnenden Rathsbeschluß Be ruhigung. Tagesgeschichte. Berlin. Nach den bisherigen Bestimmungen wird mit der feierlichen Einweihung des neuen Re ichS- tagsgebäudeS am 18. Oktober (dem Geburtstage Kaiser Friedrichs und Haupttag der Leipziger Völker schlacht) eine durch den Kaiser zu vollziehende Schluß- steinlegung verbunden sein. — Der Kaiser wird im Laufe dieses Sommers wieder eine Seereise nach Norwegen unternehmen, voraussichtlich im letzten Drittel deS Juni. — Nach dem die Kaiserin mit den Prinzen von Abbazia ab gereist ist, hat sich das Schulschiff „Moltke" von vort über Palermo und Gibraltar zunächst nach Bergen in Norwegen begeben, wo eS voraussichtlich mit dem kaiserlichen Schiff zusammentreffen wird. — ES unterliegt schon jetzt keinem Zweifel mehr, daß die Finanz re form und die Tabaksteuervorlage in der nächsten Reichstagssession wiederkommen werden. Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt denn auch, die ge nannten Gegenstände würden den vornehmsten Be- rathungsstoff der nächsten Session bilden, und betont, die verbündeten Regierungen würden unter allen Um ständen an der Tabaksabrikatsteuer festhalten. Indessen versichert das offiziöse Blatt zugleich, die Regierungen seien in diesen Fragen zum Entgegenkommen bereit, sodaß das Blatt zu dem Schlüsse gelangt, man dürfe hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. In der Thal sind trotz des einstweiligen Scheiterns der steuer- und finanzpolitischen Aktion im Reichstage die Aussichten auf eine schließliche Verständigung zwischen Regierung und Parlament keineswegs ungünstige, der Optimis mus, mit welchem man in den Berliner Regierungs kreisen der kommenden Wintertagung des Reichs parlamentes entgegenzusehen scheint, ist da allerdings nicht so ungerechtfertigt. Aber bis zum muthmaßlichen Zeitpunkte deS Wiederzusammentrittes des Reichstages werden noch lange Monate vergehen, eS wäre darum wahrhaftig gut, wenn jetzt die Steuer- und Finanz fragen endlich einmal ruhen gelassen würden, zumal man denselben in weiten Schichten der Nation vorerst gar keinen Geschmack mehr abgewinnen kann! — Nach vorliegenden Berliner Meldungen bezieht sich der Widerspruch Sachsens gegen die beabsichtigte Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen nicht auf den Grundsatz der Berufung, sondern nur auf die Vorschläge bezüglich der Instanzenwege und der Ent schädigung unschuldig Verurtheilter, die in gewisser Hinsicht mit der Wiedereinführung der Berufung ge meinsame Grundlagen ausweist. An einen Widerstand, der das Zustandekommen der Reform in Frage stellt, sei keinesfalls zu denken, wie von zuverlässiger Seite verbürgt werde. — Wie die Maifeier in Berlin und in Deutsch land sich gestalten wird, steht nunmehr fest. Nach den Schreiereien und Resolutionen in ungezählten Ver sammlungen hätte man fast glauben können, daß an diesem 1. Mai viele Tausende die Arbeit ruhen lassen würden, also die Sozialdemokratie den Versuch von 1890 wiederholen würde. Nicht« von dem wird ge schehen; Niemand wird feiern, abgesehen von wenigen Kleinmeistern. Die Arbeitgeber sind nach wie vor fest entschlossen, jeden Versuch der Sozialdemokratie, der bürgerlichen Gesellschaft einen Festtag auszwingen zu wollen, energisch zurückzuweisen. Unverzüglich würde man die Arbeiter, welche am 1. Mai ohne genügenden Grund der Arbeit fern bleiben sollten, entlassen; und dieselben Szenen, wie 1890 in Hamburg und Berlin, würden sich dann ereignen. Da« wissen auch die So zialdemokraten sehr gut, und darum beschränken sie sich auf das internationale Kaffeekochen. Zn Berlin wird dasselbe in etwa 20 Lokalen stattfinden. Es beginnt um 4'/» Uhr, wird unterbrochen durch lebende Bilder, Deklamationen; die Arbeitergesangvereine lassen sich hören; eine Festrede giebt eS dann zu; dies wird für ganze 20 Psg. geboten; stellenweis ist eS auch um sonst, die „Maifest-Zeitung" muß dagegen überall mit 10 Pfg. bezahlt werden; und die Herren, welche am Tanz theilnehmen wollen, haben noch 30 Pfg. nach zuzahlen. Mai-Orden giebt eS in diesem Jahre nicht. Die Anarchisten hatten im vorigen Jahre behauptet, mit den Orden habe ein Unternehmer, der „Kinder- Hände" beschäftigt, viele Tausend Mark verdient. Am Vormittag de» 1. Mai sollen Gewerkschafts-Versamm lungen stattfiadrit, etwa 30—40 find für Berlin in Aussicht genommen; in vielen derselben werden wohl die besetzten Stühle an den Fingern herzuzähleu sein. Matsestzüge finden in diesem Jahre durch die Stadt selbst (früher Hamburg rc.) nirgends statt; dagegen ist eine Anzahl kleinerer Ausflüge nach benachbarten Orten geplant; Viele dürsten sich auch daran nicht detheiligen; in Deutschland dürste der „Arbeiter-Feiertag" in ge wohnter Stille vorübergehen. Außergewöhnliche Maß nahmen Seitens der Behörden dürsten kaum getroffen werden; für alle Fälle wird man jedoch gerüstet sein. — Der „Rhein. Kurier" schreibt: „Rechtlich be steht für den Herzog Alfred von Koburg natürlich kein Hinderniß, eine englische Apanage zu nehmen, die ihm vermöge seiner Mitgliedschaft in dem englischen Herrscherhause gezahlt wird, aber nach wie vor müssen wir es bedauern, daß der Herzog dem nationalen Empfinden in Deutschland nicht Rechnung trägt und auf die 10000 Pfd. verzichtet; denn darüber kann der Herzog doch nicht im Zweifel sein, daß das nationale Empfinden durch die Thatsache verletzt wird, daß ein deutscher Fürst von dem Auslande eine jährliche Rente bezieht. Die Zeiten, in denen deutsche Dynastien auf das nationale Empfinden keine Rücksicht nehmen zu dürfen glaubten, sind aber doch vorüber. Wenn der Herzog von Koburg glaubt, daß das deutsche Volk erfreut darüber wäre, wenn im englischen Unterhaus« mit jener Unverschämtheit, welche den Commons gegen- über ausländischen Verhältnissen eigen ist, solche deli kate Fragen behandelt werden, so sollte er einen Blick in die deutsche Presse thun, um sich ein richtiges Uc- theil zu verschaffen." — Ueber neue Unruhen in Kamerun berichtet ein Hamburger Blatt aus Grund von Privatmitthei- lungen Folgendes: „Bei Abgang des Dampfers „Ad miral", der bekanntlich das Detachement Seesoldaten unter Hauptmann v. Kamptz nach Deutschland zurück gebracht hat, waren Mitte März neue Unruhen ent standen, indem die Joßleute die unter den Häuptlingen Priffo und B°ll stehende Hickorylown angriffen und dort Mord und Brand anstisteten. Hauptmann v. Kamptz wollte Ruhe schaffen, wurde aber daran von dem Gouverneur v. Zimmerer verhindert, der er klärte, durch die Entsendung des Dampfers „Soden" selbst Ruhe stiften zu wollen. Die Joßleute wiesen aber die Einmischung des Gouverneurs zurück, da sie schon selbst mit ihren Gegnern fertig werden würden; sie wollten unter sich Palaver abhallen. — Auch in Abo, weiter den Ka.uerunfluß auswärts, waren Mitte März Unruhen ausgebrochen, ebenso in Bußa, wo Gravenhorst gefallen ist. Der Häuptling von Buöa, Namens Gumba, war so aufsässig, daß er die zur Untersuchung der Streitigkeiten htngesandten Beamten Leist und Spengler festhielt und sie erst nach Zahlung eines Lösegeldes frei gab." — Hier ist Aufklärung dringend erwünscht. Wie ist es überhaupt möglich, daß unter den Augen der Regierung Mord und Brand an der Tagesordnung sind? Zu was haben wir denn schließlich dort einen Gouverneur und einen Beamten stab? Auffallend ist auch, daß abermals erst durch Privatmeldungen die Oeffentlichkeit Kunde von diesen Vorgängen erhält, obwohl über 4 Wochen seitdem ver strichen sind. Nun ist es aber hohe Zeit, daß zu allen diesen Angelegenheiten auch die zuständigen Reichs - behörden das Wort ergreifen. Oesterreich Ungarn. Die Unruhen von Vasar- hely haben gezeigt, daß die sozialistische Agitation auch in den Theißniederungen des MagyrenlanbeS kräftig Wurzeln geschlagen hat. Die nun beendigte Unter suchung über die Vasarhelyer Krawalle läßt klar er kennen, daß dieselben nur der Ausfluß einer unter der ländlichen Bevölkerung deS gekämmten Komitats Vasarhely schon monatelang höchst energisch betriebenen sozialistischen Agitation sind und daß die Rädelsführer im Sinne hatten, zum 1. Mai eine förmliche Revolte der Lanvarbeiter der dortigen Gegend hervorzurufen. Zum Glück ist der geplante Putsch vorzeitig loS- gedrochen und eS konnten infolgedessen von der un garischen Regierung alle Vorkehrungen getroffen werden, um die für den I. Mai in der Stadt Vasarhely ge plant gewesenen Straßeneweuten unmöglich zu machen. Leugnen läßt sich indessen nicht, daß die Zustände in den Bezirken von Vasarhely, Maco u. s. w. nur zu sehr das Aufkommen sozialistischer Hetzereien begünstigt haben. Denn der Boden gehört in diesen Gegenden Ungarns ost meüenweit im Umkreis einen einzigen Magnaten, der Hunderte von Tagelöhnern gegen un glaublich niedrige Löhne beschäftigt. Auch sonst find die Existenzbedingungen für diese Landarbeiter der Theißniederungen traurige, der Erwerb von Grund besitz ist ihnen unmöglich, selbst Pachtungen zu er langen, gelingt nur wenigen Glücklichen von ihnen — kein Wunder daher, wenn die Lockungen und Verhei ßungen der Sozialdemokratie unter diesen „ländlichen Sklaven" so raschen Anklang fanden. Hoffentlich läßt «S sich die ungarische Regierung angelegen sein, die Lage der Feldarbeiter im Alsöld nach Kräften zu heben.