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Wchmtz-Mmz Nr. 72. 59. Jahrgang. Inserate, welch« bei ve» bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk» same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- di« Spaltenzeile oder seren Raum berechnet. — Ta» bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im revaktionellen Lheile, die Spaltenzeile Ai Pfg. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptrnannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträihr zu Dippoldiswalde und Irauenstein Die „Weisteritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei« nial: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg- — Alle Postan stalten', Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Mut Ithllk in Dippoldiswalde. Mit schtsritigem ,Mustrirten llnterhsltungsbistt". H Mit humoristischer Nischeudrilsze „Seiseublsseu^ * Mit land- und hsuswirthschastlicher Monatrdkiloze. Donnerstag, den 22. Juni 1893. Lokales ««d Sächstsches. Dippoldiswalde, 2t. Juni. In Anerkennung, daß die konservative Partei trotz vielseitiger Verneinung doch bei der Reichsgesetzgebung vortheilhast für das Volkswohl gewirkt hat, haben im 6. Wahlkreise über 4000 Wähler treu zu dieser Partei gestanden. Das erste Wahlergebniß macht aber eine Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Reformpartei Oskar Hänichen- Lockwitz und dem Landtagsabgeordneten Georg Horn- Löbtau nöthig und soll diese nächsten Sonnabend, den 24. d. M., vorgenommen werden. Wie sollen sich dabei die Wähler verhalten? Durch das allgemeine Wahlrecht ist den Retchsangehörigen die einzige Ge legenheit geboten, in die gesetzgeberische Maschine mit einzugreisen, und ist dieses Recht als eine Pf licht an zusehen, denn wie kann die Volksmeinung richtig und wirksam zum Ausdrucke kommen, wenn >tch der Wähler der Abstimmung enthält? Darum alle Wähler zur Urne, damit die Regierung klar und deutlich ver nimmt, was das Volk will. Daß die Parteigänger der Reformpartei vollzählig erscheinen, daran ist wohl nicht zu zweifeln, und daß die konservativen Wähler nicht dem Kandidaten der Umsturzpartei mit ihrem un klaren Programm und dem darin versteckt liegenden, verschleierten Zukunstsstaate der Gewaltherrschaft, der Zügellosigkeit und Willkür ihre Stimme geben, das ist auch sicher. Doch wenn nicht unser 6. Wahlkreis durch einen Sozialdemokraten vertreten werden soll, so ist es nöthig, daß alle reichstreuen Bürger für den Kan didaten der Reformparlei Oskar Hänichen-Lockwitz ein treten, und das können sie mit ruhigem Gewissen, denn nach dem Programme dieser Partei steht dieselbe treu zu Kaiser und Reich, König und Vaterland. Sie tritt auch für Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht ein und ist natürlich bereit, die erforderlichen Summen zu bewillige». Sie hält weise Sparsamkeit im Staats haushalte für geboten und fordert größere Heranziehung des Großkapitals, der Börse, der ausländischen Luxus artikel für Ausbringung der Steuern. Ferner verlangt sie deutsche Rechtsgrundsätze als Grundlage für das bürgerliche Gesetzbuch und verschiedene Reformen der Justizgesetzgebung. Ganz besonders aber geht sie dem unheilvollen jüdischen Einflüsse auf Leben und Denken des deutschen Volkes und auf wirthschaftlichem Gebiete zu Leibe. Mußt Du, konservativer Reichsbürger, vor diesem Programme zurückschrecken? Deckt es sich nicht mit Deinen eigenen Anschauungen? Dazu wollen wir gestehen, daß es der Neformpartei gelungen ist, die breite Masse des Mittelstandes aus der politischen Trägheit aufzurüttrln zu selbstständigem Denken und Handeln, sonst hätte wahrscheinlich der Sozialdemokrat schon im ersten Wahlkampfe gesiegt. Derselbe hatte am 18. d. M. schon 14250 Stimmen erhalten, Förster und Hänichen zusammen 15062, also nur 812 Stimmen mehr. Darum noch einmal: Soll der 6. Wahlkreis nicht durch einen Sozialdemokraten vertreten sein, dann, alle reichstreuen Wähler, an die Urne für Oskar Hänichen-Lockwitz. „Das Vaterland über die Partei" soll der Ruf aller national gesinnten Wähler sein. — Die amtlich festgestellten Wahlergebnisse im 6., 8. und 9. Wahlkreise sind im amtlichen Theile der heutigen Nummer enthalten. Gleichfalls erläßt die königl. Amtshauptmannschaft als auch der hiesige Stadtrath und der Stadtgemeinderath zu Frauenstein auf die Stichwahl bezügliche Bekanntmachungen. — Der Bund der Landwirthe im sechsten Wahl kreise tritt erfreulicher Weise zur Stichwahl voll und ganz für den in Frage kommenden Kandidaten der Ordnungspartei (Ref.) Herrn Hänichen, ein. Er wird seine Mitglieder in einem besonderen Flugblatte dazu auffordern. — Die säumigen Wähler mögen sich wenigstens zur Stichwahl noch ein Beispiel an der Opferwilligkeit der Sozialdemokraten nehmen. Alle hier und in der Umgegend wahlberechtigte Sozialisten, welche in Dresden arbeiten, hatten weder Reisekosten noch den Verlust an Arbeitslohn gescheut, um rechtzeitig zur Wahl in ihrem Orte einzutreffen. — Während am letzten Sonntage 25 Mitglieder des Turnvereins zu Unterweißig nach einer Nachtpartie unsere Stadl als Zielpunkt erwählten, trafen am gestrigen Dienstag Mittag 107 Schüler der Realschule zu Dresden - Johannstadt unter Führung ihrer Lehrer hier ein. Dieselben marschirten vom Steinbruch aus mit Musik nach dem „Stern", wo das Mittagsmahl eingenommen wurde, während im Schützenhause, nach einigen Spielen auf der Aue, der Kaffee genoffen wurde. Erstere dagegen trafen schon früh ^3 Uhr im Schützenhause ein, von wo sie nach dreistündiger Rast noch den Luchberg besuchten und nach der Rück kehr ebenfalls im Schützenhause Mittagstisch hielten. — Am Montage starb einer unserer ältesten Bürger, Herr Privatus Kirchner. Er war es, der vor ca. 40 Jahren das neuerdings wesentlich erweiterte Steinbruch restaurant gründete. Nachdem er zunächst die Erlaub- niß zum Verkaufe von Getränken nur an die Bruch arbeiter hatte, erhielt er später vollen Schankbelrieb während der Sommermonate. Er beabsichtigte auch, seine Wohnung an Ort und Stelle aufzuschlagen, was ihm jedoch von der Forstverwaltung aus untersagt wurde, weshalb er auch das obere Gestock seines er richteten Hauses wieder abtragen ließ. -j- Frauenstein, 20. Juni. Unser zukünftiger Herr Diakonus Wolff, z. Z. Hilfsgeistlicher in Oelsnitz wird sicherem Vernehmen nach erst Anfang August hier sein Amt antreten können, da demselben bis zu dieser Zeit die Vertretung für den dortigen, auf Urlaub sich be findlichen Herrn Pfarrer übertragen worden ist. — Einem alten löblichen Brauche gemäß hat der hiesige Männergesangverein „Liedertafel" seit Reihen von Jahren alljährlich am Johannisabende auf dem hiesigen Friedhöfe einige der Festfeier entsprechende Gesänge vorgetragen, woran sich eine Ansprache eines der Herren Geistlichen «»schloß. Heuer wird hierin ausnahmsweise eine kleine Abweichung vor sich gehen. Bekanntlich ist am 24. Juni die Stichwahl zum Reichs tage. Da zu der üblichen Stunde der Johannisseier die Wahl noch nicht völlig beendet ist, indem man von diesem Zeitpunkte an die auswärtigen Wahlcesultate erwartet, die Gemüther auch durch die politischen Interessen zu sehr erregt und darum am Abende des Johannisfestes sich nicht in der nöthigen Johannis feststimmung befinden dürften, so wird die Johannis feier am Tage darauf, Sonntag, den 25. Juni, Nach mittags '/»2 Uhr, auf dem Friedhöfe nachgehalten werden. Sollte diese infolge Regenwetters im Freien nicht abgehalten werden können, so findet eine kirch liche Andacht in der Hospitalkirche statt. Fürstenwalde. Am Morgen des 19. d. M. er schoß sich der erblindete 29 Jahre alte und noch un- verheirathete Seiler Walther. Als Motiv wird Schwer- muth bezeichnet. 4 Poffendorf. Zur Feier des Fahnenweihfestes des hiesigen Männergesangvereins Sonntag, den 25. dieses Monats, ist nunmehr folgendes Programm fest gesetzt worden: Früh 5 Uhr Reveille. Vorm. 9—12 Uhr Empfang der Gesangvereine. Mittags 12 Uhr gemeinschaftliches Mittagsmahl im Saale des Gast hofes. Nachm. i/«2 Uhr Probe der Massenchöre im Saale des Gasthofes. >/»3 Uhr Aufstellung zum Fest zuge und Weiheakt. '/,4 Uhr Festzug durch den fest lich geschmückten Ort. '/»5 Uhr Beginn des Fest- Concertes im Garten des Gasthofes. Abends 7 Uhr Festball. — In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag vergang. Woche sind Diebe in das hiesige Restaurant des Frl. Lucius eingebrochen und haben verschiedene Eßwaaren und Liqueure entwendet. Von da haben sich die frechen Patrone nach Rippien begeben und im dortigen Gasthof, nach Eindrücken einer Fensterscheibe, tüchtig gegessen und getrunken. Bei ihrem Weggangs haben sie die in Poffendorf gestohlenen Eßwaaren rc. im Gastzimmer zurückgelaffen. — Beim Fechten und Skandalieren wurden am vergangenen Freitag 2 junge Leute betroffen, von denen der eine, welcher mit einem Stocke mehrere Fenster eingeschlagen hatte, am Sonnabend ins Amts gericht Dippoldiswalde transportiert wurde. Dresden. Ihre K. Hoheit die Frau Herzogin- Mutter von Genua ist am Dienstag zum Besuche am kgl. Hofe eingetroffen. Die Majestäten halten sich jetzt in der Sommerresidenz Pillnitz auf. — Das kgl. Landgericht Dresden sprach s. Z. den früheren Postgehilfen Joh. Arthur Eduard Riesen aus Frauenstein von der wider ihn erhobenen Anklage deS Betrugs kostenlos frei. Hiergegen machte die königl. Staatsanwaltschaft vom Rechtsmittel der Berufung Ge brauch. Niesen hatte während der Monate März und April vor. I. von mehreren hiesigen Buchhändlern Wörterbücher und Atlanten auf Abzahlung gekauft, hierbei jedoch nur eine Kleinigkeit angezahlt und dann die Werke sofort verkauft, sowie den Erlös zu seinem Lebensunterhalte verwendet. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme in der Sitzung am Dienstag wurde das freisprechende Urtheil aufgehoben, der Angeklagte des Betrugs für schuldig erkannt und deshalb mit einer bwöchigen Gefängnißstrafe belegt. Großenhain. Der so oft vorgekommene Fall, daß durch Verwendung von Petroleum beim Feuer anzünden Personen verunglückt sind, ereignete sich in voriger Woche auch in hiesiger Stadt. Das im 14. Lebensjahre stehende Auswartemädchen Selma Schulze goß am Freitag Petroleum in das Helle Feuer, wo durch ihre Kleider in Brand geriethen. Sie erlitt schwere Brandwunden, wurde in das Stadtkranken haus gebracht und erlag in der folgenden Nacht den Verletzungen. — In vergangener Woche wurde die seit dem 28. Januar d. I. vermißte Amalie Henriette Günther, geb. Zeidler, Ehefrau des Wildhändlers Louis Günther hier, in Kleinraschitzer Flur in der Röder todt aufgefunden. Verunglückung ist ebenso ausgeschlossen, als Verbrechen. Leipzig. In der Nacht zum Sonntag brannte die erst im vorigen Jahre erbaute Tribüne des Sport platzes an der Lindenauer Chaussee gänzlich nieder. Die Enlstehungsursache des Feuers ist unbekannt. Der Schaden ist bedeutend. Die Holzmassen gaben dem Feuer soviel Nahrung, daß ein Heller Feuerschein die ganze Umgegend in weitem Kreise erleuchtete. — Die Stichwahl im Wahlkreise Leipzig- Stadt findet nicht am Sonnabend, sondern des Jo hannisfestes wegen, das hier in ganz besonderem Maße gefeiert wird, schon Freitag, den 23. Juni, statt. Es haben demnach die Vorstellungen Beachtung ge funden, die der Rath in dieser Angelegenheit an zu ständiger Stelle vorgebracht hat. (Fortsetzung de» Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Nach den nunmehr aus allen 397 Wahl kreisen vorliegenden Ergebnissen hat man es mit 213 definitiven Resultaten und 184 Stichwahlen zu thun. Es sind nach einer vorliegenden Berechnung Anhänger der Militärvorlage gewählt 101; ferner finden in 27 Wahlkreisen Stichwahlen zwischen Anhängern der Mili tärvorlage statt, so daß sich also 128 Wahlkreise für die Vorlage entschieden haben. Gegen die Vorlage wurden gewählt 109. Ferner finden Stichwahlen statt zwischen Gegnern der Vorlage in 21 Wahlkreisen, so daß sich 130 Wahlkreise gegen die Vorlage entschieden. Von den alsdann in Berechnung zu ziehenden Stich-