Volltext Seite (XML)
„Weißerih.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- fialteu, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-Mmz. Amtsblatt Jnzerale, welche bei de» bedeutenden Auflage de- Blattes eine sehr wirk, same Berbrsitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eiirge- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzril-» SO Pfg. für die Königliche Umlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Maul Ikhnr in Dippoldiswalde. Kit schtseitigrm „Züustriiten iliitkrhsltungsdlstt". » Kit humoristischer Mocheildeilsge „Seiscudlsseu". -i- Kit land- und haurwirthschastlicher Komtideilaze. Nr. 67. Sonnabmd, den 10. Juni 1893. 59. Jahrgang. Lokales imd Sächsisches. Dippoldiswalde. Es wird vielen Wählern von Interesse sein, über den konservativen Reichstags kandidaten, Herrn Geh. Bergrath Förster, e'.waS Näheres zu erfahren. Von unterrichteter Seite wird uns Folgendes mitgetheilt: Herr Förster hat in Freiberg das Bergfach studirt und dann nach kurzer Thätigkeit im Königlichen Bergamte eine Zeit lang als Bergingenieur im Auslande zugcbracht. Ins Inland zurückgekehrt, fand er zunächst Anstellung bei oem Hänichener Steinkohlenbau-Vereine, ging dann aber bald in den Staatsdienst über und wurde Berg inspektor in Chemnitz. Bereits 1871 wurde er zum Direktor des Königlichen Steinkohlenwerkes in Zauckerode berufen, wo er eine außerordentlich reformatorische und segensreiche Thätigkeit für das Werkpersonal wie für die dortigen Angestellten und Arbeiter entfaltete. Besonders hervorzuheben ist, daß er den durch Betriebs verbesserungen so erheblich gesteigerten Ertrag des Werkes auch den Arbeitern mit zu gute kommen ließ, denn deren Arbeitsverdienst erhöhte sich in der Zeit von 1871 bis 1892 wohl um nahezu 50 Prozent. Aber auch in anderer Weise bewies er den Arbeitern seine Fürsorge. Man kann wohl sagen, daß die Technik in Bezug auf Unfallverhütung und bergmännische Hygieine keine Verbesserung gebracht hat, die nicht zum Wohle der Arbeiter bei dem Königlichen Stein kohlenwerke versucht worden wäre. Außer an dem genannten Werke wirkte Herr Förster nicht minder ersprießlich in der sächs. Kommission zur Bekämpfung der Schlagwettergefahr, bei der Berathung der Berg- polizei-Vorschristen, sowie namentlich auch bei der Ein richtung der staatlichen Unfallversicherung. So war er längere Zeit Vorstandsvorsitzender von Sektion VII der Knappschasts-Berufsgenossenschaft, und wenn dieser von mancher Seite heute noch nachgerühmt wird, sie erledige ihre Verpflichtungen gegen die Betroffenen in besonders entgegenkommender Weise, so ist wohl hier bei die Thätigkeit des Herrn Förster von Grund legender Bedeutung gewesen. Seit dem Jahre 1886 ist Herr Förster als Hilfsarbeiter in das Königliche Finanzministerium nach Dresden berufen worden, um seine Kräfte auch dem Freiberger Bergbaue zu widmen. Bei dieser arbeitsreichen Thätigkeit ist es aber um so mehr anzuerkennen, daß er dem Rufe der Ordnungs parteien zum Wahlkandidaten so willig gefolgt ist. „Für das Vaterland thue ich alles!" Das war die Losung, die ihn zur Annahme begeisterte, mit der er sich opferfreudig der schweren Aufgabe unterzog. Möge der Erfolg dem so kräftigen und warmherzigen Manne nicht fernbleiden! Wer Gelegenheit gehabt hat, bei der Leitung eines großen Bergbau-Unternehmens die innige Wechselwirkung zwischen Ackerbau und Industrie, Handel und Gewerbe zu studiren, ist ganz besonders geeignet und berufen, für anscheinend sich widerstrebende Interessen ein ehrlicher Makler und uneigennütziger Vermittler zu sein. — Vom hiesigen Refomverein geht uns Folgendes zu: „Auf die Berichtigung in Nr. 66 d. Bl., die kon servative Versammlung am 4. d. M. betreffend, be merken wir, daß es um eine Partei sehr mißlich be stellt sein müßte, wenn sie fürchtet, daß ein Gegner in ca. 10 Minuten den etwaigen guten Eindruck einer Rede verwischen könnte; im Uebrigen bemerken wir, daß wir auf eine Zeitungspolemik nicht eingehen, sondern überlasten sehr gern diese von anderer Seite provocirte unliebsame Sache dem gesunden Urtheile deS Mittelstandes, welcher auch dasselbe noch selbigen Tages faßte". — Nachdem am Montag der hiesige Stadtrath Herrn Adolf Jahn in Wilsdruff zum hiesigen Stadtmusikdirektor gewählt batte, hielt dieser am Donnerstag mit seinem eigenen Chore zwei Probe- Eoncerte ab, und »war am Nachmittag im Schisßhaus- Garten mit Blasmusik und am Abend in der „Reichs- kröne" mit Streichmusik. Wir freuen uns, berichten zu können, daß sich Herr Musikdirektor Jahn durch beide Concerte sehr gut empfohlen hat. Sein mit allen, auch den selteneren Instrumenten ausgestattetes Orchester scheint an militärische Pünktlichkeit gewöhnt zu sein und hat sich eine sehr feine Vortragsweise an geeignet, die ganz besonders in den Streichquartetten und durch das Waldhorn zum Ausdruck kam. Außer dem führte sich Herr Musikdirektor Jahn auch als Komponist ein. Aus dem Abendprogramme fanden unter Anderem bei dem zahlreichen Publikum noch großen Gefallen das Tongemälde „Die Waldmühle" von Weißenborn, sowie der Pilgerchor und das Lied an den Abendstern aus Tannhäuser. Durch lauten Zuruf ward dem Dirigenten die Gewißheit, daß man sich über seine Wahl freue. Möge derselbe bald seine neue Stelle antreten und recht lange zur Veredlung der Musik in unserer Stadt thatkräftig beitragen können. — Nächsten Sonntag wird der Turnplatz auf unserer Aue ein Bild regen Lebens bieten, indem unser Turnverein sein Sommer-Anturnen durch ein um 3 Uhr beginnendes Schauturnen feiert. — Auf die am nächsten Sonntag im „Sternsaal" stattsindende Hauptbezirksversammlung der Militärver eine seien alle Interessenten auch hierdurch aufmerksam gemacht. — Am heutigen Freitag überbrachte uns ein hies. Einwohner einem auf dem Wege von Berreuth nach dem Eingänge ins Bödichen gefundenen kerngesunden Steinpilz. In Anbetracht der für diese Fruchtart so frühen Jahreszeit und der so außerordentlichen Trockenheit ist dieser Fund ein gewiß seltenes Vor- kommniß. — Sonntag, den 4. Juni, fand in der neu restau- rirten Kirche zu Reichstädt das früher schon in diesem Blatte erwähnte und angekündigte Kirchenconcert statt, das sich namentlich von auswärts eines so zahl reichen Besuches erfreute, daß Emporen und Altarplatz bis auf den letzten Platz besetzt waren, und nur im Schiff eine Anzahl Plätze noch hätten besetzt werden können. Ausgeführt wurde dasselbe unter Leitung des Herrn Kirchschullehrer Brückner vom Landlehrerverein Dippoldiswalde, unterstützt von einigen anderen sehr schätzenswerthen musikalischen Kräften von auswärts. Die neu erbaute Orgel kam dabei in verschiedenster Weise zur Anwendung, und es konnte deshalb jeder Zuhörer sich davon überzeugen, daß dieselbe ein sehr gut gelungenes Werk ist. Das Programm, aus Männerchöcen, Soli's und Violinvorträgen mit Orgel begleitung, sowie aus selbständigen Orgelvorträgen zusammengestellt, kam recht gut zur Ausführung. Die Soli lagen in den Händen der Frau Melitta-Teichert, Chemnitz, und des Herrn Lehrer Nitzsche, Lauenstein. Beide zeigten sich der gestellten Aufgabe vollkommen gewachsen und haben durch ihre Mitwirkung entschieden zur Verschönerung deS Concertes beigetragen. Ganz besonders ergreifend kam das Lied: „Sei still" von Raff zum Vortrag. Die Violinvorträge des Herrn Lehrer Jäger, Ulberndorf, der einem großen Theil unserer Leser bezüglich seiner künstlerischen Leistungen wohl bekannt ist, waren gleichfalls von schöner Wir kung, trotzdem die Kompositionen (Wermann) fast zu sehr ausgesponnen erscheinen. Daß die Männerchöre, von lauter sangeskundigen Lehrern ausgesührt, gut gelingen mußten, war eigentlich eben deshalb selbst verständlich, mag aber doch als wirkliche Thatsache hier lobend erwähnt sein. Von geradezu ergreifender Wir kung war das Dankgebet von Kremser. Vielleicht wäre die Wirkung noch gesteigert worden, wenn die 2. Strophe etwas weniger stark eingesetzt und durchgesührt worden wäre. Die Begleitung der meisten dieser Ge sänge und Vorträge wurde mit der Orgel meist gut ausgesührt. Herr Lehrer Sickert, Ruppendorf, spielte eine Fantasie (O-moII) von Bach mit Bravour und Exaklheit und zeigte sich als vielversprechender junger Künstler. Daß der EinleitungS- und der Schlußsatz (Allegro von Mendelssohn und Freie Fantasie und „Grobes Halleluja" von Händel) vom Berichterstatter übernommen und ausgesührt waren, mag der Voll ständigkeit wegen noch erwähnt sein. Nach Beendigung des 2 Stunden andauernden Concertes hörte man all seitig hohe Befriedigung der Besucher über das Gehörte kund werden, und darum sei zum Schluß dem Veran stalter, Herrn Kirchschullehrer Brückner, gebührender Dank gezollt. Hl. 4 Quohren. Am vergangenen Sonntag sand hier die Weihe des neuen Turnplatzes statt. An diesem Akte nahmen die Turnvereine von Lungkwitz, Hänichen, Welschhuse, Kreischa und Löbtau mit Theil. Die vom hiesigen Verein vorgesührten Stabübungen zeigten, daß der junge Verein seit der kurzen Zeit seines Bestehens schon recht Erfreuliches leistet; auch das Gerätheturnen der auswärtigen Vereine zeigte manch' schöne Leistungen. Nach einem Umzug durch den festlich geschmückten Ort fand später im Gasthofe ein fröhlicher Festball statt. 4 Poffendorf. Infolge der anhaltenden Trocken heit ist bei uns und in den benachbarten Ortschaften wieder recht fühlbarer Wassermangel «ingetreten und muß daher in den Haushaltungen die größte Spar» samkeit beim Verbrauche deS Wassers angewendet werden. Glashütte. Der Sjährtge Knabe Fischer trug seiner Schwester, welche bei einem Gutsbesitzer im nahen Dittersdorf im Dienste steht, verschiedene Klei dungsstücke nach. Die Schwester hatte in der Scheune einige Verrichtungen. Der Bruder folgte ihr und lehnte sich an die Planke des Balkenloches. Mit der Planke stürzte der Knabe auf die harte Tenne. An das Aufkommen des Schwerverletzten ist kaum zu glauben. Dresden. Prinz Friedrich August ist von seiner Erkrankung an den Masern wieder soweit genesen, daß er am Donnerstag Nachmittag von Berlin nach Dresden zurückkehren konnte. — Der Dresdner Haide droht eine ernste Gefahr durch die Nonne. Schon seit Jahren ist sie hier beobachtet worden; doch trat sie immer in so geringer Zahl auf, daß sie nicht gefährlich erschien. Im vor. Sommer aber, begünstigt durch die große Hitze und Trockenheit, trat die Nonne in beängstigender Weise auf. Die Forstbehörde traf die nöthigen Maßregeln, die bis jetzt durch Bestreichen der Bäume mit Theer und Raupenleim in eifrigster Weise fortgesetzt worden sind. In vielen Revieren wurden die weiblichen Schmetterlinge zu Tausenden gefangen, in anderen die Eier und Raupen literweise gesammelt; kurz, es ist von den Forstverwaltungen alles gethan worden, um die Gefahr zu beseitigen. Trotzdem zeigt sich die Nonne jetzt von Neuem, und, wie es leider scheint, ist in einzelnen Revieren, z. B. im Kleinröhrsdorfer bei Radeberg, diesmal die Gefahr größer. Bautzen. Ein historischer Akt vollzog sich am 1. Juni Nachm. I Uhr an unsrer Hauptwache. Nachdem Mittags zuvor als letzte Wache Unteroffizier Ullmann der 4. Kompagnie des hiesigen 103. Regi ments aufgezogen, Hornist Nowotne der 2. Kompagnie Abends 9 Uhr den letzten Zapfenstreich geblasen und Soldat Albert Wagner der 4. Kompagnie als letzter Posten vorm Gewehr gestanden, wurde zu obenge nannter Zeit unsre Hauptwache, welche so lange be stand, als Garnison in unsrer Stadt gelegen, als noch zum letzten Adschiedsgruß die Wachmannschaft in das Gewehr getreten war und präsentirt hatte, für inimer eingezogen. Meißen. Dieser Tage besuchte ein Handlungs reisender einen Gasthof in hiesiger Umgegend und traf dabei die erwachsene Tochter des Wirths allein an. Der Händedruck zur Begrüßung mag nun von dem Reisenden etwas derber ausgefallen sein als wie gewöhnlich, so daß sich da« Mädchen genöthigt sah, seine Hand schnell loszumachen. Hierbei zog eS sich