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- Ä! >A ->M Tagesgeschichle. Berlin. Am 6. Dezember trat der Reichstag in die erste Berathung der Alters- und Invalidenver sicherung ein; es gelangten an diesem ersten Be- rathungStag überhaupt nur 3 Redner zum Wort, und k zwar zwei Uchierungsvertreter, darunter der StaatS- minifter voü Bötticher, welche die Vorlage vertheidigten und der Sozialdemokrat Grillenberger, der allerdings erklärte, nicht einmal für Verweisung der Vorlage an eine Kommission, sonder» einfach für Ablehnung stim men zu können. — Neuerlich verlautet, daß der gegenwärtige Reichs tag doch noch über die Fortdauer des Sozialisten gesetzes Entscheidung treffen werde. — Von den bisher dem Reichstage zugegangenen Bittgesuchen bezieht sich der größere Theil auf das Alters- und Jnvalidenversicherungsgesetz. Rundweg gegen das Gesetz spricht sich nur die vom Fachverein der Töpfer zu Dresden eingereichte Bittschrift aus. In einer kleineren Anzahl von Schriftstücken dieser Art werden Abänderungsvorschläge gemacht. Die Frucht der sozialistischen Agitation gegen die Einführung des Quittungsbuches ist in der Zahl von etwa 1800 Bittgesuchen zu erblicken, in denen 8S 836 Arbeiter au« allen Theilen des Reiches um die Ablehnung dieser Einrichtung ersuchen. — Die offiziösen „Berliner Politischen Nachrichten" fordern erneut die deutschen Kapitalisten auf, die russische Konvertirung zu benutzen, um zu ihrem baaren Gelds zu gelangen und ihren Besitz an russischen Werth en soviel als möglich los zu werden. Sie würden damit nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern auch eine patriotische Pflicht erfüllen, welche fordere, daß kein Pfcnig deutschen Geldes direkt oder indirekt zur Verfügung gestellt werde, wo es sich mög licher Weise um Bestrebungen handeln könne, die trotz der gegentheiligen Behauptungen eher von allen anderen Empfindungen, als von aufrichtiger Neigung für den Frieden Europas und seiner Erhaltung beseelt seien. — Die deutschen Sozialdemokraten haben von dem Plane, im nächsten Jahre einen internationalen Arbeiterkongreß zur Herbeiführung eines internatio nalen Arbeiterschutzes in der Schweiz abzuhalten, Ab stand genommen und werden jedenfalls am nächst jährigen ersten internationalen Arbeiterkongreß in Paris theilnehmen. — Im Deutschen Reiche bestanden Anfangs dieses Jahres 14,148 Feuerwehren mit 1,093,000 Mit gliedern. Hiervon entfallen auf Sachseil 559 Feuer wehren und zwar 518 freiwillige, 16 Pflicht- und 5 Berufs-Feuerwehren. Oesterreich besitzt 3311 Feuer wehren 179,100 Mann. Oesterreich. Die anläßlich des Kaiserjubiläums am 2. Dezember von Landtagen, Gemeiden, anderen Körperschaften und Privaten im ganzen Lande ge stifteten wohlthätigen Spenden werden auf an nähernd 25 Millionen Gulden geschätzt. Italien. Die im italienischen Parlamente von der Regierung geforderten außerordentlichen Kredite für Zwecke des Heeres und der Marine werden zweifellos die Billigung des Parlamentes finden. In den Bureaus der Deputirtenkammer sind die Wahlen der in die Kommission, welcher die Vorberathung dieser Kredite obliegt, zu entsendenden Abgeordneten weit überwiegend zu Gunsten der Negierungsforderungen ausgefallen, so daß im Prinzip deren Bewilligung schon jetzt seststeht. England. Die Frage der Vertheidigung Sua- kins gegen die Sudanesen ist im englischen Unter hause am Dienstag wiederum des Langen und Breiten erörtert worden. Hauptsächlich drehte sich die Debatte um den Antrag Lord Churchills, das Haus zu ver tagen und hierdurch gegen die Unzulänglichkeit der von der englischen Regierung in Egypten ergriffenen militärischen Maßnahmen zu protestiren. Der Antrag Churchills knüpfte an Erklärungen des Kriegsministers Lord Stanhope an, wonach die egyptischen Militär behörden und ihre dortigen englischen Berather die Stärke der zur Vertheidigung Suakins abgesandten englischen Truppen als vollkommen genügend erklärt hätten, im Gegenfatz zu der Auffassung Londoner mili tärischer Autoritäten. Auch stützte sich der Kriegs minister darauf, daß General Grensell, der englische Oberbefehlshaber in Suakin, auf telegraphische Anfrage erwidert habe, er fühlte sich mit der gegenwärtigen Streitmacht des Erfolges sicher. Der Antrag Curchills ward schließlich abgelehnt und versicherte dann der Kriegsminister nochmals, daß die Militärbehörden in Egypten die nach Suakin abgegangenen Verstärkungen für vollkommen genügend hielten. — Da dieselben nur 700 Mann betragen, so scheinen die offenbaren Besorgnisse der Londoner militärischen Kreise um das Schicksal Suakins allerdings nicht unbegründet. Ost-Afrika. Die Blockade ist an der ganzen Küste des Sultanats Zanzibar in Wirksamkeit getreten; den ersten thatsächlichen Erfolg hat die deutsche Kreuzer fregatte „Carola" zu verzeichnen, welche bereits eine mit Sklaven vollgepfropfte arabische Dhau abgesangen hat. Der Ausstand au der Küste ist neuerdings er sichtlich in Zunahme begriffen. ei lagern, fertig im Guß vollendet, die PlirrHe de» Postament», die Sockelrelief», in herrlicher Aus führung den Landbau, die Forstkultur, die Jagd und den Handel und Verkehr darstellend, die Kränze mit Jahreszahlen und Inschrift, sowie da» Reittf Dante'», für die vordere und Hintere Schmal- (Stirn-) feite de« Sockel» bestimmt, die Leuchter mit Sinnbildern, end lich der Kopf, die Beine und der Schweif des Pferdes, welche augenblicklich mit allem Fleiße ziselirt werden. Es sind die» Alles Gußstücke von riesigem Umfange. Der kolossale Rumpf des Pferde» gelangt demnächst »um Guß und es fehlt dann nur noch die Reiterfigur des Königs, die sich dem Vernehmen nach noch unter dem Meißel des genialen Schöpfers des Denkmals, Johannes Schilling, befindet. Hoffentlich gelingt dessen Fertigstellung so bald, daß ihr Guß rechtzeitig beendet und die Enthüllung des Kunstwerkes zum Wetlin- jubiläum im nächsten Jahre erfolgen kann. Schon jetzt laßt sich auS den einzelnen Theilen erkennen, daß die Arbeit eine in ideeller und technischer Beziehung meisterhafte ist, die mit der Kolossalstatue des ver ewigten Monarchen an Großartigkeit alles überbieten dürfte, was Dresden an öffentlichen Monumenten aüfzuweisen hat. Mit ihm wird die Zahl der histo rischen Denkmäler Dresdens auf 16 steigen. Die ältesten sind das Moritz-Monument an der Moritzallee (errichtet 1591) und das Reiterstandbild August des Starken auf dem Neustädter Markt, dann folgen die Denkmäler Friedrich August'S des Gerechten im Zwinger, Anton's deS Gütigen in den Weißeritzanlagen, Fried rich August'S II. auf dem Neumarkl, der Kursürstin Anna bei der Annenkirche, sowie die Denkmäler für Karl Maria von Weber, Theoder Körner, Martin Luther, Gutzkow, Julius Otto, Rietschel, Nieritz, Moreau und das Deutsche Siegesdenkmal auf dem Altmarkt. — Nach dem Etat der Reichspost- und Telegraphen verwaltung für das Jahr 1889/90 befinden sich in Sachsen neu errichtete Postgebäude, für welche auf Grund von Verträgen Miethe gezahlt wird: in Borna, Frankenberg, Herrnhut, Hohenstein-ErrMhal, Leisnig, Leipzig- Plagwitz, Limbach, Löbau, Markneukirchen, Oelsnitz, Oschatz, Penig, Pirna, Rochlitz. — Dem Vernehmen nach beabsichtigt man an maß gebender Stelle, das Uniform-Regulativ für die königlich sächsischen Zoll- und Steuerbeamten, welche seit nunmehr 54 Jahren bestehen und, besonders in den unteren Klassen, den thatsächlichen Rangverhält- niffen nicht allenthalben mehr entsprechen, sondern ver altet sein soll, einer gründlichen Aenderung zu unter werfen. Es wird dies in den betheiligten Beamten kreisen gewiß mit Freuden begrüßt werden, um so mehr, als die Uniform-Verhältnisse für die Staats beamten der anderen Ressorts in der neueren Zeit wohl allenthalben umgestaltet und den jetzigen Ver hältnissen angepasst worden sind. — Vom Stadtrathe ist nunmehr der Plan zur Erweiterung des hiesigen Straßenbahnnetzes end- giltig sestgestellt worden. Die Zahl der geplanten Linien in und um Dresden beträgt nicht weniger als 17, um deren Ausführung, außer der jetzigen Straßen- bahngesellschaft, im Ganzen 9 Bewerber ausgetreten sind. Bei allen Linien wird sich die Stadt einen prozentualen Gewinnantheil an den Erträgnissen dieses neuen Bahnnetzes, sowie eintretenden Falls die Ueber- nahme in eigenen Betrieb Vorbehalten. Drei der Haupt linien, und zwar Postplatz — Altmarkt — König Jo hann-Straße — Pirnaischer Platz — Grunaerstraße, Postplatz — Marienstraße — Neitbahnstraße — Böh mischer Bahnhof und Postplatz — Ostra - Allee — Marienbrücke — Neustädter Bahnhöse — Wilder Mann (Trachenberge) sollen womöglich schon im näch sten Jahre zum Ausbau gelangen. Die übrigen Linien würden Verbindungsglieder zwischen diesen drei Haupt linien darstellen. Die Kosten des Baues der sämmt- lichen 17 Linien, sowie der Ausstattung derselben mit etwa 300 Wagen und 700 Pferden nebst Stallungen veranschlagt nian auf 10 Mill. Mark. Der Stadtrath wird demnächst den Bewerbern die Bedingungen zum Bau und Betrieb des neuen Bahnnetzes mittheilen. Pirna. Am 5. Dezember Nachmittags wurde hart an der Felskante am sogenannten Rathsbruche des benachbarten Cunnersdorf ein Mann schlafend aufgefunden, welcher vor dem Herabstürzen in eine Tiefe von 25 Meter nur durch ein schwaches Bäum chen, an welchem er lag, geschützt war. Unter Be obachtung der nöthigen Vorsichtsmaßregeln weckte man den sorglosen Schläfer, welcher nicht wenig erschrocken über sein Lager war und nicht anzugeben vermochte, wie er an diese gefährliche Stelle, die oberhalb noch dazu mit Barriere versehen ist, gekommen. Freiberg. Vor dem königl. Landgerichte finden in der IV. Sitzungsperiode folgende Schwurgerichts verhandlungen statt: Mittwoch, den 12. Dezbr.: I. Vorm. 10 Uhr gegen den Maurergesellen Karl Ferdinand Düring aus Zoll« wegen versuchter Sitt- — 764 — lichMSverbrechen (§8 176,8, «8 des Str.-»..«.); 8. Rachm. 4 Uhr gegen den Dieüstknecht Karl Gottlieb Tanneberaer aus Voigtsdorf wegen vorsätzlicher Brand stiftung; Donnerstag, den 13. Dezbr,: Vorm. '/»10 Uhr gegen die Dienstmagd Anna Ida Zönnchen ans Reichstädt wegen Kindestödtung. Brand. Bei dem s. Z. vom Staate angekauften Berggebäude „Bereinigt Feld" ist jetzt die Schluß rechnung erfolgt, nach welcher die Gewerken für jeden Kux noch eine Restzahlung von 32 M. erhalten sollen, nachdem schon früher 200 M. und als erste Abschlags zahlung 300 M. gewährt worden sind. Die Grube hatte viele Jahre lang keine Ausbeute gewährt, ober auch keine Zubuße gebraucht. Chemnitz. Die Aktienlagerbierbrauerei vonSchloß- chemnitz vertheilt auf das äbgelausene Jahr eine Di vidende von 30 °/» gleich SO Mark pro'Aktie. Annabrrg. Die hiesige Fernsprechanlage ist dieser Tage mit 122 Theilnehmern eröffnet worden, und außerdem haben sich noch 23 Interessenten in dem nur wenige Kilometer entfernten Buchholz angeschloffen. Glauchau. Der in Remse in Dienst gewesene Hausmann Lowke, welcher am 25. Oktober von einem tollen Hunde gebissen worden war, ist am vergangenen Sonntag im Kreiskrankenstift zu Zwickau, wohin er gebracht worden war, an Wasserscheu verstorben. Schneeberg. Von dem früheren sächsischen Silberreichthum zeugt ein noch vorhandener Origi nalbericht aus dem Jahre 1581 über die Ausbeute des Schneeberger Bergbaues, von der ersten Schürfung des Silbers daselbst im Jahre 1471 bis zum Jahre 1537. In diesen 66 Jahren bezogen die sächsischen Fürsten von den Fündgrübern dieses Bergbaudistriktes an dem ihnen zusallenden Zehnten 913,700,000 Gulden, an Gewicht 571,062'/» Zentner gediegenen Silbers. Hiezu kann dann noch der an die fürstliche Kammer zu zahlende Schlägelschatz. Riesa. In der Nacht zum Dienstag ist aus dem Gasthof zur „Stadt Leipzig" ein Geld sch rank mit ca. 6000 Mark Inhalt gestohlen worden. Leipzig, lieber die neueste hochherzige Stiftung, welche hier von den Besitzerinnen des demnächst in das Eigenthum der Stadt übergehenden Schwägrich- schen Grundstücks errichtet worden ist, wurden in der letzten Stadtverordnetensitzung nähere Mit« Heilungen gemacht. Hiernach bilden diejenigen 600,000 Mark, welche die Stadt für jenes Grundstück 30 Monate nach der Uebergabe als letzte Rate zu zahlen hat, den Stammfond der Stiftung, welche am 1. April 1890 in's Leben tritt und von da an mit 3'/, Proz. von der Stadt zu verzinsen ist. Die Vergebung von Unter stützungen erfolgt stets aus den Zinsenerträgnissen des vorhergegangenen Jahres, aber nur zu dieses Be trags; '/« der Zinsen wird bis zum Jahre 1920 zu einem Reservesond gespart. Dann erst werden die Zinsen des Stammfonds voll vertheilt, während die Zinsen des Reservefonds weiter zum Kapital geschlagen werden, bis auch dieser Fond die Höhe von 600,000 Mark erreicht hat. Dann kommt der volle Zinsen - ertrag zur Vertheilung. Wittwen und Töchrer, sowie, bis zum 14. Lebensjahre, Sühne, welche durch den Tod ihres den gebildeten Ständen angehörigen Er nährers in Noth versetzt werden, erhalten-aus der Stiftung einmalige Unterstützungen bis zu 300 M., ausnahmsweise bis zu 600 M., oder jährliche Unter stützungen bis zu 600 M. Die Verwaltung liegt in der Hand eines Ausschusses, welcher aus dem Ober bürgermeister, dem Stadtoerordnetenvorsteher, oder im Ablehnungsfälle aus je einem anderen Mitglieds beider Kollegien, und je zwei Bürgern, welche von den beiden Kollegien gewählt werden, aber ihnen nicht angehören dürfen, gebildet wird, lieber die Namen der Unter stützten soll strenge Verschwiegenheit gewahrt werden. Pegau. Ein seltenes Vorkommniß hat unsere Nach bargemeinde Stöntzsch zu verzeichnen. Dem dortigen Gemeindediener und Steuereinnehmer Busch hatte im 1866er Feldzuge eine Kugel den Oberschenkel des linken Beines zerschmettert. Die Wunde ist bis heute noch nicht verheilt. Dazu bildeten sich öfters in der Nähe der verletzten Stelle Geschwüre, die Busch bald kürzere, bald längere Zeit aus'S Krankenbett warfen und die zu ihrer Heilung fast immer ärztliche Hilfe nothwendig machten. Aus gleicher Ursache hatte in diesen Tagen vr. weck. Schwarz von hier den In validen Busch zu behandeln. Nach gewissenhaftester Untersuchung und nach vieler Mühe gelang es diesem Arzte, in dem verletzten Beine jene Kugel auszufinden und zu entfernen, welche Busch seit mehr als 22 Jahren, ohne es selbst zu wissen, mit sich herumge tragen hat.