Volltext Seite (XML)
Die „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nelMen Be stellungen an. Mchrritz-ZkitiiW. Amtsblatt Inserate, welche bei d« bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeib» 20 Pfg. für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigein „Zllustrirten illnterhsltungrblLtt«. H Mit humoristischer lvochendeilsge „geiseublssen". q: Mit Isnd- und hsuswirthschuMcher Monstsdeilsge. Nr. 25. Dienstag, den 28. Februar 1893. 59. Jahrgang. Abonnements auf die „Weißeriß -Zeitung" für den Monat März nehmen alle kaiserlichen Postanstalten, Briefträger, unsere Zeitungsboten und die unterzeichnete Expedition entgegen. Inserate werden in unserer Expedition und in allen unseren Annoncen-Annahmestellen angenommen und finden die weitgehendste Verbreitung. Die (Expedition -er „Weißeritz - Zeitung". Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Es war an der Zeit, daß sich bei den jetzigen Parteibewegungen der konservative Verein im 6. Neichstagswahlkreise auch einmal öffent lich regte, und er hatte für die am Sonntag in der Reichskrone veranstaltete Versammlung in Herrn vr. G. Oertel aus Leipzig einen Redner gewonnen, der klar und unverblümt den konservativen Standpunkt darlegte und überzeugungstreu vertrat. Nach Eröff nung der stark besuchten Versammlung durch Herrn Bergwerks - Direktor Dannenberg - Hänichen erging sich der Redner über: „Die konservative Partei und die Ausgaben der Gegenwart". In überzeugender Weise sprach er zunächst über berechtigte und unberech tigte Ziele der übrigen Parteien und der Vereinigungen verschiedener Stände und bezeichnete dann als die 4 Hauptgrundsätze des konservativen Programms I) die unbedingte Königstreue, wie sie dem Deutschen ange boren sei. Nicht die Republik, in der die Jnteressen- wirthschaft grobgezogen werde, sondern nur ein starkes vom Vertrauen des Volkes getragenes. Königthum könne die im Vordergründe stehenden sozialen Fragen- zu denen die Judenfrage und die Hebung des Mittel standes mit gehörten, in gerechter Weise lösen; 2) die Weiterentwickelung der Gesetzgebung müsse besonnen, nicht sprungweise und auf dem Boden des geschichtlich Bestehenden geschehen. Nicht Stillstand wolle die kon servative Partei, aber das geschichtlich Gewordene habe so lange zu bestehen, als auf seinem Boden etwas Besseres wachsen könne. Alles, was durch Revolution entstanden ist, habe nur kurze Zeit gedauert. 3) Hauptaufgabe in jetziger Zeit sei, der heimischen Arbeit und dem wirthschaftlich Schwachen Schutz zu bieten. Die liberale Gesetzgebung der siebziger Jahre habe nur dem Großkapital gedient. Unter ihrem Schutze sei die Börse zum Giftbaume herangewachsen, die ihren idealen Zweck, die heimische Arbeit zu unterstützen, nicht erfüllt habe. Sie sei mit kräftiger Hand zu beschneiden l) durch staatliche Aussicht, 2) durch Verbot des Terminhandels, 3) durch hohe Besteuerung. In den letzten zehn Jahren sei für den Stand der Ar beiter gesorgt worden, ohne jedoch deren Zufriedenheit zu erlangen, aber für den Mittelstand seien die Lasten immer größer geworden. Dazu werde derselbe haupt sächlich geschädigt durch den Schwindel, w'e er in den verschiedenen Ausverkäufen, Abzahlungsbazaren, im unsauberen Hausierhandel und im unlauteren Wett bewerb blühe und allerdings durch die Juden auch schon vielen Deutschen eingeimpft sei. Jedes Volk hüte sich, den Juden einen Einfluß in sein Geschick zu gönnen, denn dieselben seien schlechterdings international. Die konservative Partei arbeite jetzt ein Gesetz aus, das die Einwanderung von Juden verbieten soll. Auch seien die Juden von den Lehr-, Richter-, Nota riats- und anderen Aemtern auszuschließen, denn der 4. Grundsatz der konservativen Partei sei, baß das deutsche Volksleben nur auf dem Boven des Christen- thums sich gedeihlich entwickeln könne, daß sich der Deutsche nur in einem christlichen Staat wohlsühlen könne, in dem sowohl der Eine die Verantwortlichkeit fühle, die ihm der Reichthum auferlege, als auch der Andere die Arbeit nicht als Last, sondern als Christen pflicht ansehe, in dem aber auch — und das kann nicht oft und laut genug gesagt werden — der Reiche den Armen und der Hohe den Untergebenen als seinen vor Gott gleichberechtigten Bruder anerkenne und be handle. Nachdem durch lauten Beifall die aufmerk samen Zuhörer ihre Uebereinstimmung mit dem Redner bekundet und diesem für seinen begeisternden Vortrag Dank gezollt und auf Se. Maj. den König Albert ein Hoch ausgebracht worden, schloß der Vorsitzende die Versammlung, da sich Niemand weiter zum Worte meldete. — „Alle ins Conceri der freiwilligen Feuerwehr!!" schien auch am Sonntag Abend die Parole für Stadt und Land zu sein, denn der Schießhaussaal war wieder gestopft voll, so daß der Unterstützungskaffe dieser Vereinigung ein schöner Ertrag zugefloffen sein mag. Das Programm war etwas lang, aber infolge dessen auch recht abwechslungsvoll. Der Kunstfreund konnte sich an den frischen Weisen der Stadtkapelle und dem lieblichen Cellosolo erfreuen, und der Heitere konnte sich über die verschiedenen humoristischen Szenen einmal gründlich satt lachen, wozu auch die Posse „Der Ehrenpokal" reichlich Veranlassung gab. Dem Auge wurde Genüge gethan durch das reizende lebende Bild „Ein Weihnachts-Märchen". — Nun noch zum Abonnements-Concert Dienstag, den 28. d. M., dann wird wohl in den Vergnügungen eine längere Pause eintreten. — Der auch hier in bestem Andenken stehenden, jetzt in Hohenstein gastirenden Theatergesellschaft Karichs, die bereits für Anfang dieses Monats ihre Hierherkunft angezeigt hatte, bisher aber noch nicht eingetroffen ist, ist seitens der Kgl. Kreishauptmann schaft Zwickau laut Beschluß vom 28. Jan. 1893 der sogenannte „Kunstschein" ertheilt worden, in Anbe tracht des bei den Darstellungen der Gesellschaft obwal tenden höheren Kunstintereffes. Die Gesellschaft ist hier von durch ein dieser Tage eingegangenes Schreiben benachrichtigt worden. Nebenbei sei bemerkt, daß auch dieser Schein die Gesellschaft für die Zukunft von der Gewerbesteuer und von der Entnahme eines Wander gewerbescheines entbindet. — Schon heute sei darauf aufmerksam gemacht, daß am bevorstehenden Bußtag, nächsten Freitag, d<m 3. März d. I., in unserer Stadlkirche Abends 6 Uhr Beichte und heiliges Abendmahl gehalten werden soll. — Da mit dem 1. April d. I. mit Einführung der mitteleuropäischen Zeit eine vollständige Umgestal tung der Fahrpläne der deutschen Eisenbahnen erfolgt, wird sich auch die Ausgabe eines neuen „Fritzsche", ves bekannten Fahrplanbnches, nölhig machen, die aber nur bis zum 1. Mai, bis zur Einführung des neuen Sommerfahrplanes, Giltigkeit hat. — Die außer Gebrauch gesetzten Stationsgtocken werden verkauft werden und können Interessenten solche, jedenfalls billig erwerben. — Mit dem Sonntag Judica, 19. März, beginnt die geschlossene Zeit und ist während derselben bis mit dem ersten Osterseiertag die Abhaltung von Tanz vergnügungen aller Art verboten. Dagegen ist die Abhaltung von Concertmusiken und anderen mit Musik begleitung verbundenen Vergnügungen, insbesondere auch Theatervorstellungen auch weiterhin, jedoch mit Ausnahme der Zeit v?m Gründonnerstag, einschließlich desselben, bis mit Sonnabend vor Ostern gestattet. Großölsa. Das am vergangenen Freitag im fest lich dekorirten Saale des Büttner'schen Gasthofs hier abgehaltcne erste Stiftungsfest des landw. Vereins war von Mitgliedern und Gästen sehr zahlreich besucht. Der erste Theil der Tagesordnung bestand aus einem Vortrag des Herrn Professor Busch-Dresden über „Jungviehaufzucht." Der Redner erntete für seinen so verständlichen Vortrag ungemeinen Beifall. Der hierauf erfolgten Prämiirung konnten sich 3 weibliche Dienstboten erfreuen, nämlich Ida Marie Schanze, beim Gutsbesitzer Ed. Lotze Hierselbst, Laura Hedwig Erler, beim Gutsbesitzer Gustav Schuhmann-Obernaundorf, und Emilie Auguste Bernhard, beim Gutsbesitzer Th. Börner-Seisersdorf. Sämmtliche drei erhielten für 5jährige treue Dienstzeit ein Ehrendiplom, Beglaubigung im Dienstbuch und 10 Mark in Gold. Den Schluß des Festes bildete ein Ball, welcher vielfache Ueber- raschungen bot. Der Cotillon wurde von 2 Kindern aus einer im kleinen Styl erbauten Scheune gespendet. Das dem Verein gewidmete Festlied sangen alle An wesenden begeistert mit. Auch ließ ein sich produ- zirendes Quartett lustige Weisen erklingen. Der Abend gestaltete sich zu einem recht abwechselungsreichen, sodaß der Verein mit Genugthuung auf sein 1. Stif tungsfest zurückblicken kann. Im 1. Vereinsjahr hatten über 80 Landwirthe von hier und Umgegend ihre Mit gliedschaft angemeldet. Frauenstein. Im hiesigen ziemlich ausgedehnten Amtsgerichtsbezirke, dessen Bevölkerung fast aus schließlich Ackerbau und Viehzucht betreibt, befindet sich schon seit vielen Jahren nicht ein einziger Thier arzt. Der Landwirth im Gebirge ist vorzugsweise auf Viehzucht angewiesen, bedarf ohnehin bei der schwierigen Bewirthaftung mehr Zugvieh als derjenige des Niederlandes und hat daher einen großen Theil seines Vermögens im Viehbestände angelegt. Es ist hier deshalb die außerordentlich schwierige Beschaffung thierärztlicher Hilfeleistung bei Erkrankung der HauL- thiere stets schmerzlich empfunden worden. Die Stadt gemeinde Frauenstein hat nun mit einer Anzahl be nachbarter Landgemeinden eine jährliche Beihilfe von zusammen 280 Mark für einen Thierarzt, der seinen Wohnsitz in Frauenstein nimmt, zugesagt und die Kö nigliche Staatsregierung um eine weitere Beihilfe aus Staatsmitteln ersucht. Diese ist denn auch zunächst auf drei Jahre im Betrage von jährlich 600 Mark bewilligt worden, sodaß einem sich hier etablirenden Thierarzte eine jährliche Beihilfe von 880 Mark ge sichert ist. Die hiesige Bevölkerung begrüßt dieses Entgegenkommen des Königl. Ministeriums d. I. mit Freuden und hofft, daß sich bald ein tüchtiger Thier arzt hier niederläßt, dessen Wirkungskreis ein recht umfangreicher zu werden verspricht, da auch in den benachbarten Amtsbezirken der gleiche Mangel an wissenschaftlich gebildeten Thierärzten herrscht wie hier. Hänichen. In der Nacht vom vergangenen Donners tag zum Freitag wurde beim hiesigen Schnittwaaren- händler Herrn Koch ein Einbruch-Diebstahl verübt. Der oder die Diebe drangen in das Geschäftslokal des Herrn Koch und entwendeten aus verschiedenen Kassen größere und kleinere Geldbeträge. Dresden. Für die Anfang März stattfindende internationale Sanitäts-Konferenz wollen Ruß land und Frankreich dieselben Herren entsenden, die schon an der Cholera-Konferenz in Venedig theilnahmen. Oesterreich-Ungarn entsendet den früheren Gesandten in Brasilien, Hengelmüller, den Generalkonsul v. Griller in Galatz, ferner für Oesterreich die Ministerialräthe Ritter v. Wusy und v. Ebner, sowie für Ungarn Ministerialrat!) A. v. Tascho-Moys und einen noch nicht bezeichneten Vertreter des ungarischen Handels ministeriums. Italien ernannte zu seinen Vertretern den Gesandten Curtopassi und den Direktor im Ge sundheitsamt I)r. Pagliano. Die meisten kleinen Mächte haben ihre Vertreter noch nicht bezeichnet. — Die Ver handlungen finden im Ballsaale des Ministeriums de-