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des Wagens aus demselben geschleudert wurden und dieselben dadurch Verwundungen theils leichter, theils schwerer Art erhielten. Herr Arnold ist dabei am Schlimmsten weggekommen, da bei ihm eine Gehirn erschütterung nicht ausgeschlossen ist. — Herr Karl Zimmermann aus Kleinbobritzsch, der Vertreter der dortigen Gemeinde, scheidet mit Jahresschluß aus dem hiesigen Kirchenvorstand. Herr Zimmermann wurde zwar bei der Ergänzungswahl wiedergewählt, nahm aber die Wahl nicht wieder an, weshalb sich eine zweite Wahl nöthig machte, welche auch unentschieden blieb, weil zwei Herren gleiche Etimmenzahl erhalten hatten, mithin eine Stichwahl zwischen den betr. beiden Herren zu erfolgen hat. — Heute Mittag wurde das Pferd des Gastwirths Tränkner aus Hermsdorf beim Ausschirren am Gast hofe zum goldnen Löwen hier scheu und sprang mit einer solchen Gewalt in das Schaufenster des Herrn Kaufmanns W. E. Richter, das dasselbe in tausend Stücke zersplittert wurde. Areiberg. Vor dem kgl. Schwurgericht hat am 16. Dezember die Verhandlung gegen den ehem. Gutsbes. und Getreidehändler Karl Friedr. Hoffmann aus Seifersdorf, geboren am 18. Septbr. 1840 zu Großölsa, begonnen. Derselbe ist angeklagt, im April d. I. als ein Schuldner, welcher seine Zahlungen ein gestellt, in der Absicht, seine Gläubiger zu benach- theiligen, Vermögensstücke bei Seite geschafft zu haben, während der am 13. Jan. 1840 zu Leipzig geborene und in Dresden wohnhafte Generalagent des Nord deutschen Lloyd, Albin Klemens Opelt und der am 22. August 1826 zu Stöntzsch bei Pegau geborene und gleichfalls in Dresden wohnhafte Rechtsanwalt vr. zur. Friedrich Julius Steeger beschuldigt sind, dem Angeklagten Hoffmann zur Begehung dieses Ver brechens des betrüglichen Bankerutts durch Rath und Thal wissentlich Beihilfe geleistet zu haben. Der erste Tag wurde mit dem Verhöre des Angeklagten aus gefüllt ; ob die Verhandlung am zweiten Tage zu Ende geführt werden kann, ist fraglich; wie wir gehört haben, sind 3 Tage für dieselbe in Aussicht genommen. Pirna. Wie so viele Spar- und Vorschuß-Vereine des Landes, beabsichtigt auch der Pirnaer Verein, sich in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, um eines- theils den Einlegern durch ein größeres festes Stamm kapital vermehrte Sicherheit zu bieten, anderntheils aber die Mitglieder von der solidarischen Haftpflicht zu befreien. (Wie wir übrigens gehört haben, wird auch der Dippolviswaldaer Spar- und Vorschußverein der Frage seiner Umwandlung in eine Aktiengesellschaft demnächst näher treten). Stollberg. Auf Niederwürschnitzer Flur in der Richtung nach Stollberg zu sind von einem Arbeiter unter Strauchwerk in der Erde vergraben 150 Sttzck Dynamitpatronen aufgefunden worden, welche ohne Zweifel von dem vor mehreren Jahren in Lugau vorgekommenen Dynamitdiebstahl herrühren dürften. Tagesgeschtchte. Berlin. Dem 80 jährigen militärischen Di en st- jubiläum des Kaisers sieht man in allen Kreisen der Bevölkerung mit der lebhaftesten Freude und dem größten Interesse entgegen. Daß der Monarch diesen Tag bereits am 1. Januar 1887 und nicht erst, den Traditionen der Hohenzollern gemäß, an seinem 90. Geburtstag feiert, hat folgende Bewandtniß: Als König Friedrich Wilhelm III. zum Neujahrstage 1807 nach Königsberg kam, und die ganze königliche Familie sich dort um ihn zur Gratulation versammelte, wandte er sich mit folgenden Worten an seinen zweiten Sohn Wilhelm: „Da an Deinem Geburtstage keine Gelegenheit sein wird, Dich ordentlich einzukleiden, weil ihr nach Memel müßt, so ernenne ich Dich heute schon zum Offizier. Da liegt Deine Jnterimsuniform." Und in der That lag der damals sogenannte Interims rock der Garde-Offiziere, welcher einen rothen, nach der Art des Zivilrocks umgeschlagenen Kragen hatte, nebst Degen, Stock und Hut mit Federbusch schon auf einem Tische bereit. Natürlich wurden die Sachen sofort angelegt, und auch der damals noch übliche Puder und Zopf nicht vergessen, indem das eigene Haar nicht lang genug war, also ein falscher einge bunden werden mußte. — Dem Reichstage ist nunmehr vom Bundesrathe auch die Berechnung der nach dem Reichshaushaltplan für 1887/88 zur Deckung der Gesammtausgabe auf zubringenden Matrikularbeiträge zugegangen. Die Summe beläuft sich insgesammt auf 168,336,176 M., das ist 29,117,777 Mark mehr als 1886/87. Auf Sachsen entfällt davon der Betrag von 9,724,576 M. oder 1,993,678 M. mehr als 1886/87. — Das preußische „Armee-Verordnungsblatt" enthält nachstehende Expeditionsnote: „Die bisher nur für den Dienstgebrauch bestimmte Instruktion über das Infanterie-Gewehr lil. 71/84 tritt von jetzt ab in die Kategorie derjenigen Druckvorschriften über, I deren Verbreitung durch den Buchhandel zulässig ist. I Die bereits verausgabten Exemplare sind dem ent sprechend zu berichtigen." Es ist somit die Geheim haltung der Konstruktion, Handhabung und des Ge brauches des für die Infanterie des deutschen Heeres bestimmten Nepetir(Magazin)-Gewehres aufgehoben. — Die Berathungen des in Berlin versammelt gewesenen Delegirtentages der deutschen An walts - kammern anläßlich des neuen Gesetzentwurfes über die Herabsetzung der Anwaltsgebühren haben zu einer Eingabe der deutschen Anwallskammern an den Bun desrath geführt. Dieselbe entspricht den auf dem Delegirtentage gefaßten Beschlüssen und bezeichnet demgemäß den Entwurf, da er die Interessen der An wälte aufs Tiefste schädige, für den Anwaltsstand als unannehmbar; nur bei bestimmten einzelnen Punkten erachtet die Eingabe eine Aenderung in der jetzigen Gebührenordnung für zulässig. Die Eingabe bittet schließlich den Bundesrath um Ablehnung des genann ten Entwurfs. Unterzeichnet ist das Schriftstück Namens der Versammlung der deutschen Anwaltskammervor stände vom Vorsitzenden, Geh. Justizrath Dorn, Rechts anwalt beim Reichsgericht. — In der Sitzung der Militärkommission am 16. Dezbr. wurden zunächst die Abänderungsanträge abgelehnt, hierauf der § 2 der Regierungsvorlage über die Formation der Armee vom 1. April 1887 ab mit 16 gegen 12 Stimmen ebenfalls abgelehnt. (Art. 2 lautet: Vom 1. April 1887 ab werden die Infanterie in 534 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 365 Batterien, die Fußartillerie in 31, die Pioniere in 19 und der Train in 18 Ba taillone formirt. § 1 enthält die Festsetzung der Frie denspräsenzstärke des Heeres auf 468,409 Mann für die Zeit vom 1. April 1887 bis zum 31. März 1894.) Die Militärkommission machte nach dieser Abstimmung eine Pause, weil die Freisinnigen neue Anträge for- muliren wollten. Nach Wiederaufnahme der Be rathungen wurden schließlich mit 16 gegen 12 Stimmen statt der in Z 1 der Vorlage (Friedenspräsenzstärke) geforderten 468,409 Mann nur 450,000, und zwar auf 3 Jahre bewilligt. — Wie die „Berl. Pol. Nachr." hören, hat die Neu-Guinea-Kompagnie die Bitte ausgesprochen, den ihr für die deutschen Besitzungen in Neu-Guinea er- theilten kaiserlichen Schutz brief auf diejenige Gruppe der Solomonsinseln (fälschlich werden dieselben immer Salomonsinseln genannt) auszudehnen, welche auf Grund des unterm 6. April d. I. zwischen Deutsch land und England getroffenen Uebereinkommens zur deutschen Machtsphäre gehören. Die Bitte ist seitens Sr. Majestät des Kaisers erfüllt worden und dürfte die bezügliche Publikation in diesen Tagen erfolgen. Bayern. Wie die Münchener „Allgem. Zeitung" mittheilt, sendete der Prinz-Regent nach seiner Rück kehr ein herzliches Telegramm an den Kaiser Wilhelm ab, welcher darauf Folgendes antwortete: „Wie soll ich Ihnen danken für Ihr so herzliches, freundliches Telegramm noch am heutigen Tage nach Ihrer Rück kehr nach München? Sie haben sich überzeugen können, wie freudig Ihr erstes Erscheinen nach Uebernahme der Regentschaft bei uns begrüßt wurde, wie die alten Erinnerungen an ein siebenmonatliches Zusammenleben in der so wichtigen, unvergeßlichen Kriegszeit uns von Neuem einigten. Möge es immer so bleiben! Ihre herzlichen Worte, die Sie zu Ihren Unterthanen im Reichstage gesprochen, sind hoffentlich auf guten Boden gefallen. Wilhelm." England. Die englische Regierung hat einen wichtigen Erfolg in ihrem Vorgehen gegen die Führer der irischen Landliga zu verzeichnen. Sie hatte Dillon, einem der irischen Hauptagitatoren, wegen seiner die Pächter aufreizenden Reden und Bemühungen, sie zu einer regierungsfeindlichen Organisation zu bewegen, vor dem Dubliner Gerichtshöfe den Prozeß gemacht. Vom Gerichtshöfe sind nun diese Bestrebungen Dillons als ungesetzlich bezeichnet worden und hat das Gericht Dillon zur Leistung einer Kaution von 1000 Pfund Sterling und zur Stellung zweier Bürgen aufgefordert, die jeder eine Bürgschaft von 1000 Psd. Sterl. für Dillon's künftiges gutes Verhalten zu leisten hätten; andernfalls werden Dillon sechs Monate Gefängniß zudiktirt. Man darf gespannt sein, welchen Eindruck dieses Urtheil in Irland machen wird. Bulgarien. Die bulgarische Deputation, die zur Zeit noch in Wien weilt, trug dem Prinzen Ferdi nand von Koburg die bulgarische Fürstenkrone an. Der Prinz erwiderte, er müsse zunächst den öster reichischen Kaiser konsultiren, er habe jedoch Grund für die Annahme, der österreichische Kaiser, sowie der Czar würden seine Kandidatur billigen. Serbien. Belgrader Nachrichten zufolge will der Sultan den serbischen weißen Adlerorden nicht aus den Händen des neuen serbischen Gesandten Nova- kovics entgegennehmen. Dieser auf russische Einflüsse zurückzuführende Zwischenfall wirkt peinlich. Carl Maria von Weber, geb. den >8. Dezember 1786, gest. den 5! Juni 1826. Eine unschätzbare Himmelsgabe für den Erdenbe wohner ist die hehre Kunst der Töne, die Musik. Wer im Schweiße seines Angesichts sein Brod essen und den „Kampf ums Dasein" führen soll, der muß zur Maschine werden, wenn nicht bisweilen höhere Ge danken und Empfindungen ihn über das Alltägliche empor heben. „Gieb mir," sprach Herder in der ab gematteten Dürre seiner Krankheit zu seinem Sohne, „gieb mir einen großen Gedanken, daß ich mich daran erquicke." Wie wenige Menschen aber sind großer Ge danken fähig; unmittelbarer als diese wirken die Ein drücke, die das bei den meisten Menschen entwickeltere Empfindungsleben anregen, also auch die Kunst, dyxch Melodie, Harmonie und Rhytmus, denen der SchMer im Ohre eine Thür znm Gemüthe des Menschen ge öffnet hat, das zum Ausdrucke zu bringen, was das eigene Gemüth empfindet. Diese hehre Kunst ist die Musik. Wie sie die Empfindungen der Freude Hervor rufen oder steigern kann, so sänftigt sie ebenso die Wogen des schmerzlich erregten Gemüthslebens. Wenn David die Harfe spielte vor König Saul, so wich der böse Geist von ihm, und Schiller singt: Es schwinden jedes Kummers Falten, So lang des Liedes Zauber walten. Und wie die Macht der Töne, im schmetternden Rufe der Trompete, im feurigen Kriegsliede Muth und Kampfesfreudigkeit weckt, so hebt sie in den feierlichen Klängen der Orgel und des Kirchenliedes das Gemüth zur Andacht empor. In jedem Menschen glimmt ein Gottesfunken, der angefacht werden muß. Auch edle Musik ist ein Hauch, der ihn beleben, der vom Rohen, Gemeinen, Gewaltsamen ablenken und den Bildungs grad der Menschheit auf eine höhere Stufe heben kann. Das wußten schon die Alten, daß der Gesang die Ge- müther gezähmt und die Keime der Kultur und Ge sittung gepflanzt habe. Daher sagt der römische Dich ter Horaz: Heilig und grttgcsandt trieb Orpheus hinweg von der schnöden Lebensweise, vom Mord die wälderdurchirrenden Menschen. Darum hieß es, er zähme die wülhenoen Löwen und Tiger; Hieß vom Amphion auch, der die Burg von Thebc gegründet, Steine hab er bewegt mit dem Klange derZylher, und schmeichelnd Hin sie geführt, wo er wollte. — Wem daher voll und ganz die Kunst der Töne zu eigen, wem Apoll „des Gesanges Gabe und der Lieder süßen Mund" verliehen hat, dem ist die Macht ge geben, nicht nur auf die Zeitgenossen, sondern auch auf spätere Geschlechter länge hin einen bildenden, ver edelnden Einfluß zu üben. Und wer es von solch gottbegnadeten Künstlern versteht, Saiten anzuschlagen, die in Volksart und Volkseigenthümlichkeit anklingen, und nachklingen, dessen Bedeutung für das Volk, unter dem er gesungen, muß gesichert bleiben, so lange es diese seine Eigenart pflegt und hütet. Warum haben der große Sebastian Bach und Ludwig Beethoven be sonders unter Deutschen und Engländern ihre andäch tige Gemeinde gefunden? Weil sie dem in diesen Germanenstämmen begründeten tiefreligiösen Gefühle und ernster Lebensanschauung Ausdruck verliehen haben, wie kein Anderer. Warum üben Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn immer noch eine unbe strittene Herrschaft aus und werden sie fortan üben? Weil in ihnen das deutsche Gemüthsleben seine reich sten, herrlichsten Blüthen getrieben hat. Und ist es nicht leider ein Beweis von dem Rückgänge unseres Volksthums, wenn Jacques Offenbach und Genossen mit ihrer französischen Cancanmusik oft ein größeres Publikum um sich versammeln, als jene? Unsere Leser werden uns diese etwas lang ge rochene Einleitung verzeihen. Sie erschien uns nicht ungeeignet, um für das Lebensbild des Tonkünstlers, der heute vor 100 Jahren das Licht der Welt erblickt hat, und das wir in kurzen Zügen zu geben gedenken, Stimmung, zugleich aber die Ueberzeugung zu erwecken, daß auch der Tonkünstler voll und ganz berufen ist, an der großen Erziehungsaufgabe seines Volkes mit zuarbeiten. Heil dem, der im Mittelpunkte seines Volkes stehend, mit vollem Verständniß der Eigenart desselben und aus dem Herzen heraus schaffend, diesen hohen Zweck seines Künstlerberufs aufgefaßt und fest gehalten hat, wie Carl Maria von Weber. Carl Maria Friedrich Ernst von Weber wurde am 18. Dezember 1786 in Eutin, im Olden- burgischen, geboren. Sein Vater, damals fürstbischöf licher Kapellmeister zu Eutin, eine unstäte Natur, siedelte schon im folgenden Jahre als Theater-Unter nehmer nach Meiningen, späterhin nach Nürnberg und andere Orte über, und so wuchs der Knabe, fern gehalten von gleichaltrigen Gespielen, in der bunten, vielgestaltigen Welt eines nomadisirenden Theaterlebens auf. Für den künftigen dramatischen Tondichter jeden falls von still vorbereitender Wirkung, barg ein solches wechselvolles Leben für den Knaben doch eine zu früh zeitige Erregung, die bei weniger edlem Kerne wohl verderblich geworden wäre. Bei vielfach anderweitiger Begabung trat anfangs das musikalische Talent we-