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205 sonstadt Tournai errungen haben, zu neuer Thätigkeit angesvornt zu sein. Die sogenannte junge sozialistische Garde hat, wie schon kurz erwähnt, dieser Tage wäh- rend der Rekruten-Aushebung in der Hauptstadt einen öffentlichen Maueranschlag anheften lassen, worin sie die Soldaten zur Verweigerung des Gehorsams, die Rekruten aber zur Verweigerung der Abstellung auf fordert, so lange nicht das allgemeine Stimmrecht ein geführt ist. Man wird zugestehen, daß es in Europa kein Land giebt, in welchem die Preß- und Agitations freiheit so weit zu gehen wagt, wie in Belgien. Muß es schon jedermann Wunder nehmen, daß die sozia listische Partei es wagt, einen Ausruf zur Verschwörung — denn um etwas anderes handelt es sich ja nicht — zu erlassen, so verwandelt sich dieses Wunder in Staunen, wenn man sieht, dasi die Regierung diese Maueranschläge duldet. Es fehlt jetzt eigentlich nur noch, daß die Regierung den eben entdeckten militärisch sozialistischen Geheimbund in Tournai ausdrücklich an erkennt und ihm die staatliche Genehmigung crtheilt. Mit welchen Plänen sich uns-re immer frecher wer dende Sozialistenpartei trägt, geht unter anderem aus der Enthüllung des „Journal de Liege" hervor, wo nach die belgische Arbeiterpartei für den 18. März, den Jahrestag der Pariser Kommune, einen förmlichen Aufstand in Brüssel plant. Sie rechnet auf den Bei stand der Radikalen, da bis dahin voraussichtlich das allgemeine Stimmrecht abgelehnt sein wird. Diesen Aufstand fürchtet die Negierung natürlich nicht. Aber das Selbstvertrauen und die Zuversicht aus die eigene Kraft sollte die Regierung nicht abhalten, die ungesetz lichen Agitationen der Sozialisten zu verhindern. Serbien. Das liberale Kabinet Avakumo- witsch in Serbien sucht mit allen Mitteln die ihm so nölhige Regierungsmehrheit in der neuen Skupschtina durchzusetzen. Da nach den bisherigen Meldungen der Sieg der liberalen oder ministeriellen Partei bei den Wahlen noch fraglich erschien, so lieb die Negierung unter den nichtigsten Vorwänden 40 radikale Wahlen kaisiren und an deren Stelle Nachwahlen vornehmen. Diese Maßregel der Regierung hat unter der radikalen Partei Serbiens große Aufregung hervorgerusen. Italien. Für die Reise des Kaisers und der Kaiserin zur Feier der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares werden in Nom großartige Vorbereitungen getroffen. Den Kaiser wird auf seiner Reise nach Rom der Staatssekretär des Auswärtigen, Frhr. v.' Marschall- Bieberstein begleiten. Gleichwohl will man daran fest halten, daß der Kaiserreise eine politische Bedeutung beizulegen sei. Die hier und da verbreitete Angabe, daß der Reichskanzler Graf Caprivi den Kaiser auf seiner italienischen Reise begleiten würde, erweist sich als unrichtig. England. Die Situation im protestantischen Ulster hat an Schärfe noch nichts verloren. In den Belfaster Blättern wird die Bevölkerung mit den hef tigsten Worten zum Widerstande bis aufs äußerste aufgeforderl. Eine englische Waffenficma erhielt dieser Tage aus Belfast den Auftrag auf schleunigste Lieferung eines gröberen Postens von Manini-Henry-Gewehren, man spricht von 100,000 Stück. Die Firma trug begreiflicherweise Bedenken, diese Ordre so ohne weiteres zu effektuiren, sondern theilte den Kall der Staats- regierung mit. Letztere verbot darauf den Abgang jener Waffensendung nach dem Bestimmungsort«. Spanien. Für die Unduldsamkeit der llltramontanen in Spanien ist das Verhalten bezeichnend, das sie hin sichtlich der Eröffnung der evangelischen Kapelle in Madrid an den Tag legen. Nachdem bereits seit Monaten dieser Eröffnung die verschiedenartigsten Schwierigkeiten bereitet worden sind — sollte in diesen Tage» die Einweihung stattfinden. Im letzten Augen blicke ist dieselbe jedoch inhibirt worden. Das Gebäude ist seit geraumer Zeit sertiggestelll; unter der Führung des päpstlichen Nuntius und des Bischofs von Madrid inszenirte jedoch die sogenannte Aristokratie der spanischen Hauptstadt einen wahren Sturm der Entrüstung, wobei unter anderem geltend gemacht wurde, daß die evan gelische Kapelle sich äußerlich als eine Kirche (!) kund gebe. Unter dem liberalen Ministerium Sagasta konnte es dann in der Thal geschehen, daß die Entfernung der kirchlichen Abzeichen ungeordnet wurde. Nachdem das Kreuz und andere Abzeichen beseitigt waren, ge stattete der vorsitzende Alkalde von Madrid die Er öffnung der Kapelle, als im letzten Augenblicke der Zivilgouverneur sein Verbot erließ, indem er sich darauf berief, daß eine besondere Erlaubniß der Regierung noch ausstehe. Spanien. In Spanien ereignen sich immer wie der republikanische Kundgebungen, welche davon zeugen, wie sehr das Bewußtsein der spanischen Republikaner durch die von ihnen bei den jüngsten Corteswahlen errungenen Erfolge gehoben worden ist. So kamen am Montag in Barcelona mehrfache Demonstrationen zu Gunsten der Republik vor, doch gelang es, die Ruhe bald wieder herzustellen. Nordamerika. Im amerikanischen Kongreß ist vom Senator Toller die Fortsetzung der Brüsseler Münzkonferenz angeregt worden, die europäischen Mächte dürften indessen hierauf kaum eingehen. Südafrika. Die Taselbai bei Capstadt bot am Sonnabend vergangener Woche ein bunt belebtes Bild. Zu dem bereits anwesenden deutschen Kreuzer „Falke" mit seinem russischen Nachbar, der Korvette „Raz- boinick" (1300 Tonnen), gesellte sich am Nachmittage die seit mehreren Tagen erwartete österreichische Kor vette „Frundsberg" (1340 Tonnen). Mit der Lootsen- flagge im Vortop oumpste das Schiff heran, rundete den Breakwater und ankerte später gegenüber der Eis fabrik, nachdem der übliche Salut von 21 Schüssen, welcher vom Castle prompt erwidert wurde, abgegeben war. Bald darauf setzte eine Gig vom deutschen, sowie vom russischen Kriegsschiff ab, um den österreichischen Kommandanten zu begrüßen. Der Gegenbesuch des Letzteren ließ nicht lange auf sich warten, und damit war den internationalen Etikelterücksichten Genüge ge schehen. Zwischen den deutschen und österreichischen Offizieren und Mannschaften dürfte sich ein herzlicher und kameradschaftlicher Verkehr entwickeln, wie er durch unsere Waffenbrüderschaft bedingt ist, und unsere gast freie deutsche Bevölkerung wird eben auch ihr Theil dazu beitragen, den Seeleuten beider Nationen die Erinnerung an Capstadt zu einer angenehmen zu ge stalten. (Bekanntlich wird demnächst das gejammte. aus drei Korvetten bestehende deutsche Kreuzergeschwader, dessen Flaggschiff schon in Capstadl eingetroffen ist, dort vereinigt sein.) vermischtes. (Eine Versteigerung von Schneiderrechnungen.) An der Grundeigenthumsbörse in New-Aork sand kürzlich eine seltsame Versteigerung statt. Ausgeboien wurden gerichtliche Zahlungsurtheile, die von dortigen Schneidern und Kleider händlern gegen faule Kunden erwirkt waren. Die Verstei gerung war bereits seit einiger Zeit anqedroht worden. Viele der Schuldner fanden sich mit ihren Gläubigern ab, um den Skandal zu vermeiden, unter Denen genannt zu werden, die in unbezahlten Anzügen in der Stadt hcrumstolziren. Trotz dem blieben noch unbezahlte Schneiderrechnungen im Gesammt- betrage von über 10,000 Doll, übrig und die dafür erlangten Zahlungsurtheile waren es, welche die vereinigten Kleiderfirmen öffentlich zum Verkauf ausbieten ließen. Der Vorgang erregte großes Interesse und zahlreiche Neugierige strömten nach der Börse, um sich den Verkauf mit anzusehen. Ungeheure Heiter keit riefen die spitzen Bemerkungen hervor, niit denen der Auktionator Martin F. Hatch die einzelnen Urthcile zum Kaufe ausbot. Das Gelächter war regelmäßig groß, wenn für eine Forderung im Betrage von mehreren hundert Dollars Ange bote don einigen wenigen Dollars folgten und dann trotz aller Anpreisungen des gewandten Auktionators aushörten, so daß dieser nothgedrungen zuschlagen mußte. Im Ganzen brachten die versteigerten Forderungen 917 Dollar ein, also nicht ganz 10 C. vom Dollar. Unter den Steigerern be fanden sich zahlreiche Vertreter der Gläubiger selbst, welche lieber die Ansprüche wieder ankauften, als daß sie dieselben um ein Spottgeld in andere Hände gelangen ließen. Der Zweck war aber erreicht, die nicht zum Bezahlen zu bewegenden Kunden waren öffentlich blamirt. Daß die Meisten zur Klaffe der „Gigerl" gehörten, braucht wohl nicht beinerkt zu werden. Neueste Nachrichten. Wien, 17. März. Die Demission des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Dr. Smolka, bestätigt sich. Dieselbe wurde aber deshalb noch nicht offiziell be kannt gegeben, weil die Regierung mit ihm wegen der ihm zugedachten Ehrendotation von jährlich 4000 Gulden in Verhandlung steht, deren Annahme Smolka bisher verweigerte. Rom, 17. März. In Hoskreisen verlautet, daß bei den Silberhochzeits-Feierlichkeiten des Königspaares sämmtliche souveräne Staatsoberhäupter Europas durch Mitglieder ihrer Häuser, resp. persönlich soder durch Bevollmächtigte theilnchmen werden. Das Gerücht, daß während der Anwesenheit des deutschen Kaisers in Rom die Pilgerzüge sistirt werden, ist unbegründet. Der Papst gab seiner Meinung dahin Ausdruck, daß durch diese Züge bei der Anwesenheit des Kaisers die öffentliche Ordnung in keiner Weise gestört werden könne. Kirchen-Rachrichten von Dippoldiswalde. Sonntag Judica (19. März 1893). Vormittags 8 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. Die Beichtrcde hält Herr Sup. Meier. Bonn. 9 Uhr Predigtqottesdiensi (Tert: Joh. 8, 46—59). Die Predigt biilt Herr Diak. Biichting. Rachm. 1 Uhr Konfirmandenpriifnng: Herr Slip. Meier. Die amtlicher^ Anzeigen befin-ensich beute ausnahmsweise auf der Beilage. Allgemeiner Anzeiger. Me Schmiede in Mllsrmndors, an der Bezirksstraße neben dem Gasthof gelegen, ist sofort mit oder ohne Feld zu verkaufen oder zu verpachten. Dippoldiswalde. Guts-Wrimnf. Circa 35 Scheffel, massive Gebäude, vollst. Vieh, Futter und Inventar. Offerten unter Ml". postlagernd Reinhardtsgrimma. nahe der Oberhäslicher Straße sind zu verpachten. Näheres Brauhofftratze 307, part. R-oNcklSSsasH, seidefrei, Sft»/» Keim- fähigkeit garantirt, empfiehlt billigst Oswald Lotze, Kahnhns. 4V M. <«tn liegt zum Verkauf bei Oekonom Otto Jungnitkel, Dippoldiswalde. 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