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„«er-eritz.Ztttvng» scheint wöchentlich drei- »al: Dienstag, Donners- taa und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Sö Pfg-, zweimonatlich 84 Psg-, eimnonatlich 42 «sa. Einzelne Nummer» 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch» bei d« bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirt- same Verbreitung finden, »erden mit 10 Psg. di« Spaltenzeile «der oere» Raum berechnet. — Ta bellarische und compkieirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionelle« Theil«, die Spaltenzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Amtsblatt für die Königliche Umlshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Zsrauenstein Nr. 45. Dienstag, den 17. April 1888. 54. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 16. April. Je seltener sich bei uns bisher die Baulust geregt hat, umsomehr wird durch jeden Neubau die Aufmerksamkeit und Teil nahme erregt. Besonders ist dies der Fall mit dem jetzt bereits Gestalt gewinnenden Müllerschulgebäude. Während bereits in den kalten winterlichen Tagen, die uns Heuer in so freigebiger Weise zu theil geworden sind, der innere Ausbau der Lehrmühle rüstig geför dert und nahezu vollendet ist, ruhte das massenhaft angefahrene Baumaterial des Schulgebäudes unter Schnee und Eis. In den wenigen milderen Tagen ist aber nunmehr der Grundbau lebhaft in Angriff genommen worden und schon soweit gediehen, daß man sich von der Größe und Gliederung des Gebäudes einen Begriff machen kann. Geht die Witterung so fort, wie ja zu hoffen ist, so dürfte zu Pfingsten der Souterrainbau vollendet sein. Auch am Bahnhofe wird fleißig Grund gegraben, wie man auch noch von anderer Seite von beabsichtigten Neubauten hört, die unbedingt einemlängstgesühltenBedürsnißentgegenkommenwürden. Von vielen Miethern hört man, daß sie im Mieth- zinse gesteigert worden; wenn nun auch durch Neu bauten diese Preise kaum herunter gehen würden, so würde doch durch dieselben die Füglichkeit geboten, sich eine entsprechende Wohnung zu wählen, was jetzt beinahe ausgeschlossen ist und wo Jeder froh sein muß, für recht gute Preise nur ein Unterkommen zu finden. Es ist kein Wunder, daß die Hauswirthe diese Zwangs lage in ihrem Interesse zu verwerthen suchen. — Da bezüglich der Kontrol-Versammlung der Ersatz-Reservisten Zweifel entstanden sind, so wird hier erläuternd bemerkt, daß an derselben Theil zu nehmen haben die vormaligen übungspflichtigen Ersatz- Reservisten der Jahrgänge 1881 bis mit 1887 unv die vormaligen nichtübungspflichtigen Ersotz-Reservisten- der Jahrgänge 1883 bis mit 1887. Es sind dies diejenigen Ersatz-Reservisten, welche bereits neue Mi litärpässe erhalten haben. Die Kontrol - Versamm lungen, nur für die Ersatz-Reservisten, finden in Dip poldiswalde am 24. April, Nachm. 1 Uhr, in Frauen stein am 25. April, Mittags 12 Uhr, und in Lauen stein am 27. April, Mittags 12 Uhr, statt. Die übrigen Mannschaften des Beurlaubtenstandes wie be reits bekannt. Zu der am 24. April, Mittags 1 Uhr, in Dippoldiswalde stattfindenden Kontrol - Versamm lung der Ersatz-Reservisten findet auch die Vereidigung der Mannschaften der kaiserlichen Marine und der Mannschaften königlich preußischer und elsaß-lothringi scher Staatsangehörigkeit auf Se. Majestät den König Friedrich von Preußen bez. auf Se. Majestät den deutschen Kaiser statt. Die Betreffenden haben hierzu besondere Gestellungsordre zu erhalten und nehmen nur an dieser Kontrol-Versammlung theil. Von der ihren Wohnort betreffenden Kontrol-Versammlung sind sie dagegen befreit. — Wie Obstzüchter versichern, steht dieses Jahr, wenn nicht noch besondere Störungen durch Witterung oder Ungeziefer eintreten, eine vorzügliche Obst ernte in Aussicht. Die Zweige der Fruchtbäume strotzen förmlich von Blüthenansätzen. Die wenigen Sonnenstrahlen, welche in den letzten Tagen als Früh- lingsgruß erschienen, haben auf den Fortschritt der Vegetation so kräftig eingewirkt, daß vielfach schon das Blattgrün hervorgetreten ist. Dresden. Königin Karola wird nächsten Frei tag von Cannes wieder in Dresden eintreffen und sich sogleich nach der Villa in Strehlen begeben. — Anfang Mai wird die königliche Familie sich zu einem mehr wöchentlichen Aufenthalt nach Schloß Sibyllenort be geben. ' Pirna. Am 13. April 1793 etablirte sich in unserer Stadt Johann Gottlieb Hafstmann in dem selben Lause, in dem noch heute die Firma besteht. Dieselbe nicht nur im engeren Vaterlande, sondern weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt durch ihre Spezialität, Hafftmanns Magenbitterer, besteht so mit nun seit 95 Jahren. Die ersten Rezepte zu dem bekannten Magenbittern datiren vom Bestehen des Handelshauses. Meißen. Die Steingutfabriken waren früher vielfach in Verlegenheit, wenn es sich um Beschaffung eines fetten, reinweiß brennenden Thönes für ihre Produkte handelte. Seit etwa einem Jahrzehnt schuf der in England gefundene Lluo olaz- erwünschte Ab hilfe und wurde derselbe wegen seiner besonderen Eigenthümlichkeit in genannten Jndustriestätten hoch geschätzt und viel begehrt. Später wurde in Belgien, auch in Hessen ähnliches Material aufgefunden, das aber an Plastizität, Gleichmäßigkeit und Reinheit das englische Rohprodukt nicht erreichte. Neuerdings ist es nun gelungen, in den ergebigen Löthhainer Thon lagern bei Meißen ein ganz gleiches Material aufzu finden. Derselbe entspricht nicht nur der erwünschten Bedingung genügender Bildsamkeit, sondern vereinigt auch in Bezug auf reinweißes Brennen und große Gleichmäßigkeit noch andere höchst schätzenswerthe Eigenschaften in sich. Nach dem Urtheil einer an erkannten Fachautvrität überragt der in Rede stehende Löthainer Thon insonderheit bezüglich seiner Brenn farbe den besten englischen LIuo ola^ ganz unzweifelhaft. Chemnitz. Das Grundstück, in welchem sich die hiesige Adlerapotheke befindet, und welches der Stadt Chemnitz im Jahre 1874 von dem früheren Besitzer Eduard Bruhm gegen eine von der Stadt zu leistende Zahlung von 40,300 Thalern vermacht wor den war, ist jetzt an einen Kaufmann für 431,500 Mark verkauft worden. Da das Gebäude alt und unpraktisch ist, wird dasselbe abgebrochen und an seiner Stelle ein Neubau aufgeführt werden. Pausa. In hiesiger Gegend hat sich vor einigen Tagen ein unbekannter Schwindler für einen Kauf mann aus Rößnitz ausgegeben und angeblich ein Ladenmädchen gesucht. Hierbei hat er bei einem Fabri kanten eine größere Partie Cigarren bestellt, sich mehrere Tage dort aufgehalten, eine Menge Probe- Cigarren geraucht und dabei noch einige Mark Geld erschwindelt. Bei einem Schneider ließ er sich zwei Anzüge anmessen, ohne solche abzuholen. Außerdem vermiethele sich jener Unbekannte bei einem Gutsbe sitzer in Thierbach noch als Knecht, nahm die üblichen 3 Mark Draufgeld und verschwand damit jedenfalls über die preußische Landesgrenze. Dieser Schwindler soll in den 20er Jahren stehen, mittler schmächtiger Natur sein, hellblonde Haare und ein kleines hell blondes Schnurrbärtchen Haden. Plauen i. V. Nach dem Märzberichte der Arbeiter kolonie Schneckengrün sind seit Eröffnung der Kolonie 887 Kolonisten aufgenommen worden. Zu dem nach Abschluß des vorigen Berichts verbliebenen Bestand von 120 sind im Laufe des März 30 Kolo nisten hiuzugekommen, während 36 abgegangen sind. Der jetzige Bestand beträgt 114, darunter 90 Sachsen. Außer den nöthigen Arbeiten erstrecken sich die Be schäftigungen der Kolonisten auf Besetzung der Werk stätten, eine starke Abtheilung wurde beim Najolen einer Wiese, einer Arbeit, die jedoch einige Male wegen ungünstiger Witterung eingestellt werden mußte, eine weitere starke Abtheilung war mit Schwingen des Flachses und eine dritte Abtheilung mit Spinnen und Weben, außer diesen waren Mannschaften im Stein bruche und mit Schneebejeitigen beschäftigt. Von den 36 abgegangenen Kolonisten erhielt einer Stellung durch die Kolonieverwaltung, einer durch eigenes Be mühen, 1 verstarb und 33 gingen auf eigenen Wunsch. Tagesgeschichte. Berlin. Nur nach und nach und zögernd dringen jetzt ungünstige Nachrichten über das Befinden Kaiser Friedrichs in die Oeffentlichkeit. Während schon seit einigen Tagen der Schlaf der Nächte nicht von Unterbrechungen frei ist, ist auch infolge eingetretener Verengerung des Athmungsweges ein Wechsel der Kanülenform nothwendig geworden. Die neue Kanüle ist am 12. April durch Professor v. Bergmann ein gelegt worden; zunächst ist das Allgemeinbefinden des Kaisers nicht in größere Mitleidenschaft gezogen worden. — Die Nacht zum 15. April war für den Kaiser, infolge mehrfachen Hustenreizes eine wenig befriedigende und fand er erst gegen Morgen ruhigeren Schlaf. — In einer anscheinend auf offiziösen Quellen beruhenden Berliner.Korrespondenz der „Köln. Ztg." wird versichert, daß durch eine Unterredung Bismarcks mit der Kaiserin Viktoria und infolge des längeren Vortrages, den der Kanzler dem Kaiser gehalten, die Kanzlerkrisis jetzt wenigstens zum Stillstand ge kommen und eine Verschärfung für die nächste Zeit jedenfalls ausgeschlossen sei. Hiermit übereinstimmend weiß auch die „Nat.-Ztg." zu melden, daß die Lage durch die Unterredungen des Fürsten Bismarck mit dem Kaiser und der Kaiserin eine Klärung erfahren habe und eine akute Lösung ausgeschlossen erscheine, eine endgültige Entscheidung jedoch noch ausstehe. Durch diese Meldungen wird also zunächst der opti mistischen Auffassung verschiedener Blätter, als ob die Kanzlerkrisis im Großen und Ganzen als beigelegt zu betrachten sei, entschieden widersprochen, aber es scheint doch, daß sie ihren Höhepunkt überschritten habe, ihre völlige Beilegung wird aher erst von der Zeit zu er warten sein und ob dies bald oder erst später geschehen wird, kann der Fernerstehende einfach nicht beurt heilen. Für die eingetretene günstigere Wendung spricht auch die nunmehr wieder erfolgte Abreise des großherzog lichen Paares von Baden aus der Reichshauptstadt, sie erfährt wenigstens allgemein eine Deutung in diesem Sinne; inwieweit die jetzt zum 24. April erwartete Ankunft der Königin Viktoria von England in Berlin ebenfalls zur Vermittelung der sich in der Kanzlerkrisis kreuzenden Gegensätze beitragen wird, muß noch dahin gestellt bleiben. Uebrigens verlautet jetzt, die englische Königin solle gar keine so warme Befürworterin des battenbergifchen Heirathsprojektes sein, wie bislang allgemein angenommen wurde, im Gegentheil soll sie die geplante Verbindung zwischen dem Battenbergec und ihrer Enkelin, der Prinzeß Viktoria, durchaus nicht begünstigen; eine Bestätigung dieser Auffassung wird indessen ebenfalls abzuwarten sein. — Einem noch unverbürgten Gerücht zufolge soll von Berlin aus in Petersburg in Betreff des Batten bergers sondirt worden sein, ob das Heirathsprojekt unangenehm berühren werde. Die Antwort soll un bestimmt und dehnbar gelautet haben, so daß man die selbe eventuell auch als: „uns ist's gleichgillig" deuten könnte. Fürst Bismarck soll aber dem Kaiserpaare gegenüber betont haben, daß der Ausdruck bloßer Gleichgiltigkeit kaum genüge, sondern der zur Zeit aus der russischen Armee ausgestoßene Prinz Alexander, bevor er der Schwiegersohn des Kaisers werden könne, vollständig rehabilitirt sein müsse, ein Einwurf, den Kaiser Friedrich vollkommen getheilt habe. Da auf 'eine solche Rehabilitirung vor der endgiltigen Ent scheidung der bulgarischen Frage kaum zu hoffen sei, so sei hieran das Projekt vorläufig gescheitert. — Am 14. April ist wieder daS Lehrinfanterie bataillon zusammengetreten, das 1822 von Friedrich Wilhelm UI. errichtet worden ist, um für die ganze Armee eine Musterschule bei Einführung von Neu bewaffnung, Exerzierreglements rc. zu haben. Zur diesjährigen Hebung sind kommandirt an Offizieren: 3 Hauptleute, 3 Premierlieutenants, 10 Eekonde- lieutenants (darunter für den Stamm 1888—89 1 Hauptmann, 1 Premierlieutenant, 2 Eekondelieute- nants.) An Mannschaften sind kommandirt: 40 Unter offiziere, 12 Tambours, 4 Hornisten, 528 Gemeine (darunter für den Stamm 1888—89 16 Unteroffiziere,