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Mchnitz -ZitW Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithnr in Dippoldi-walde 55. Jahrgang. Sonnabmd, dm 23. März 1889 Nr. 36 Vom schwarzen Erdtheil. Da voraussichtlich in wenigen Wochen die Opera tionen des deutsch-afrikanischen Heeres unter Hauptmann Wißmann in Südostafrika zur Bekämpfung des Auf standes der arabischen Sklavenbarone beginnen werden, so ist Deutschland gewissermaßen nunmehr in eine ent scheidende Periode hinsichtlich seiner Kolonialpolitik in Afrika getreten und es muß von allgemeinem Interesse sein, sich abermals über die Zustände im schwarzen Erdlheile zu orientiren. Um nun alles Afrikanische mit dem richtigen Maßstabe zu messen und zugleich auch zu zeigen, welche Aufgaben der europäischen Kultur in Afrika bevorstehen, möchten wir vor allen Dingen aus die Thatsache Hinweisen, die bezüglich der Be- urtheilung der afrikanischen Dinge meistens gar nicht genug berücksichtigt wird. Diese Thatsache besteht darin, daß, abgesehen von der französischen Kolonie Algier und dem unteren Theile Egyptens, die euro päische Kultur noch gar nicht tief in Afrika einge drungen ist und daß wir in Europa deshalb auch noch ganz lückenhafte Begriffe von den Zuständen im schwarzen Erdlheile haben. So Großes z. B. ja auch ohne Zweifel die kühnen Afrikaforscher erreicht haben, so lassen ihre Berichte gewissermaßen doch nur ahnen, was die Kulturarbeit aus Afrika machen könnte, aber genügende Unterlagen für die richtige Leuutmß afrika nischer Verhältnisse, wie sie der Kaufmann und be sonders der Kolonist braucht, lieferten die Afrikareisen den nicht und konnten sie nicht liefern, weil man be hufs Erwerbung solcher gründlichen Kenntniß lange Zeit an ein und. demselben Platze gelebt haben muß, was eben die Afrikareisenden gewöhnlich nicht thun, auch nicht thun können. Sie verfolgen den Zweck, das Land mehr geographisch als wirthschastlich aus zuforschen und bekümmern sich deshalb mehr um die Oberfläche als um das eigentliche Leben und Treiben in Afrika. Nichts destoweniger haben die Afrikaforscher doch auch nach letzterer Hinsicht soviel Kenntnisse über den schwarzen Erdtheil verbreitet, daß in den letzten zehn Jahren bei den meisten alten Kulturvölkern das Bestreben entstanden ist, in Afrika Kolonialbesitz zu erwerben oder zu den bereits vorhandenen Besitzungen neue hinzuzufügen. Frankreich, welches schon lange Algier besitzt, annektirte dazu noch Tunis und setzte sich auch noch am Rothen Meere bei Sagallo fest. England, welches bereits Kapland und einige Kolonien in Westafrika in Besitz hat, legte seine Hand auch auf Egypten, Italien besetzte Massauah am Rothen Meere, Spanien blickt begehrlich nach Marokko, das Deutsche Reich nahm von Kamerun und Namaqua Besitz und die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft erwarb das un geheure Küstengebiet Eüdostafrikas, dessen Besitz wir nunmehr gegen die aufständischen Sklavenhändler zu vertheidigen haben. Auch sei nicht vergessen, daß in Westafrika eine englisch-belgische Gesellschaft unter dem «Protektorate des Königs von Belgien den Kongo^Staat gründete. Man darf nun wohl behaupten, daß dieses in dem letzten Jahrzehnt ganz allgemein gewordene Erwerben von Kolonialbesitz seitens der meisten euro päischen Staaten nicht aus bloßer blinder Länbergier, sondern aus der immer mehr zum Bewußtsein kommen den Bedeutung des schwarzen Erdtheils geschehen ist und daß einer solchen Thatsache gegenüber die klein liche und abfällige Beurtheilung der Kolonialpolitik seitens der Gegner derselben nicht in die Wagschale fallen kann. Nicht zu verkennen sind allerdings die Gefahren, welche die Araber, die bisherigen Herren Ostafrikas, dem Vorgehen der Europäer bereiten, aber da diese arabischen Häuptlinge nur den Sklavenhandel und die Barbarei vertreten, und ein Hinderniß für die europäische Kultur sind, so sollen und müssen sie eben bekämpft werden, und wird es sicher auch nicht ohne Erfolg geschehen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 22. März. Dienstag Nach mittag und ebenso in den späteren Abendstunden haben zwei durch Betrunkene verursachte Straßenaufläufe stattgefunden, bei denen besonders Kinder jeglichen Alters das Gefolge deS betreffenden Excedenten abge geben haben. Wie wir hören, sind die bei dem Nach mittagsskandal betheiligten Schulkinder, soweit sie sich haben ermitteln lassen, mit Schulstrafen belegt worden, während die bei dem Abendauflaufe Betheiligten, da sie wegen der Dunkelheit nicht erkannt worden sind, zunächst straflos ausgegangen sind. Dieses bedauer liche Vorkommniß legt uns und gewiß allen auf öffent liche Wohlanständigkeit haltenden Einwohnern der Stadt die Frage nahe, ob es nicht angezeigt wäre, dergleichen Skandalscenen durch energisches Einschreiten seitens der Polizeiorgane im Keime zu ersticken. Es ist aber weder in dem einen, noch in dem anderen Falle von einem Einschreiten das Geringste zu bemerken gewesen, was umsomehr zu verwundern ist, als sich der Abend skandal zum großen Theile auf der Herrengasse, un mittelbar vor der Wache abgespielt hat. Aber das ist es nicht allein, was wir auf dem Herzen haben. Der Abendskandal wäre einfach unmöglich gewesen, wenn sich nicht noch in den dunklen Abendstunden größere und kleinere Linder auf den Straßen umhertrieben oder ihnen bei irgend einem außergewöhnlichen Er eignisse (Lärm, Rufen, Feuer u. a.) die Füglichkeit gegeben wäre, auf die Straße zu laufen. Daß in dieser Hinsicht recht viele Kinder sich völlig selbst über lassen sind und strenge Zucht fehlt, ist leider That sache. Kinderfreunde gönnen gewiß dem Heranwach senden Geschlecht jede anständige Freude und Be lustigung, sie müssen aber im Interesse der Charakter bildung und Erziehung zu Ordnung und'Gehorsam darauf bestehen, daß das Kind eine feststehende Tages ordnung etnhalte, und zu dieser gehört „Beim Dunkel werden ins Haus!" Warum das nothwendig ist, braucht man einem Ueberlegenden nicht erst weitläufig auseinander zu setzen, aber daran erinnern möchte man: Wenn Eltern, die von strenger Erziehung nichts misten wollen, sich später über Ungebundenheit ihrer Kinder beklagen, so werden sie nicht in Zweifel darüber sein, wo sie den Grund dazu zu suchen haben. — Das am Dienstag und Mittwoch eingetretene entschiedene Thauwetter hat die Weißeritz zu ansehn licher Höhe steigen lasten, was nicht zu verwundern war, wenn man die aus allen Schleuß«», Gräben, von allen Anhöhen und Böschungen kommenden Zuflüsse beobachtete. Die Bahngleise bis weit hinaus an Vor werk Nikolai waren längere Zeit van der braunen Fluth überströmt, bis durch Gräben und Einschnitte in die umgebenden Schneewände Abzug geschafft wurde. Trotz dieses allgemeinen Thauwetters, trotz hochge spannter Frühlingshoffnungen begann gestern früh abermals ein aus Regen sich entwickelndes reguläres Schneegestöber, bej dem sich jedoch die Temperatur immer über Null erhielt, so daß das Schneetreiben später wieder in feinen Sprühregen überging. Trotz dem ist der Wasserstand der Weißeritz nicht gestiegen, vielmehr bereits etwas zurückgegangen. — Es liegt uns der von Herrn Direktor vr. Rau bold erstattete zwölfte Jahresbericht der landwirth- schaftlichen Winterschule zu Freiberg über das Schuljahr 1888—89 vor, aus dem wir bei dem In teresse, welches besonders unser amtshauptmannschaft- licker Bezirk an« der Anstalt hat, das Wichtigste mit theilen. Unter den Ostern 1888 prämiirten Schülern befanden sich aus unserm Bezirk Robert Merbt aus Johnsbach, Ehregott Albin Arnold aus Burkersdorf und Ernst Paul Göpsert aus Dittersbach. — An die Stelle des in das kgl. Ministerium des Innern be rufenen Direktors der Anstalt, Oekonomierath Richard Münzner, trat vr. Otto Raubold, bisheriger Lehrer der Anstalt. Die Zahl der Schüler betrug in Klasse I und II je 17. Recht befriedigt spricht sich der Bericht über das Betragen der Schüler, sowie über die Thätig- keit des unter Aufsicht der Lehrer stehenden Schüler- Vereins aus. Aus dem Stundenplan ersehen wir, daß die Oberklafle in wöchentlich 37, die Unterklaffe in» wöchentlich 35 Lehrstunden in allgemeinen Bildungs fächern, sowie in speziellen Berufsfächern des Land- wirths Unterricht erhalten. Aus der Amtshauptmann schaft Dippoldiswalde befinden sich beim Schluffe des Schuljahres 6 Schüler auf der Anstalt. Sonnabend, den 30. März, findet von Vormittag 9—^12 Uhr die öffentliche Prüfung statt. — Die außerordentlichen Erfolge, welche man in Süd- und West-Deutschland mit ländlichen Dar- lehnskassen (Raiffeisen) erzielt hat, lassen es wün- schenswerth erscheinen, dieselben auch in Sachsen ein zurichten. Dafür, daß unsere Verhältnisse der Sache keineswegs hinderlich sind, dürfte das frohe Gedeihen der seit 1879 in Klotzsche bestehenden Kaffe ein Be weis sein. Herr vr. Platzmann-Saida, welcher am Rhein das Wesen und die Einrichtungen derartiger Kaffen studirt hat und an verschiedenen Orten Sach sens mit Erfolg für Gründung derselben thätig ge wesen ist, hält nächsten Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, im Kurhaus Schmiedeberg über diesen Gegenstand einen Vortrag. Volk-freunde und VolkSwirthe, Ge- meindeoorstänöe, Geistliche, Lehrer, Spar- und Bor- schußvereinler, kurz Alle, welche nach Beruf und Nei gung für das allgemeine Wohl zu wirken sich veran laßt sehen, sind freundlichst eingeladen. Bemerkt sei noch, daß derartige Darlehnskaffen hervorragend ge meinnützige Einrichtungen sind, nicht aber etwa Tauben schläge, aus denen gebratene Tauben fliegen. — Die Venus erglänzt jetzt jeden Abend drei Stunden vor Untergang in wunderbarem Licht am westlichen Himmel. Schon wenn die erste lichte Dämme rung eintritt, blitzt sie auf wie ein feuriges Auge. Bis gegen 9 Uhr beherrscht sie den Abendhimmel. Wenn man die Lichtstärke ihrer Strahlen richtig beurtheilen will, muß man sie mit dem stärksten Fixstern des Himmels vergleichen, der jetzt noch um dieselbe Zeit über dem südlichen Horizont zu sehen ist. Unter be sonders günstigen Umständen kann man die Venus selbst am Tage sehen. Ihr Glanz wird bis zum 25. März noch wachsen. Wir machen daher unsere Leser auf die jetzt eintretende Periode ihrer größten Helligkeit auf merksam. Dann wird sie sich der Sonne nähern, an der sie am 1. Mai vorbeigehen wird. Am 21. April (Ostern) hat sie noch eine Verspätung von 1 Stunde 46 Minuten hinter der Sonne. Von Mitte Mai an hört sie auf, Abendstern zu sein und wird Morgen stern. Am 1. Juni geht sie schon anderthalb Stunden vor der Sonne auf, ist also bereits sehr deutlich zu sehen. Am 7. Juni beginnt sie neuerdings eine Periode größten Glanzes, diesmal aber als Morgen stern am Osthimmel, und bleibt dort bis Mitte De zember. Um diese Zeit nähert sie sich wieder der Sonne, um endlich bei ihrer oberen Konjunktion am 14. Februar 1890 hinter ihr zurückzubleiben und wieder Abendstern zu werden. Die letzte obere Kon- junktion war am 16. Juli 1888. "O Kreischa. Vorigen Dienstag hielt im hiesigen landw. Verein im kleinen Saale des oberen Gasthofes Herr vr. Pusch aus Dahlen einen höchst interessanten Vortrag über „Haltung und Pflege des Rindviehes in gesundem und krankem Zustande." Die zahlreich Er schienenen folgten mit sichtlichem Interests dem allge mein packenden Vortrage. — Das Concert, welches der hiesige Männer gesangverein bereits am 18. Februar auf der „goldenen Höhe" zu geben beabsichtigte, wird nunmehr morgen Sonntag stattfinden. Der Ertrag ist zum Besten deS Pestalozzivereins bestimmt. Hoffentlich tritt diesmal dem Vereine kein Schneegestöber hindernd in den Weg. — Wie bereits früher berichtet, veranstaltete der Amtsblatt für die Mmaliche Umtstzauptm-misch-st Mppoldiswalde, sowie für die Migkichm Amtsgerichte und die Mdk-the zu Dippoldiswalde und Iraumstem Anserat«, welche bei d« bedeutenden Auflage des Blatte« eine schr wirk same Verbreitung finden «erden mit 10 Psg. di« Spaltrnzeile oder deren Raum berechnet. — Ta- biklarische und complicirt» Inserate mit entsprech«» dem Aufschlag. — Einge sandt, «in redaktionell« rheike, die Spaltenzeil« WPfg. wie " „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich »t M. » Psg , zweimonatlich 84 Psg., «inmonatNch 42 »fa. Einzelne Nummern K Psg. - «lle Postan- «alten, Postboten, sowie Ist, Agent« nehm« Be stellung« an.