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555 den Fugen gegangen. In Roubaix kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Sozialisten, welche die inter nationale Hymne und Patrioten, welche die Mar seillaise sangen. Im Uebrigen zeigte der Tag die altgewohnten Züge, und, in seinem Aeußern wenigstens, verrieth Präsident Carnot nicht, daß er die Abwesenheit von drei Botschaftern schmerzlich empfinde. Wird doch zu seinem Tröste von Petersburg aus jetzt verbreitet, daß der langvermißte Gegenbesuch für Kronstadt nun doch in diesem Jahre und zwar in Toulon stattfinden solle. Auch dem kann man mit philosophischem Gleich- muth entgegensetzen, so unerfreulich es auch sein wird, in jenen Tagen sich durch die Spalten der triumph heulenden französischen Presse hindurchzuwinden. Das Schlimmste bleibt Einem ja doch erspart — man braucht nicht die holde Abwechselung von Marseillaise und Russischer Hymne tagelang über sich ergehen zu lassen. Frankreich. Die Budget-Kommission bewilligte einen Kredit von 7 Millionen für Dahome. Der Marineminister Rieunier erklärte, es würde möglich sein, den Efsektiobestand der europäischen Truppen in Dahome nach der definitiven Pacifizirung des Landes beträchtlich herabzusetzen. England. Wie in London verlautet, soll der Zarewitsch während seines Aufenthaltes in London einen Brief eines in England lebenden Nihilisten em pfangen haben, worin er dringend aufgefordert wird, nach seiner Rückkehr ins Vaterland Alles zu thun, die Lage des unterdrückten russischen Volkes zu bessern. Sollte dies nicht geschehen, dann würde er vor der Rache der Unterdrückten nicht sicher sei». — Dis bislang noch immer ziemlich schleppende Spezialberathung der irischen Home-Rule-Bill im englischen Unterhause hat mit einem Male einen ge waltigen Sprung nach vorwärts gemacht. In der Donnerstagssitzung zog die Regierung, nachdem § 10 der Bill zur Annahme gelangt war, die Z§ ll—l7 bis auf Weiteres zurück, worauf Z 18 mit 328 gegen 294 Stimmen und tz 19 mit 325 gegen 291 Stimmen genehmigt wurden. Ohne besondere Abstimmung fielen dagegen die beiden nächsten Paragraphen, während die §8 22—26 wiederum mit Mehrheiten von 30 bis 35 Stimmen Genehmigung sanden; alsdann wurde die weitere Debatte vertagt. Es besteht nun kein Zweifel mehr, daß der Rest der Home-Rule-Bill binnen wenigen Tagen im Unterhause ebenfalls zur Erledigung ge langt, nachher kann im Oberhause der Tanz losgehen. Türkei. Die Blältermeldung, wonach der Khe- dive von Egypten nach Beendigung seines gegen wärtigen Aufenthaltes in Konstantinopel auch Wien, Berlin, Paris und London besuchen werde, wird in der „Polit. Korresp." dementirt. Voraussichtlich wird Abbas Pascha von Konstantinopel aus noch nach der Schweiz gehen und dann die Heimreise über Italien antreten. Griechenland. Dem Räuber-Unwesen in Griechenland geht die Regierung jetzt endlich energisch zu Leibe. Infolge der letzten unerhörten Räubereien, namentlich der am Hellen Tage geschehenen Wegsührung des jungen Trokas, des Sohnes eines Abgeordneten, aus der Nähe der Stadt Lamia, ist nun das Gesetz, welches anfangs der siebziger Jahre nach dem Ueber- fall und Mord bei Marathon gegeben wurde, wieder in Kraft gesetzt worden. Neunzehn berufsmäßige Räuber Thessaliens sind bis jetzt öffentlich namhaft gemacht, und auf Anzeige ihres Aufenthaltsortes, ihre Einfangung oder Tödtung sind Belohnungen bis zu 2000 Drachmen gesetzt worden. Der Räuber von Lamia soll zusammen mit den Räuberhauptmann Thulis nach Ithaka geflohen sein und sich in einer Berghöhle (schwerlich der homerischen Grotte) ver borgen halten. Das thessalische Landvolk soll übrigens die ausgesetzten Belohnungen zu gering finden. Da das dortige Räubergeschäst viele stille Theilnehmer hat, so werden viele der letzteren es vorziehen, dabei zu bleiben. Es wird sich zunächst darum handeln, den Verwandten, die auch Räubern gegenüber die Bluts bande heilig achten, die Gewährung von Schutz und Obdach unmöglich zu machen. Doch würden auch dann viele geheime Begünstiger des Unwesens übrig bleiben, und zwar, wie geklagt wird, Leute- von denen man dies nach ihrem Amte oder ihrer sonstigen Lebensstel lung am wenigsten für möglich halten sollte. Man redet jetzt ganz offen von diesen Dingen, während noch vor 2 Jahren die braven Hellenen in große Entrüstung zu gerathen pflegten, wenn ein Ausländer sich über das Banditenthum beschwerte. Ihren Hauptschlupf winkel hat die Näuberzunft in Thessalien, von wo aus einige besonders verwegene Strauchritter ab und zu Gastrollen in anderen Provinzen geben. Schweden-Norwegen. Kaiser Wilhelm soll auf seiner Fahrt in der Ostsee von zwei schwedischen Es- cadren begrüßt werden. Die eine Escadre besteht aus dem Panzerschiffe „Götha", fünf Kanonenbooten und vier Torpedobooten und wird von Marine-Kommandeur Klintberg befehligt; vie zweite Escadre unter Befehl des Kommandeur-Kapstäns Lennman besteht aus dem Panzerschiff „Svea" und zwei Kanonenbooten. Prinz Bernadotte ist zum Kommandeur des Panzerschiffes „Svea" ernannt worden. Amerika. Trotz aller krampfhaften Versicherungen der brasilianischen Zentral-Negierung in Rio de Janeiro, denen zufolge der Ausstand in der Provinz Rio Grande do Sul auf dem letzten Loche pfeifen soll, scheint das Gegentheil wahr zu sein. Es heißt bereits, der auf ständische Admiral van den Kolk habe die Hauptstadt Rio Grande eingenommen, was einen durchschlagenden Erfolg der Insurgenten bedeuten würde. — In der zentralamerikanischen Republik Nica ragua ist ebenfalls ein neuer Ausstand ausgebrochen. Der Präsident Machado soll von den Einwohnern der Stadt Leon gefangen gehalten werden; es gingen Ne gierungstruppen nach Leon ab. Australien. Der Kampf zwischen den Anhängern Mataafe's und Malietoa's hat außerhalb Apias am 7. Juli begonnen. Mataafe drohte, falls er siegreich sei, alle Häuser und Läden der Ausländer in Apia zu plündern und, falls sich die fremden Kriegsschiffe in den Kamps einmischten, jeden Ausländer in Samoa zu tödten. MaUeloa's Anhänger beschlossen gleichfalls, die Interessen der Ausländer nicht zu berücksichtigen; der Krieg wäre durch sie verursacht worden, sie müßten die Folgen trage». Die deutschen Kanonenboote „Bussard" und „Sperber" liegen vor Apia, britische und amerikanische Schiffe werden erwartet. Egypten. Egyptische Blätter beschäftigen sich neuestens sehr eingehend mit der Frage des Tributs, welchen Egypten an die Pforte zu zahlen hat. Der selbe beträgt jährlich 665 041 Piund und wird zum größten Theil an die Bank von England und das Haus Rothschild zur Verzinsung verschiedener türkischer Anleihen eingezahlt. Da vie türkische Regierung in Wahrheit für Egypten nichts leistet, so fragt sich das Volk, warum eine so große Summe nicht für des eigenen Landes Wohlfahrt Verwendung finden könnte. Ministerpräsident Niaz Pascha, der Urheber der für das europäische Kapital ziemlich bedenklichen Parole „Egypten für die Egypter", begleitet bekanntlich den Khevioe auf seiner Reise nicht, dagegen befindet sich in dessen Gefolge der Minister der auswärtigen An gelegenheiten, Tigrane Pascha, der sich diese Parole völlig zu eigen gemacht hat und vielfach als der Haupturheber der „Krise" des letzten Winters gilt. Aiaz Paschas nationale Grundsätze zeigen sich auch in der abl hnenden Haltung, die er jeder Anstellung eines Fremden entgegensetzt. Wermischtes. Eine chinesische Speisekarte. Ein chinesischer Mandarin sendet dem „Asiatic Quarterly" die Speisekarte eines Bankets, welches den fremden Diplomaten in Peking gegeben wurde. Zuerst gab es vier klassische Gerichte: Schwalbennester mit Taubeneiern, Flohen vom Hai mit .Krab ben, Hundefische mit Wildente und Blumenkohl. Dann folg ten verschiedene Delikatesten, welche in Taffen herumgereicht und jedem Gaste vorgesetzt wurden. Ein Gemengscl von Schwalbennestern, Muscheln, Gemüse, Champignons mit Entensüßen, gebratene Enten und Tauben in Scheiben zer legt. Hieraus vier Mittclgänge: Schinken in Honig gekocht, Erdsenpüree und eine Fischspeise, dazu Bohnen, Käse mit Bam busknollen, Küken und Hummer; dann vier Vorgerichte in doppelter Form: Schinken und Küken, Fisch gekocht und ge braten, Gekröse von Schweinen, Maccaroni, Enten und Schweinscotelettes. Jedem Gaste wurden Teller mit Mandeln, Süßigkeiten, Gelöe, Birnen und Apfelsinen dazu gereicht. Schließlich kamen die Braten: Spanferkel, gebratene Enten, gekochte Hühner und gekochtes Fleisch. Dazu eine große Menge europäischer und chinesischer Weine. Opium wurde nicht geraucht, denn im offiziellen China ist dieser Genuß nicht eingesührt. Standesamtliche Nachrichten aus der Parochie Posfendorf. Monat Juni. Aufgebote: Fleischer K. E. L. Häwel in Wilmsdorf mit Wirthschastsgehilfin M. F. Jäpelt das. — WirthschastS- gehilse E. G. Leuteritz in Wilmsdorf mit Wirthschastsgehilfin I. M. Schreiber das. — Becarb. A. M. Schotte in Wilms dorf mit Dienstperson I. A. Neuhäuser in Hänichen. — Bergarb. E. P. Oschatz in Welschhuse mit Handarb. E. I. Bart in Hänichen. — Wirthschastsgehilse B. E. Trepte in Wendischcarsdorf mit Wirthschastsgeh. A. L. Martin das. — Bergarb. E. G. Ziehnert in Welschhuse mit Fabrikarbeiterin E. M. Hähnel das. Eheschließungen: Oberschweizer B. Hörburger in Poffendorf mit M. Ehr. Vogel das. — Maurer F. E. Roscher in Bannewitz mit I. S. Geißler in Poffendors. — Handarb. A. Stodolny in Bärenklause mit Handarb. E. P. Glöß das. Geburten: Ein Sohn: Dem Gutsbes. A. R. M. König in Poffendorf. — Handarb. W. G. A. Näcke in Kleincarsdorf. — Spitzmaurer E. G. Gras in Poffendors. — Led. Dienstmädchen V. Nowak in Hänichen. — Handarb. F. E. Schütter in Poffendorf. — Handarb. P. K. L. Klahre in Rippien. — Restaur. M. E. Schmalz in Welschhuse. — Eine Tochter: Dem Wirthschastsbes. M. H. Hörig in Wilms dorf. — Fabrikarb. F. O. Wehnert in Wendischcarsdorf. — Holzhändler E. R. Wirthgen in Wilmsdorf. — Schuhmacher I. O. Querner in Poffendorf. — Bergarb. F. E. Burkhardt in Poffendors. — Werksaussehsr E. O. Göhler in Hänichen, Tischler G. Kl. Jähnig in Wendischcarsdors. — Steinbrecher I. K. E. Bischoff in Poffendorf. — G. R. Liebschncr in Poffendorf. — Vierverleger R. I. Querner in Poffendors. — Handarb. E. H. Genauck in Rippien. — Gutsbes. E. I. Porschberg in Rippien. — Led. Fabrikarb. F. M. Göhler in Welschhuse. — Bergarb. K. H. Götze in Welschhuse. Sterbefälle: A. F. Böhme, Spitzmaurers-T. in Wilms dorf, 3 I. 18 T. — A. F. Fischer, Maurers-T. in Klein carsdorf, 4 I. 3 M. 5 T. — H. R. A. Trepte, Schuh- mackers-S. in Poffendors, 2 M. 26 T. — M. F. Günther, Handarb.-T. in Wilmsdorf, 7 I. 10 M. — F. A. Die- mann, Bergarb.-S. in Hänichen, 10 M. 23 T. — I. H. Boden, Lanvbriefträgers-T. in Poffendorf, 11 M. 22 T. — Hausauszüglerin CH. E. verw. Legler in Poffendorf, 71 I. 5 M. 18 T. — Berginvalid P. Falland in Poffendorf, 60 I. 9 M. 1 T. — Privatus I. G. Zscheile in Poffen dorf, 70 I. 1 M. 11 T. — Gutsauszügler I. G. Querner in Poffendorf. 65 I. 6 M. 19 T. — O. M. Patzig, Bergarb.-S. in Börnchen, 7 M. 13 T. — E. E. Nacke, Guts- und Ziegeleibes. - T. in Wilmsdorf, 2 I. 7 T. P. K. Eckert, Handarb.-S. in Rippien, 6 M. — Todtgeb. S. des Handarb. A. Pohler in Welschhuse. — M. E. Kluge, Handarb.°T. in Rippien, 2 I. 4 M. Neueste Nachrichten. Lissabon, 17. Juli. Der portugiesische Gesandte in Brasilien telegraphirte an die Regierung, daß der Sturz des Präsidenten von Brasilien bevorstehend sei. Die Regierung sandte ein Schiff nach Rio de Janeiro. Manchester, 17. Juli. Heute tritt die Konferenz der Bergarbeiter zusammen, um über die Haltung ge genüber der 25prozentigen Lohnverminderung zu be- rathen. Athen, 16. Juli. Die Eröffnung des Kanals von Korinth vürfte erst im September erfolgen, weil alle Bemühungen, die vor dem Ausgang im Meerbusen von Saros plötzlich entstandene große Sandbank zu sprengen, vergeblich gewesen sind. Wien, den 16. Juli. Das „Fremdenblatt" schreibt bei Besprechung über die Annahme der deutschen Militärvorlage: Das Werk, zu dessen Vollendung der neue deutsche Reichstag berufen worden war, ist ge- than, die einigende patriotische Kraft des Volkes ist stärker gewesen, als der trennende Geist der Parteien. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Die Gemeinde Großölsa beabsichtigt, den in der Nähe des Legler'schen Grundstücks zu Neuölsa von der Dippoldiswalde-Rabenauer Straße ab nach Seifers dorf führenden, im Flurbuche von Großölsa unter Nr. 628 aufgestthrten Kirch- futzweg einzuziehe«. Dieser Weg soll nur theilweise und zwar von da an, wo der von der Großölsa - Seifersdorser Straße abzweigende gemeinsame Feldweg aus denselben auftrifft, bis zu dem Patzigschen Grundstücke als Wirthschastsweg beibehalten bleiben. In Gemäßheit von 8 l4, Absatz 3 de« WegebangesetzeS vom 12. Januar 1870 wird dies hiervurch unter dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß Wiversprüche gegen beregte Wegeeinziehung binnen drei Wochen vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, hier anznmelden sind. Dippoldiswalde, am 14. Juli 1893. König liebe Ämtshanptmannfchnft. »Einsiedel. Ludwig. ein - Auktion. Mittwoch, den 1». Juli dfs. Js., Nachmittags 3 Uhr,