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„Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 Ai. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-Zeitmz. Amtsblatt Inserate, welche bei ve» bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk« same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Lheile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche UmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Daul Ithne in Dippoldiswalde. Äit schtseitigem „Zllustrirtrn ilnterhaltungsblalt". , H Mit humoristischer Mochrndeilage „Seisenblosen". Mit Innil- und hnuswirthschaftlichec Monotrbeitage. Nr. 65. Dienstag, den 6. Juni 1893. 59. Jahrgang. Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, den 4. Juni. Ueber 500 Per sonen aus allen Theilen des Amtsgerichtsbezirks hatten heute Abend den Saal der Reichskrone gefüllt, um Herrn Geh. Bergrath Förster, ven Reichstagskandidaten der vereinigten Ordnungsparleien im 6. Wahlkreise, zu hören. Nach einem von dem Letter der Versamm lung ausgebrachten Hoch auf das deutsche Volk, König und Vaterland, Kaiser und Reich, dem alle Anwesen den kräftig zustimmten, entwickelte Herr Förster in ruhiger, klarer, allgemeinverständlicher Weise, von keinem Laute, außer dem Geräusch der Anfangs immer noch zuströmenden Hörer, unterbrochen, in etwa ein stündiger Rede seine Stellung zu den wichtigsten poli tischen Tagesfragen. Das gehaltene, würdige Auf treten des Herrn Redners hatte offenbar allgemein den besten Eindruck hinterlassen, was so recht den glück lichen Griff, diesen Herrn als gemeinsamen Kandidaten der Ordnungsparleien aufzustellen, an den Tag legte und veranlaßte, daß alle Anwesenden demselben, nach dem er geendet, ihre Anerkennung und ihren Dank durch Erheben von den Plätzen Ausdruck verliehen. Hierauf erhielt der Vorsitzende des nationalliberalen Wahlvereins im 6. Reichstagswahlkreise, Herr Fabrik besitzer Dietsl-CoßmannSdorf, das Wort, um gleich falls in längerer begeisterter Ansprache sowohl für die Wahl des konservativen Herrn Kandidaten Förster ein zutreten, als auch den Standpunkt seiner Partei, be sonders zur Militär-, Juden- und Geldbeschaffungs frage, klarzulegen. Halte Herr Förster vorher jede Erwähnung der betrübenden Spaltung innerhalb der Anhänger der Ordnungsparteien vermieden, so sprach Herr Dietel sich um so eingehender und in scharfen Worten gegen jede derartige Spaltung aus, erläuternd, wie nachtheilig dieselbe besonders die fernere Erhal tung der Machtstellung des Reichs beeinflussen werde, was dem Redner wiederholte ziemlich geräuschvolle Unterbrechungen der anwesenden Gegner, aber auch mehrmalige laute Zustimmungszeichen des weitaus größeren Theils der Anwesenden einbrachte. Leider war, durch diese Unterbrechungen mit veranlaßt, welche Herrn Dietel zu immer neuen Erläuterungen anregten, die Zeit so vorgeschritten, daß der Leiter der Versamm lung in die fatale Lage kam, zum sichtbaren Verdruß der meisten Anwesenden den beiden Herren, welche sich nunmehr noch zum Wort gemeldet hatten, Weißgerber meister Th. Müller und Gelbgießermstr. Dittrich jun., wegen dem ganz nahe bevorstehenden Abgänge des Abendzugs, welchen Herr Förster unbedingt benutzen mußte, nur je 3 Minuten Zeit gestatten zu können, worauf dieselben auf jede weitere Frage verzichteten und die Versammlung sodann geschloffen wurde mit dem Wunsche, daß der so hochbesriedigende Eindruck, welchen das ganze Austreten des Herrn Förster hinter lassen, von recht nachwirkend günstigem Einfluß auf die Wahl desselben zum Neichtagsabgeordneten werden möge. — Ueber diese Versammlung ist uns noch ein Bericht zugegangen, der sich in der Hauptsache mit dem vorstehenden Referat deckt, am Schluffe aber die nicht unberechtigte Frage aufwirst: „Konnte aber der Herr Kandidat nicht eine andere Fahrgelegenheit be nutzen, damit eine größere Aussprache möglich wurde zur Klärung der jetzigen Lage? Oder denkt immer noch eine Partei, daß sie nur vorzuschlagen braucht, damit die andern nachschlagen? Wir wiederholen es: die Rede des Herrn Kandidaten hat ganz gut gefallen, aber was darauf folgte, war nicht ganz gut und schön." — Sobald wir warme Tage bekommen, steht die Eröffnung der Kaltwasserbade-Anstalt bevor. Die nöthigenAuübefferungeu sind bereits vorgenommen worden und hoffen wir wie voriges Jahr eine rege Frequenz, damit die Einnahmen den Aufwand decken, was voriges Jahr bereits der Fall war. — Endlich ist die vielumstrittene Straße zwischen dem Freiberger- und Kirchplatz soweit fertig, daß nur noch die Seiten-Anschlüsse herzustellen sind. Vom Bahnhof auf den Freiberger Platz kommend, werden wir überrascht durch den Blick auf die obere Stadt. Früher durch das spalierumgrünte Wohnhaus des Herrn Töpfer Richter verdeckt, hat sich uns durch den Abbruch desselben ein schöner Ausblick auf das höher liegende Schloß, überragt von der dahinterstehonden Kirche, er öffnet, während sich unten an der Weißeritz der schöne Ziegelbau des neuen Postgebäudes mit seinen Sand steinverzierungen unseren Blicke darbietet. Sonst konnte man es oft für gefährlich halten, sich bei dem zuweilen vom Bahnhof der Stadt zuströmenden Menschenschwarm der quetschenden Enge vor dem Stege anzuvertrauen, jetzt gestattet uns eine breite Steinbrücke den Eingang zur Stadt. Freilich werden unsere Kindeskinder kaum mehr „Stegschneiders" finden, und nicht mehr begrüßen uns die Gebüsche und Linden an dem idyllischen User der Weibsritz. Nur noch zwei Niesenlinden zeugen von verschwundener Pracht und wehmüthig schauen sie herab auf die Zwerggebilde des Herrn Töpfer Schmidt zur Auslegung auf dem Weihnachtsmarkte. Daß natürlich das unfreiwillige spitzige Wetterdach an dem Giebel des Schmidt schen Hauses bald wegfallen wird, wollen wir zur Beruhigung der Fremden hierdurch nachdrücklich betonen. Es wäre nun zwar schöner ge wesen, wenn die Brücke statt schräg, rechtwinklig über die Weißeritz geführt worden wäre, aber der Kosten punkt würde doch zu ungemüthlich geworden sein. So heißt es denn bei der Färberei von Herrn Zeidler: „Rechts um die Ecke rum!" Dann aber führt die gerade Straße in allmählicher Steigung nach der Stadt. Man hätte sich die Möglichkeit der Ausfüh rung gar nicht träumen lassen in Anbetracht des steilen Pfortenberges, der nun auch eine veraltete Ortsbe zeichnung geworden ist. Schon hat die Bauthätigkeit an der neuen noch ungetauften Straße begonnen, und bald wird der Neubau des Herrn Tischlermstr. Börner, ebenfalls mit Chamottziegeln verblendet, an der neuen Straßenfront sich erheben. Die in den Anlagen am früheren Pfortenberg s. Z. von dem Verschönerungs- Verein angebrachte Sammlung von hier und in der Umgegend vorkommenden GesteinSarten ist in etwas veränderter Form als Bekrönung und Bekleidung der neuen Ufermauer wieder aufgestellt worden, wie man auch heute damit beschäftigt ist, den Heisterbergk-Obelisk an seinen neuen Standort zu versetzen, womit die Ar beiten in der Hauptsache ihren Abschluß erhalten. Der „Steg" neben der neuen Brücke, sowie die alte Brücke werden nächstens zum Abbruch gelangen. Daß die Häuser am Kirchplatze durch diese Straßenanlage gewinnen werden, lehrt der erste Blick. Mögen auch alle Hoffnungen, die von einem großen Theil der städtischen Bewohnerschaft auf diese Verkehrserleichterung gesetzt worden sind, sich reichlich erfüllen. — Zu besetzen: Die Nebenschulstelle in Hausdorf (Parochie Maxen). Kollator: das König!. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: 1000 Mark Gehalt, 9 Mark für kicchendienstliche Ver richtungen, 72 Mark für Fortbildungsschulunterricht und freie Wohnung mit Gartennutzung. Eventuell an die Frau des Lehrers 48 Mark für weiblichen Hand arbeitsunterricht. Gesuche sind bis zum 23. Juni bei dem Kgl. Bezirksschulinspektor Richter in Dippoldis walde einzureichen. 4 Hänichen. Am vergangenen Freitag fand eine Wahlversammlung der vereinigten Ordnungsparteien des 6. Neichstagswahlkreises im Saale der „Goldenen Höhe" statt, die sich eines außergewöhnlich zahlreichen Besuches zu erfreuen hatte. Namens und im Auftrage des Vorstandes des konservativen Vereins und seine: Bundesgenossen hatte Herr Bergwerkdirektnr Dannen berg-Hänichen die Leitung der Wahlversammlung übernommen und begrüßte die Erschienenen aus das Herzlichste, hob sodann hervor, daß der Führer der Neformpartei, Herr Zimmermann, von den Konser vativen zu gemeinsamer Arbeit aufgefordert worden sei, dies aber rund weg abgelehnt habe. Nachdem nun Herr Direktor Dannenberg Herrn Geh. Bergrath Förster der Versammlung vorgestellt und als einen Mann bezeichnet hatte, der volle und ganze Garantien biete, daß er für die Sicherung unseres Staatslebens eintreten werde, ergriff Herr Geh. Bergrath Förster das Wort zu seiner, wiederholt durch Zustimmung und Beifall unterbrochenen Wahlrede, in welcher er seine Stellung zu den wichtigsten Tagesfragen darlegte. Die von hoher Vaterlandsliebe getragene Rede schloß mit einem warmen Appell an den Patriotismus der Anwesenden und gipfelte in einem dreifachen Hoch auf Kaller Wilhelm und König Albert, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Mit dem Aus drucke wärmsten Dankes Seitens des Vorsitzenden an Herrn Geh. Bergrath Förster für die klaren und fesselnden Ausführungen und einem dreifachen Hoch auf das deutsche Vaterland schloß die Versammlung. 4 Possendorf. Am vergangenen Freitag wurde der Schulknabe Max Bruno Putzger, Sohn einer hier wohnenden armen Wittwe, von einem größeren Schul knaben von einer hohen Böschung hinabgestoßen und erlitt bei dem Falle einen Oberschenkelbruch. Der bedauernswerthe Knabe mußte in das Dresdner Stadt krankenhaus überführt werden. Glashütte. Am Donnerstag hielt Hierselbst der landwirthschaftl. Kreisverein zu Dresden seine diesjährige Hauptversammlung ab. Der Mittagszug brachte etwa 180 Theilnehmer aus den verschiedensten Orten der Kreishauptmannschaft, welche am Bahnhofe von den Herren Bürgermeister Kühnel und Stadtrath Geßner empfangen wurden, hierher. Nach einem Umzuge vurch die Stadt unter Vorantritt eines Musikkorps begab man sich in das Hotel zum Kaiserhof „Stadt Dresden", wo um 12 Uhr im fest lich dekorirten Saale die Verhandlungen begannen. Ausgezeichnet wurden dieselben durch die Gegenwart des Herrn Kreishauptmann von Hausen, sowie der Herren Amsthauptleute vr. Kunze-Pirna, 0r. Haber korn-Freiberg und v. Einsiedel-Dippoldiswalde. Die Verhandlungen wurden vom Vorsitzenden, Herrn Oekonomierath Käferstein, mit einem begeistert auf genommenen Hoch .auf KönigAlbert und einer Begrüßung der erschienenen Vertreter der königlichen und der hiesigen städtischen Behörden eröffnet. Im Namem der Letzteren brachte Herr Bürgermeister Kühnel dem Vereine den Wiltkommensgruß dar. Die Tagesordnung wurde in allseitig befriedigender Weise erledigt. Ein gemein schaftliches Mittagsmahl und die Besichtigung dec deut schen Uhrmacherschule hielten die Herren noch mehrere Stunden beisammen, bis sie ein Extrazug wieder in ihre Heimath zurückführte. Dresden. Prinz Friedrich August ist bedauer licher Weise in Berlin erkrankt. Wie verlautet, hat sich Masernausschlag eingestellt. — Am Neubau der Markthalle auf dem Antons platze ist nunmehr das letzte Gerüst abgebrochen worden und es zeigt sich der Skulpturschmuck, welcher an den Kopfseiten und den Portalen an dem Durchgang von der Marienstraße nach der Wallstraße angebracht ist. Die beiden Haupteingänge sind in gleicher Weise aus geführt. Voraussichtlich wird die Halle im nächsten Monat eröffnet werden können. — Aus der soeben veröffentlichten Bilanz des Landwirthschaftl. Kreditvereins im Königreich Sachsen ergjebt sich, welch' ganz bedeutenden Umfang derselbe mit der Zeit genommen hat. Die Summe der außen stehenden Darlehne dieser Genoffenschaft van über 12000 landwirthschaftl. Grundbesitzern hat in diesem Jahre 150 Millionen M. erreicht. Darunter sind ca. 115 Millionen tilgbare Darlehne zu nur 3'/, Prozent Zinsen, wodurch am besten bewiesen wird, wie diese Vereinigung der Landwirthe bestrebt ist, dem ländlichen.