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Wkihenh-Zeitms Dimstag, den 12» Dezember 1893 59. Jahrgang. Nr. 145. Mt ,Wti-eritz.3l sandt, im rerncktionsli« Theile, di, Spaltenzeib» MM- die nach einem Mittel gegen das Ungeziefer an dem Rindvieh eine Antwort aus der Erfahrung, indem eine Einreibung von V» Sahne und Vs Leinöl empfohlen wurde. Vom Vorstand des Kreisvereins wurde bekannt gegeben, daß Futtermitteluntersuchungen nicht nur von der königl. Versuchsstation in Möckern, sondern auch von der Versuchsstation in Pommeritz, aber Düngemittelprüfungen nur von der ersteren Station unentgeltlich vorgenommen werden. — So erfreulich am gestrigen Sonntage auch der lebhafte Verkehr von Auswärts in unserer Stadt war, so möchte doch gewünscht werden, daß derselbe immer noch reger würde. Die hiesigen Geschäftsleute haben alles gethan, um alle Wünsche zu befriedigen und sie werden auch noch bis zum Feste etwa nicht vorhandene Gegenstände gern besorgen. — Eine recht flotte Schlittenbahn aber dürfte Allen große Freude bereiten. — Die am vergangenen Sonnabend in der Saal stube des RalhhauseS abgehaltene 18. ordentliche Ge neralversammlung der hiesigen Ortskrankenkasse war zwar von Seiten der Kassenmitglieder zahlreicher besucht als früher, dagegen hatten sich nur wenige Arbeitgeber dazu eingefunden. Die Versammlung nahm zunächst einige Mittheilungen über die Einnah men und Ausgaben bei der Kasse im laufenden Jahre, sowie über verschiedene anvere die Kaffe betreffenden Angelegenheiten entgegen und wählte hierauf in den Ausschuß zur Prüfung der Jahresrechnung die Herren Tischler Emil Langer, Schriftsetzer Max Heine und Buchdruckereibeibesitzer Paul Jehne. Zur Ergänzung des Vorstandes wurden Seitens der Arbeitnehmer die Herren Tischler Ernst Mende und Buchdrucker Carl Keil neu- bez. wiedergewählt, Seitens der Arbeitgeber der bisherige Vorsitzende, Herr Schuhmachermeister Hugo Jäckel, wiedergewählt. Einem Gesuche um Erhöhung ver Vergütung für verschiedene Botengänge wurde entsprochen, während ein erst nach Erledigung der Tagesordnung gestellter Antrag, die Generalver sammlungen künftig an Sonntagen abzuhalten, in Folge des erhobenen Widerspruchs für diesmal nicht mehr zur Berathung gelangte. Aus den oben er wähnten Mittheilungen über den Stand der Kaffe ist noch hervorzuheben, daß seit der mit Anfang dieses Jahres eingeführten freien Aerztewahl die Aus gaben für ärztliche Consultationen ganz bedeutend ge wachsen sind. Dieser Umstand gab dem Vorsitzenden Veranlassung, die Kaffenmitglieder wiederholt zu er mahnen, nur bei wirklich vorhandenem Bedürsniß ärztlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, da sonst sehr bald eine Erhöhung der Kaffenbeiträge oder Ver minderung der Unterstützung zu erwarten stehe. — Der unter dem Protektorate Ihrer Majestät der Königin stehende sächs. Pestalozzi-Verein zählt nach dem neuesten Jahresberichte 7789 Mitglieder, von denen 16130,54 Mk. Beiträge aufgebracht worden sind, wozu noch 3409,62 Mk. außerordentliche Bei träge kommen. Wie viel Weihnachtsfreude dieser segensreiche Verein anrichtet, ergiebt sich daraus, daß derselbe aus seiner Hauptkaffe, sowie aus den von ihm verwalteten Stiftungen an weit über 1000 Lehrerswittwen und -Waisen in diesem Monat, sowie auch schon im Laufe des Jahres Unterstützungen im Gesammtbetrage von 30025,50 Mk. gewährt hat, wo von N5 Mk. auch in unserer Stadt und Umgegend zur Vertheilung gekommen sind. — Nächsten Freitag, den 15. Dezember, Nachts, wird bekanntlich auf unserer Bahn an den 11 Uhr 20 Min. von Dresden abgehenden Zug ein sogen. Theaterextrazug abgelaflen werden. — Im Alt städter Hostheater findet an diesem Abend das 4. Sinsonie-Concert statt, während im Neustädter Theater, das vor wenigen Tagen in das Eigenthum der kgl. Civilliste übergegangen ist, mit Herrn Haase als Gast „Die Schwestern" gegeben werden. — Sicher dürste ^Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Im Verein junger Land wirt he hielt am Sonntag Herr Baumeister Claus einen beherzigenswerthen Vortrag über die Anlage landwirthschaftlicher Gehöfte, besonders aber über Anlage der Pserdeställe, Anbringung der Krippen, Thüren, Ventilation, sowie über die vortheilhaslesten Materialien sür Fußböden, dabei durch anschauliche Kreidezeichnungen sein« Angaben erläuternd. Unter den 4 Fragen aus dem Fragekasten fand besonders es sein, daß auch Circus Busch eine große Anziehung kraft ausüben dürste. — Die Hauptsorge der Hausfrauen zu Weihnachten, die Stollenbackerei, wird denselben Heuer durch die billigen Preise der Zuthat wesentlich erleichtert. Während in früheren Jahren oft für erste Sorte Stollenmehl 1,60 bis 2, für Rosinen bis 0,S0 und sür Zucker bis 0,40 Mk. bezahlt wurde, koken diese Maaren Heuer nur 1,20 bis 1,40 und letzter^ beiden nur 0,30 Mk. — Freitag, den 15. Dezember, wird die Oeko- nomische Gesellschaft im Königreiche Sachsen ihre 2. ordentliche VortragSversammlung im laufenden Winterhalbjahr in der deutschen Schänke zu den „Drei Raben" DreSden-A., Marienstr. Nr. 20, weißer Saal, abhalten. Herr Professor vr. Werner-Berlin wird einen Vortrag halten: „Ueber die landw. Abtheilung der Chicagoer Weltausstellung" und werden die Be richte des Herrn Vortragenden, welcher die amerika nischen Verhältnisse an Ort und Stelle studirt hat, sicher viel des Interessanten bieten. Zudem wird eine von einem Augenzeugen gegebene lebendige Schilderung Alles dessen, was uns deutsche Landwirthe auf der Chicagoer Weltausstellung besonders interesstren konnte, ganz anders fesseln und belehren, als irgend ein« der vielen Veröffentlichungen, welche in den landwirthschastl. und politischen Zeitungen Über die Chicagoer Welt ausstellung bereits erschienen sind. Attenberg. Das von dem Bergarbeiter Püsche! hier freiwillig abgelegte Geständniß, am 23. Mai 1889 den Brand des sogenannnten MühlbergeS in Allenberg, durch welchen 9 Zinnwäschen und 3 Mühlen vernichtet wurden, böswillig verursacht zu haben, erregt hier und in der Umgegend allgemeines Auf sehen. Der Brandstifter ist krank und fühlte Gewissens bisse; auf sein Verlangen wurden Bürgermeister Weise und Diakonus Haucke herbeigerufcn, vor welchen er das Geständniß ablegte. Püschel befindet sich in der Krankenstation des Armenhauses und wird polizeilich bewacht. Kleincarsdorf. Die hiesige Bewohnerschaft ist hocherfreut über die nunmehr sertiggestellte Wasser leitung, welche sich vorzüglich bewährt und reichlich Wasser spendet. Unsere Hausfrauen ließen sich« nicht nehmen, das Wasser auch sofort beim Waschen ihrer Wäsche zu probiren und so wurde vergangene Woche gleich ein allgemeines „Waschfest" abgehalten. Dresden. In der Sitzung der Zweiten Kam mer am 8. Dez. wurden zunächst durch Zettelwah! drei Mitglieder zum ständischen Ausschuß für das Plenum der Brandversicherungskammer und zwar die Abgg. Opitz, Baffenge, Horst gewählt. Durch Zuruf erfolgte die Wahl der Abgg. Matthes, Uhlmann, Reibmann als Stellvertreter dieser Mitglieder. Sodann erledigte die Kammer in Schlußberathung die Kapitel 32 (Tesammt- ministerium und Staatsrath nebst Kanzlei), 33 (Ka- binetskanzlei), 34 (Ordenskanzlei), 35 (HauptstaatS- archiv), 36 (Oberrechnungskammer), 37 (Gesetz- und Verordnungsblatt). Die Kapitel wurden sämmtlich ohne Debatte und mit Ausnahme deS Kapitels 34, gegen das die Sozialdemokraten stimmten, einstimmig nach der Vorlage bewilligt. — Am 4. dieses Monats und folgende Tage hat eine abermalige AuSloosung Kgl. Sächsischer Staats papiere stattgcfunden, von welcher die auf 3'/, «/» herabgesetzten, vormals 4"/» Staatsschulden-Kaffenscheine von den Jahren 1852/55/58/59/62/66 und 68, 3'/»°/» dergleichen vom Jahre 1867, auf 3'/,»/» herabgesetzte« vormals 4«/, dergleichen vom Jahre 1869, ingleichen die auf den Staat übernommenen, auf 4«/» herab gesetzten, vormals 4'/»°/» Schuldscheine vom Jahre 1872 der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie be troffen worden sind. Die Inhaber der genannten StaatSpapiere werden Das Geheimnis der politischen Lage in Frankreich. Wenn jetzt in Frankreich ein kühner Thronpräten dent auf der Lauer stände, oder ein verwegener Ge neral ir la Boulanger die öffentliche Meinung be herrschte, so könnte es um den Bestand der französischen Republik äußerst bedenklich aussehen. Hat doch der letzte KabinetSsturz im Lande der Franzosen wiederum die seltsame Thatsache bewiesen, daß gerade dann die fran zösischen Regierungen am schnellsten gestürzt werden, wenn sie ein sogenanntes „einheitliches Kabinet" auf einer „geschlossenen Kammermehrheit" fußend, dar stellen oder wenn sie, wie das gestürzte Ministerium Dupuy, einige „gute Erfolge" gehabt haben. Mit großer Geschicklichkeit hatte der frühere Ministerpräsident Dupuy den gemäßigten und radikalen Republikaner im Interesse der „grogen republikanischen Vereinigung" eine Zeit lang zu Danke regiert, hatte vor allen Dingen auch zur Freude und Genuqthuuug von ganz Frankreich den Flottenbesuch der Russen in Scene ge setzt, und doch ist sein Kabinet auch wie ein Karten haus zusammeng-fallen. Und dem neuen französischen Kabinet, an dessen Spitze der große Vernunfts republikaner Casimir Perier steht, kann man, ohne Prophet zu sein, doch bereits dasselbe Schicksal in drei oder sechs Monaten eintreffend prophezeihen. Bei dem Cabinet Casimir Per»er wird der Mangel an Vertrauen auf dessen Dauerhaftigkeit aber dadurch ganz besonders ausfällig, weil Casimir Perier gerade ein in allen re publikanischen Gruppen angesehener Führer ist und bekanntlich vor der Uebernahme der Ministerpräsiden- tenschast der Präsident der Deputirtenkammer war und bereits von vielen Republikanern als Nachfolger des Präsidenten der Republik, Herrn Carnot, in Aus sicht genommen worden war. Woran liegt nun dieses Plötzliche, oft politisch nahezu grundlos zu nennende Zusammenstürzen der französischen Ministerien? Die Antwort ist einfach und doch verzwickt! — Es ist eben ein unmögliches und heuchlerisches Verfahren stets ge wesen, die verschiedenen republikanischen Parteien und Gruppen Halbwegs unter einen Hut zu bringen und auch die bei den letzten französischen Wahlen in Scene gesetzte Vereinigung und Zusammenschweißung der Republikaner hat nur einen hohlen Schemen, ein Trugbild zu Tage gefördert, denn es giebt noch immer rechte, mittlere und linke, gemäßigte und radikale Re publikaner in Frankreich. Die Nothwendigkeit, ein Ministerium zu bilden und die Angst vor einer un sterblichen Blamage zwingt nun allerdings schließlich immer die Mehrheit der Republikaner, wenn ein altes Ministerium gestürzt ist, ein neues bilden zu helfen. Ist aber daS neue erst einige Wochen am Ruder, da wächst der Neid im Herzen vieler Republikaner dar über, daß gerade diese Männer und nicht andere, ihnen näher stehende im Kabinet sitzen, und vas Jntrigüiren beginnt. Schließlich giebt man aus Aerger über irgend eine angebliche oder auch wirkliche Zu rücksetzung oder auch über einen „Fehler der neuen Minister" bei irgend einer Vorlage seine Stimme ab. lehnend ab, und das verhaßte Ministerium muß ab treten. So wird es in Frankreich weiter gehen, dis die Franzosen selbst die Republik satt haben. Verantwortlicher Redacteur: Psul Irhne in Dippoldiswalde Mit achtseitigem „Jllustrirten Nnterhattungsblatt". Mit land- und hauswirthschaftlicher Monatsbeilage tag und Sonnabend. — f Preis vierteljährlich A 'Kl. ! i i 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern lv Pfg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Lönialiche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Zsraumstein Inserate, welche bet ve» bedeutenden Auflage des BtalteS eine sehr n>i sain« Beichr-ltmm find werden mit 10 Pfg. Spaltenzeile oder vri Raum berechnet. — Ta« , bellarische und «omplictM Inserate mit entspreche»«.