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„Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer» 1V Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-MnU. Amtsblatt Inserate, welche bei d«b bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 16 Pfg. di« Spaltenzeile oder verm Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeib- SOPsg. für die Königliche Kmtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Umtsgenchie und die Siadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit rchtseitigem „Zliustrirten illlterhsltunzsblstt". Mit humoristischer llochenbeilsge „Seifenblasen". * Mit lind- und hsnsmirthschnstlicher Monitrbeilngk. Nr. 35. Donnerstag, dm 23. März 1893. 59. Jahrgang. Lokaks und Sächstfches. Dippoldiswalde. Mit l. April d. I. tritt, wie schon erwähnt wurde, an Stelle der bisher üblichen Ortszeiten die mitteleuropäische Zeit. Da die Eisen bahn-Fahrzeiten dadurch wohl zumeist beeinflußt werden, so ist auch der Aushang-Fahrplan in Neuauflage er schienen, in welchem die neue Zeit zum Ausdruck ge bracht worden ist. In Verbindung mit diesen Maß nahmen läßt die sächsische Staatsbahn-Verwaliung ver- schiedentliche Aenderungen im Fahrplane einzelner Züge eintreten, und zwar werden in der Hauptsache hiervon solche Züge betroffen, welche vorwiegend von Geschäfts leuten und Schulkindern benutzt werden, damit diese nach wie vor rechtzeitig an Ort und Stelle gelangen können. Die Verkehrszeiten sämmtlicher Züge erscheinen in den neuen Fahrplänen geändert. Für Dippoldis walde beräqt die Differenz zwischen der seitherigen Orts zeit und der nach mitteleuropäischer Zeit 5 Minuten, um welche die neue mitteleuropäische Zeit der vor maligen Ortszeit vorgeht. Die Uhren ver Bahnhöfe in Sachsen werden um Mitternacht vom 3t. März zum I. April umgestellt, so daß sie am t. April früh all gemein die neue Zeit anzeigen. Damit ist nun endlich die das Publikum seit langer Zeit beschäftigende Maß nahme erfüllt, deren Wohlthat für die Reisenden bald fühlbar werden wird. — Unfern geehrten Abonnenten werden wir noch vor Inkrafttreten der veränderten Fahr zeit den so beliebten auf dünnes Papier gedruckten Fahrplan zugehen lasten. Niederpöbel. Seiten des hiesigen Gemeinde- rathes ist beschlossen worden, von Demjenigen, welcher mit Gegenständen des Wochenmarktverkehrs auf öffent lichen Plätzen oder Straßen feilhält oder von Haus zu Haus dieselben anbietet, innerhalb der hiesigen Gemeinde ein Stättegeld zu erheben, besten Höhe sich nach dem Transportmittel richtet, besten sich der Hausirer bedient. Dasselbe beträgt für einen Korb, Raff, Reisekoffer u. s. w. 10 Psg., für ein Hunde fuhrwerk 15 Pfg., für ein einspänniges Geschirr 25 Pfg. und für em zweispänniges Geschirr 40 Pfg. — Das Stättegeld ist für jeden Tag vor Beginn des Feil bietens zu entrichten. Altenberg. Unter Vorsitz des von der Königl. Generaldirektion der Sächsischen Staatsbahnen abge- ordnelen Kommissars, eines Mitgliedes der Königl. Generaldirektion, und in Gegenwart des Königl. Be zirksschulinspektors Richter fand am 15. März an der Vorschule für Eisenbahnbeamte und Postgehülsen die zweite ordentliche mündliche Abgangsprüfung der für den Eifenbahndienst vorbereiteten Schüler statt. Es hatten sich 8 Schüler zur Prüfung gemeldet und konnte unter Zustimmung des Herrn Kommissars allen Schülern das Reifezeugniß zuerkannt werden. S Glashütte. Vom Freitag bis Sonntag hatte die Firma A. Lange u. Söhne in ihrer Fabrik die für die Weltausstellung in Chicago bestimmten 60 Uhren ausgestellt. Die Uhrenkollektion war in ihrer Ausstattung dem amerikanischen Geschmack angepaßt und zeigten die verschiedenen Größen sowohl, wie auch die Verschiedenheit der Werke, von denen jedes eine besondere Einrichtung aufwies, die Vielseitigkeit der Fabrikation. Sämmtliche Arten der hier fabrizirten Uhren, von der einfachsten bis zur komplizirtesten, waren hier vertreten. Am Sonntag waren auch mehrere Dresdner Uhrmacher hier, die Ausstellung zu besichtigen. Dresden. Die jetzt hier tagende internationale Santtätskonferenz arbeitet unausgesetzt an ihren bedeutungsvollen Aufgaben. Man ist rastlos bemüht, das große, ganz Europa zu gute kommende Werk zu fördern, und die Diplomaten und Aerzte der bethei- ligten Negierungen arbeiten mit einem gegenseitigen Entgegenkommen und einer Einhelligkeit der Gesinnung, die der Sache nur dienlich sein kann. — Es wird be absichtigt, in der stillen Woche nur 4 Tage die Ar beiten auszusetzen und sie schon am Ostermontag wieder aufzunehmen. — Das Königliche Ministerium des Innern hat durch die Kreishauptmannschaften an die unteren Ver waltungsbehörden eine größere eingehende Verordnung erlösten, welche Vorschriften für die von den Amts- Hauptmannschasten bez. Stadträthen zu erlassenden Tanzregulative giebt. Diese Regulative werden genau die Sonn- bez. Festtage festsetzen oder bestimmen, an welchen öffentliche Tanzmusiken abgehalten werden dürfen. Von diesen Bestimmungen darf aber in Zu kunft nicht mehr abgewichen werden und selbst Con- certe mit darauffolgenden öffentlichen Tanzvergnügen, welche von Vereinen veranstaltet werden und zu denen Gäste ohne Weiteres Zutritt haben, dürfen nur noch an den bestimmten Sonntagen stattfinden, da diese Vergnügen den öffentlichen Tanzbelustigungen gleich geachtet werden. Daß diese Maßnahmen für die Saalbesitzer und Musiker von einschneidender Wirkung sein werden, ist vorauszusehen, da vermuthlich an je einem Sonntag auf sämmtliche» Sälen in den Städten und Dörfern getanzt wird und dann nicht mehr. Vor aussichtlich wird diese neue Einrichtung am 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten. — Das Königl. Sächs. Ministerium des Innern hat in einer kürzlich ergangenen Verordnung sich dahin ausgesprochen, daß es eine Dienstherrschaft nicht für berechtigt hält, wider den Willen des Gesindes bei besten Dienstaustritt außer dem vorgeschriebenen Ein- trage über Dienstantritt und Dienstaustritt irgend eine das Verhalten des Gesindes während des Dienstes kennzeichnende Bemerkung im Dienstbuch« einzutragen. Dis Eintragung eines Zeugnisses in das letztere ist lediglich eine Verpflichtung der Dienstherrschaft, theils der Polizeibehörde, theils vem Gesinde gegenüber. Nach der revidirten Gesindeordnung hat das Gesinde ein Recht, von seiner Herrschaft ein Zeugniß über seine Dienstleistungen und sein Verhalten zu fordern, weil das Gesinde fast durchgängig ein Interesse daran hat, sich über genannte Punkte auszuweisen. Andererseits fehlt aber der Dienstherrschaft jedes rechtliche Interesse, den abgehenden Dienstboten ein besonderes Dienstzeugniß zu verabreichen. Nur auf Verlangen des abgehenden Gesindes soll deshalb die Herrschaft berechtigt, aber dann auch verpflichtet sein, ein Anderes mehr als wie Dienstantritt und Dienstaustritt in das Dienstbuch einzutragen. — Infolge der starken Schneefälle dieses Winters sind die im Haushaltplane der Stadt für unvorher gesehene Ausgaben bei Schneefall eingestellten Mittel in Höhe von 58,000 Mk. längst aufgebracht und es ist bereits eine Meh-ausgabe von 35,610 Mk. nöthig geworden. Vom Straßenreinigungsamte ist deshalb vorgeschlagen worden, da ein weiterer Bedarf zu er warten steht, diese Position auf 120,000 Mk. zu er höhen, und zwar dergestalt, daß 62,000 Mk. auf Fuhrleistungen und 58,000 Mk. auf Arbeitslöhne für Schneeschippcr entfallen. Löbau. Die hiesige Ortskrankenkasse beabsichtigt nach erfolgter behördlicher Zustimmung die Einführung einer segensreichen neuen Einrichtung. Gegen eine wöchentliche Mehrsteuer von 10 Pf. seitens der ver- heirathelen Mitglieder will sie deren Frauen und Kin dern 6 Wochen lang in Krankheitsfällen freie ärztliche Behandlung und Medikamente gewähren. Sckandau. Am Sonntage fand im hiesigen Kur hause eine Versammlung von etwa 100 Handels- und Gewerbtreibenden aus demjenigen Theile der sächsischen Schweiz statt, welcher hauptsächlich von Touristen be sucht wird. Es galt Beschluß zu fasten, eine Petition an die Königl. zuständige Behörde zu richten, um eine Beschränkung der Vorschriften über die Sonntagsruhe zu erbitten. In dieser Versammlung wurde festgestellt, daß der Fremdenverkehr an den Sonn- und Feiertagen zwanzig- bis dreißigmal so lebhaft sei, als an den Wochentagen, und daß doch den Besuchern der sächsi schen Schweiz an solchen Tagen Gelegenheit geboten werden muß, ihre Einkäufe zu machen und ihre Be dürfnisse zu befriedigen. Geschieht dies in Zukunft nicht, so wird sich der Touristenbesuch auf das nahe böhmische Gebiet erstrecken, in dessen Ortschaften keine Sonntagsruhe herrscht. Ferner wurde nachgewiesen, daß 7 Ortschaften im Harzgebiete diese Ausnahme- st-llung betreffs der Sonntagsruhe in der Zeit vom 15. April bis mit Oktober erhalten haben. In den nächsten Tagen sollen Unterschriften in den Orten der sächsischen Schweiz gesammelt werden, auch sollen die Gebirgsvereinssektionen ersucht werden, in dieser Hin sicht zu wirken. Jägerhof-Schellenberg. AIS Brandstifter des Reinschüssel'schen Hauses ist ein 11 Jahre altes Mädchen ermittelt worden. Das Mädchen, welches noch mit zwei Geschwistern in der Bezirksanstalt unter gebracht ist, da der Vater der Kinder bereits mehrfach mit dem Strafgesetz in Konflikt gerathen, die Mutter hingegen vor längerer Zeit verstorben ist, ist bei dem Anstaltsaufseher Reinschüssel als Kindermädchen. In der Mittagsstunde, als Frau Reinschüffel ihrem Mann das Mittagessen nach der Anstalt brachte, hat das Mädchen im Bodenraum befindliches Stroh u. s. w. angezündet, und sich darnach mit dem zu wartenden Kinde und dem Kinderwagen entfernt. Da zu dieser Zeit von den das Haus bewohnenden vier Parteien nur eine zu Hause war, wurde das Feuer erst längere Zeit nach Ausbruch bemerkt, obgleich das Mädchen bei seiner Entfernung bereits äußerte, es rieche sehr nach Rauch. Der Beweggrund zu dieser unseligen That mag Furcht vor Strafe sein, welche dem Mädchen an gedroht war, da dasselbe sich Unehrlichkeiten hatte zu Schulden kommen lassen. Mittweida. Vor etwa 14 Tagen hat sich in dem hiesigen Gasthaus „Zur Westbahn" ein Fremder in Begleitung eines etwa 5 Jahr alten Knaben einlogirt; der Fremde gab an, Monteur zu sein, und beabsich tigte, hier Arbeit zu suchen. Nachdem der Fremde mehrere Tage wiederholte Ausgänge unternommen und der bei dem Wirth in Anspruch genommene Kredit bis ca. 20 Mk. angewachsen war, ist er unter Zurücklassung seines Kindes plötzlich verschwun den. Nach Angaben des Kleinen sollen seine Eltern einmal in Gersdorf und ein anderes Mal am Rhein gewohnt haben. Ebenso ist nach den Erzählungen des Kleinen zu vsrmuthen, daß zwei andere Geschwister auf gleiche Weise ausgesetzt worden sind und daß seine Mutter ausgewandert ist. Der Kleine ist ein hübscher, gut gekleideter Knabe. Colbitz. In dem Befinden des, wie mitgetheilt, vor 14 Tagen durch einen von einem Einbrecher ab gegebenen Schuß schwer verletzten Gutsbesitzer Stecher in Schönbach ist erfreulicherweise, trotzdem die Kugel noch nicht aus dem Körper entfernt werden konnte, Besserung eingetretcn, so daß man hofft, ihn am Leben zu erhalten. Auf die Ermittelung der Thäter setzt die Staatsanwaltschaft Leipzig eine Belohnung von 300 Mark aus. Reichenbach i. B. Ein höchst originelles Ver- mächtniß besteht seit etwa 200 Jahren, die sogen. Simon-Judä-Wiese betreffend. Der jeweilige Besitzer ist nämlich verpflichtet, alljährlich am Tage Simon- Judä (28. Oktober) die Zinsen eines eisernen Kapi tals von 229 Mk. im Betrage von 10 Mk. dergestalt zu verwenden, daß er dafür Brötchen backen läßt und diese an arme Personen hiesiger Stadt vertheilt, wo von auch der jeweilige Geistliche und Friedhosswärter ihren Theil erhalten. Ferner wird auf Kosten des Besitzers der genannten Wiese die sogenannte Simon- Judä-Glocke geläutet, der Stern in der Kirche ange- gezündet und ein« Gedächtnißrede gehalten.