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„Wrißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei- nial: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. WeWtz-MiW. Amtsblatt Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirb same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen» dem Ausschlag. — Enme- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Umtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Mut Ikhne in Dippoldiswalde. Kit »chtsiitigem „Zllustrirtrn llntkrhsltungsblett". Mit humoristischer tvochenbeilsge „Seisenblssen". Mit lsnü- und huuswirthschsstlicher Monatsbeilsge. Nr. 54. Dienstag, den 9. Mai 1893. 59. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Eine eigenthümliche Ueber- raschung war es, die uns der vergangene Sonntag bescheerte, als wir an ihm erwachten und das lachende Frühlingsgefilde, das uns in Garten und Feld sich dargeboten, in weißes Wintergewand gekleidet fanden. Tief lag der Schnee auf dem Boden und tief zur Erde beugten sich unter der Schneelast Strauch und Baum und gar mancher Ast mag heute zersplittert am Boden liegen. Ein Glück nur war es, daß die Temperatur sich stets über Null erhielt, so daß die Schneedecke allmählich wich und unter dem einsallenden Negen bald ganz verschwunden sein dürfte. Welcher Schaden durch den Schneefall überhaupt angerichtet worden ist, dürste sich erst später zeigen; hoffentlich ist er aus die Baumbluth ohne Einfluß gewesen. — Die diesjährige Frühjahrsübung beider hiesiger Feuerwehren findet am nächsten Sonntag früh statt. — Um den Mitgliedern im oberen Theile des Bezirks den Besuch zu erleichtern, hielt der Bezirks lehrerverein am Sonnabend, den 6. Mai, eine Versammlung in Altenberg ab, die denn auch trotz des unverhofft eingetretenen Schneewetters ganz befriedigend besucht war. Nach den Beglüßungsworten des Vor sitzenden, Herrn Schuldirektor! Rasche, und nachdem sich die Versammlung mit dem Wunsche des Leipziger Vereins, eine Verschmelzung der Allgemeinen deutschen Lehrerversammlung anzubahnen, einverstanden erklärt hatte, sprach Herr Direktor Rasche über die kriminelle Behandlung jugendlicher Verbrecher. Die bedenkliche Zunahme des jugendlichen Verbrecherthums habe eine Reformbewegung verursacht, die ihre Hauptvertrcter in den Kreisen der Juristen finde und bezüglich der Straf rechtspflege folgende Umgestaltungen erstrebe: 1. als Altersgrenze der Strafmündigkeit das 14. Lebensjahr anzunehmen, 2. auch gegen strafbare Personen von 14 bis 18 Jahren vorwiegend auf Zwangserziehung zu erkennen, dagegen kurzzeitige Gesängnißstrafe vollständig zu vermeiden, 3. die staatlich überwachte Erziehung auch ohne das Vorliegen einer strafbaren Handlung bei verwahrlosten Kindern unter 14 Jahren eintreten zu lassen. Bedenklich sei ferner das öffentliche Ge richtsverfahren und die Veröffentlichung durch die Presse bei Vergehen durch jugendliche Personen. Um der Zunahme des jugendlichen Verbrecherthums entgegen zutreten, sei die Unterbringung der der Verwahrlosung entgegengehenden Kinder zu empfehlen. Nachdem noch Anmeldungen zur Leipziger Lehrerversammlung ange nommen worden waren, wurde die nächste Versamm lung auf den IS. Juli in Dippoldiswalde anberaumt. — „Salon und Kloster" von C. Erm, das am Freitag zur Darstellung kam, ist allerdings ein sensa tionelles Salon-Schauspiel, wie es wohl kaum ein zweites giebt, denn es vermag das Gemüth bis in die tiefsten Falten zu erregen. Im ersten Akte konzentrirt sich unser ganzes Interesse auf die Fürstin Marie, das Muster einer treuen deutschen Hausfrau, die sich, von ihrem Gatten betrogen, mit ihrem Töchterchen Else von jenem trennt. In den nächsten Aufzügen finden wir letztere im Klosterstist an ihrem Konsirmationstage, an dem sich auch die Eltern nach 12 jähriger Trennung wieder treffen. Die Mutter ist ihren sittlich reinen Grundsätzen treu geblieben, erfährt aber vom Schrift steller schlechten Dank, denn dieser läßt sie durch ihren sinnlich leidenschaftlichen Gemahl der Hartherzigkeit an klagen und sogar durch einen ebenso charakterlosen Hausfreund verhöhnen. Infolgedessen vermag selbst dis zärtlichste Bitte der Tochter die Eltern nicht zu versöhnen, sondern erst der allerdings vereitelte Ent schluß des Kindes zum Selbstmorde, so daß wir uns fast ärgerlich von der allzustrengen Frau abwenden. Das ist aber der große Fehler des ganzen Stückes, daß es unser Interesse an dem Vertreter der Sittlich keit abschwächt und der leichtfertigen Charakterlosigkeit zuwendet. Vielmehr hätte der leichtlebige Herr Ge mahl durch die Charakterfestigkeit seiner Frau zur Ver nunft gebracht und dadurch aus zwingenden Gründen der Liebe und Achtung eine Versöhnung hervorgebrachk werden sollen. Die Fürstin Marie fand in Frau Stein jun. eine sehr getreue Vertreterin, während sich Herr Stein jun. als Fürst zuweilen zu sehr von seinem Schmerze übermannen ließ. Frl. Tietze spielte ihr Elschen ganz allerliebst, sowie auch den übrigen Spie lern volle Anerkennung gezollt werden kann. — Zu dem ersten Gemüse, welches der Frühling zeitigt, gehört auch der Spargel. Doch manch' Einer wird, wenn er Mittags die Stengel der Pflanze kaut und sie ohne Aroma und Geschmack findet, zu dem Resultat kommen, daß der Spargel des Aufhebens nicht werth, welches gewöhnlich von ihm gemacht wird. Schon manche Hausfrau hat sich darüber gewundert, namentlich wenn sie daran denkt, wie früher die Pflanze schön schmeckte und roch. Woran liegt das nun? Ganz einfach! Wie eben immer etwas Neues hervor gesucht wird, um dieses oder jenes Nahrungsmittel zu verfälschen, so auch beim Spargel. Er wird nach Gewicht verkauft, und um nun die Pflanze recht schwer zu machen, wird sie von manchen Händlern eine Nacht in Wasser gelegt. Wie jede andere Pflanze, saugt auch der Spargel während dieser Zeit eine Menge Wasser auf, wodurch er an Gewicht bedeutend zunimmt. Da durch geht aber das Aroma mrloren, die Stengel werden ausgesaugt und büßen den Geschmack ein. Dagegen können sich die Käufer nur schützen, wenn sie jeden gewaschenen Spargel zurückweisen. Der Spargel muß, wenn er durchgebrochen wird, aromatisch riechen, sich sehr leicht auf der Hand ansühlen und muß im rohen Zustande süßaromatisch schmecken. — Giltigkeit der Rückfahrkarten zu Pfingsten. Es gelten: 1. die Rückfahrkarten für den sächsischen Lvkalverkehr, welche am Sonnabend vor Pfingsten bis zum nächsten Dienstag gelöst werden, zur Rückfahrt bis mit Freitag »ach Pfingsten; 2. die dreitägigen ' Rückfahrkarten zwischen sächs. Stationen einerseits und Stationen der preuß. Staats- und der thüringischen Prioatbahnen andererseits, welche am Sonnabend vor Pfingsten gelöst werden, zur Rückfahrt bis mit Diens tag nach Pfingsten. Hirschsprung. Bei dem Waldwärter Friedrich Sommerschuh in Hirschsprung ist eine Kuh an Milz brand verendet. Nach Feststellung der Seuche durch den kgl. Bezirksthierarzt ist der Kadaver der fraglichen Kuh am 6. a. «. mit Petroleum übergossen vorschrifts mäßig vergraben und sind alle sonstigen Vorsichtsmaß regeln getroffen worden. Sommerschuh besitzt noch 2 Rinder, welche bei vorgenommener Untersuchung gesund erschienen. Altenberg. Am 3. wanderte hier eine sehr heruntergekommene Reisegesellschaft, ein Bergarbeiter aus Böhmen mit seiner Konkubine und deren 2 Kin dern, ein, welche in der Fremdenherberge im Kommun hause Ausnahme fand. Daselbst erkrankte ein Ibmonat- liches Kind der Leute und starb ungeachtet herbeige- rusener ärztlicher Hilfe in der Nacht zum 4. Mai. Obgleich das Begräbniß desselben verlagsweise aus der hiesigen Armenkasse erfolgen muß, sammelte der vagirende Bergmann milde Beiträge zum Begräbniß des Kindes, hatte sich aber dabei so betrunken, daß er eingesperrt und später wegen Ungebühr durch hiesige Polizeiorgane sammt dem Weibe und deren etwa 12jähr. Knaben zur Grenze abgeschafft werden mußte. Hermödorf bei Dippoldiswalde. Am Freitag Nachmittag, den 5. d. M., wurden die beiden Stein brecher Karl Weitzmann aus Kleinkreischa und Emil Sikor aus Kleincarsdorf beim Ausbohren eines ver sagten Sprengloches durch nachträgliche Explosion an den Augen, beziehentlich Letzterer auch am Arme und dem Gesicht derart verletzt, daß voraussichtlich beide mehrere Monate lang erwerbsunfähig bleiben werden. Sikor läßt sich in seiner Wohnung in Kleincarsdorf verpflegen, während Weitzmann in der vr. Beckerschen Privat-Augenklinik in Dresden untergebracht worden ist. H Possendorf. Unser Männergefangverein Arion (Mitglied des Elbgausängerbundes) hat beschlossen, am 25. Juni d. I. ein Fahnenweihfest abzuhalten. Die Vereinsfahne wird von der gut empfohlenen Hecker'schen Fahnenfabrik-Leipzig angefertigt. Dresden. Der König und die Königin werden voraussichtlich Donnerstag, den 11. Mai, Nachmittags 3 Uhr 37 Minuten mit dem fahrplanmäßigen Schnell zug von Schloß Sibyllenort zurückkehren und in Villa Strehlen bis Montag, den 15. d. M., verbleiben, um sich dann Vormittags 10 Uhr 30 Minuten wieder nach Sibyllenort zurückzubegeben. Der Großherzog von Hessen wird 2 Tage, von Freitag Abend bis Sonntag Abend, hier verbleiben. Berggießhübel. Viele kleine Städte haben von jeher das Recht, eine kommunale Gastwirthschaft unter dem Namen „Garküche" zu besitzen. Manche Stadt gemeinden haben nun diese Rechtsame schon verkauft, um event. Pachtschwankungen nicht zu haben oder auch von dem Pächter nicht zu hören, daß die aus 6 Jahre zu zahlende Summe zu hoch sei. Am 4. Mai wurde daher auch die hiesige „Garküchenrechtsame" verkauft. Die höchsten Angebote bezifferten sich auf 2035 und 2050 Mk. Der Zuschlag wird in 8 Tagen erfolgen, nachdem der Stadtgemeinderath eine Wahl unter den Bewerbern getroffen hat. Meißen. Die Frau eines Meißner Geschäfts mannes wurde dieser Tage auf der Niederauer Straße zu einem Wettlaus mit einem ziemlich heruntergekommenen Haudwerksburschen veranlaßt. Die Frau hat gegen alle Wanderer das Vorurtheil, daß man sich vor ihnen hüten müsse. Als dieselbe nun kürzlich von einer Be sorgung in Niederau wieder nach Meißen zurückging, gewahrte sie zu ihrem Entsetzen, daß hinter ihr ein Handwerksbursche herkomme, daß derselbe ihr winkte und fortwährend etwas zurief. Die Worte waren aber unverständlich, und da kein Mensch auf der langen Straße zu erblicken war, so bekam die Frau so grobe Angst, daß sie endlich zu rennen anfing. Der Handwerksbursche schien aber auch Eile zu haben und rannte der Frau unter fortwährendem Rufen nach. Endlich, als die Häuser von Cölln nicht mehr weit entfernt waren, kam der nach Athen« ringenden Frau ein Mann entgegen, welchem sie die Verfolgung mit- theilte und welchen sie um seinen Schutz bat. Kampfes- muthig erwartete nun der Mann den immer noch eiligen Schrittes nachkommenden Handwerksburschen, welcher schließlich, als er an die Leute herankam, aus rief: „Sie närr'sche Frau, warum reißen Se denn aus, ich habe Ihren Schlüsselbund gefunden, der aus Ihrem Körbchen 'rausgefallen ist." Und richtig — es mar auch so, die Frau hatte wirklich ihre Schlüssel verloren. Die große Angst der Frau löste sich nun in Heiterkeit auf und der Verfolger soll einen guten Finderlohn erhalten haben. Schelleubcrg. Bezüglich der Wiederherstellung der in höchst bedauerlicher Weise ausgebrannten Stadt kirche ist nach neuen Erörterungen festgestellt worden, daß zwar die beiden Längenseitenmauern beim Auf baue wieder verwendet werden können, indeß aber sei es im Interesse der größeren Sicherheit doch noth- wendig, daß mindestens die oberste» zwei Etagen des Thurmes abgetragen werden müßten, da diese un zweifelhaft durch den Brand höchst bedenkliche Zer störungen hinsichtlich der Bindekraft erlitten hätten. Zwickau. Die höchste Dividende unter den sächsischen Aktien-Gesellschaflen gewährt auch für 1892 der Aktienverein der sjwickauer Bürgergewerkschaft. Bei einem Reingewinn von 498,479 Mk. auf 160,000 Mk. Aftienkapital gelangen pro Aktie (singe-