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478 wählen zwischen Gegnern und Anhängern der Mili- tärvorlage darf man 45 sür die Anhänger und 50 für die Gegner als sicher annehmen, so daß das Ver- hältniß wie 173 gegen 180 steht. Die restirenden 44 Mandate, die zum groben Theil in den Händen von Zentrumömitgliedern liegen, sind zweifelhaft, und es wird sich bei der Abstimmung darum handeln, wieviel Abgeordnete darüber sich freie Hand Vorbehalten haben. — Ein erfreuliches Bild unter dem vielen Uner freulichen bieten die nationalen Wahlerfolge in den Reichslanden dar. So wenig man jenseits der Vogesen an den Resultaten der elsaß-lothringischen Wahlen eine Freude haben wird, so lebhaft wird überall in deut schen Landen die Thatsache begrüßt werden, daß dies mal schon der erste Wahlgang mehrere deutsche oder doch dem Deutschthum freundlich gesinnte Volksver treter aus den Reichslanden in den Reichstag ent sendet. Am bemerkenswerthesten ist das glänzende Ergebniß der Wahl im Kreise Hagenau, in welchem Prinz Alexander zu Hohenlohe, ohne daß er nur ein Wort für seine Kandidatur gesprochen, ja ohne daß er sie überhaupt angenommen hätte, mit großer Majori tät gewählt wurde — ein Zeugniß nicht nur für den vaterländischen Sinn, dem sich doch allmählich die Her zen im Reichslande erschließen, sondern auch, und vor allem, sür den guten Klang, den der Name Hohenlohe unter der Bevölkerung hat. Bekanntlich hat der Sohn des Statthalters die Kandidatur zurückgewiesen, weil eS ihm schien, daß es sich dabei um mehr als eine gewöhnliche Wahl, nämlich um ein Vertrauens- oder Mißtrauensvotum gegen seinen Vater handeln könne; nun, da das Vertrauensvotum erfolgt ist, ohne daß eS begehrt war, fällt es um so mehr ins Gewicht und beweist, wie gut es der gegenwärtige kaiserliche Statt halter versteht, mit den Interessen des Deutschen Reiches die der Wohlfahrt der wiedergewonnenen Lande zur Zufriedenheit ihrer Bevölkerung zu vereinigen. Potsdam. In der Nacht zum Montag entstand im neuen Proviantamt der hiesigen Garnison in der Louisenstraße Feuer, durch welches dasselbe fast gänz lich in Asche gelegt wurde. Es sollen gegen 600 Ztr. Brod, sowie ein großer Posten Heu verbrannt sein. Der Schaden ist ziemlich bedeutend. Schneidemühl. Die durch den Brunnenbau her vorgerufene Erdsenkung beträgt bereits mehr als 1 in. Bis jetzt sind 23 Häuser zerstört und mußten 80 Fa milien ihre Wohnungen räumen. Pioniere sind zur Hilfeleistung eingetroffen. Am Dienstag früh 4 Uhr stürzte das Straubel'sche Haus in sich zusammen, der Einsturz von anderen Häusern in der großen und kleinen Kirchgasse wird jeden Augenblick erwartet. Der Handel und Verkehr stockt. Ohne Beihilfe des Staates wird sich die Stadt nur schwer von diesem Unglück erholen können. Friedrichsruh. An ver am Sonntag stattgefun denen Fahrt der Mecklenburger zum Fürsten Bismarck betheiligten sich etwa 1000 Personen. Ansprachen an den Fürsten hielten I)r. Stichler-Wismar, vr. Hill- mann-Güstrow und Grospitz-Hamburg, Letzterer in plattdeutscher Sprache. Fürst Bismarck antwortete in etwa halbstündiger Rede, in welcher er sich gegen den Partikularismus und die Fraktionspolitik aussprach. Der Fürst schloß mit einem Hoch auf den Großherzog von Mecklenburg. Bayern. Bei der Reichstagswahl ist Graf Kon rad Preysing, der Führer der bayerischen Klerikalen seinem bäuerlichen Kandidaten unterlegen. Diese Niederlage wird, da Graf Preysing zu den geistig be deutendsten Führern des Zentrums gehörte, von seiner Partei ganz besonders schwer empfunden werden. — Der Redakteur des „Bayr. Vaterland" vr. Sigl, der bekannte Preußenhaffer, ist im Wahlkreise Kelheim gegen den Zenlrumskandidaten gewählt worden. Oesterreich-Ungarn. Der Arbeiterausstand in Kladno scheint in der österreichischen Arbeiterwelt eine gewisse Gährung erzeugt zu haben, die offenbar von sozialistischer und anarchistischer Seite auSgebeutet wird. So kam eS am Sonntag in Prag wie m Brünn zu höchst bedenklichen Straßenunruhen, die dort wie hier durch daS Verbot von Arbeiter-, resp. von Volksver sammlungen veranlaßt wurden. In Prag entstand hierbei ein Zusammenstoß zwischen der Polizei und sozialistischen Arbeitern, bei dem nicht weniger als 18 Polizisten verwundet wurden. In Brünn mußte so gar Kavallerie einschreiten, da die Polizei mit der rebellischen Volksmaffe nicht fertig zu werden vermochte; die Aufrührer empfinge» die ansprengenden Reiter mit Steinwürsen und Revolverschüssen, auf beiden Seiten gab es zahlreiche Verletzungen. Frankreich. Die offiziellen Pariser Meldungen über das Befinden des Präsidenten Carnot lauten fortgesetzt ziemlich günstig. Das am Sonntag Vor mittag über Carnot veröffentlichte Bulletin besagt, daß in den Zustande des Präsidenten eine sehr merkliche Besserung eingetrcten sei; noch im Laufe des genann ten Tages sollte dem Reconvalescenten gestattet werden, das Krankenzimmer zu verlassen. Die weitgehenden Besorgnisse, welche man in Pariser politischen Kreisen bezüglich des Leidens Carnols hegte, scheinen also übertrieben zu sein — Dem „Ganlois" zufolge soll nunmehr mit Siam Ernst gemacht werden. Drei Kriegsschiffe wurden nach Bangkok beordert. Die Regierung wird wahr scheinlich einen Kredit von 7 Millionen fordern. Die siamesische Negierung erneuert ihre Versicherung, daß sie an den Zwischenfällen am Mekong unschuldig ist. Rußland. Am 17. Juni ist die zwischen Frank reich und Rußland abgeschloffene Handelskonvention unterzeichnet worden. Die von Rußland zugestandene Zollerniedrigung auf Naphiaprodukte beträgt die Hälfte des bisherigen Zolles. Rußland gewährt außer den bekannten Vergünstigungen eine Erniedrigung der Zölle auf musikalische Instrumente, Wollwaaren und Ackerbaugeräthe. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Nach Mittheilung der betreffenden Herren Wahlkommissare machen sich engere Wahlen nothwendig: im 6 Reichstagswahlkreise zwischen Herrn Landtagsabgeordneten Georg Horn in Löbtau und Herrn Kaufmann Oskar Hänichen in Lockwitz, im 8. ReichStagSwahlkreife zwischen Herrn Töpfer Julius Frätzdorf in Dresden und Herrn Mörtelfabrikant Earl Friedrich Lotze in Dresden und im S. ReichStagSwahlkreife zwischen Herrn Geheimen Bergrath Merbach in Freiberg und Herrn Landtagsabgeordneten Tischlermstr. Ernst Schulze in Cossebaude. Nachdem zu diesen Wahlen Sonnabend, -er 2Ä. Juni I8S3, anbsraumt worden ist, wird dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt gemacht, daß alle auf andere als die in jedem der vorgenannten 3 Wahlkreise zur engeren Wahl kommenden zwei Kandidaten fallenden Stimmen ungiltig sind, sowie daß die Wahlbezirke, Wahllokale und Wahlvorsteher dieselben sind, wie bei der ersten Wahl, und daß die engere Wahl wiederum von Vormittag Ist bis Nachmittag 6 Uhr stattfindet. Die Ortsbehörden des hiesigen amtshauptmannschastlichen Bezirks werden hierbei zugleich veranlaßt, unverzüglich Tag und Stunde der engeren Wahl, so wie die Abgrenzung des betreffenden Wahlbezirkes und die Wahlvorsteher nebst Stellvertretern von Neuem unter Hinweis auf die Beschränkung der Abstimmung auf die betreffenden zwei Kandidaten in ortsüblicher Weise bekannt zu machen, noch vor dem Wahltermine aber eine besondere Bescheinigung, daß dies Letztere geschehen, an den Wahlvorsteher e'nzureichen. Die bestellten Herren Wahlvorsteher haben bei Leitung der engeren Wahl nach denselben Grundlagen und nach denselben Vorschriften zu verfahren, wie bei der ersten Wahl, insbesondere aber auch die Wahlprotokolle nebst Gegenlisten, Wählerlisten und denjenigen Stimmzetteln, über deren Gütigkeit oder Ungiltigkeit der Mahlvorstand Beschluß zu fassen gehabt hat, ingleichen mit der obgedachten, von der OrtSbehörde auszustellenden Bescheinigung spätestens am Tage nach dem Wahltermine an den Königlichen Wahlkommissar, im 8. Wahlkreis: Herrn Geheimen Regierungsrath Amtshanptmann vr. Schmidt in Dresden-Altstadt, im 8. Wahlkreis: Herrn Regierungsassessor Heink in Pirna, im S. Wahlkreis: Herrn Negierungsralh I)r. Steinert in Dres ¬ den unter der Adresse: „Königliche Amtshauptmannschaft Freiberg", einzusenden. Die Wählerlisten, Wahlprotokollsormulare und Gegenlistensormulare werden den Herren Wahlvorstehern, soweit dies nicht schon geschehen, unverzüglich zugehen. Einer erneuten Auslegung oder Berichtigung der Wählerlisten bedarf es nicht. Es ist vielmehr zur Stimmenabgabe bei der engeren Wahl nur derjenige Wähler zugelassen, welcher in die Wählerliste schon zur Zeit der ersten Wahl ausgenommen war, aber ohne Rücksicht darauf, ob er bei der ersten Wahl sein Stimmrecht aus geübt hat oder nicht. Es darf sich also an der engeren Wahl auch Jeder, der bei der ersten Wahl nicht mit gestimmt hat, betheiligen, sofern nur sein Name bei der ersten Wahl in der Wählerliste gestanden hat. Dippoldiswalde, am 20. Juni 18S3. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Einsiedel. Ludwig. Bekanntmachung, die Reichstagswahl betreffend. Bei der am 15. dieses Monats im 6. Wahlkreise des Königreichs Sachsen vollzogenen Neichstagswahl hat keiner der in Frage gekommenen Kandidaten die absolute Stimmenmehrheit erhallen. Es ist daher nach ß 12 des Reichstagswahlgesetzes vom 31. Mai 1869 nun mehr zwischen den beiden Kandidaten, welche die meisten Stimmen erhalten haben, nämlich: Herrn Kaufmann Oskar Hänichen in Lockwitz und Herrn Landtagsabgeordneten Georg Horn in Löbtau zu wählen. Für diese engere Wahl habe ich Sonnabend, den 2Ä. Inn» L8S3, anberaumt und die zuständigen Behörden ersucht, das deshalb Nöthige zu ver anlassen. Dabei wird noch darauf hingewiesen, daß bei dieser engeren Wahl alle auf andere als die zwei obengenannten Kandidaten fallenden Stimmen ungiltig sind. Dresden-Altstadt, am 19. Juni 1893. Der für die Reichstagswahl im <» Sachs. Wahlkreise ernannte Wahlkommissar. Geheimer RegierungSrath vr. Schmidt, Amtshauptmann. Dekanntmachung, die Vornghme einer engeren Wahl im 8. sächsischen Reichstags wahlkreise betreffend. Bei der am 15. dieses Monats stattgefundenen Wahl eines Abgeordneten zum Deutschen Reichstage im 8. Wahlkreise des Königreichs Sachsen sind nach der heute erfolgten amtlichen Ermittelung des Wahlergebnisses von den im Wahlkreise abgegebenen 20879 gütigen Stimmen aus den Töpfer Julius Frätzdorf in Dresden 7989 Stimmen, den Mörtelfabrikant Karl Friedrich Lotze in Dresden 7805 Stimmen, den Rechtsanwalt Arthur Gyfoldt in Dresden 3939 Stimmen und den Rittergutsbesitzer Joseph Hoenerbach auf Berthelsdorf 1139 Stimmen gefallen, während sich 7 Stimmen zersplittert haben. Hiernach hat keiner dieser Kandidaten die nach ß 12 des Wahlgesetzes für den Deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869 nothwendige absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt und es ist in Gemäßheit dieser gesetzlichen Bestimmung unter den zwei Kandidaten, welche die meisten Stimmen erhalten haben, mithin zwischen dem Töpfer Julius Fräßdorf und dem Mörtelfabrikanten Karl Friedrich Lotze in Dresden eine engere Wahl vorzunehmen. Zur Vornahme dieser engeren Wahl wird hiermit Sonnabend, der SÄ. Juni L8»3, " ^llle Stimmen, welche bei dieser engeren Wahl auf an-